Strafe für Pullover
(MAZ, Jan Sternberg) PRENZLAU Erstmals hat ein Gericht das Tragen von Kleidung der Modemarke “Thor
Steinar” unter Strafe gestellt. Eine zur Tatzeit 23-Jährige aus der Nähe von
Prenzlau (Uckermark) muss 30 Tagessätze zu je zehn Euro zahlen, weil sie
einen “Thor Steinar”-Pullover in der Öffentlichkeit trug. Die Kleidung ist
bei rechtsextremen Jugendlichen sehr beliebt. Im Logo der Marke, deren
Firmenzentrale in Zeesen (Dahme-Spreewald) sitzt, sind zwei nordische Runen
miteinander verbunden. Die so genannte Tyr-Rune war in der NS-Zeit Abzeichen
der SA-Reichsführerschulen, die Wolfsangel Symbol von SS-Einheiten (MAZ
berichtete).
Das Amtsgericht Prenzlau sah es als erwiesen an, dass das Logo der Marke
“Zeichen nationalsozialistischer Organisationen zum Verwechseln ähnlich
sieht” und dies auch “für Unbeteiligte wahrnehmbar ist”. Ein Verfahren gegen
eine weitere junge Frau aus Prenzlau soll noch in diesem Jahr abgeschlossen
werden. Die meisten Staatsanwälte hielten es bisher für wenig
aussichtsreich, Klagen wegen des “Thor Steinar”-Symbols anzustrengen.
Jetzt könnte Bewegung in die Sache kommen. Gerd Schnittcher, Leitender
Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Neuruppin, hofft auf eine
Signalwirkung des Prenzlauer Urteils. Zurzeit versucht die
Generalstaatswaltschaft in Brandenburg/Havel, zu einer einheitlichen Haltung
der Anklagebehörden zu kommen. Hier war man gestern weiterhin skeptisch. Der
Rechtsstaat übernehme sich, wenn er alle Symbole unter Strafe stelle, die in
der NS-Zeit benutzt wurden, äußerten Mitglieder der obersten Anklagebehörde
hinter vorgehaltener Hand.
Offiziell wird die Prenzlauer Verurteilung eher tief gehängt. “Dieses Urteil
hat nur eine sehr geringe Indizwirkung”, sagte der stellvertretende
Generalstaatsanwalt Ewald Bröhmer auf Anfrage. “Das ist eine einzelne
Entscheidung eines einzelnen Amtsrichters, die er bei einem Strafbefehl noch
nicht einmal ausführlich zu begründen braucht.” Signalwirkung hätte erst
eine Verurteilung vor dem Oberlandesgericht. Dass die Entscheidung des
Amtsgerichts die rechte Szene verunsichern wird, räumt Bröhmer ein. “Die
Sicherheit, dass Trägern dieser Kleidung nichts passieren kann, schwindet
jetzt.”