Umweltschützer wollen Gen-Mais im Naturpark vernichten
In Nacht-und-Nebel-Aktionen verwüstete Gen-Felder gab es in der Vergangenheit immer wieder. Nun haben süddeutsche Gentechnik-Gegner erstmals die Vernichtung eines Mais-Ackers in Strausberg bei Berlin im Voraus angekündigt, samt Zeitpunkt, Parzelle — und Namen der Täter.
VON STEPHAN BÖRNECKE
Frankfurt a. M. · 12. Juli · Michael Grolm macht nicht den Eindruck, ein verwirrter Mensch zu sein. Der 33-jährige Berufsimker aus Wurmlingen bei Tübingen weiß genau, was er tut, wenn er für den 31. Juli im Naturpark Märkische Schweiz eine Straftat ankündigt: Zusammen mit mindestens 250 Gleichgesinnten will der Agraringenieur mittags gegen 14 Uhr von Strausberg aus zu einem zwei Kilometer langen Spaziergang aufbrechen, der ihn in der Gemarkung Hohenstein zu einem zehn Hektar großen Maisacker führt.
Wenn die Polizei, bei der Grolm seine Aktion “Gendreck weg” rechtzeitig anmelden will, es nicht verhindert, wollen die Umweltaktivisten das Feld gezielt “unbrauchbar” machen, es “zerstören” und “befreien”. Der Grund: Dieser Acker ist eingesät mit gentechnisch verändertem Mais der Sorte Mon 810, nicht zu Versuchszwecken, sondern im kommerziellen Anbau. Das äußerst umstrittene Gen-Konstrukt Mon 810 darf zwar hier zu Lande in begrenztem Umfang angebaut werden, ist aber in mehreren EU-Ländern verboten, darunter Ungarn und Österreich.
Für Grolm und seine Mitstreiter ist die “Feldbefreiung” eine “Demonstration zivilen Ungehorsams”, eine Art Notwehr gegen eine aus ihrer Sicht anders nicht mehr zu stoppende, unheilvolle Entwicklung. Nur “couragiertes”, aber “gewaltfreies” Einschreiten, so der Imker, könne vor einem unwiederbringlichen Verlust der Artenvielfalt, vor einer Einengung der Ernährungsmöglichkeiten des Menschen und vor unabsehbaren Folgen für die Natur bewahren.
An eine Koexistenz von gentechnischer, konventioneller und ökologischer Landwirtschaft glaube er nicht, sagt der Berufsimker: “Die Bienen werden den Pollen von A nach B tragen” und für eine Verbreitung der Gentechnik sorgen. Das werde er zu allererst an seinem Honig merken: “Die Bienen fliegen auch Mais an”, nehmen dort zwar keinen Nektar, aber Pollen auf. Wie er dann seine Produkte frei halten solle von gentechnisch veränderten Organismen, sei ihm schleierhaft. Zudem sei bis heute völlig ungeklärt, ob der Gen-Mais nicht auch den Bienen schade. Als besonders perfide sehe er den Gipfel der Entwicklung an, der in den USA bereits erreicht sei: Dort würden konventionelle Farmer, in deren Ernte sich Spuren transgener Konstrukte befänden, zur Zahlung einer Lizenzgebühr genötigt.
Schadenersatz für dem Landwirt
Um die schleichende Verseuchung der Landschaft zu stoppen, nimmt Grolm eine “Straftat bewusst” in Kauf. Der Agraringenieur verweist auf ähnliche Aktionen in Frankreich und will im Zweifel seine Argumente im Gerichtssaal vortragen. Der betroffene Landwirt soll als kleinstes Glied der Kette allerdings keinen echten Schaden erleiden: Den Wert der Ernte von rund 1000 Euro je Hektar wolle man ihm ersetzen.