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Streit im Kampf gegen Neonazis

POTSDAM Der Vor­sitzende des Aktions­bünd­niss­es gegen Gewalt,
Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit, der Witt­stock­er Superintendent
Heinz-Joachim Lohmann , wirft dem Bil­dungsmin­is­teri­um schwere Versäumnisse
und “Inter­essen­losigkeit” bei der Bekämp­fung des Recht­sex­trem­is­mus vor. Die
Koor­dinierungsstelle “Tol­er­antes Bran­den­burg” im Bil­dungsmin­is­teri­um, die
seit Dezem­ber 2004 ein neues Hand­lungskonzept zur Bekämp­fung des
Recht­sex­trem­is­mus erar­beit­en soll, habe nach fünf Monat­en noch immer kein
Ergeb­nis präsen­tiert — “außer dass dem Aktions­bünd­nis 130 000 Euro
weggenom­men wur­den”, kri­tisierte Lohmann im MAZ-Gespräch. 

Dem Aktions­bünd­nis seien deshalb seit Monat­en die Hände gebun­den — so dass
es seinem Namen eigentlich nicht mehr gerecht werde. “Bei Aktio­nen nach
außen sind wir abso­lut hand­lung­sun­fähig “, grollt Lohmann — und warnt: “Das
Bil­dungsmin­is­teri­um ver­hin­dert jeden zivilge­sellschaftlichen Ein­satz gegen
den Recht­sex­trem­is­mus.” Ein Beispiel: Angesichts der nicht abreißen­den Serie
von Bran­dan­schlä­gen auf aus­ländis­che Imbisse müssten Demon­stra­tio­nen gegen
der­ar­tige recht­sex­treme Aggres­sion unter­stützt wer­den, doch dafür fehle das
Geld. “Wir kön­nen auch warten, bis der let­zte Döner­im­biss abgefackelt
wurde”, wehrt sich Lohmann mit deut­lichem Sarkasmus. 

Dass diese Stag­na­tion kurzfristig über­wun­den wird, ist unwahrscheinlich.
Eine Pro­jek­t­förderung ist erst nach der Ver­ab­schiedung des neuen
Hand­lungskonzeptes durch die Lan­desregierung zu erwarten. Im Juni solle das
Konzept dem Kabi­nett präsen­tiert wer­den, erk­lärte die neue Lei­t­erin der
Koor­dinierungsstelle “Tol­er­antes Brandenburg”,
Ex-Gesund­heitsstaatssekretärin Ange­li­ka Thiel-Vigh (SPD). Zuvor, “in zwei
bis drei Wochen”, werde das Konzept mit den anderen Min­is­te­rien abgestimmt.
Lohmanns Kri­tik weist sie zurück. 

Schon jet­zt zeich­net sich allerd­ings ab, dass bei der Bekämp­fung des
Recht­sex­trem­is­mus die Eigenini­tia­tive reduziert und der staatliche Einfluss
gestärkt wer­den soll. Das zeigt sich deut­lich beim Geld: Über die Verwendung
der Pro­jek­t­mit­tel soll nicht länger das Aktions­bünd­nis als landesweiter
Zusam­men­schluss aller gesellschaftlich rel­e­van­ten Grup­pen im Kampf gegen
Neon­azis­mus eigen­ver­ant­wortlich entschei­den. Diese zen­trale Befug­nis soll
statt dessen Bil­dungsstaatssekretär Mar­tin Gorholt (SPD) erhal­ten. Der
Vertreter der Lan­desregierung soll dabei von einem dreiköp­fi­gen Gremium
berat­en wer­den, das aus Ange­li­ka Thiel-Vigh, der Ausländerbeauftragten
Almuth Berg­er und Aktions­bünd­nis-Chef Lohmann beste­ht. Schließlich,
recht­fer­tigt Thiel-Vigh die geplante Kom­pe­ten­zver­lagerung, finanziere auch
das Aktions­bünd­nis seine Pro­jek­te mit Steuergeldern. 

Angesichts der anges­pan­nten Finan­zlage des Lan­des soll­ten die reduzierten
Geld­mit­tel konzen­tri­ert einge­set­zt wer­den, damit das neue Handlungskonzept
erfol­gre­ich sein könne, so der Sprech­er des Bil­dungsmin­is­teri­ums, Thomas
Hainz. Das Aktions­bünd­nis werde allerd­ings auch kün­ftig “ein sehr wichtiger
Part­ner” bei der Bekämp­fung des Recht­sex­trem­is­mus bleiben, sagt Thiel-Vigh.
Ziel des neuen Hand­lungskonzeptes der Lan­desregierung sei es ins­ge­samt, “so
früh wie möglich” an Eltern, Erzieher und Lehrer her­anzutreten, um sie für
Gefahren des Recht­sex­trem­is­mus zu sensibilisieren. 

Für Heinz-Joachim Lohmann bedeutet die seit Monat­en anhal­tende schleichende
Zurück­drän­gung des Aktions­bünd­niss­es mehr als eine Akzentverschiebung.
“Außer Poli­tik und Polizei muss auch die Gesellschaft demon­stri­eren, wie sie
zum Recht­sex­trem­is­mus ste­ht. Sie muss artikulieren kön­nen: Wir haben keine
Angst vor euch.” 

Das Aktions­bünd­nis würde 1997 auf einem Höhep­unkt frem­den­feindlich­er Gewalt
in Bran­den­burg gegrün­det. Ihm gehören zahlre­iche lokale Ini­tia­tiv­en gegen
Recht­sex­trem­is­mus an, aber auch einige Einzelper­so­n­en sowie eine Vielzahl
lan­desweit agieren­der Ver­bände. Die Lan­desregierung finanziert das
Aktions­bünd­nis über Fördergelder. Über deren Ver­wen­dung kon­nte das Bündnis
bish­er selb­st entscheiden.

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