POTSDAM. Eigentlich wollte die evangelische Kirche rechtzeitig zum
Ökumenischen Kirchentag ein Zeichen setzen: Seht her, wir bauen in den nächsten Jahren
die 1968 gesprengte Garnisonkirche als Versöhnungszentrum wieder auf. Das
sollte das Signal sein.
Stattdessen aber hat sich am Freitag einmal mehr gezeigt, wie tief die
Gräben zwischen der evangelischen Kirche und der Traditionsgemeinschaft Potsdamer
Glockenspiel (TPG) sind. Die TPG, eine Vereinigung ehemaliger
Bundeswehroffiziere, hat nämlich 5,7 Millionen Euro an Spenden gesammelt, doch lehnt
sie aus
weltanschaulichen Gründen den Wiederaufbau des Garnisonkirchturms als
Versöhnungszentrum ab. Die Kirche plane “eine Art Anti-Garnisonkirche”, die vor
allem gesellschaftspolitisch motiviert sei, war TPG-Chef Max Klaar aus Bonn zu
vernehmen. Dafür sei das gesammelte Geld aber nicht bestimmt. Nach Ansicht der
erzkonservativen TPG sei in dem wieder aufgebauten Garnisonkirchturm kein
Platz für “Kriegsdienstverweigerer-Beratungen, Kirchenasyle, Schwulensegnungen
und feministische Theologie”.
So ist es nur folgerichtig, dass die Traditionsgemeinschaft sich nicht an
der Ausstellung “Zur Garnisonkirche” beteiligt, die am Sonnabend in einem
ehemaligen Studentenlokal an der Breiten Straße eröffnet. Dort, wo sich heute ein
Plattenbau befindet, war 1735 die Garnisonkirche erbaut worden. 1968 ließen
die SED-Machthaber die Kirchenruine als Hort des preußischen Militarismus
sprengen. 1933 hatte Reichspräsident Paul von Hindenburg dem neuen Reichskanzler
Adolf Hitler in der Garnisonkirche in einem symbolischen Akt die Hand
gereicht.
Die Ausstellung in den kargen Räumen zeigt historische Fotos der Kirche,
einen Feldaltar und eine Glocke, die 1950 aus den Resten des historischen
Glockenspiels gegossen wurde. Max Klaar habe sich leider Gesprächen über die
Ausstellung verweigert und Vorbedingungen gestellt, sagte der Potsdamer
Superintendent Bertram Althausen am Freitag. “Ich denke aber, die TPG wird ihm das
nicht
durchgehen lassen.” Stephan Goericke vom Freundeskreis Potsdamer
Garnisonkirche konterte sofort: Althausens persönlicher Angriff auf Max Klaar vergifte
die Atmosphäre. Althausen kündigte an, dass die evangelische Kirche nun
ihrerseits mittels einer Stiftung Spendengelder sammeln werde. Er sprach sich
nochmals dafür aus, dass eine Kopie des Nagelkreuzes von Coventry auf die
Kirchturmspitze gehöre und nicht die alte preußische Wetterfahne. Auch Wieland
Eschenburg, der Büroleiter des Potsdamer Oberbürgermeisters, kritisierte die TPG:
“Es wächst Unverständnis darüber, dass sie das Geld nicht freigeben.”
Stadtkirchenpfarrer Martin Vogel betonte, dass in den Ausstellungsräumen
auch Kirchenarbeit stattfinden werde. Draußen vor der Tür stellten Arbeiter an
diesem Tag das historische gusseiserne Portal der alten Garnisonkirche auf -
TV-Moderator Günther Jauch hatte dafür 4 000 Euro gespendet und einen baldigen
Wiederaufbau des Kirchturms angemahnt.