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Streit um Gut Johannesberg

RAUEN — Miss­mutig schaut Gün­ter Zip­pan die Ziegeleis­traße in Rauen (Oder-Spree) hin­auf. Der schmale Asphaltweg mün­det in einem Feld­weg, der in ein Wäld­chen führt. „Die sollen machen, dass sie hier wegkom­men“, knur­rt der alte Mann mit Blick auf die Bäume. Ver­steckt dahin­ter liegt Gut Johan­nes­berg, das die recht­sex­treme NPD zum Schu­lungszen­trum aus­bauen will.

Zwar hat­te die Partei das 20 Hek­tar große Anwe­sen mit Gut­shaus, Sche­une, Kneipe, Stall­ge­bäu­den sowie weitläu­fi­gen Apfelplan­ta­gen 2007 vom hochver­schulde­ten früheren Eigen­tümer gekauft, doch im Grund­buch ste­hen inzwis­chen andere Eigen­tümer: die Fürsten­walder Zah­närztin und frühere Rauen­er Bürg­er­meis­terin Rose­marie Aren­st­edt und ihr in Köln leben­der Schwa­ger Johannes Stel­ten. Bei­de haben die NPD auf Räu­mung von Gut Johan­nes­berg verk­lagt. Die Zivil­sache wird heute vor dem Frank­furter Landgericht verhandelt.

Groß von sich reden gemacht haben die NPD-Leute nach Beobach­tun­gen von Rauen­er Anwohn­ern bish­er nicht. „Es gab ja keinen Krawall und keine Aufmärsche“, erzählt die Verkäuferin in der Bäck­erei. „Von denen ist eigentlich nichts zu merken“, ergänzt Gemeinde-Mitar­bei­t­erin Ute Pötschke.

Die Anwe­sen­heit der NPD ist in Rauen den­noch unüberse­hbar. An fast jedem Lat­er­nenpfahl hat die Partei plakatiert. Zudem lan­de­ten schon einige Post­wurf­sendun­gen in den Briefkästen der Rauen­er – offen­bar nicht völ­lig wirkungslos.

Dass die NPD die Fam­i­lie Plenske unter­stützt, ist richtig“, sagt Zip­pan, „geschröpft wer­den ja wirk­lich immer nur die Kleinen.“ Die Plenskes aus Rauen haben mit ihrem Kampf gegen den Zwangsan­schluss an das zen­trale Abwasser­netz lan­desweit Schlagzeilen gemacht. Bar­bara Plenske kan­di­diert allerd­ings bei den Kom­mu­nal­wahlen für die Linke und protestiert inzwis­chen öffentlich gegen eine Vere­in­nah­mung durch die Rechtsextremisten.

Bis jet­zt saß die NPD mit zwei Vertretern im Kreistag des Land­kreis­es Oder-Spree. Ein­er von ihnen ist der Bran­den­burg­er Lan­desvor­sitzende Klaus Beier, der andere heißt Lars Bey­er und kan­di­diert in Rauen erneut bei den anste­hen­den Kom­mu­nal­wahlen. Der 38-jährige Fam­i­lien­vater wohnt inzwis­chen auf Gut Johan­nes­berg. So sorgt die NPD dafür, dass immer jemand dort ist und auf das juris­tisch umkämpfte Gelände auf­passt. Am zwei­flügeli­gen hohen Tor wird vor Hun­den gewarnt, ohne Voran­mel­dung kommt nie­mand ein­fach auf den Hof.

Die Frau des nieder­säch­sis­chen NPD-Funk­tionärs Andreas Molau hat­te das Gut im Mai 2007 als Bevollmächtigte ein­er schwedis­chen Fir­ma für 200 000 Euro gekauft. Auf­grund mas­siv­er Proteste und öffentlichen Drucks machte der alte Besitzer den Trans­fer jedoch rück­gängig – noch bevor Frau Molau ins Grund­buch einge­tra­gen wor­den war – und verkaufte das Anwe­sen erneut, dies­mal an Aren­st­edt und ihren Schwager.

Wir haben einen gülti­gen Kaufver­trag“, behar­rt indes NPD-Sprech­er Beier. Neben­ab­sprachen in Form von zusät­zlichen Barzahlun­gen an den Verkäufer, wie der NPD vorge­wor­fen wurde und die den Ver­trag ungültig machen wür­den, habe es nie gegeben.

Während Molau zunächst erk­lärt hat­te, für eine Entschädi­gung von 50 000 Euro das Feld frei­willig zu räu­men, hat er die Immo­bilie inzwis­chen bis zum Jahr 2013 an den Bran­den­burg­er NPD-Lan­desver­band ver­mi­etet, wie dessen Vor­sitzen­der bestätigt. „Wir ver­wal­ten das Objekt seit­dem“, sagt Beier. Zu einem Begeg­nungs- und Schu­lungszen­trum solle das an der Auto­bahn 12 gele­gene Gut Johan­nes­berg aus­ge­baut wer­den, sobald die Sache juris­tisch entsch­ieden sei.

Mit großen Anzeigen wirbt unter­dessen die neue Guts­be­sitzerin Aren­st­edt für sich. Unter dem Mot­to „Rauen kann mehr“ helfe sie gegen Recht­sex­trem­is­mus, ver­spricht die 72 Jahre alte Zah­närztin, die erneut Bürg­er­meis­terin von Rauen wer­den will. (Von Jeanette Bederke)



Pläne für ein Heim:

Andreas Molau — dessen Frau die Immo­bilie in Rauen für eine schwedis­che Fir­ma gekauft hat­te — war in diesem Jahr Spitzenkan­di­dat der NPD bei der Land­tagswahl in Niedersachsen.

Eckart Bräu­niger, der Berlin­er NPD-Chef, hielt sich des öfteren in Rauen auf. Im Kroa­t­ien-Krieg soll Bräu­niger als Söld­ner gedi­ent haben. Nach MAZ-Infor­ma­tio­nen wurde er 2004 bei ein­er Wehrsportübung in einem Wald in Bran­den­burg von einem Spezialein­satzkom­man­do der Polizei festgenommen.

Im Jan­u­ar 2007 hat­te es erst­mals Berichte über Pläne der NPD für ein Schu­lung­sheim in Bran­den­burg gegeben. Damals ging es um eine ehe­ma­lige LPG in Kleinow (Prig­nitz). Hun­derte Men­schen demon­stri­erten gegen das Geschäft, das nie zu Stande kam. Als Inter­essent galt NPD-Vor­standsmit­glied Jür­gen Rieger, der dies jedoch bestritt. 

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