(KLAUS D. GROTE, MAZ) POTSDAM Kaum ist das Graffiti-Bekämpfungsgesetz vom Bundesrat verabschiedet worden, streitet sich Brandenburgs Regierungskoalition über die Wirksamkeit der neuen Regelung. SPD-Innenpolitiker Klaus Bochow bezeichnet das Gesetz als “klar und unmissverständlich”. CDU-Generalsekretär Sven Petke hält es hingegen für wenig konsequent. Justizministerin Beate Blechinger (CDU) hätte sich eine strengere Regelung gewünscht.
Konkret stören sich die Kritiker an einem einzigen Satz in dem am Freitag vom Bundesrat mit den Stimmen der SPD- und der unionsgeführten Bundesländer beschlossenen Gesetz. Darin heißt es, dass sich strafbar macht, wer “das Erscheinungsbild nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert”. Petke hätte den Einschub gerne gestrichen. Die Formulierung “wer das Erscheinungsbild verändert” wäre klarer gewesen. “Das wird die Strafverfolgung sehr erschweren”, sagt Petke. Er befürchtet, dass Staatsanwälte Gutachten erstellen lassen und die Verfahren, “wie schon heute”, einstellen.
Die jetzige Gesetzeslage sieht vor, dass Sprayer nur bestraft werden können, wenn eine Verletzung der Gebäudesubstanz durch Farbe vorliegt. Im Entwurf des Bundesrats, den Brandenburgs Justizministerin unterstützt hat, fand sich ebenfalls eine klarere Formulierung. “Da hätten wir es fast so lassen können wie bisher”, sagt Ministeriumssprecher Horst Fischer.
Blechinger ist dennoch zuversichtlich: “Ich sehe das Graffiti-Bekämpfungsgesetz als einen Schritt in die richtige Richtung.” Sie befürchte jedoch Auslegungsprobleme. Die Eignung des Gesetzes werde sich in der praktischen Anwendung zeigen müssen. Möglicherweise sei nachzubessern. Mit einer Mehrheit im Bundestag könnten die unionsgeführten Länder ihren Gesetzestext durchsetzen.
Blechingers Berliner Kollegin, Justizsenatorin Karin Schubert (SPD), zeigte sich hingegen sehr zufrieden. Schubert hatte persönlich im Bundesrat für das Gesetz geworben. Im Zusammenhang mit Graffiti sei es aber unabdingbar, durch sozialpädagogische Maßnahmen präventiv tätig zu werden”, so Schubert.
Potsdam Polizeisprecher Rudi Sonntag begrüßte die abschreckende Wirkung der verschärften Gesetzeslage. Jetzt sei klarer zu erkennen, dass Sprayen kein Kavaliersdelikt sei. Wichtig sei, dass die Amtsgerichte den strafrechtlichen Rahmen ausschöpften. Nach Angaben von Sven Petke wird weniger als die Hälfte der geschnappten Täter bestraft.
Begrüßt wurde das Anti-Graffiti-Gesetz auch von vielen Wohnungsunternehmen. Von jährlich mehr als 50 Millionen Euro durch Sprayer angerichteten Schäden allein in Berlin entfallen 20 Millionen auf Hausbesitzer. Bundesweit soll der Schaden bei 200 bis 500 Millionen Euro jährlich liegen.