ORANIENBURG Wie ist es um den Rechtsradikalismus in Oranienburg bestellt? Dieser Frage gingen die Berliner Studenten Lisa Wandt, Tanja Lakkeit und Ingo Grastorf nach. Zusammen mit ihrem Koordinator Gabriel Ralf machten
sich die drei vom Otto-Suhr-Institut an der Freien Universität Berlin ein Jahr lang in der Stadt auf Spurensuche. So sprachen sie neben rechtsradikalen
Jugendlichen und einem NPD-Mitglied auch mit Opfern rechtsradikaler Gewalttaten sowie Politikern, Polizei und Jugendverbänden.
Die Ergebnisse ihrer Arbeit präsentierten sie gestern auf der Evaluationstagung vom Jugendprojekt Xenos “Auf den Busch geklopft” im Kreistagssaal des Landkreises Oberhavel. Ihr Fazit: In Oranienburg gibt es zwischen 80 und 100 rechtsextreme Jugendliche. Rund 40 von ihnen sind nach
Auffassung der Studenten gewaltbereit.
Grundlage ihrer Untersuchung ist die 1996 erschienene Studie “Ich will mich nicht daran gewöhnen” von Hajo Funke. Darin befasst sich der Professor von der FU Berlin mit Rechtsradikalismus in Oranienburg. “Wir wollten sehen, wie
sehr sich die Situation in der Stadt seitdem verändert hat”, erzählt Tanja Lakkeit.
Ein Großteil der Bürger nehme den Rechtsradikalismus in der Stadt immer
noch
stillschweigend hin, stellten die vier in ihrem Vortrag fest. So säßen
viele
rechte Jugendliche unbehelligt in T‑Shirts mit rechten Slogans in
lokalen
Cafés oder auf öffentlichen Plätzen. Der Hass der Jugendlichen richte
sich
vor allem gegen Ausländer, Schwule, Behinderte und Juden. Für die
Betroffenen sei die Lebensqualität in der Stadt deshalb erheblich
eingeschränkt, weil sie die Treffpunkte der Jugendlichen umgehen
müssten.
Aber nicht nur ein Großteil der Bevölkerung reagiere mit Verdrängung
auf das
Problem. Auch Politiker, Polizei und Verbände setzten sich nicht
ausreichend
mit den rechten Jugendlichen auseinander. “Die meisten begründen das
mit der
Vergangenheit. In den Neunzigern wäre der Rechtsextremismus schließlich
viel
schlimmer gewesen. Da sei die heutige Situation doch kein so großes
Problem”, so Lisa Wandt in ihrem Vortrag. “Zudem wird gerne auf andere
Regionen verwiesen, in denen es größere Schwierigkeiten mit rechten
Jugendlichen gäbe. Oder es werden andere Probleme der Stadt als
dringender
dargestellt”, kritisierte die Politik-Studentin.
Lobend erwähnt wurde dagegen Oranienburgs Bürgermeister Hans-Joachim
Laesicke. “Er setzt sich aktiv gegen Rassismus ein und beteiligt sich
auch
an Demonstrationen”, so die Studentin.
Auch die örtlichen Schulen standen in der Kritik. Zwar gäbe es Schüler-
Projekte wie die “AG gegen rechts”, allgemein gäbe es an den
Lehranstalten
aber zu wenig Aufklärungsarbeit.