Die Uni Potsdam sagt eine dreiteilige Vortragsreihe der Präsidentin des Bundes der Vertriebenen nach Protesten ab
(TAZ, Peter Nowak, 30.5.08) Dass sie in Polen auf Widerstand stößt, ist der CDU-Politikerin und Präsidentin der
Vertriebenen, Erika Steinbach, klar. Doch in der brandenburgischen Landeshauptstadt
Potsdam hat sie wohl kaum damit gerechnet. Drei Veranstaltungen sollte die
CDU-Politikerin im Rahmen der Veranstaltungsreihe “Siedlungsgeschichte der Deutschen
in Ostmittel€pa” an der Potsdamer Uni absolvieren. Doch am Mittwochabend wurden
diese Termine abgesagt. Schon der Steinbach-Auftritt musste am Dienstagabend nach
heftigen Protesten und einem massiven Polizeieinsatz auf dem Campus ausfallen.
Rund 100 Studenten hatten mit einer Blockade ihren Vortrag am Historischen Institut
verhindert. Die Polizei löste die Sitzblockade auf. Nach Angaben des Asta der
Universität ging die Polizei gewaltsam gegen Studierende vor. Die Asta-Vorsitzende
Sabine Finzelberg sei verletzt worden. Vor der Veranstaltung hatte der Asta daran
erinnert, dass Steinbach 1990 im Bundestag gegen die Anerkennung der
Oder-Neiße-Grenze gestimmt habe. Steinbach vertrete gegenüber Polen revanchistische
Positionen, die nirgends ein Podium bekommen sollen, sagte zudem der
Öffentlichkeitsreferent des Asta, Tamás Blénessy, der taz.
Zu dem Protestbündnis gehörten neben dem Asta auch linke Gruppen außerhalb des
Campus. So lobte der Brandenburger Landesverband der “Verfolgten des Naziregimes”
die Proteste als “erfolgreichen Einsatz gegen Geschichtsrevisionismus”.
Die Proteste führten auch im Publikum zu verbalen Auseinandersetzungen und
tumultartigen Szenen. Der CDU-Landabgeordnete Wieland Niekisch, der an der
Veranstaltung teilnehmen wollte, erklärte der taz, er habe sich von den
Protestierenden bedroht gefühlt.
Die Pressesprecherin der Universität, Janny Armbruster, betonte, dass die
Hochschulleitung diese Eskalation bedauert. Man habe die Polizei nicht gerufen und
auch den Initiatoren der Steinbach-Veranstaltung davon abgeraten. Doch gerade der
als Veranstaltungsleiter fungierende Professor für Staats‑, Völker und Europarecht,
Eckart Klein, wird in einer Pressemitteilung des Asta scharf angegriffen. Dort
werden die Aussagen mehrerer Anwesender zitiert, die gehört haben wollen, wie der
Dozent bei der Räumung der Blockade den Polizisten zugerufen haben soll: “Schlagt
richtig zu”. Für eine Stellungnahme war Klein bis Redaktionsschluss nicht zu
erreichen.
Die Brandenburger Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) sagte, sie habe für
die “handgreiflichen Ausschreitungen kein Verständnis”. Die Universität sei doch der
richtige Ort für einen Dialog. Dagegen meinte der Landtagsabgeordnete Peer Jürgens
von der Linkspartei: “Eine Universität ist ein Ort wissenschaftlicher Diskussion,
aber kein Ort von revisionistischen Positionen.”