Kenianerin überlebte nur knapp. Kritik an Zuständen im Abschiebeknast Eisenhüttenstadt
Wie erst jetzt bekannt wurde, kam es in der ZABH – dem zentralen Abschiebegefängnis für Flüchtlinge im brandenburgischen Eisenhüttenstadt – Ende Mai zu einem dramatischen Selbstmordversuch. Die Kenianerin Anni Ndupe befand sich seit Mitte Januar in Erwartung ihrer Abschiebung in der ZABH (Zentrale Abschiebehaftanstalt). Am 30. Mai trank die 32jährige ein giftiges Haarpflegemittel – aus Verzweiflung über ihren unsicheren Aufenthaltsstatus in Deutschland. Ihre behördliche Duldung endet im Oktober.
Anni Ndupe schwebte in höchster Lebensgefahr. Mit einem Hubschrauber wurde sie auf die Intensivstation eines Potsdamer Krankenhauses gebracht, wo sie drei Wochen lang bleiben mußte. Noch immer befindet sie sich in ärztlicher Behandlung. Einziger Lichtblick ist, daß sie nicht in die Eisenhüttenstädter ZABH zurückkehren mußte. Zur Zeit ist sie in einem Potsdamer Flüchtlingsheim untergebracht. Ob sie in Deutschland bleiben kann, ist ungewiß.
Aus ihrer Heimat war Anni Ndupe im Januar wegen ihr drohender Repressionen geflohen. Sie war in Kenia Mitglied der religiösen Mungiki-Sekte, die auch politische Ambitionen hegt und von der Regierung verfolgt wird. Amnesty International berichtete erst kürzlich von massiven Menschenrechtsverletzungen in Kenia, über Folterungen und wenigstens 100 extralegale Tötungen durch die Polizei.
Der Suizidversuch von Anni Ndupe ist bezeichnend für die Asylpolitik der deutschen Regierung. Die konkreten Zustände in der Eisenhüttenstädter ZABH, aber auch in der »Zentralen Erstaufnahmestelle für Asylbewerber« (ZAST) werden von den »JungdemokratInnen/Junge Linke« (JDJL) in Brandenburg schon seit geraumer Zeit angeprangert. Beide Einrichtungen befinden sich auf dem gleichen Gelände. Das Antifolterkomitee des Europarates hatte in einem im März veröffentlichten Bericht darauf hingewiesen, daß eine Zelle in der ZABH mit einer Ringvorrichtung zum Fesseln von Flüchtlingen ausgestattet war. Inzwischen sind diese Ringe entfernt worden. Die JDJL bemängeln unter anderem die ungenügende Betreuung und die fehlende Möglichkeit einer Rechtsberatung für Flüchtlinge in Eisenhüttenstadt. »Oft werden Flüchtlinge genötigt, in Deutsch verfaßte Dokumente zu unterschreiben, die sie nicht lesen können«, so JDJL-Sprecherin Rona Torenz.
Flüchtlingsinitiativen haben das Land Brandenburg wegen seiner rigiden Abschiebepraxis – insbesondere gegenüber afrikanischen Flüchtlingen – scharf kritisiert. Der Brandenburgische Flüchtlingsrat fordert von der Landesregierung einen Abschiebestopp in den Kongo. Und der Verein Opferperspektive hat eine Fax-Kampagne für das Bleiberecht des von Abschiebung bedrohten Togolesen Orabi Mamavi initiiert. Der seit 1994 in Rathenow lebende Mann war in der BRD bereits zweimal Opfer rassistisch motivierter Angriffe.