(MAZ, 19.4.) BABELSBERG Eine provisorische Gedenktafel, die an die 100 Häftlinge des
Potsdamer Außenlagers des KZ Sachsenhausen erinnert, wurde gestern auf dem
Campus Griebnitzsee vor der Bibliothek enthüllt. Die Veranstalter, der
Freundinnenkreis des Sachsenhausen-Komitees, forderten insbesondere die
Universität Potsdam auf, sich mit der Geschichte des Geländes auseinander zu
setzen. Die Potsdamer Historikerin Almuth Püschel mahnte in ihrer Rede, das
KZ-Außenlager habe weder in der Regionalgeschichte, noch in der Potsdamer
Gedenkkultur Niederschlag gefunden.
Öffentlich bekannt ist die Existenz des Außenlagers bereits seit 1961, als
es in einer Broschüre des Sachsenhausen-Komitees erwähnt wurde. Seit 1969
wird es auch vom Internationalen Suchdienst in Bad Arolsen genannt,
erläutert Püschel. Hinweise auf das Außenlager fand die Historikerin Anfang
der 90er Jahre, als sie zur Entstehung der Ufa in Babelsberg recherchierte.
In ihrem 2002 erschienen Buch “Zwangsarbeit in Potsdam” wies sie auf das
Lager hin. In der vom Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin
herausgegebenen Publikation “Orte des Terrors — Die Geschichte der
nationalsozialistischen Konzentrationslager” soll voraussichtlich im
kommenden Jahr ein längerer Beitrag erscheinen.
Danach bestand das Außenlager zwischen dem 1. Juli 1944 und März 1945 auf
dem Gelände des Zentraldepots des Deutschen Roten Kreuzes. Wie Marek Winter
vom Freundinnenkreis berichtet, entstanden gegen Kriegsende in Berlin und
Brandenburg eine Vielzahl dieser so genannten Außenkommandos, in denen die
Häftlinge zur Zwangsarbeit in der Kriegsproduktion eingesetzt wurden. Im
Potsdamer Außenlager ließ das Bauunternehmen Polensky und Zöllner von
Häftlingen und einer nicht bekannten Zahl von Zwangs- und Fremdarbeitern
Luftschutzanlagen für das Personal des DRK sowie die Babelsberger
Zivilbevölkerung errichten, sagt Püschel. Herkunft und Schicksal der
Häftlinge liegen weitgehend im Dunkeln. Ein Insasse gab 1946 an, es habe
Übergriffe durch Wärter auf polnische, ukrainische und deutsche Häftlinge
gegeben.
Püschel vermutet, das Vergessen sei durch die nachfolgende Geschichte
begünstigt worden: Bis 1952 befand sich auf dem Gelände das Oberkommando der
russischen Streitkräfte. Später die Akademie für Staats- und
Rechtswissenschaft, die im Kalten Krieg im schwer zugänglichen Grenzgebiet
lag. Wie der Referent des Rektors der Universität, Rico Jahnke, gestern
mitteilte, plane die Hochschule, die Geschichte aller Standorte umfassend
aufzuarbeiten. Dann werde entschieden, “wie der Opfer auf Dauer angemessen
und würdig gedacht werden kann” .