Potsdam-Babelsberg - Eine provisorische Gedenktafel, die an die 100 Häftlinge des Potsdamer Außenlagers des KZ Sachsenhausen erinnert, wurde gestern auf dem Campus Griebnitzsee vor der Bibliothek enthüllt. Die Veranstalter, der Freundinnenkreis des Sachsenhausen-Komitees, forderten insbesondere die Universität Potsdam auf, sich mit der Geschichte des Geländes auseinander zu setzen. Die Potsdamer Historikerin Almuth Püschel mahnte in ihrer Rede, das KZ-Außenlager habe weder in der Regionalgeschichte, noch in der Potsdamer Gedenkkultur Niederschlag gefunden.
Öffentlich bekannt ist die Existenz des Außenlagers bereits seit 1961, als es in einer Broschüre des Sachsenhausen-Komitees erwähnt wurde. Seit 1969 wird es auch vom Internationalen Suchdienst in Bad Arolsen genannt, erläutert Püschel. Hinweise auf das Außenlager fand die Historikerin Anfang der 90er Jahre, als sie zur Entstehung der Ufa in Babelsberg recherchierte. In ihrem 2002 erschienen Buch “Zwangsarbeit in Potsdam” wies sie auf das Lager hin. In der vom Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin herausgegebenen Publikation “Orte des Terrors — Die Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager” soll voraussichtlich im kommenden Jahr ein längerer Beitrag erscheinen.
Danach bestand das Außenlager zwischen dem 1. Juli 1944 und März 1945 auf dem Gelände des Zentraldepots des Deutschen Roten Kreuzes. Wie Marek Winter vom Freundinnenkreis berichtet, entstanden gegen Kriegsende in Berlin und Brandenburg eine Vielzahl dieser so genannten Außenkommandos, in denen die Häftlinge zur Zwangsarbeit in der Kriegsproduktion eingesetzt wurden. Im Potsdamer Außenlager ließ das Bauunternehmen Polensky und Zöllner von Häftlingen und einer nicht bekannten Zahl von Zwangs- und Fremdarbeitern Luftschutzanlagen für das Personal des DRK sowie die Babelsberger Zivilbevölkerung errichten, sagt Püschel. Herkunft und Schicksal der Häftlinge liegen weitgehend im Dunkeln. Ein Insasse gab 1946 an, es habe Übergriffe durch Wärter auf polnische, ukrainische und deutsche Häftlinge gegeben.
Püschel vermutet, das Vergessen sei durch die nachfolgende Geschichte begünstigt worden: Bis 1952 befand sich auf dem Gelände das Oberkommando der russischen Streitkräfte. Später die Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft, die im Kalten Krieg im schwer zugänglichen Grenzgebiet lag. Wie der Referent des Rektors der Universität, Rico Jahnke, gestern mitteilte, plane die Hochschule, die Geschichte aller Standorte umfassend aufzuarbeiten. Dann werde entschieden, “wie der Opfer auf Dauer angemessen und würdig gedacht werden kann”.