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Antifaschismus

AfD-Heuchelei gegen Gewalt und “Extremismus”

Protest am 16. Februar 2017 gegen die AfD in Finsterwalde
“Fin­ster­walde bleibt rot!” — bre­it­er und lauter Protest gegen die AfD-Kundgebung

INFORIOT Am Don­ner­stagabend (17. Feb­ru­ar) nah­men etwa 130 Per­so­n­en an ein­er Kundge­bung der „Alter­na­tive für Deutsch­land“ unter dem Titel „Gegen Gewalt und Extrem­is­mus“ auf dem Mark­t­platz in Fin­ster­walde (Elbe-Elster) teil. Anlass waren Sachbeschädi­gun­gen am Büro des AfD-Land­tagsab­ge­ord­neten Sven Schröder. Von Antifas bis zum „Fin­ster­walder Aktions­bünd­nis für Men­schlichkeit und Tol­er­anz“ und dem Bürg­er­meis­ter wurde zu Gegen­protesten aufgerufen. An diesen beteiligten sich rund 250 Men­schen, die AfD-Ver­anstal­tung wurde über ihre gesamte Dauer von heftigem und lautem Protest begleit­et. Linke Jugendliche wur­den im Anschluss an die Kundge­bung von Recht­en attackiert.
Viele AfD-Funk­tionäre, die teil­weise aus Pots­dam angereist waren, mis­cht­en sich unter Fin­ster­walder AfD-Sym­pa­thisan­tInnen. Es sprachen der Kreisvor­sitzende der AfD Elbe-Elster, Volk­er Noth­ing, der Direk­tkan­di­dat für die Bun­destagswahl, Peter Drenske, der Bran­den­burg­er Vize-Lan­deschef und Land­tagsab­ge­ord­nete Andreas Kalb­itz sowie Sven Schröder. Als Gas­tred­ner fungierte André Poggen­burg, Chef der AfD in Sach­sen-Anhalt. Alle Red­ner arbeit­eten sich an Antifa, demokratis­chen Parteien und der Zivilge­sellschaft ab. Ins­beson­dere Drenske und Kalb­itz (der selb­st in nation­alkon­ser­v­a­tiv­en und extrem recht­en Organ­i­sa­tio­nen aktiv war) fie­len durch Sprachan­lei­hen bei der extremen Recht­en auf. Eine Schnittmenge mit asylfeindlichen Ini­tia­tiv­en in der Region wurde deut­lich. So nahm Christoph Berndt, Vor­sitzen­der der der asylfeindlichen Ini­tia­tive „Zukun­ft Heimat“, an der Ver­samm­lung teilt. Außer­dem rief Schröder dazu auf, die Ver­samm­lun­gen des „Bürg­er­fo­rums Süd­bran­den­burg“ in Bad Lieben­wer­da zu besuchen.
Das ‚Nor­male’ ist gefährdet
In üblich­er Manier präsen­tierte sich die AfD an diesem Abend als “einzig wahre” demokratis­che Partei, die gegen jeden „Extrem­is­mus“ sei. Dem Vor­wurf, die Partei sei sel­ber teil­weise recht­sex­trem geprägt, begeg­nete der Kreisvor­sitzende Noth­ing in sein­er Rede mit der Aus­sage, dass die AfD-Anhän­gerIn­nen nicht nur nicht recht­sex­trem, son­dern „ganz nor­male Men­schen“ seien. Was er unter „nor­mal“ ver­ste­ht, führte er jedoch kaum aus, lediglich in Hin­blick auf Fam­i­lien und Geschlechter­bilder wurde er deut­lich: „Gen­der Main­stream­ing“ ist für ihn eine „gesellschaft­sz­er­störende Ide­olo­gie“. Gegen sex­uelle Vielfalt solle das Mod­ell der „klas­sis­chen“ Fam­i­lie gestellt wer­den. Er meint das het­ero­nor­ma­tive Ver­ständ­nis, in dem eine Fam­i­lie auss­chließlich aus Vater, Mut­ter und Kind(ern) beste­hen solle.
Opfer — wie einst bei der Christenverfolgung
Was die AfD als demokratis­che Partei ausze­ich­nete, führten die Red­ner wider­sprüch­lich aus. Drenske zum Beispiel sah sich und seine Mit­stre­it­er als wahre DemokratIn­nen, weil die AfD die einzige Partei sei, die die Sprache des Volkes spreche — im Gegen­satz zur „Polit­lob­by“, der das eigene Volk egal ist. Das Volk sei durch die eigene Regierung bedro­ht. Drenske, der mehr schrie als redete, fan­tasierte von ein­er Gewaltwelle, Totalüberwachung der Bevölkerung und von ein­er in Deutsch­land herrschen­den Staat­sre­li­gion des Islams. Er mok­ierte sich über die fehlende “Tol­er­anz” und über den “Ras­sis­mus”, den die AfD und das deutsche Volk zu spüren hät­ten: „Deutsch­land ist wie eine Gum­mi­mat­te – alle tram­peln auf uns rum“. Andere Mei­n­un­gen wür­den mit der „Extrem­is­muskeule tot­geschla­gen“. Für ihn ergin­ge es den Deutschen und der AfD so, wie einst den Opfern der “Chris­ten­ver­fol­gung”.
AfD will an der Macht “Par­tikel ent­fer­nen, die unsere Gesellschaft vergiften”
Von Demokratie und Tol­er­anz war nicht mehr viel zu spüren, sobald es um Antifa und die „Polit­lob­by“ ging. So wurde der Kreisvor­sitzende Noth­ing deut­lich: Wenn die AfD an die Macht komme, werde sie „die Par­tikel ent­fer­nen, die unsere Gesellschaft vergiften und unsere Geset­ze brechen und mis­sacht­en“. Kalb­itz forderte gar, Linken das Studieren zu unter­sagen und sie stattdessen „prak­tis­ch­er Arbeit zuzuführen“.
Die Link­sex­tremen bei der Arbeiterwohlfahrt
Die Botschaft war deut­lich an diesem Abend: Geschlossen­heit gegen die intol­er­ante „Mei­n­ung­sein­heits­front“. So wären deut­lich mehr Anhän­gerIn­nen an diesem Abend zur Ver­samm­lung gekom­men und hät­ten sich zur AfD bekan­nt, glaubte Noth­ing — doch sie hät­ten sich nicht getraut, aus Angst vor Angrif­f­en durch Gegendemonstrant_innen, Job­ver­lust oder schlechtem Gerede. Vor allem die Antifaschist_innen seien ver­ant­wortlich, die als „SA“ (Schröder) bzw. „Rote Sturmabteilung­shorden“ oder „Ter­ror­is­ten“ (bei­des Kalb­itz) beze­ich­net wur­den. Schröder und Kalb­itz ver­sucht­en, die Antifa in ihren Reden als dumm und faul abzustem­peln, kon­nten den­noch über kaum etwas Anderes reden. Hin­ter der Antifa stän­den, so die AfD-Analyse, die „rot-rote Machter­hal­tungsclique“, „Kuscheltier­w­er­fer“ und „Willkom­men­sex­trem­is­ten“, “68er”, Lehrer_innen und eine linke „Mei­n­ung­sein­heits­front“ von Parteien, Medi­en, Kirche, Gew­erkschaften und Arbeit­er­wohlfahrt. Link­sex­treme Gewalt­täter säßen auch im lokalen Aktions­bünd­nis, bemerk­te Noth­ing in Bezug auf das reak­tivierte Fin­ster­walder Tol­er­anzbünd­nis.
Poggen­burg: Im Schick­sal­s­jahr 2017 soll Deutsch­land zurücker­obert werden
AfD-Recht­saußen André Poggen­burg sah sich eben­falls von linken Fein­den an allen Eck­en bedro­ht. Am 12. Jan­u­ar hat­te Poggen­burg „anti­demokratis­che Gewalt“ selb­st erlebt, berichtete er: Studierende störten seine Ver­anstal­tung an der Uni­ver­sität in Magde­burg. Die deutschen Uni­ver­sitäten seien in der Hand der „link­sex­tremen Antifa“ und auch die Medi­en seien vom „Linksabrutsch“ betrof­fen. Dabei würde die Antifa, unter­stützt von „linksradikalen Parteien“ die Straßen ter­ror­isieren. „Linke und Link­sex­treme von AWO bis Antifa“ wür­den der „nationalen Alter­na­tive in Deutsch­land ein Ende zu bere­it­en“ wollen. In seinen Augen herrschen Ver­hält­nisse wie in der Weimar­er Repub­lik. Hier gäbe es eine geschichtliche Ver­ant­wor­tung, und die hieße Deutsch­land müsse im „Schick­sal­s­jahr“ 2017 „zurücker­obert“ werden.
Kein „Gewalt­freier und offen­er Diskurs“
Bemerkenswert ist Poggen­burgs Bemerkung, dass die AfD für einen „gewalt­freien und offe­nen poli­tis­chen Diskurs“ ste­he. Diese Aus­sage wurde nur wenige Minuten später wieder­legt. Im direk­ten Anschluss an die AfD-Kundge­bung grif­f­en Rechte mehrere linke Jugendliche an. Es gab drei Fes­t­nah­men, die Angreifer wur­den zeitweise mit Kabel­bindern gefes­selt. Dies berichteten Augenzeug_innen. Die Polizei sprach hinge­gen gegenüber der “Lausitzer Rund­schau” von einem friedlichen Ver­lauf des Abends.
Inforiot