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Chronik rechter Vorfälle 2020 in Märkisch-Oderland

Die Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt Märkisch­-Oder­land (BOrG) doku­men­tiert kon­tinuier­lich rechte Vor­fälle im Land­kreis und erstellt daraus Chroniken. Im Jahr 2020 haben wir 107 Vor­fälle im Land­kreis aufge­nommen, von Pro­pa­gan­da über Veranstal­tungen hin zu Angrif­f­en. Damit stieg die Zahl der reg­istri­erten Vor­fälle von 67 im Jahr 2019 um 60%. Dies lässt sich zum einen durch mehr Pro­pa­gandafälle, aber auch durch eine akti­vere Melder*innenstruktur erklären.

Überblick: Rechte Vorfälle im Jahr 2020

Die häu­fig­sten Vor­fälle im Jahr 2020 mach­ten Pro­pa­gandafälle aus (37 Vor­fälle). Dies sind zum Beispiel Schmier­ereien oder das Kleben von Stick­ern mit recht­en Inhal­ten. Rechte Selb­st­darstel­lung, also die Bewer­bung oder das Auftreten als rechte Struk­tur oder Parteien, sowie die Ver­harm­lo­sung und/oder Ver­her­rlichung des Nation­al­sozial­is­mus sind dabei die häu­fig­sten Motive. Ras­sis­mus, Anti­semitismus oder die Bedro­hung von poli­tischen Gegner*innen spie­len bei den Propa­gandafälle eher eine unter­ge­ord­nete Rolle. Zu beto­nen ist jedoch, dass sich zum einen immer eine ras­sis­tis­che und bedrohliche Di­mension in der recht­en Selb­st­darstel­lung zeigt und zum anderen expliz­it bei Stick­ern ras­sis­tis­che Motive in Kom­bi­na­tion mit Sti­ckern von Parteien oder Organ­i­sa­tio­nen gek­lebt wur­den. Auf die Betrachter*innen wirken sie im Stadt­bild so gemein­sam und beziehen sich aufeinander.

Mit 36 Ver­anstal­tun­gen im Jahr 2020 ist dies die zwei­thäu­fig­ste Vor­fall­sart. Nicht trotz, son­dern ger­ade wegen der Pan­demie hat sich die Zahl hier deut­lich gegenüber dem Vor­jahr (15 Ver­anstal­tun­gen im Jahr 2019) erhöht. Neben eini­gen Parteiver­anstal­tun­gen der „Alter­na­tive für Deutsch­land“ (AfD), die the­ma­tisch nicht die Pan­demie und die Maß­nahmen dage­gen auf­grif­f­en, waren die soge­nannten „Corona­Maßnahmen“ der Aus­lös­er für ein Gros der Ver­anstal­tun­gen. Bere­its im Zeitraum von März bis Juni gab es einige Ver­anstal­tun­gen dazu im Land­kreis. Ab Ok­tober fan­den dann aber regelmäßig Kundge­bungen in Straus­berg (Quer­denken Straus­berg 334) und in Wriezen (Schweige­marsch der AfD) statt. Beson­ders im Kon­text der Querdenken­Kundgebungen gab es hier immer wieder NS-­ver­harm­losende Bezüge.

Außer­dem haben wir 18 Pöbeleien, Belei­di­gun­gen und/oder Bedro­hun­gen aufgenom­men, wovon ein Großteil anti­semi­tisch mo­tiviert war (7 Vor­fälle von 18). Weit­ere Motive waren Ras­sis­mus (6 von 18), LGBTIQ*­Feindlichkeit (2 von 18) und gegen politi­sche Gegner*innen ge­richtet, NS­verherrlichend oder als rechte Selbstdar­stellung ver­mit­telt (je 1 von 18). Die Zahl der von uns reg­istri­erten sechs Angriffe im Jahr 2020 ist im Ver­gle­ich zum Vor­jahr leicht zurück­ge­gan­gen (8 Angriffe 2019). Dabei waren vier Angriffe ras­sis­tisch motiviert und erfol­gten gegen ver­meintlich als Geflüchtete wahrgenommene Per­so­n­en oder Geflüchtete­nun­terkün­fte. Zwei Angriffe richteten sich gegen poli­tis­che Gegner*in­nen. Eben­so gab es im Jahr 2020 sechs Sachbeschädi­gun­gen, wovon 4 anti­semi­tisch motiviert waren.

Straus­berg sticht wie auch schon die Jahre zuvor mit der Anzahl der Vor­fälle her­vor (ins­gesamt 32). Dies liegt vor allem an der guten Melder*innenstruktur vor Ort. Engagierte Men­schen melden uns hier Vor­fälle. Dies schafft eine gute Daten­lage und einen rea­listschen Überblick. Aber auch Wriezen mit 16 Vor­fällen und Müncheberg mit 14 Vorfäl­len, sowie Peter­sha­gen mit 11 Vor­fällen ste­chen her­aus. An den vie­len anderen Orten in Märkisch-­Oder­land ist von ein­er hohen Dun­kelziffer auszuge­hen. Es ist anzunehmen, dass sich die Zahlen in allen größeren Ortschaften auf einem ähn­lichen Niveau be­wegen, hier fehlen uns jedoch Melder*innen­strukturen und es kön­nen nur Vor­fälle aufgenom­men wer­den, die in der Presse, Sozialen Medi­en oder durch Polizeimeldun­gen öffentlich bekan­nt wer­den. Ins­beson­dere aus Bad Freien­walde hören wir immer wieder von ras­sis­tis­chen Vor­fällen, die auch regel­mäßig Angriffe bein­hal­ten. Unsen­si­ble Reak­tionen von Poli­tik und Polizei, sowie die Alltäglichkeit dieser Angriffe lassen die Be­troffenen oft resig­nieren und Anzeigen oder Hil­fege­suche wer­den unter­lassen. Damit lässt sich kein abschließen­des Bild der Lage in Märkisch-­Oder­land zeich­nen. Wir sind hier auf Hil­fe durch alle Mit­men­schen im Land­kreis angewiesen. Melden Sie uns rechte Vor­fälle jed­er Art. Nur so kön­nen wir gemein­sam etwas tun.

Bewaffneter Rechtsextremismus: Ein bundesweiter Trend auch in Märkisch-Oderland

Her­vorge­hoben sei an dieser Stelle folgen­der Vor­fall: Im März stellte die Polizei bei Haus­durch­suchun­gen mehrere Waf­fen und Nazide­vo­tion­alien sich­er, zwei Män­ner wur­den wegen Waf­fen­han­dels festgenom­men. Ger­ade in den ver­gan­genen Jahren waren ver­schwun­dene Waf­fen aus Bestän­den von Polizei und Bun­deswehr auch medi­al immer wieder The­ma. Zu sel­ten wird darauf hinge­wiesen, was mit diesen Waf­fen passiert: Oft­mals gelan­gen sie in die Hände von Neon­azis und beken­nen­den Ras­sis­ten. Meis­tens sam­meln diese die Waf­fen, trainie­ren damit oder leg­en geheime Lager an, um am “Tag X” darauf zugreifen und poli­tis­che Gegner*innen angreifen zu kön­nen. Doch immer wieder schre­it­en Neon­azis zur Tat und ver­let­zen und töten Men­schen. Lei­der besit­zen viele rechte Aktivis­ten zudem Waffen­scheine, da hier­für viel zu sel­ten der poli­tis­che Hin­ter­grund geprüft wird. Promi­nentes Beispiel dafür ist Tobias R., dem At­tentäter von Hanau, der 2020 neun Men­schen aus ras­sis­tis­chen Motiv­en tötete. Mel­dun­gen über Waf­fen­funde bei Neon­azis sind deshalb äußerst brisant und Lokal­ und Kommunalpolitiker*innen sowie Sicherheits­behörden soll­ten alles dafür tun, die Herkun­ft dieser Waf­fen aufzuk­lären und nicht zulas­sen, dass die rechte Szene sich weit­er bewaffnet.

Rassistische Mobilisierungen stärken rechte Strukturen

Als in Folge des lan­gen Som­mers der Mi­gration 2015 die ras­sis­tis­chen Mobilisierun­gen und Gewalt­tat­en schla­gar­tig zunah­men, zeigte sich dies auch in Mär­kisch-­Oder­land. Nicht nur gab es viele An­griffe und ras­sis­tis­che Ver­anstal­tun­gen, auch waren die meis­ten Pro­pa­gan­da­vor­fälle mit ras­sis­tis­chen Inhal­ten. Dies hat sich mitt­lerweile gewan­delt. Die ras­sis­tis­che Mobili­sierung hat zu ein­er Stärkung von recht­en Struk­turen beige­tra­gen, wie nicht nur an Wahlergeb­nis­sen zu sehen ist. Das hohe Maß an Vor­fällen, die in die rechte Szene hinein­wirken und die Organ­i­sa­tio­nen in der öffentlichen Wahrnehmung stärken, ist ein weit­eres Resul­tat davon. Auch jen­seits des Wahlkampfes wie im Jahr 2019 waren im let­zten Jahr viele Vor­fälle zu verze­ich­nen, die mit Parteien und Organ­i­sa­tio­nen zusam­menhängen. Ein beson­deres Augen­merk gilt hier auf neu ent­standene Struk­turen im Jahr 2020. Neben der „Divi­sion MOL“, die in der S5­Region aktiv ist, ist auch die zunehmende Aktiv­ität des „III. Weg“ zum Ende des Jahres zu beacht­en. Die neon­azis­tis­che Kleinstpar­tei zeich­net sich durch ihre Mil­i­tanz und einen elitären Habi­tus aus. Mit­tler­weile hat sich ein „Stützpunkt“ in Bad Freien­walde gegründet.

Antisemitismus weiter präsent

Das Tat­mo­tiv Anti­semitismus trat im Jahr 2020 sehr häu­fig auf. Dies zeigt, wie tief ver­wurzelt Anti­semitismus in der Gesellschaft ist. Sechs Fälle von anti­semi­tis­chen Pöbelei­en, vier Fälle von Sachbeschädi­gun­gen und eine Pro­pa­gan­damel­dung zeu­gen von einem großen und auch gewalt­täti­gen Poten­zial. Die Sachbeschädi­gun­gen richt­en sich in der Regel gegen Gedenko­rte, wie am 27. Jan­u­ar in Seelow, wo im Nach­gang zum Gedenken an die Befreiung von Auschwitz Blumenge­binde zer­stört wur­den oder am 31. Dezem­ber in Wriezen, wo zum wieder­holten Male die Gedenk­tafel für die in der Reichspogrom­nacht abge­bran­nte Syn­a­goge beschädigt wurde. Die Pöbeleien zeigen, dass sich Jüd*innen nicht sich­er in Märkisch-­Oder­land bewe­gen können.

Die AfD weit rechts

Der Kreisver­band der AfD Märkisch­-Oder­­land ist wie der gesamte Lan­desver­band nicht nur Flügel­nah, son­dern maßge­blich­er Teil des Flügels. Die unge­broch­ene Solidari­tät gegenüber des wegen sein­er Neon­azi-Ver­gan­gen­heit aus der Partei ausgeschlos­senen Andreas Kalb­itz, eine Ver­anstal­tung mit Björn Höcke in Hönow im Sep­tem­ber, so­wie eine kurz darauf fol­gende Ver­anstal­tung mit Götz Kubitschek, dem zen­tralen Intellek­tuellen der Neuen Recht­en machen dies deut­lich. Auch die aktive Zusam­me­nar­beit mit der Jun­gen Alter­na­tive Bran­den­burg, die schon länger als recht­sex­tremer Verdachts­fall von den Behör­den geführt wird, macht deut­lich, wie weit rechts die AfD in Märkisch­-Oder­land ste­ht. Betrof­fene aus Regio­nen und Gemein­den, in denen die AfD beson­ders stark ist, bericht­en immer wieder von Anfein­dungen seit­ens der AfD und ihrer Anhän­ger*innen. Men­schen, die sich ein­deutig und kon­se­quent von der AfD abgren­zen, sind Ziel von anony­men Pöbeleien im Inter­net, aber auch auf der Straße. Ihnen gehört unser Dank und unsere Unterstützung.

Die voll­ständi­ge Chronik und ergänzte Infor­ma­tio­nen sind in Form ein­er Broschüre hier zu down­load­en. Gedruck­te Exem­plare kön­nen gerne auch kosten­frei bestellt wer­den. Dazu ein­fach eine Mail an: ag-borg@horte-srb.de

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Rechtes Märkisch-Oderland? Analyse rechter Vorfälle 2019

Für 2019 ergibt sich aus den Zahlen ein Anstieg gegenüber 2018, auf den wir im Fol­gen­den einge­hen möcht­en. Zudem richt­en wir den Blick auf Neon­azis im Kampf­s­port sowie auf das extrem rechte Net­zw­erk, in dem sich die AfD im Land­kreis bewegt.

 

Überblick: Rechte Vorfälle nehmen im Vergleich zu 2018 zu

Im Jahr 2019 kon­nten wir einen deut­lichen Anstieg rechter Vor­fälle im Land­kreis gegenüber 2018 fest­stellen. Ins­ge­samt gab es 50 Mel­dun­gen wie Bedro­hun­gen, Schmier­ereien, Angriffe und Pro­pa­gan­dade­lik­te. Im Ver­gle­ich haben wir 2018 33 solch­er Vor­fälle reg­istri­ert. Eines der häu­fig­sten Mel­dun­gen sind rechte Graf­fi­tis und Schmier­ereien – ins­beson­dere Hak­enkreuze wur­den sehr häu­fig gesprüht. Die Tatorte sind sowohl öffentliche Räume wie Bushal­testellen oder Wände in öffentlichen Bere­ichen, aber sehr oft auch Pri­vathäuser. Bei let­zteren kommt immer noch eine bedro­hende Kom­po­nente dazu, da die Täter*innen gezielt Nazisym­bole zur Ein­schüchterung anbrin­gen – teil­weise mehrfach an den gle­ichen Orten. Auch explizite Bedro­hun­gen und Belei­di­gun­gen kamen im let­zten Jahr häu­figer vor und haben sich gegenüber 2018 fast ver­dop­pelt. Gegenüber 2018 hat sich auch die Zahl der Angriffe leicht erhöht. Acht Angriffe auf Men­schen und Unterkün­fte von Geflüchteten haben wir 2019 registriert. 
Generell sind die größeren Städte in Märkisch-Oder­land die Zen­tren der Tat­en. Sowohl Seelow als auch Bad Freien­walde, Müncheberg und Wriezen haben ähn­lich hohe Zahlen. Straus­berg sticht mit 21 recht­en Vor­fällen her­vor. Dies muss aber in den Kon­text geset­zt wer­den, dass die Beratungsstelle und ihre Mit­glieder selb­st in Straus­berg aktiv sind und hier viele Fälle selb­st aufn­immt und besseren Kon­takt zu Betrof­fe­nen hat, sowie durch die Arbeit­en der BOrG, des Bünd­niss­es für Men­schlichkeit  und des AJP 1260 e.V., sowie weit­er­er Vere­ine, eine größere Sen­si­bil­ität in den let­zten Jahren hergestellt wer­den kon­nte. Es ist davon auszuge­hen, dass die Zahlen in den restlichen Städten ähn­lich hoch, wenn nicht noch höher sind. Neben den genan­nten Städten gab es Vor­fälle in Rehfelde, Neuen­hagen, Peter­sha­gen, Fred­er­s­dorf, Rüder­s­dorf, Falken­berg, Neu­treb­bin, Neuhard­en­berg und Lietzen.
Zahlre­iche Stu­di­en ver­weisen in diesem Bere­ich auf hohe Dunkelz­if­fern. Belei­di­gun­gen und Angriffe sind für viele Betrof­fen Nor­mal­ität. Die Gewöh­nung und gesellschaftliche Hür­den führen dazu, das viele Vor­fälle nicht angezeigt oder pub­lik gemacht und damit auch nicht von uns reg­istri­ert wer­den. Beson­ders im Oder­bruch, sowohl in den Städten als auch in den Dör­fern, gehen wir von ein­er weit größeren Zahl aus. Der All­t­agsrassis­mus zeigt sich bspw. bei Fußball­spie­len, wo Spieler*innen of Colour(*) belei­digt wer­den, oder auch in öffentlichen Verkehrsmit­teln, wo immer wieder Belei­di­gun­gen und Angriffe stat­tfind­en. Eben­so sind Orte, wo sich die Zivilge­sellschaft offen und klar posi­tion­iert, immer wieder Ziel von Angriffen. 

(*) Als Peo­ple of Colour beze­ich­nen sich viele Men­schen, die von Ras­sis­mus neg­a­tiv betrof­fen sind.

 

Kampfsport als Betätigungsfeld für Neonazis

In beson­derem Maße sticht auch die Ver­anstal­tung am 26. Jan­u­ar 2019 in Straus­berg her­vor. Beim soge­nan­nten „Red Eagle Cup“ im let­zten Jahr trat ein ehe­ma­liger NPD-Kad­er und immer noch aktiv­er Neon­azi in Erschei­n­ung [1]. Er war jedoch nicht nur Gast wie andere Neon­azis an dem Tag, son­dern betreute einen jun­gen Kämpfer vom Ringrand aus. Dies spricht für seine Involviertheit im organ­isieren­den Vere­in. Darüber wird uns immer wieder von Neon­azis berichtet, die in Straus­berg im (Kampf-)Sport tätig sind. Ganz nor­mal wer­den in Gyms rechte Mode­marken wie „Label23“ [2] getra­gen und bewor­ben. Dies ist höchst gefährlich, da Neonazis hier zum einen Erfahrun­gen und Fähigkeit­en sam­meln, poli­tis­che Gegner*innen und von Diskri­m­inierung betrof­fene Per­so­n­en anzu­greifen. Zum anderen ist Kampf­s­port auch gelebter Teil ein­er völkischen Vorstel­lung von Gesund­heit und Wehrhaftigkeit, der allzu häu­fig zum „NS-Lifestyle“ dazuge­hört. Fest ste­ht zudem, dass ein aktiv­er Neon­azi in keinem Fall geeignet ist, Kinder oder Jugendliche in Kampf­s­port anzuleit­en und zu betreuen.
Eine beson­dere Rolle spielt in diesem Kon­text auch der Straus­berg­er Laden „Ger­man Melt­dow Crime Store“, der Kampf­s­portzube­hör und ‑klei­dung verkauft. Neben der schon genan­nten Marke „Label23“ werden hier auch die rechte Marke „ProVi­o­lence“ [3], sowie Base­ballschläger und Mate­r­i­al zum Ver­mum­men verkauft.

Die AfD als Teil des extrem rechten Netzwerks

Die AfD ist im Land­kreis im let­zten Jahr stärk­ste Kraft in den Kom­mu­nal­wahlen und zweit­stärk­ste Kraft in den Land­tagswahlen gewor­den. Sie ist damit auf regionaler und über­re­gionaler Ebene präsent. Auch die Ver­anstal­tun­gen – in der Regel die soge­nan­nten Stammtis­che – der Partei find­en regelmäßig und flächen­deck­end statt und haben sich in manchen Teilen des Kreis­es schon soweit etabliert, dass sie als Selb­stläufer gel­ten kön­nen. Die 16 in der Chronik aufge­führten Aktiv­itäten der AfD kön­nen deshalb nur als klein­er Auss­chnitt der Partei-Aktiv­itäten gese­hen wer­den; die tat­säch­liche Anzahl der AfD-Ver­anstal­tun­gen dürfte weitaus höher liegen. 
Allein in Straus­berg fan­den monatliche öffentliche Stammtis­che statt, welche man so oder so ähn­lich auch in anderen Städten im Land­kreis beobacht­en kann. Die Stammtis­che find­en oft in pri­vat­en Räu­men und Restau­rants statt, wie im „Zum alten Steuer­haus“ in Straus­berg. Das Pub­likum beste­ht, wie bei AfD-Stammtis­chen üblich, eher aus dem engen Mit­glieder- und Sym­pa­thisamt*innenkreis. Jedoch lässt die rel­a­tive Regelmäßigkeit der Ver­anstal­tun­gen  sowie die mitunter parteipromi­nente Unter­stützung aus Berlin ver­muten, dass die Stammtis­che für die AfD vor allem intern eine hohe Bedeu­tung haben. Es ist davon auszuge­hen, dass nicht nur inhaltliche, son­dern auch organ­isatorische Diskus­sio­nen hier geführt, Kon­tak­te inten­siviert und Aktio­nen geplant werden. 
Solche Aktio­nen fan­den im let­zten Jahr vor allem im Rah­men der Land­tags- und Kom­mu­nal­wahlen statt. Mit Wahlkampf­stän­den, aber auch mit Pro­pa­gan­da­ma­te­r­i­al war die AfD stark im öffentlichen Raum präsent. Auf­fäl­lig war, dass AfD-Aufk­le­ber oft in Verbindung mit anderen extrem recht­en Aufk­le­bern auf­trat­en, sodass davon auszuge­hen ist, dass die Ver­bre­i­t­en­den sowohl in AfD- als auch in neon­azis­tis­che Kreise ver­net­zt sind.
Mit Pro­pa­gan­da­ma­te­r­i­al ver­suchte die AfD jedoch nicht nur, ihre men­schen­ver­ach­t­en­den Posi­tio­nen in die Öffentlichkeit zu tra­gen. Auch zur geziel­ten Ein­schüchterung ihrer poli­tis­chen Gegner*innen nutzte sie es: So brachte die AfD in der Nacht zum 3. August in Müncheberg Wahlplakate vor und in unmit­tel­bar­er Nähe zu dem Gelände an, auf dem am näch­sten Tag ein linkes Stadt­fest stat­tfand. Diese Art der Revier­markierung und Bedro­hung hat die AfD mit den Aktiv­itäten der anderen Neonazis im Land­kreis gemein. 
Beson­ders in Straus­berg ist die Nähe und Über­schnei­dung von AfD-Mit­gliedern zur Neonaziszene sehr präsent. Anschaulich lässt sich das an der sogenannten „Brud­er­schaft Straus­berg“ zeigen. Brud­er­schaften sind in Neon­azi-Kreisen sehr beliebte Organ­i­sa­tions­for­men, die üblicher­weise nur für Män­ner zugänglich sind und sol­datis­che Härte und Kampf­bere­itschaft sug­gerieren sollen. Auch wenn der Großteil dieser Brud­er­schaften – so auch das Straus­berg­er Exem­plar – häu­fig lediglich lose Grup­pen von saufend­en und pöbel­nden Män­nern sind, ist die Außen­darstel­lung häu­fig martialisch und extrem ras­sis­tisch und sex­is­tisch. Über­schnei­dun­gen zu AfD und Neon­azi-Szene sind häu­fig, jedoch sel­ten so ein­deutig wie in Straus­berg. Auf face­book veröf­fentlichte ein sachkundi­ger Ein­wohn­er der AfD mehrere Posts, die in Zusam­men­hang mit der soge­nan­nten „Brud­er­schaft Straus­berg“ standen und machte auch im Fol­gen­den aus sein­er Dop­pelmit­glied­schaft keinen Hehl. 
Ger­ade diese (zumin­d­est the­o­retisch) gewalt­bere­it­en Zusam­men­schlüsse im Umfeld der AfD kön­nen als gewalt­tätiger Arm der par­la­men­tarischen Recht­en gese­hen wer­den und stellen für von Ras­sis­mus betrof­fene Men­schen und Linke eine erhe­bliche Bedro­hung dar.
Wenig beachtet, aber den­noch von Bedeu­tung im Feld der Neuen Recht­en war die Kon­ferenz des recht­en Mag­a­zins „Com­pact“ am 10. August in Hönow. Neben dem Chefredakteur des recht­en und ver­schwörungside­ol­o­gis­chen Mag­a­zins Jür­gen Elsäss­er waren diverse AfD-Politiker*innen vor Ort. Das Com­pact-Mag­a­zin räumt dem recht­en „Flügel“ der Partei viel Platz ein und sym­pa­thisiert offen mit den recht­esten Akteuren der Partei [4]. Das eine solche Kon­ferenz in Hönow stat­tfind­et, unter­mauert ein weit­eres Mal, dass die AfD in MOL klar dem recht­en Flügel der Partei zuzuord­nen ist. 


Was kann man tun?

Um Betrof­fe­nen helfen und ein real­is­tis­ches Bild der recht­en Vor­fälle nachze­ich­nen zu kön­nen, sind wir auf Unter­stützung angewiesen. Wir freuen uns über Hin­weise zu allen For­men von recht­en Vor­fällen im Land­kreis. Außer­dem kön­nen sich Betrof­fene, aber auch Beobachter*innen gern direkt bei uns melden. Gebt unsere Kon­tak­t­dat­en gerne weit­er oder kon­tak­tiert uns. Zeigt euch sol­i­darisch mit Betrof­fe­nen rechter Gewalt und schaut nicht weg bei recht­en Vorfällen.
        
E‑Mail: ag-borg@horte-srb.de
Telegram: 0163/ 386 75 82
Mehr Infor­ma­tio­nen und Unter­stützung für Betrof­fene unter www.opferperspektive.de
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