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Antifaschismus

Aktive Neonazi-Jugendgruppe „Division MOL

Dieser Artikel doku­men­tiert den Stand der Recherche im Som­mer 2021. Seit­dem gibt es einige neue Erken­nt­nisse, die hier in einem Fol­geartikel erschienen sind. 

Seit Anfang 2020 kommt es im S‑Bahnbereich der S5 zwis­chen Neuen­hagen und Straus­berg ver­stärkt zu dem Auf­tauchen rechter Stick­er und Sprühereien bis hin zu einem Angriff auf andere Jugendliche. Die ver­ant­wortliche Gruppe ist gefährlich und erfol­gre­ich dabei, Net­zw­erke ins neon­azis­tis­che Milieu in Berlin-Bran­den­burg zu knüpfen – genau­so wie in die AfD. Trotz des jun­gen Alters der Akteure (von 14 Jahren bis Anfang 20) sind diese nicht als harm­lose Jugend­clique zu unterschätzen.


Divi­sion MOL – Von recht­en Stick­ern über organ­isierte Aktio­nen hin zum III. Weg 
Der „harte Kern“ der Divi­sion MOL bestand bis zum Herb­st 2020 aus Mal­wig Stel­ter (Jahrgang 2004), Franz
Richard Schrandt, Lion Zan­der, Erik Storch und Thore Ondr­usch. Es ist davon auszuge­hen, dass noch mehr Per­so­n­en unter der Beze­ich­nung agieren und es ein dynamis­ches Unter­stützerum­feld gibt. Erste Aktio­nen im Raum Peter­sha­gen trat­en bere­its im Jan­u­ar 2020 auf. Kurz nach­dem sich die Ober­schule, die am Peter­sha­gen­er Bahn­hof gele­gen ist, der Ini­tia­tive „Schule ohne Ras­sis­mus – Schule mit Courage“ anschloss, wur­den im Umfeld der Schule rechte Sprayereien ent­deckt (siehe Chronik rechter Vor­fälle in Märkisch Oder­land). Die Schmier­ereien über Runen, Hak­enkreuze und Schriftzüge wie „FCK ANTIFA“ häuften sich. Bis min­destens Novem­ber hat­te die Gruppe einen eige­nen Insta­gram-Account, dieser ist mit­tler­weile inak­tiv. Der Account hat­te mehr als 170 Abonnent*innen, darunter viele AfD- und NPD- Accounts oder neon­azis­tis­che Kad­er. Dort postete die Divi­sion nicht nur eigene Stick­er-Aktio­nen, son­dern auch Fotos mit ein­er Fahne der Jun­gen Nation­al­is­ten bei der großen Quer­denken-Demo am 7.11.2020 in Leipzig. Bei der Demon­stra­tion mit mehreren zehn­tausend Teil­nehmenden kam es zu gewalt­täti­gen Auss­chre­itun­gen durch Schwurbler*innen und Neon­azis. Am 31.01.21, im Nach­gang ein­er Gedenkkundge­bung für den von Ras­sis­ten tot­geprügel­ten Phan Văn Toản in Fred­er­s­dorf, zer­störte die Divi­sion MOL Blu­men, Schilder und ein Trans­par­ent. Mit dem umge­dreht­en Trans­par­ent posierten sie in Hooli­gan-Manier für ein Foto, welch­es später auf dem Twit­ter-Account der JN Berlin-Bran­den­burg veröf­fentlicht wurde. Die Divi­sion MOL beteiligte sich mit den Jun­gen Nation­al­is­ten Berlin-Bran­den­burg an der bun­desweit­en geschicht­sre­vi­sion­is­tis­chen Aktion “Gedenk Dres­den” im Feb­ru­ar 2021. Auch hier erfol­gten immer wieder Veröf­fentlichun­gen auf den Social-Media Accounts der JN-Berlin-Bran­den­burg. Nicht nur in Bran­den­burg, auch in Berlin fällt die jugendliche Naz­i­clique auf. So waren sie in Begleitung des Marzah­n­er Nazi-Hools André Schlouns am 20.03.2021 beim Auf­marsch von Neon­azis und Hooli­gans auf dem Platz des 18. März vertreten (https://www.flickr.com/photos/recherche-netzwerk-berlin/51058296388/in/album-72157718731325468). Gemein­sam mit Schlouns waren sie am 03.04.2021 auch bei der ver­schwörungside­ol­o­gis­chen Kundge­bung „Frei­heit ist nicht ver­han­del­bar“. (https://www.flickr.com/photos/recherche-netzwerk-berlin/51093858217/in/album-72157718845985513/, https://www.flickr.com/photos/recherche-netzwerk-berlin/51093842119/in/album-72157718845985513/, https://www.flickr.com/photos/recherche-netzwerk-berlin/51093764156/in/album-72157718845985513/, https://www.flickr.com/photos/recherche-netzwerk-berlin/51094571950/in/album-72157718845985513/)

 

Thore Ondr­usch (Mitte) und Franz Schrandt beim Auf­marsch am 20.03.21
v.l.n.r.: Mal­wig Stel­ter, Erik Storch und Franz Schrandt beim Auf­marsch am 03.04.2021
Franz Schrandt (links) und Thore Ondr­usch (rechts) am 03.04.2021
Die Divi­sion MOL, v.l. Thore Ondr­usch, Franz Schrandt, Erik Storch, Mal­wig Stel­ter, André Schlouns, am 03.04.2021
André Schlouns am 03.04.2021

Gle­ichzeit­ig ist Schlouns mit­tler­weile aktiv­er Teil der Free­dom Parade Berlin um Michael Brün­del und nimmt an deren Aufzü­gen teil, sowie er auch aktiv im Telegram-Kanal der Gruppe kom­mu­niziert. Es ver­wun­dert daher nicht, dass sich die jun­gen Nazis dann auch am 24.04.2021 auf ein­er Parade aus diesem Umfeld wieder­fan­den, zu deren Insze­nierung es gehört, den antifaschis­tis­chen Gegen­protest als Nazis zu beschimpfen, während man selb­st mit Nazis demon­stri­ert (siehe https://www.flickr.com/photos/paulhanewacker/51157153550/in/album-72157719086473843/ und https://twitter.com/FriedensWatch/status/1386024690553077760).

Mal­wig Stel­ter (links) und Erik Storch beim Auf­marsch am 24.04.2021

André Schlouns kommt aus dem hoch gewalt­täti­gen Umfeld von Enri­co Schottstädt, dem Grün­der der Berlin­er Gruppe „Bünd­nis Deutsch­er Hools“ (BDH) und war von 2015 bis 2018 regelmäßig Teil der Aufmärsche von Bärgi­da und “Wir für Deutsch­land (WfD)”.

Während Franz Schrandt, der mit­tler­weile von Münchehofe nach Trep­tow-Köpenick gezo­gen ist, weit­er­hin die Nähe zur JN hält (er war beispiel­sweise Teil von deren Spon­tandemon­stra­tion am 1. Mai 2021 auf dem Alexan­der­platz), suchen die anderen die Nähe zur neon­azis­tis­chen Kle­in­st­partei III. Weg. Neben Plakati­er- und Fly­er­ak­tio­nen in und um Straus­berg, engagieren sich unter anderem Thore Ondr­usch und Mal­wig Stel­ter auch bei Infos­tän­den, zum Beispiel im April in Berlin-Marzahn vor der East­gate-Cen­ter sowie am 12. 06.2021 vor dem Lin­den Cen­ter am Pre­row­er Platz (https://twitter.com/antifanordost/status/1403644952937209858). Damit befind­en sie sich in direk­tem Kon­takt mit der Span­dauer Neon­azistin Lilith Efler sowie mit Sebas­t­ian Thom, Ver­ant­wortlich­er für die Bran­dan­schläge im Neukölln-Kom­plex. Bei den Eltern­häusern nichts Ungewöhn­lich­es, haben wir es doch sowohl bei Thore Ondr­usch als auch bei Mal­wig Stel­ter mit jun­gen Nazis der zweit­en Gen­er­a­tion zu tun. Stel­ter geht auf die Ober­schule in Neuen­hagen in Träger­schaft des Inter­na­tionalen Bun­des (IB). Sein Vater Andrew Ron Stel­ter war bere­its in den Neun­ziger Jahren in der „Nation­al­is­tis­chen Front“ und der NPD aktiv und ist bre­it inner­halb der bun­desweit­en Naziszene ver­net­zt. Er ist seit Jahren regelmäßig Teil von neon­azis­tis­chen Aufmärschen und wurde 2020 immer wieder auch bei den Coro­n­aprotesten gese­hen. Am 03.10.2020 war der Vater Stel­ter auch beim Auf­marsch des III. Weg in Berlin-Hohen­schön­hausen dabei. Auch bei Thore Ondr­usch ist davon auszuge­hen, dass seine Fam­i­lie neon­azis­tisch geprägt ist. Sowohl die JN als auch der III. Weg üben sich in aktiv­er Jugen­dar­beit. Mit gemein­samen Wan­derun­gen, Sport­pro­gramm und poli­tis­chen Aktio­nen bieten sie eine rechte Lebenswelt, die Jugendliche enger an sie binden soll. Bei der Divi­sion MOL offen­sichtlich mit Erfolg. 

Im Umfeld der Divi­sion MOL bewegte sich San­jay Sklarek. 2020 tauchte er dann bei mehreren AfD-Ver­anstal­tun­gen auf, seit Anfang 2021 wurde er allerd­ings nicht mehr bei recht­en Ver­anstal­tun­gen gesehen.

Nazis ernst nehmen – Betrof­fene schützen 
Die Divi­sion MOL ist kein los­er Zusam­men­schluss rechter Jugendlich­er. Vielmehr entstam­men sie auch dank früher Erziehung in entsprechen­den Fam­i­lien­zusam­men­hänge, ein­er gefes­tigten neon­azis­tis­chen Szene und haben mit den Kon­tak­ten zu JN, III. Weg und Nazi-Hooli­gans die besten Voraus­set­zun­gen, die näch­ste Gen­er­a­tion gewalt­tätiger Neon­azis zu stellen. Dies bedeutet eine direk­te Bedro­hung für alle, die nicht in ihr neon­azis­tis­ches Welt­bild passen, ob in Bran­den­burg, Berlin oder anderswo.

Lasst sie uns stop­pen, bevor es zu spät ist. 

Mis­cht euch ein und meldet Infos zur Neon­azi-Grup­pierung Divi­sion MOL und ihren Akteuren an eure lokale Antifa: recherche-division-mol@riseup.net

Kein Platz für Faschis­mus, kein Raum der Divi­sion MOL!

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Chronik rechter Vorfälle 2020 in Märkisch-Oderland

Die Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt Märkisch­-Oder­land (BOrG) doku­men­tiert kon­tinuier­lich rechte Vor­fälle im Land­kreis und erstellt daraus Chroniken. Im Jahr 2020 haben wir 107 Vor­fälle im Land­kreis aufge­nommen, von Pro­pa­gan­da über Veranstal­tungen hin zu Angrif­f­en. Damit stieg die Zahl der reg­istri­erten Vor­fälle von 67 im Jahr 2019 um 60%. Dies lässt sich zum einen durch mehr Pro­pa­gandafälle, aber auch durch eine akti­vere Melder*innenstruktur erklären.

Überblick: Rechte Vorfälle im Jahr 2020

Die häu­fig­sten Vor­fälle im Jahr 2020 mach­ten Pro­pa­gandafälle aus (37 Vor­fälle). Dies sind zum Beispiel Schmier­ereien oder das Kleben von Stick­ern mit recht­en Inhal­ten. Rechte Selb­st­darstel­lung, also die Bewer­bung oder das Auftreten als rechte Struk­tur oder Parteien, sowie die Ver­harm­lo­sung und/oder Ver­her­rlichung des Nation­al­sozial­is­mus sind dabei die häu­fig­sten Motive. Ras­sis­mus, Anti­semitismus oder die Bedro­hung von poli­tischen Gegner*innen spie­len bei den Propa­gandafälle eher eine unter­ge­ord­nete Rolle. Zu beto­nen ist jedoch, dass sich zum einen immer eine ras­sis­tis­che und bedrohliche Di­mension in der recht­en Selb­st­darstel­lung zeigt und zum anderen expliz­it bei Stick­ern ras­sis­tis­che Motive in Kom­bi­na­tion mit Sti­ckern von Parteien oder Organ­i­sa­tio­nen gek­lebt wur­den. Auf die Betrachter*innen wirken sie im Stadt­bild so gemein­sam und beziehen sich aufeinander.

Mit 36 Ver­anstal­tun­gen im Jahr 2020 ist dies die zwei­thäu­fig­ste Vor­fall­sart. Nicht trotz, son­dern ger­ade wegen der Pan­demie hat sich die Zahl hier deut­lich gegenüber dem Vor­jahr (15 Ver­anstal­tun­gen im Jahr 2019) erhöht. Neben eini­gen Parteiver­anstal­tun­gen der „Alter­na­tive für Deutsch­land“ (AfD), die the­ma­tisch nicht die Pan­demie und die Maß­nahmen dage­gen auf­grif­f­en, waren die soge­nannten „Corona­Maßnahmen“ der Aus­lös­er für ein Gros der Ver­anstal­tun­gen. Bere­its im Zeitraum von März bis Juni gab es einige Ver­anstal­tun­gen dazu im Land­kreis. Ab Ok­tober fan­den dann aber regelmäßig Kundge­bungen in Straus­berg (Quer­denken Straus­berg 334) und in Wriezen (Schweige­marsch der AfD) statt. Beson­ders im Kon­text der Querdenken­Kundgebungen gab es hier immer wieder NS-­ver­harm­losende Bezüge.

Außer­dem haben wir 18 Pöbeleien, Belei­di­gun­gen und/oder Bedro­hun­gen aufgenom­men, wovon ein Großteil anti­semi­tisch mo­tiviert war (7 Vor­fälle von 18). Weit­ere Motive waren Ras­sis­mus (6 von 18), LGBTIQ*­Feindlichkeit (2 von 18) und gegen politi­sche Gegner*innen ge­richtet, NS­verherrlichend oder als rechte Selbstdar­stellung ver­mit­telt (je 1 von 18). Die Zahl der von uns reg­istri­erten sechs Angriffe im Jahr 2020 ist im Ver­gle­ich zum Vor­jahr leicht zurück­ge­gan­gen (8 Angriffe 2019). Dabei waren vier Angriffe ras­sis­tisch motiviert und erfol­gten gegen ver­meintlich als Geflüchtete wahrgenommene Per­so­n­en oder Geflüchtete­nun­terkün­fte. Zwei Angriffe richteten sich gegen poli­tis­che Gegner*in­nen. Eben­so gab es im Jahr 2020 sechs Sachbeschädi­gun­gen, wovon 4 anti­semi­tisch motiviert waren.

Straus­berg sticht wie auch schon die Jahre zuvor mit der Anzahl der Vor­fälle her­vor (ins­gesamt 32). Dies liegt vor allem an der guten Melder*innenstruktur vor Ort. Engagierte Men­schen melden uns hier Vor­fälle. Dies schafft eine gute Daten­lage und einen rea­listschen Überblick. Aber auch Wriezen mit 16 Vor­fällen und Müncheberg mit 14 Vorfäl­len, sowie Peter­sha­gen mit 11 Vor­fällen ste­chen her­aus. An den vie­len anderen Orten in Märkisch-­Oder­land ist von ein­er hohen Dun­kelziffer auszuge­hen. Es ist anzunehmen, dass sich die Zahlen in allen größeren Ortschaften auf einem ähn­lichen Niveau be­wegen, hier fehlen uns jedoch Melder*innen­strukturen und es kön­nen nur Vor­fälle aufgenom­men wer­den, die in der Presse, Sozialen Medi­en oder durch Polizeimeldun­gen öffentlich bekan­nt wer­den. Ins­beson­dere aus Bad Freien­walde hören wir immer wieder von ras­sis­tis­chen Vor­fällen, die auch regel­mäßig Angriffe bein­hal­ten. Unsen­si­ble Reak­tionen von Poli­tik und Polizei, sowie die Alltäglichkeit dieser Angriffe lassen die Be­troffenen oft resig­nieren und Anzeigen oder Hil­fege­suche wer­den unter­lassen. Damit lässt sich kein abschließen­des Bild der Lage in Märkisch-­Oder­land zeich­nen. Wir sind hier auf Hil­fe durch alle Mit­men­schen im Land­kreis angewiesen. Melden Sie uns rechte Vor­fälle jed­er Art. Nur so kön­nen wir gemein­sam etwas tun.

Bewaffneter Rechtsextremismus: Ein bundesweiter Trend auch in Märkisch-Oderland

Her­vorge­hoben sei an dieser Stelle folgen­der Vor­fall: Im März stellte die Polizei bei Haus­durch­suchun­gen mehrere Waf­fen und Nazide­vo­tion­alien sich­er, zwei Män­ner wur­den wegen Waf­fen­han­dels festgenom­men. Ger­ade in den ver­gan­genen Jahren waren ver­schwun­dene Waf­fen aus Bestän­den von Polizei und Bun­deswehr auch medi­al immer wieder The­ma. Zu sel­ten wird darauf hinge­wiesen, was mit diesen Waf­fen passiert: Oft­mals gelan­gen sie in die Hände von Neon­azis und beken­nen­den Ras­sis­ten. Meis­tens sam­meln diese die Waf­fen, trainie­ren damit oder leg­en geheime Lager an, um am “Tag X” darauf zugreifen und poli­tis­che Gegner*innen angreifen zu kön­nen. Doch immer wieder schre­it­en Neon­azis zur Tat und ver­let­zen und töten Men­schen. Lei­der besit­zen viele rechte Aktivis­ten zudem Waffen­scheine, da hier­für viel zu sel­ten der poli­tis­che Hin­ter­grund geprüft wird. Promi­nentes Beispiel dafür ist Tobias R., dem At­tentäter von Hanau, der 2020 neun Men­schen aus ras­sis­tis­chen Motiv­en tötete. Mel­dun­gen über Waf­fen­funde bei Neon­azis sind deshalb äußerst brisant und Lokal­ und Kommunalpolitiker*innen sowie Sicherheits­behörden soll­ten alles dafür tun, die Herkun­ft dieser Waf­fen aufzuk­lären und nicht zulas­sen, dass die rechte Szene sich weit­er bewaffnet.

Rassistische Mobilisierungen stärken rechte Strukturen

Als in Folge des lan­gen Som­mers der Mi­gration 2015 die ras­sis­tis­chen Mobilisierun­gen und Gewalt­tat­en schla­gar­tig zunah­men, zeigte sich dies auch in Mär­kisch-­Oder­land. Nicht nur gab es viele An­griffe und ras­sis­tis­che Ver­anstal­tun­gen, auch waren die meis­ten Pro­pa­gan­da­vor­fälle mit ras­sis­tis­chen Inhal­ten. Dies hat sich mitt­lerweile gewan­delt. Die ras­sis­tis­che Mobili­sierung hat zu ein­er Stärkung von recht­en Struk­turen beige­tra­gen, wie nicht nur an Wahlergeb­nis­sen zu sehen ist. Das hohe Maß an Vor­fällen, die in die rechte Szene hinein­wirken und die Organ­i­sa­tio­nen in der öffentlichen Wahrnehmung stärken, ist ein weit­eres Resul­tat davon. Auch jen­seits des Wahlkampfes wie im Jahr 2019 waren im let­zten Jahr viele Vor­fälle zu verze­ich­nen, die mit Parteien und Organ­i­sa­tio­nen zusam­menhängen. Ein beson­deres Augen­merk gilt hier auf neu ent­standene Struk­turen im Jahr 2020. Neben der „Divi­sion MOL“, die in der S5­Region aktiv ist, ist auch die zunehmende Aktiv­ität des „III. Weg“ zum Ende des Jahres zu beacht­en. Die neon­azis­tis­che Kleinstpar­tei zeich­net sich durch ihre Mil­i­tanz und einen elitären Habi­tus aus. Mit­tler­weile hat sich ein „Stützpunkt“ in Bad Freien­walde gegründet.

Antisemitismus weiter präsent

Das Tat­mo­tiv Anti­semitismus trat im Jahr 2020 sehr häu­fig auf. Dies zeigt, wie tief ver­wurzelt Anti­semitismus in der Gesellschaft ist. Sechs Fälle von anti­semi­tis­chen Pöbelei­en, vier Fälle von Sachbeschädi­gun­gen und eine Pro­pa­gan­damel­dung zeu­gen von einem großen und auch gewalt­täti­gen Poten­zial. Die Sachbeschädi­gun­gen richt­en sich in der Regel gegen Gedenko­rte, wie am 27. Jan­u­ar in Seelow, wo im Nach­gang zum Gedenken an die Befreiung von Auschwitz Blumenge­binde zer­stört wur­den oder am 31. Dezem­ber in Wriezen, wo zum wieder­holten Male die Gedenk­tafel für die in der Reichspogrom­nacht abge­bran­nte Syn­a­goge beschädigt wurde. Die Pöbeleien zeigen, dass sich Jüd*innen nicht sich­er in Märkisch-­Oder­land bewe­gen können.

Die AfD weit rechts

Der Kreisver­band der AfD Märkisch­-Oder­­land ist wie der gesamte Lan­desver­band nicht nur Flügel­nah, son­dern maßge­blich­er Teil des Flügels. Die unge­broch­ene Solidari­tät gegenüber des wegen sein­er Neon­azi-Ver­gan­gen­heit aus der Partei ausgeschlos­senen Andreas Kalb­itz, eine Ver­anstal­tung mit Björn Höcke in Hönow im Sep­tem­ber, so­wie eine kurz darauf fol­gende Ver­anstal­tung mit Götz Kubitschek, dem zen­tralen Intellek­tuellen der Neuen Recht­en machen dies deut­lich. Auch die aktive Zusam­me­nar­beit mit der Jun­gen Alter­na­tive Bran­den­burg, die schon länger als recht­sex­tremer Verdachts­fall von den Behör­den geführt wird, macht deut­lich, wie weit rechts die AfD in Märkisch­-Oder­land ste­ht. Betrof­fene aus Regio­nen und Gemein­den, in denen die AfD beson­ders stark ist, bericht­en immer wieder von Anfein­dungen seit­ens der AfD und ihrer Anhän­ger*innen. Men­schen, die sich ein­deutig und kon­se­quent von der AfD abgren­zen, sind Ziel von anony­men Pöbeleien im Inter­net, aber auch auf der Straße. Ihnen gehört unser Dank und unsere Unterstützung.

Die voll­ständi­ge Chronik und ergänzte Infor­ma­tio­nen sind in Form ein­er Broschüre hier zu down­load­en. Gedruck­te Exem­plare kön­nen gerne auch kosten­frei bestellt wer­den. Dazu ein­fach eine Mail an: ag-borg@horte-srb.de

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Antifaschismus

Der Dritte Weg in Bad Freienwalde

Der Dritte Weg wurde im Sep­tem­ber 2013 gegrün­det, um die von einem Ver­botsver­fahren betrof­fe­nen recht­en Struk­turen in Süd­deutsch­land zu fes­ti­gen und zu schützen. Seit­dem expandiert der Dritte Weg und hat etliche Orts- und Region­al­grup­pen, soge­nan­nte Stützpunk­te gegrün­det. Der Dritte Weg stellt inhaltlich eine Nähe zum Nation­al­sozial­is­mus dar. Die Partei bezieht sich auf ein Volk im Sinne ein­er Gemein­schaft, die durch ihre Abstam­mung ver­bun­den sein soll. Das Ker­nele­ment dieses Volkes nimmt die tra­di­tionelle Fam­i­lie ein. Außer­dem vertreten sie eine gefes­tigte Blut und Boden Ide­olo­gie, wonach das Volk mit der Natur ver­bun­den sei und durch diese die Kul­tur, Leben­sart und Entwick­lung des Volkes bee­in­flusst sei. In Berlin und Bran­den­burg gab es bish­er drei Stützpunk­te: Potsdam/Mittelmark, Uck­er­mark und Berlin. Der Dritte Weg rekru­tiert maßge­blich aus überzeugten und schon lange aktiv­en Neonazis.

Aktivitäten in Märkisch-Oderland

Seit­dem der Dritte Weg am 15. Novem­ber 2020 in Straus­berg auf einem Fried­hof auf­tauchte und dort sein „Heldenge­denken“ zum Volk­strauertag beg­ing, um den Wehrma­chtssol­dat­en zu gedenken, häufen sich die Aktiv­itäten in der Region. Im Novem­ber kamen 20 AktivistIn­nen des Drit­ten Weges zusam­men, legten ein Blu­mengesteck nieder, hin­ter­ließen Grabkerzen mit dem Logo des Drit­ten Weges und eine selb­st­ge­bastelte Rune aus Holz. Die Aktion auf dem „Sol­daten­fried­hof“ in Straus­berg war in eine bun­desweite Aktion­srei­he einge­bet­tet. Da der Dritte Weg am Vor­abend zum Volk­strauertag bere­its auf dem Fried­hof war, ist davon auszuge­hen, dass die Aktion von Mit­gliedern des Drit­ten Weges durchge­führt wurde, die am näch­sten Tag noch andere Ter­mine und Sta­tio­nen abfuhren.
Anfang diesen Jahres, am 17. Jan­u­ar ver­sam­melten sich dann elf Aktivis­ten am Bis­mar­ck­turm in Bad Freien­walde. Diese Aktion war Otto von Bis­mar­ck und der Grün­dung des Deutschen Reich­es 1871 gewid­met. Auch diese Aktion war in eine über­re­gionale Aktion­srei­he einge­bet­tet. Der Stützpunkt Uck­er­mark organ­isierte hier­bei schein­bar die Aktion in Bad Freien­walde, da der Stützpunkt unter den Durch­führen­den erwäh­nt ist, jedoch in der Uck­er­mark keine eigene Aktion aufge­führt ist. In Bad Freien­walde fol­gten dann im Feb­ru­ar und März zwei Fly­er-Aktio­nen. Hier war eine kleine Anzahl von Per­so­n­en unter­wegs und verteilte Mitte Feb­ru­ar Fly­er mit dem Titel „Frei­heit statt Coro­na-Impfzwang“ vom Drit­ten Weg. Einen Monat später fol­gte eine Fly­er-Aktion, um für den Auf­marsch des Drit­ten Weges am 1. Mai in Zwick­au zu wer­ben. Bere­its vorher ist Bad Freien­walde auf ein­er Karte mit weit­eren Stützpunk­ten aufge­taucht, die zum 1. Mai nach Zwick­au mobil­isieren. Anfang März wur­den auch Fly­er vom Stützpunkt Berlin in Straus­berg verteilt. Die Verteilen­den wur­den dabei von der Polizei erwis­cht und waren zum Teil noch deut­lich min­der­jährig (14 Jahre). Da es in der Region um Straus­berg in der Ver­gan­gen­heit zu ver­schiede­nen recht­en Delik­ten aus ein­er recht­en Jugend­clique, die sich „Divi­sion MOL“ nen­nt und dem Alter entspricht, gekom­men ist, wird diese Aktion auch der Divi­sion MOL zugerech­net. Mitte März organ­isierte der Dritte Weg zusam­men mit den Jun­gen Nation­al­is­ten (JN – Jugen­dor­gan­i­sa­tion der NPD) eine Wan­derung durch die Seelow­er Höhen. Dieser fol­gten nach eige­nen Angaben 70 Per­so­n­en. Beachtlich ist die Zusam­me­nar­beit der JN und des Drit­ten Weges.

Nicht neu aber in neuen Maßen

Der Dritte Weg tritt nicht zum ersten Mal in der Region in Erschei­n­ung. Immer wieder tauchen vere­inzelt Fly­er oder Stick­er auf, oder die Region wird für Spaziergänge aus­gewählt. Seit 2015 gab es immer wieder Aktio­nen vor­rangig in Bad Freien­walde. Hier­bei wurde beson­ders an die beste­hende ras­sis­tis­che Mobil­machun­gen in Bad Freien­walde angeknüpft. Da es seit Jahren min­destens ein För­der­mit­glied in Bad Freien­walde gibt, war es für die Aktiv­en nahe­liegend dort präsent zu sein. Mit­tler­weile scheint aus der jun­gen Frau ein voll­w­er­tiges Mit­glied gewor­den zu sein. Eine Mit­glied­schaft im Drit­ten Weg erlangt eine Per­son nur, wenn diese sich als För­der­mit­glied als würdig erwiesen hat.

Warum Bad Freienwalde?

Bad Freien­walde ist seit Jahrzehn­ten eine Hochburg für rechte Aktiv­itäten und hat seit langer Zeit eine organ­isierte und gewalt­bere­ite Neon­aziszene. Im Jahr 2015 und 2016 kommt es über Wochen immer wieder zu Über­grif­f­en auf Geflüchtete. Hier sind auch immer wieder Neon­azis aus dem Umfeld der KMOB (Kam­er­ad­schaft Märkisch-Oder Barn­im) als Täter dabei. Eben­so mobil­isierten diese Neon­azis bei ras­sis­tis­chen Kundge­bun­gen kräftig mit. Die KMOB hat­te sich 2010 offiziell selb­st aufgelöst, um einem dro­hen­den Ver­botsver­fahren zuvor zu kom­men. Ab spätestens 2012 tauchte die Gruppe aber wieder auf. Im Jahr 2014 schlossen sich die Nazis das der Kle­in­st­partei Die Rechte an und grün­de­ten den Kreisver­band Märkisch-Oder Barn­im (KMOB). Der Kad­er der KMOB und Vor­sitzen­der des Kreisver­ban­des war Robert Geb­hardt. Geb­hardt saß von 2014 bis 2019 für die NPD im Kreistag. 2018 ver­ließen die Neon­azis die Partei Die Rechte und organ­isierten sich wieder als Kam­er­ad­schaft. Dabei ist Bad Freien­walde zwar der Schw­er­punkt der KMOB, aber es gibt auch Mit­glieder und Kon­tak­te nach Eber­swalde und Tem­plin, also in die Uck­er­mark. Dort wo der Dritte Weg beson­ders stark und präsent ist.
Auch gab es 2018 eine NPD-Info­tour durch den Land­kreis. In Bad Freien­walde waren neben Robert Geb­hardt auch Robert Wolin­s­ki und Andrew Stel­ter vor Ort. Stel­ter tauchte am 3. Okto­ber bei einem Auf­marsch des Drit­ten Weges in Berlin auf. Auch wenn er keine Klei­dung des Drit­ten Weges trug, ist die Teil­nahme für Men­schen ohne Verbindun­gen zum Drit­ten Weg eher ungewöhn­lich. Kon­tak­t­möglichkeit­en gibt es also viele. Ein neon­azis­tis­ches Poten­zial eben­so. Daher ist eine Etablierung des Drit­ten Weges in Bad Freien­walde und der Region Märkisch-Oder­land dur­chaus denkbar.

Wie bere­its erwäh­nt will der Dritte Weg am 1. Mai diesen Jahres in Zwick­au auf­marschieren. Da dies nicht ein­fach so hin­genom­men wer­den kann, wird vor Ort Gegen­protest organisiert.
Sich dem Drit­ten Weg ent­ge­gen­zustellen ist und bleibt notwendig. Kommt daher alle am 1. Mai nach Zwick­au! Mehr Infos find­et ihr hier: https://erstermai2021.noblogs.org/

Dem Drit­ten Weg keinen Meter! Nicht in Bad Freien­walde, nicht in Zwick­au, nirgendwo!

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Die AO Strausberg: Alter Wein in neuen Schläuchen

ANSDAPO – gewalttätige rechte Kameradschaftsstruktur

Die Kam­er­ad­schaft „Alter­na­tive Nationale Straus­berg Dart‑, Pierc­ing- und Tat­too-Offen­sive“ wurde 1998 von Rene Berg­er gegrün­det, um die vorher eher als lose Cliquen ansäßi­gen Nazis in Straus­berg zu organ­isieren. Unter­stützung bekam er dabei von Daniel Her­mann. Bei­de kon­nten dabei auf eine große Zahl Jugendlich­er auf­bauen, die bere­its recht­es Gedanken gut hat­ten und Linke, Migrant*innen und ver­meintlich Ander­s­denk­ende regelmäßig angrif­f­en. Auch das linke Zen­trum Horte, Vere­in­sräume des Alter­na­tives Jugend­pro­jek­tes 1260 e.V. war zu diesem Zeit­punkt öfter Ziel von Angrif­f­en aus dem Spek­trum dieser recht­en Jugendlichen.

Teile der ANSDAPO 2004 u.a. Björn Zan­der, Daniel Her­mann und Rene Berger

1998 kam Berg­er ger­ade aus dem Gefäng­nis frei, in dem er seit 1994 wegen des Mordes an Hans Georg Jakob­son saß. Als Haupt­täter wurde er zu 8 Jahren Haft verurteilt, die bei­den dama­li­gen Neon­azis und Mit­täter Hen­ry Gün­ther und Thomas Domke zu jew­eils 6 Jahren. Während sein­er Haft wurde Berg­er durch die Hil­f­s­ge­mein­schaft für Nationale Gefan­gene (HNG) betreut. Bere­its 1998 kam Berg­er – offiziell wegen guter Führung – jedoch wieder frei und begann prompt mit dem Auf­bau rechter Struk­turen in der Region. Seine dama­lige Part­ner­in Ilona Her­mann, Mut­ter der Neon­azis Daniel und Kay Her­mann stellte die gemein­same Woh­nung für Nazi-Tre­f­fen zur Ver­fü­gung. Die Woh­nung lag in Straus­berg Vorstadt. Das Eck­haus in der Bahn­hof­s­traße/Ernst-Thäl­mann-Straße wurde auch Jahre darüber hin­aus von Nazis bewohnt. Die Aktiv­itäten der frischen Kam­er­ad­schaft waren vielfältig. So beteiligten sich u.a. Rene Berg­er an einem Info­s­tand der NPD in Straus­berg, in dem er als Ord­ner auf­trat. Auch Konz­erte wur­den organ­isiert, wie im Novem­ber 1998. Hier waren Nazis der Berlin­er Blood&Honour Struk­turen vor Ort, zu denen Berg­er und Her­mann Kon­tak­te aufge­baut hat­ten. Der Erlös des Abends ging an die HNG.

Die Nazis sam­melten und trafen sich an ver­schiede­nen Orten in Straus­berg Vorstadt und nutzen auch die Jugend­clubs „PIO“ und „Dom­izil“ als Anlauf- und Tre­ff­punk­te. In den fol­gen­den Jahren beteiligten sich regelmäßig Nazis aus dem ganzen Land­kreis und Städten wie Eber­swalde, Fürsten­walde oder Eisen­hüt­ten­stadt an Angrif­f­en in Straus­berg – meist mit ver­schiede­nen Schlag­waf­fen aus­gerüstet. Dies zeigt zum einen, welche Strahlkraft die ANSDAPO im Land­kreis Märkisch-Oder­land hat­te, aber auch, wie ver­net­zt die Neon­azis waren. Ein beson­der­er Fokus muss hier­bei auf die Kon­tak­te zur Berlin­er Band Landser gelegt wer­den, die zu diesem Zeit­punkt schon als krim­inelle Vere­ini­gung eingestuft wurden.

Die ANSDAPO trat sehr elitär auf und Anwer­ber mussten stets ein Auf­nah­mer­itu­al über sich erge­hen lassen. Dies führte zwar dazu, dass die Mit­gliederzahl rel­a­tiv ger­ing war, dafür die Mit­glieder aber oft steile Gewalt- oder neon­azis­tis­che Kar­ri­eren vor­weisen kon­nten. Wie Fal­co Hes­sel­barth, dessen Mut­ter Liane Hes­sel­barth für die DVU kan­di­dierte, oder Björn Zan­der, der seit 1995 mehrere gewalt­tätige Über­griffe und Raube zu ver­ant­worten hat und schon mehrmals in Haft saß. Als Sym­bo­l­ik nutzte die Kam­er­ad­schaft eine gelb einge­färbte schwarze Sonne. Der Schriftzug ANSDAPO wurde in Frak­turschrift geschrieben. Im Laufe der Zeit haben sich die ANSDAPO-Mit­glieder und ihr Umfeld vielfälti­gen Mer­chan­dise mit der Sym­bo­l­ik bedruckt und angeeignet. Anson­sten trat­en die sie im Stiefel­nazi- und Skin­head­style der 90er Jahre auf.
2004 nah­men mehrere Mit­glieder der ANSDAPO an Aktio­nen des Märkischen Heimatschutzes (MHS) teil, dessen dama­liger Ansprech­part­ner der Straus­berg­er Sebas­t­ian Schmidtke war.

Pro­pa­gan­da­ma­te­r­i­al, Mer­chan­dise und Waf­fen: Funde bei den Haus­durch­suchun­gen 2005

2005 kam das Ver­bot der ANSDAPO wegen der geisti­gen Nähe zum Nation­al­sozial­is­mus [1]. Es fol­gten 19 Haus­durch­suchun­gen, sowie eine Zel­len­durch­suchung des bere­its inhaftierten Zan­ders. Gefun­den wur­den Waf­fen (auch eine Schuss­waffe), Pro­pa­gan­da­ma­te­r­i­al und Daten­träger [2]. Kurz vor dem Ver­bot ver­suchte die ANSDAPO die Kam­er­ad­schaft noch in eine Vere­insstruk­tur zu über­führen, was dann nicht mehr gelang. 2008 wurde das Ver­bot rechtskräftig.

Weiterbetätigung nach dem Verbot der ANSDAPO

Das Ver­botsver­fahren und die damit ver­bun­dene Repres­sion hielt die Nazis nicht davon ab, ihr altes Schema fortzuführen. 2008 über­fie­len die Nazis den Jugend­club Straus­berg Vorstadt, der zu diesem Zeit­punkt in Träger­schaft der Alter­na­tiv­en Jugend­pro­jek­tes 1260 war. Unter den Angreifern waren Sven Wart­mann, Daniel Her­mann, Kay Her­mann und Fal­co Hes­sel­barth – alles ehe­mals Aktive der ANSDAPO. Auch tauchte im Zeitraum 2008/2009 eine CD der Gruppe „Pro­jekt 8.8“ unter dem Titel „Unter blutrotem Ban­ner“ auf, auf der neben diversen Hak­enkreuz­fah­nen auch das Logo der ANSDAPO zu find­en ist.

CD der Band “Pro­jekt 8.8” mit ANSDAPO Logo 2008

Den­noch kon­nte im Fol­gen­den eine Abnahme der Aktiv­itäten und gewalt­täti­gen Angriffe beobachtet wer­den. Die Mis­chung aus Repres­sion, aber auch das älter wer­den und Fam­i­lien­grün­dun­gen wirk­te. Neben einem lan­gen Vorstrafen­reg­is­ter hat­ten viele mit­tler­weile auch Fam­i­lien und Kinder, welche auch Teil der neon­azis­tis­chen Sub­kul­tur wur­den. Einige Akteure ver­schwan­den aber auch von der Bildfläche.

Auch wenn bei den Razz­ien beim Ver­botsver­fahren viel Mer­chan­dise beschlagnahmt wurde, hat­ten die Nazis keine Prob­leme sich ihr Klei­dungsreper­toire ein­fach wieder anzuschaf­fen. Über den MHS hat­ten sie Kon­tak­te Chris­t­ian Banaskewicz, der immer wieder ver­schiedene neon­azis­tis­che Ver­sände betrieb. Shirts und Co druck­te Banaskewicz selb­st im Tex­til­druck Eber­swalde in der Freien­walder Straße 80a. Über den Tex­til­druck Eber­swalde, der ver­schieden Mer­chan­dise für Recht­srock-Bands druck­te, kon­nten die Nazis hier alles mit ihren Logos bedruck­en. Fal­co Hes­sel­barth posiert ver­schiedene Male als Mod­el für die Klei­dung, die Banaskewicz online verkauft. Heute dient die Adresse des ehe­ma­li­gen Tex­til­drucks in Eber­swalde als Impres­sum für den Online-Ver­sand von der Neon­azi-Band „Exzess“.

Fal­co Hes­sel­barth mit Schlauch­tuch als Mod­el für den NMV Versand

Rene Berg­er gehörte zu denen, die das Ver­bot schlichtweg ignori­erten und weit­er­hin mit Pullovern und T‑Shirt in der Öffentlichkeit auf­trat, auf denen das ver­botene Logo der ANSDAPO mit Schriftzug zu sehen war. In der Zwis­chen­zeit waren ehe­ma­lige Mit­glieder der ANSDAPO auch immer wieder als Secu­ri­ty in der Stadt Straus­berg oder bei Dorffesten der umliegen­den Dör­fer einge­set­zt. So trat Daniel Her­mann nicht nur bei Dorffesten in Zin­ndorf auf, wo er mit­tler­weile hinge­zo­gen ist, son­dern auch bei Feiern der Stadt Straus­berg im Auf­trag der Fir­ma „One Secu­ri­ty“.

Da die ANSDAPO sich auch regelmäßig im öffentlichen Raum traf oder Pri­vat­woh­nun­gen nutzte, kon­nte das Ver­bot den Tre­ff­punk­ten nichts anhab­en. Ein­er dieser Orte bildete der Hof von Daniel Her­mann in Zin­ndorf. Dieser wurde nicht nur zum „Her­rentag“ regelmäßiges Ziel von gemein­samen Aus­flü­gen, auch zu anderen Anlässen fan­den sich dort immer wieder Neon­azis ein, teil­weise reis­ten diese auch über­re­gion­al an. Auch an den gemein­samen Fahrten nach Berlin, um gemein­sam mit Michael „Lunikoff“ Regen­er einen trinken zu gehen, hat sich bis heute wenig geän­dert. Außer­dem waren und sind die Nazis regelmäßig in ihrer Stammkneipe in Straus­berg Vorstadt anzutr­e­f­fen — heute unter dem Namen “Gast­stätte zur End­sta­tion” und immer noch Anlauf­punkt für die Nazis. Hier kon­nten sie auch aktiv junge Neon­azis an wer­ben. Um Dominik Schiöberg und Kevin Jen­ning gab es eine Gruppe von ca. 5 Per­so­n­en, die dem Jungsturm ange­hörten. Der soge­nan­nte Jungsturm sollte die Jugen­dor­gan­i­sa­tion der ANSDAPO sein und trat mit einem ähn­lichen Logo auf. Aufmerk­sam machte die Jugen­dor­gan­i­sa­tion von sich, als sie unter Beteili­gung von Roc­co Meihs eine antifaschis­tis­che Gedenkkundge­bung stören woll­ten. Dominik Schiöberg ver­suchte sich nach seinem Schu­la­b­schluss als Secu­ri­ty und begann eine Aus­bil­dung. Wie andere Neon­azis auch, arbeit­ete er bei „One Secu­ri­ty“. Nach­dem seine neon­azis­tis­chen Aktiv­itäten öffentlich gemacht wur­den, musste er die Aus­bil­dung abbrechen und wurde Fleis­ch­er. Mit­tler­weile arbeit­et er gemein­sam mit Kevin Jen­ning im REWE Super­markt in Rehfelde. Roc­co Meihs arbeit­et als Krankenpfleger in Strausberg.

Am Rande ein­er antifaschis­tis­chen Gedenkkundge­bung 2013: Kevin Jen­nig, Tine Karkows­ki, Marc Pfis­ter, Dominik Schiöberg und Roc­co Meihs

Wiederbelebung der ANSDAPO als AO Strausberg

Seit 2015 agieren ehe­ma­lige Mit­glieder der ANSDAPO und des „Jungsturm“ unter dem Namen „AO Straus­berg“. Wie schon die ANSDAPO sie als ver­meintliche Rock­er auf, tra­gen Kut­ten und Motor­rad­bek­lei­dung. Auf diesen find­et sich auch das ehe­ma­lige Logo der ANSDAPO, nun mit AO Straus­berg in Frak­turschrift. Am Skin­head-Out­fit hat sich bei den Mit­gliedern seit den 90er Jahren meist wenig verän­dert. Es zeigen sich enge Ver­net­zun­gen zu weit­eren recht­en und neon­azis­tis­chen Grup­pierun­gen. Bei den recht­en BraMM-Demon­stra­tio­nen 2015 kamen die Mit­glieder geschlossen und trat­en mar­tialisch auf. Auf der von Lars Gün­ther (heute Bran­den­burg­er MdL für die AfD) organ­isierten ras­sis­tis­che Demon­stra­tion im Dezem­ber 2015 in Straus­berg Vorstadt stellte die AO Straus­berg die erste Rei­he [3]. Mit dabei waren Kevin Jen­ning, Tino Burkart, Markus Hick­stein, Rene Berg­er, Roc­co Meihs, Dominik Schiöberg und weit­ere. Björn Zan­der fuhr den Laut­sprecher­wa­gen. Dass die AO bei der Demo eine tra­gende Rolle ein­nahm, hängt mit ihren Kon­tak­ten nach Bad Freien­walde zusam­men. Schon bei den Kundge­bun­gen, die Lars Gün­ther in Bad Freien­walde organ­isierte, ver­mit­telte Robert Geb­hardt Kon­tak­te in die organ­isierte Naziszene, die dort Ordner*innen stellt. So dann auch in Straus­berg. Geb­hardt war selb­st mit eini­gen anderen Nazis aus Bad Freien­walde bei der Demo anwe­send. Geb­hardt als Kad­er der Kam­er­ad­schaft Märkisch-Oder Barn­im (KMOB) pflegte schon lange vorher Kon­tak­te mit Straus­berg­er Neon­azis. 2010 organ­isierte die KMOB nicht umson­st eine ihrer Demos auch hier in Strausberg.

Der Rest der Bagage: Dominik Schiöberg (mit Fäh­nchen) und Unbekannt
Mit­glieder der AO hal­ten das Front­trans­par­ent bei der von Lars Gün­ther angemelde­ten Demo in Straus­berg 2015. v.r. Markus Hick­stein (Fred Per­ry Mütze), Roc­co Meihs (Schwarze Mütze), Rene Berg­er (mit Kapuze), Tino Burkart (mit Nasen­pierc­ing), unbekan­nte Glatze, Kevin Jen­ning (halb verdeckt).
Robert Geb­hardt bei der von Lars Gün­ther angemelde­ten Demo 2015 in Strausberg

Auch nah­men Zan­der und zwei weit­ere an ein­er ras­sis­tis­chen Demon­stra­tion in Frank­furt (Oder) im Feb­ru­ar 2016 teil [4]. Die ras­sis­tis­chen Mobil­isierun­gen dieser Zeit scheinen der Start­punkt für eine erneute straffe Organ­i­sa­tion der Nazis gewe­sen zu sein, die seit dem Ver­bot der ANSDAPO nicht mehr als nach außen offen erkennbare Struk­tur auf­trat­en. 2016 kam es durch Björn Zan­der zu einem Angriff auf einen alter­na­tiv­en Jugendlichen in der Straus­berg­er Alt­stadt. [5]

Auf­fäl­lig ähn­lich der ANSDAPO ist auch die Nähe zur recht­en Musik­szene, wie sie in Straus­berg durch die Neon­azi-Band „Exzess“ rund um Tobias Vogt gegeben ist. Es ist davon auszuge­hen, dass die Band­mit­glieder Daniel Köhring und Patrick Alf, die bei­de ihre Jugend in Straus­berg und Umge­bung ver­bracht haben, im Fahrwass­er der ANSDAPO poli­tisiert wur­den. Übri­gens schmück­te das Demo-Album von Exzess aus dem Jahre 2009 eine Schwarze Sonne auf dem Cov­er. Das Alf 2008 für die DVU antrat, zu der die ANSDAPO enge Verbindun­gen hat­te, muss da kein Zufall sein. Auch zu Enri­co Hoff­mann alias Onkel Spi­der haben die Mit­glieder der AO gute Kon­tak­te. Exzess warb 2016 damit, sich bei Hoff­mann das Band­l­o­go tätowieren zu lassen. Sein Stu­dio „Final Solu­tion“ liegt in Grün­hei­de bei Erkn­er. Hoff­mann tauchte auch bei den ras­sis­tis­chen Mobil­isierun­gen 2015/16 in Straus­berg auf.

2017 sind mehrere Mit­glieder der AO Straus­berg, darunter erneut Björn Zan­der, auf dem „Rock gegen Über­frem­dung“ in The­mar dabei [6] . Außer­dem machte die AO Straus­berg 2017 Saalschutz und Getränkev­erkauf bei einem Konz­ert der recht­en Band „Feuer Frei“. In dieser ist Kai Has­sel­mann aus dem Barn­im aktiv. Andere Mit­glieder kom­men auch aus dem Barn­im und treten mit Kut­ten der Brud­er­schaft Barn­imer Fre­und­schaft auf. Auch dies ist eine Verbindungslin­ie der ANSDAPO zur heuti­gen AO. Her­vorzuheben ist hier ins­beson­dere die Nähe zu Patrick Krüger. Dieser ist nicht nur Teil von Barn­imer Struk­turen wie der „Stur­m­gruppe 44“ in der auch Has­sel­mann aktiv ist, son­dern er besitzt direk­te Kon­tak­te nach Straus­berg und Umge­bung. Eine enge Fre­und­schaft hegt er mit dem in Eggers­dorf wohnen­den Mar­cel Thorn. Dieser wiederum ste­ht mit der AO Straus­berg in Kon­takt. Dass Krüger aber direkt nach Straus­berg Kon­tak­te hat, zeigen seine Anwe­sen­heit bei Konz­erten und fre­und­schaftlich­er Umgang mit Exzess. Auch er war bei ein­er BraMM Demon­stra­tion anwesend.

Mar­cel Thorn (rechts) und Patrick Krüger in Eggersdorf

Die AO besitzt in Straus­berg Vorstadt Räum­lichkeit­en, wo sie kleinere Feiern und Konz­ertabende durch­führen. Es ist davon auszuge­hen, dass dieser Ort auch als Lager für den eige­nen Merch in Form von T‑Shirts und Kut­ten genutzt wird.
Das ein­heitliche Auftreten als Gruppe der gle­ichen Per­so­n­en mit dem gle­ichen Logo weisen neben den ähn­lichen Aktiv­itäten stark darauf hin, dass es sich bei der AO Straus­berg um eine Nach­fol­ge­or­gan­i­sa­tion der ANSDAPO han­delt. 2018 taucht­en Mit­glieder der AO Straus­berg mit T‑Shirts mit der Auf­schrift „20 Jahre AO Straus­berg“ auf, wobei sich hier wohl eher auf das Grün­dungs­da­tum der ANSDAPO bezo­gen wird. Auch an ander­er Stelle ver­wiesen die Mit­glieder der AO auf das Jahr 1998, so wird zu der Buch­stabenkom­bi­na­tion AO SRB auch gerne die 98 dazu gefügt. Ent­ge­gen der früheren ANSDAPO sind die Kam­er­aden der AO weniger auf öffentlich wirk­same Aktio­nen aus und fröh­nen stärk­er dem NS-Lifestyle. Den­noch ist diese Gruppe nicht zu unter­schätzen, wie der Angriff 2016 durch Björn Zan­der zeigte. Immer­hin gehören ihr mehrfach verurteile Gewalt­täter und Mörder an.

Zulet­zt waren Mit­glieder der AO Straus­berg ver­mut­lich beim dezen­tralen „Heldenge­denken“ in Form eines Fack­el­marsches des III.Weg im Novem­ber 2020 in Straus­berg dabei. Hier ist zu ver­muten, dass sich auf­grund der gemein­samen poli­tis­chen Ziele auch per­son­elle Über­schnei­dun­gen ergeben.

Unklar ist, warum der Ver­fas­sungss­chutz und das Land Bran­den­burg, denen diese Par­al­le­len und Aktiv­itäten auch bekan­nt sind, bish­er nicht aktiv wer­den und die AO Straus­berg als Nach­fol­ge­or­gan­i­sa­tion der ANSDAPO ver­bi­eten. Vielle­icht ist hier der Schutz von V‑Männern wichtiger als das Durch­greifen gegen gewalt­bere­ite Neonazis?

Der Kern der AO Strausberg

 

[1] https://www.brandenburg.de/sixcms/detail.php?id=218298

[2] https://www.pnn.de/ueberregionales/schlag-gegen-rechtsextreme-kameradschaft-hatte-ansdapo-kontakte-zur-dvu/22407330.html

[3]https://inforiot.de/lars-guenther-rechter-netzwerker-verschwoerungstheoretiker/

[4] https://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/24524347853/in/album-72157664739496581/

[5] https://inforiot.de/bericht-der-borg-zum-angriff-auf-einen-alternativen-jugendlichen-in-strausberg/

[6] https://exif-recherche.org/wp-content/uploads/2017/12/063–15.07.2017-Themar.jpg

[7] https://inforiot.de/iii-weg-inszeniert-heldengedenken-in-strausberg/

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Kein Acker der AfD — AfD raus aus dem Steuerhaus

 

Kein Ack­er den Faschis­ten! AfD raus aus dem Alten Steuerhaus!

Ein­mal monatlich find­et in der Straus­berg­er Gast­stätte “Zum alten Steuer­haus” der Stammtisch der lokalen AfD statt. Hier trifft sich rund um den Straus­berg­er Stadtverord­neten Rain­er Thiel das Kern­klien­tel der ras­sis­tis­chen Partei. Immer wieder wird er dabei unter­stützt von Parteipromi­nenz aus Berlin und Bran­den­burg. Und das nicht von irgendwem: Die Straus­berg­er Frak­tion ist, wie der gesamte Bran­den­burg­er Lan­desver­band, klar dem „Flügel“ um Höcke und Kalb­itz zuzuord­nen, der inner­halb der ohne­hin schon recht­en Partei den ekli­gen rechts-äußeren Rand bildet.

Diese illus­tren Men­schen tre­f­fen sich also monatlich zum gemein­samen Bier­trinken im “Alten Steuer­haus”. Dabei dienen Stammtis­che der AfD weit mehr als nur dem net­ten Beisam­men­sein. Sie sind bun­desweit ein zen­trales Mit­tel, um sich zugänglich und bürg­er­nah zu präsen­tieren. Hier­her kön­nen Inter­essierte ein­ge­laden wer­den, vor allem aber kön­nen Sympathisant*innen und Mit­glieder sich ver­net­zen und aus­tauschen. So unter­stützen die Lokale, in denen solche Stammtis­che stat­tfind­en, ganz aktiv die Arbeit der Partei.

 

Die Gast­stätte “Zum alten Steuer­haus” macht keinen Hehl aus ihrer Unter­stützung für die AfD. Unge­niert wird für die Stammtis­che gewor­ben, Angestellte begrüßen die AfDler per Hand­schlag. Die Ver­ant­wortlichen des Lokals wis­sen, was sie tun – und sie scheinen sich nicht­mal dafür zu schämen.

Aber die AfD ist keine „nor­male“ Partei wie jede andere. Sie trägt ganz mas­siv zu dem Recht­sruck bei, der bei ras­sis­tis­chen Belei­di­gun­gen begin­nt und mit Atten­tat­en wie dem in Hanau endet. Ras­sis­mus tötet – und die AfD ist mit dafür ver­ant­wortlich. Ganz egal, wie lange die Partei in Land­ta­gen und Stadträten sitzt: Wir wer­den uns niemals an ihre Präsenz gewöh­nen und da, wo sie auf­taucht, müssen wir dage­gen protestieren.

Darum kommt am 5. Sep­tem­ber um 15h zur Kundge­bung & Konz­ert am Alten Steuerhaus.
Es gibt kein ruhiges Hin­ter­land! Kein Ack­er der AfD!

Was? Kundge­bung und Konz­ert mit den PC Toys // Wann? 5. Sep­tem­ber, 15 Uhr // Wo? Hohen­stein­er Chaussee 19, 15344 Straus­berg // Vortr­e­ff­punkt? 14:30h am S‑Bahnhof Straus­berg mit Fahrrädern // Und danach? Essen für alle und Hiphop-Konz­ert mit McJosh, Space­bun­ny Nin­ja und FaulenzA

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Gegen den AfD-Stammtisch im Alten Steuerhaus in Strausberg

Im Restau­rant „Zum Alten Steuer­haus“ in der Hohen­stein­er Chaussee 19, gele­gen zwis­chen Straus­berg und Hohen­stein, find­et seit 2017 regelmäßig der Stammtisch der AfD Straus­berg statt. Monatlich bis zwei­monatlich tre­f­fen sich hier aktive Mit­glieder und Sympathisanten*innen zum Bier­trinken und Ver­net­zen. Das Pub­likum des Stammtis­ches beste­ht wenig über­raschend meist aus 10–15 älteren Män­nern (und ganz weni­gen Frauen), die eher zum Trinken und Pöbeln als zum Zuhören und Disku­tieren aufgelegt zu sein scheinen. Ent­ge­gen der eige­nen Behaup­tun­gen sind Gäste vor allem Partei-Mit­glieder und aktive des Kreisver­ban­des und viel weniger Men­schen mit ver­schiede­nen Anliegen. Ob nun im Alten Steuer­haus oder ander­swo: In Straus­berg ist kein Platz für rechte Het­ze! Wir fordern das Alte Steuer­haus auf, die Zusam­me­nar­beit mit der AfD sofort einzustellen. Keine Stadt, kein Raum, kein Ack­er der AfD!

Im Restau­rant „Zum Alten Steuer­haus“ in der Hohen­stein­er Chaussee 19, gele­gen zwis­chen Straus­berg und Hohen­stein, find­et seit 2017 regelmäßig der Stammtisch der AfD Straus­berg statt. Monatlich bis zwei­monatlich tre­f­fen sich hier aktive Mit­glieder und Sympathisanten*innen zum Bier­trinken und Ver­net­zen. Das Pub­likum des Stammtis­ches beste­ht wenig über­raschend meist aus 10–15 älteren Män­nern (und ganz weni­gen Frauen), die eher zum Trinken und Pöbeln als zum Zuhören und Disku­tieren aufgelegt zu sein scheinen. Ent­ge­gen der eige­nen Behaup­tun­gen sind Gäste vor allem Partei-Mit­glieder und aktive des Kreisver­ban­des und viel weniger Men­schen mit ver­schiede­nen Anliegen. Span­nen­der ist dage­gen der Blick auf die regelmäßig ein­ge­lade­nen ReferentInnen.
Im Jahr 2017, im ersten Jahr der regelmäßig in Straus­berg stat­tfind­en­den Stammtis­che, waren die Ref­er­entIn­nen vor allem AfD­lerIn­nen aus dem Land­kreis. So z.B. Lars Gün­ther (der 2015 zusam­men mit Neon­azis aus dem Kam­er­ad­schaftsspek­trum Kundge­bun­gen und Demon­stra­tio­nen anmeldete), die dama­li­gen Land­tagsab­ge­ord­neten der AfD Christi­na Schade und Franz Wiese (der seit Nove­me­ber 2016 die “Merkel muss weg”-Mittwochs-Mahnwachen organ­isiert), Andreas Schuf­fen­hauer (Bun­destagkan­di­dat der AfD MOL zur Bun­destagswahl 2017) und Maria There­sia Patzer (zusam­men mit ihrem Mann Rein­hold Patzer in der AfD in Rehfelde aktiv). Ab 2018, nach dem Einzug der AfD in den Bun­destag und nach den ersten Übun­gen mit der Organ­i­sa­tion der Stammtis­che, trat­en dann vor allem Mit­glieder des Bun­destages als Ref­er­enten bei den Stammtis­chen auf. Am häu­fig­sten referierten Rene Springer (MdB) und Stef­fen Kotré (MdB). Bei­de gehören zu den Recht­saußen der Partei. Rene Springer nahm Jean-Pas­cal Hohm als Mitar­beit­er bei sich auf, nach­dem Hohm selb­st für die Bran­den­burg­er Land­tags­frak­tion zu rechts war und zu viele Kon­tak­te in die recht­sex­treme Szene hat­te. Außer­dem arbeit­et Springer als Ref­er­ent für den AfD-Alt­nazi Gauland. Stef­fen Kotré gehört zu den Unterze­ich­n­ern der Erfurter Res­o­lu­tion, dem Grün­dungs­man­i­fest des völkischen “Flügels”. Aber auch die Junge Alter­na­tive Bran­den­burg (JA) und deren Vor­sitzen­der Den­nis Hohlbach aus Pots­dam waren mehrfach zu Gast. Ähn­lich wie der AfD-Lan­desver­band unter­stützt die JA den extrem recht­en Teil der Partei und hat Kon­tak­te zur Iden­titäten Bewe­gung, ins­beson­dere auch der Vor­sitzende Den­nis Hohloch.

Der Stammtisch wird organ­isiert vom ein­samen Aktiv­posten der Straus­berg­er AfD, Rain­er Thiel. Dabei wirkt der 59-Jährige alles andere als fit und sta­bil. Im Gegen­teil ist Thiel krän­klich, hoch ver­schuldet und eher wirr als ver­siert. Er ist seit min­destens 2017 für die AfD aktiv und ver­sucht seit­dem (bish­er wenig erfol­gre­ich), einen AfD-Ortsver­band Straub­s­berg zu grün­den. Neben seinen Tätigkeit­en für die Face­book-Präsenz des “Ortsver­ban­des Straus­berg in Grün­dung” und den Stammtis­chen ist er vor allem in den ver­schiede­nen Wahlkämpfen in Erschei­n­ung getreten. Zum Bun­destagswahlkampf 2017 sam­melte er bei der Unter­stützung von Andreas Schuf­fen­hauer dabei erste Erfahrun­gen, hing Plakate auf und schrubbte sie fleißig, nach­dem sie unken­ntlich gemacht wur­den. Auf Face­book postete er, den „Schmierfinken“ wolle er mal „zu zweit oder zu dritt in der Nacht auflauern“ (S. Screenshot).

Vor seinen Anfän­gen bei der AfD war er poli­tisch zwar nicht aktiv, trat jedoch online als Anhänger von Ver­schwörungs­the­o­rien in Erschei­n­ung. An Chem­trails, welche von der Bun­deswehr verteilt und von der Regierung in Auf­trag gegeben wer­den, glaubt Thiel noch heute (S. Screen­shot). Anson­sten war er eher dem Reichs­bürg­er-Milieu zuzuord­nen und forderte in ein­schlägi­gen Foren, das alle ihre Per­son­alausweise abgeben soll­ten (s. Screen­shot). Nun sitzt er für die AfD in der Stadtverord­neten­ver­samm­lung, im Auf­sicht­srat der Stadtwerke Straus­berg und außer­dem im Kreistag. Über Fotos vom Umfeld sein­er Woh­nung Am Anna­tal 43 in Straus­berg ver­sucht er, (kommunal)politische The­men zu ver­pack­en, allerd­ings fall­en ihm wenig über­raschend keine konkreten Lösungsvorschläge ein. Online fällt er nicht nur durch Posieren vor der schwarz-weiß-roten Reichs­flagge auf. Mehrfach belästigte er auch bei Face­book junge Frauen* mit sex­u­al­isierten Post­ings (s. Screenshot).
Inten­siv­en Kon­takt hat Thiel zu dem extrem recht­en Teilen des Kreisver­ban­des. So ste­ht er sowohl Lars Gün­ther als auch Falk Janke nahe. In Straus­berg ste­ht er außer­dem mit Mario Krautz in Kon­takt, der nicht nur bis vor kurzem sachkundi­ger Ein­wohn­er der AfD in der SVV war, son­dern auch mit weit­eren „Hooli­gans“ eine Brud­er­schaft grün­dete und den „Wider­stand“ in Straus­berg organ­isiert. Extrem rechte Äußerun­gen und öffentliche Aktio­nen der Brud­er­schaft und von Krautz unter­stützt Thiel.

Der Stammtisch der AfD Straus­berg scheint Thiel eine Herzen­san­gele­gen­heit zu sein, die er trotz offen­bar­er Über­las­tung recht kon­se­quent aufrecht erhält und dafür auch Anerken­nung von den anderen AfD-Mit­gliedern im Kreis bekommt. Dies ist ver­mut­lich der Grund für seine Posi­tion als Frak­tionsvor­sitzen­der der AfD in der Stadtverord­neten­ver­samm­lung Straus­berg und seinen Platz im Kreistag; seine Elo­quenz und poli­tis­che Erfahrung kann jeden­falls nicht der Grund sein.

Das Alte Steuer­haus bietet für den Stammtisch genau die richtige Kulisse. Das biedere Lokal, das mehr oder weniger ein­sam mit­ten im Wald an ein­er Schnell­straße liegt, wirbt mit „gut bürg­er­lich­er Haus­man­nskost seit 1903“ und ver­weist stolz auf seine lange Fam­i­lien­tra­di­tion. Der derzeit­ige Inhab­er Peter Scholz, der ver­mut­lich in der Ein­liegerwohung über dem Lokal wohnt, sowie einige der Mitar­bei­t­erin­nen ste­hen den AfDlern offen­bar recht nahe. Man begrüßt sich mit Hand­schlag, die Lieblings-Bier­sorte ist schon bekan­nt und die Belegschaft hört inter­essiert die ras­sis­tis­chen Vorträge der ein­ge­lade­nen Ref­er­entIn­nen. Man kann also davon aus­ge­hen, dass Peter Scholz der AfD sein Lokal nicht (nur) aus finanziellen Grün­den oder gar aus Unwis­senheit zur Ver­fü­gung stellt. Er weiß genau, wer da seine Räume nutzt und er scheint das bewusst zu unter­stützen. Nach­fra­gen und Hin­weise bekam Peter Scholz zur Genüge, er hat sich jedoch entsch­ieden, sie zu ignori­eren und die AfD weit­er­hin zu unterstützen.

Ob nun im Alten Steuer­haus oder ander­swo: In Straus­berg ist kein Platz für rechte Het­ze! Wir fordern das Alte Steuer­haus auf, die Zusam­me­nar­beit mit der AfD sofort einzustellen. Keine Stadt, kein Raum, kein Ack­er der AfD!

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Analyse von rechten Straftaten in 2018 in Märkisch-Oderland

Die AG Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt (AG BOrG) des Alter­na­tiv­en Jugend­pro­jek­ts 1260 e.V sam­melt stetig Delik­te mit rechtem Tathin­ter­grund und erstellt für jedes Jahr Chroniken. Im Fol­gen­den wollen wir eine Kurze Analyse der Chronik aus 2018 vorstellen:

Offene Präsenz von Neon­azis in Form von Demon­stra­tio­nen oder Kundge­bun­gen kom­men im Land­kreis rel­a­tiv sel­ten vor. Aber wie 2018 zeigt, sind sie nicht gän­zlich ver­schwun­den – let­ztes Jahr fan­den rechte Ver­samm­lun­gen wieder ver­mehrt in Märkisch-Oder­land statt. Der Schein, dass es damit eine kleine oder inak­tive rechte Szene gibt, trügt aber, wie die Chronik der AG BorG Straus­berg zeigt. Die Zahl der Tat­en mit recht­en Tat­mo­tiv in den let­zten Jahren schwankt, aber die Zahl der Delik­te wie Kör­per­ver­let­zung, Volksver­het­zung und Belei­di­gung bleibt in etwa über die Jahre gle­ich. In 2018 gab es ins­ge­samt 33 Delik­te mit einem klaren recht­en Tathin­ter­grund (2017: 20). Davon waren ins­ge­samt 6 Kör­per­ver­let­zun­gen (2017: 0), wobei wiederum die Hälfte davon gefährliche Kör­per­ver­let­zun­gen waren. Belei­di­gung und Volksver­het­zung wur­den jew­eils 3 mal erfasst (2017: 6 & 4). Ein beson­ders hoher Anteil der Straftat­en in 2018 waren Sachbeschädi­gun­gen in Form von Graf­fi­tis und Schmier­ereien, Stick­er, aber auch tat­säch­liche Zer­störung. 33 dieser Tat­en wur­den in 2018 erfasst, wobei ein klar­er Schw­er­punkt in Straus­berg liegt. Im let­zten Jahr fan­den sich sehr häu­fig gesprühte oder gemalte nazis­tis­che Sym­bole wie Hak­enkreuze oder Runen, aber auch jede Menge Stick­er. Nicht uner­he­blich waren auch die Stick­er der neon­azis­tis­chen Kle­in­st­partei „der III. Weg“. Bei diesen Delik­ten haben sich vor allem Straus­berg Vorstadt, aber auch die Alt­stadt von Straus­berg als Hotspots her­auskristallisiert. Zusät­zlich tauchte auch Seelow ver­mehrt als Ort von recht­en Delik­ten auf. Hier spielt sicher­lich auch die Entste­hung der „Kam­er­ad­schaft Märkisch-Oder­land“, die dem Raum Seelow zuge­ord­net wird, eine Rolle. Bad Freien­walde wurde — im Gegen­satz zu den let­zten Jahren, in denen es dort viele rechte Über­griffe auf Geflüchtete gab — nur eine Straftat mit klaren recht­en Hin­ter­grund registriert.

NPD und Rechtsrock

Die NPD – eigentlich in einem des­o­lat­en Zus­tand im Kreis – hat sich im April 2018 mit ein­er Info­s­tand­tour durch Märkisch-Oder­land wieder bemerk­bar gemacht. Ins­ge­samt 5 Infos­tände, je ein­er in Seelow, Bad Freien­walde, Münch­berg, Fred­er­s­dorf und Rüder­s­dorf, haben sie am 28. April abge­hal­ten. Dabei wurde die Aktion vor allem durch Aktive aus anderen Kreisver­bän­den maßge­blich organ­isiert und durchge­führt. (Siehe auch: https://inforiot.de/npd-infotour-durch-maerkisch-oderland/).

Ein weit­eres Event, was wiederum die Organ­isiertheit und die Ver­net­zung der Recht­srock-Szene, expliz­it der Straus­berg­er Neon­azi Band „Exzess“ in Märkisch-Oder­land zeigt, ist ein Konz­ert, das im Mai 2018 in Garzin stat­tfand. Um 500 Neon­azis haben sich auf einem Pri­vat­grund­stück zusam­menge­fun­den. Zusät­zlich zu „Exzess“ spielte auch die Berlin­er Band „Die Lunikoff-Verschwörung“.

AfD im Kreis

Die AfD war in 2018 im Kreis weit­er­hin sehr präsent, vor allem über die soge­nan­nten Stammtis­che oder andere Aus­tausch- und Gespräch­skreise. Den­noch sind wesentlich weniger dieser Events in 2018 durchge­führt wor­den, – ins­ge­samt: 23 — als noch 2017 (32). Dies kön­nte am Wahl­jahr 2017 gele­gen haben. Dafür ver­suchte die AfD aber ein Großevent zu organ­isieren. Am 1. Sep­tem­ber lud der Kreisver­band zu ein­er Kon­ferenz, wo die AfD die „soziale Frage“ disku­tieren wollte, mit teils promi­nen­ten und klar rechts bis neon­azis­tisch zu veror­tenden Gästen (siehe auch: https://inforiot.de/afd-in-mol/). Die Kon­ferenz war durch die weni­gen Teil­nehmenden und den bre­it­en Protest dage­gen jedoch ein Flop. Tätigkeitss­chw­er­punk­te für die AfD waren 2018 die Orte Straus­berg, Müncheberg und Hönow, wo sie viele Ver­anstal­tun­gen organ­isierten. Zusät­zlich grün­dete sich in Wriezen eine eigene Orts­gruppe mit „Bürg­er­büro“. Auch in Straus­berg wird seit einem Jahr rel­a­tiv fol­gen­los ver­sucht, eine Orts­gruppe ins Leben zu rufen. Kurz wurde die AfD auch im Sep­tem­ber in Seelow aktiv, als es um die Unter­bringung von Geflüchteten in einem Ort­steil ging. Schnell mobil­isierten sie unter dem üblichen stumpfen Ras­sis­mus zu ein­er Kundge­bung unter dem Titel „Nein zum Ghet­to“. Die Teil­nehmenden waren neben Anwohner_innen auch Neon­azis aus Seelow, wo die AfD kein­er­lei Berührungsäng­ste zeigte.

Jüng­ste Geschehnisse – Imbissbrand

Durch die zeitliche Nähe zum Jahr 2018 und der noch nicht weit­eren Pub­lik­machung, möcht­en wir hier noch kurz auf einen Imbiss­brand Mitte Feb­ru­ar in Straus­berg Vorstadt einge­hen. Der Dön­er-Imbiss von einem aus Syrien geflo­henen Mann ging gegen 4 Uhr mor­gens in Flam­men auf. Eine Augen­zeu­g­in berichtete von einem Knall und fliehen­den Men­schen. Alles deutet also auf Brand­s­tiftung hin. In Kom­bi­na­tion mit den Analy­sen von oben wird deut­lich, das Straus­berg Vorstadt ein Hotspot für rechte Aktiv­itäten ist. Was Graf­fi­tis und Stick­er schon andeuteten, zeigt der Bran­dan­schlag nochmals: es gibt eine aktive rechte Szene in Straus­berg, die wie eh und je in Straus­berg Vorstadt ver­ankert ist. Der Imbiss wurde nur einen Monat vor dem Brand eröffnet.

Inforiot