Am 30.04.2022 organisierte die Gedenkinitiative Phan Văn Toàn eine Kundgebung mit anschließender Podiumsdiskussion in Fredersdorf. Phan Văn Toàn geriet 1997in einen Streit mit mehreren Männern; Er verstarb am 30.04.1997 im Krankenhaus an seinen schweren Verletzungen.
Zu der Veranstaltung waren 50 Menschen aus Brandenburg und Berlin zusammengekommen. Doch leider verlief das Gedenken nicht ungestört: Bereits bei der Kundgebung am S‑Bahnhof filmte Larsen Aslan vom Berliner III. Weg die Teilnehmenden mit seinem Handy ab. Kurz darauf stießen Malwig Stelter (ebenfalls III. Weg/ Division MOL) und ein weiterer Neonazi dazu. Die drei blieben während der gesamten Zeit in der Nähe der Kundgebung und tauchten auch später wieder auf, als die Teilnehmenden zur Podiumsdiskussion gingen. Hier trat vor allem Larsen Aslan extrem agressiv auf, beleidigte mehrere Teilnehmende und griff sie an.
Nach der Veranstaltung wurden Malwig Stelter und Thore Ondrusch (ebenfalls III. Weg/ Division MOL) dabei beobachtet, wie sie den eingerichteten Gedenkort für Phan Văn Toàn am Bahnhof Fredersdorf zerstörten.
Für die Neonazi-Clique Division MOL ist das Gedenken an Phan Văn Toàn ein Reizthema: 2021 war das Zerstören des Gedenkortes eine ihrer ersten öffentlichen Aktionen. In der Zwischenzeit haben sie eine besorgniserregende Entwicklung gemacht.
Während Franz Schrandt mittlerweile nach Berlin-Köpenick gezogen ist und sich dort in Richtung NPD orientiert, sind insbesondere Thore Ondrusch und Malwig Stelter organisatorisch beim III. Weg Berlin angekommen. Dass mit Larsen Aslan ein Berliner III. Weg-Aktivist sie beim Stören einer Gedenkkundgebung unterstützt, ist nur ein weiterer Beleg dafür. Der vierte bekannte Neonazi der Division MOL aus der Region, Lion Zander,tritt eher als Schulhof-Nazi in Erscheinung, der mit einer Clique an der Lenné-Oberschule in Hoppegarten Mitschüler*innen schikaniert und auch ziemlich gewalttätig ist.
Malwig Stelter dagegen nimmt offenbar jede extrem rechte Aktion mit. Er war nicht nur am 30.04. in Fredersdorf unterwegs, sondern fuhr am nächsten Tag auch zum Aufmarsch des III. Weges nach Zwickau. Er fuhr zusammen mit dem Berliner Stützpunkt des III. Weges. Neben Malwig Stelter fuhren auch Franz Richard Schrandt und Erik Storch, welche auch zur Division MOL gezählt werden, mit nach Zwickau. Auf ihrer Anreise waren die Berliner und Brandenburger Neonazis maßgeblich an dem Angriff auf Antifaschist*innen auf dem Hauptbahnhof in Chemnitz beteiligt. Bilder zeigen, dass Franz Schrandt und Erik Storch mit in dem Mob waren. Da sie in Zwickau zusammen mit Malwig Stelter ankamen, ist davon auszugehen, dass auch er bei dem angreifenden Neonazi-Mob dabei war.
Die Division MOL ist keine organisierte Gruppe, sondern ein Neonazi-Freundeskreis, dessen Mitglieder sich in Richtung unterschiedlicher Strukturen orientiert haben. Der Ostberliner Speckgürtel ist damit zu einem Nachwuchsbecken für die Berliner Neonazi-Szene geworden. Insbesondere der III. Weg kann davon profitieren, seine AkteurInnen treten sehr selbstbewusst auf und scheinen sich im Aufwind zu sehen. Es bleibt zu beobachten, ob noch mehr Jugendliche aus dem Berliner Umland ihren Weg dahin finden.
Am 4.12.21 kam es in Berlin zu mehreren Angriffen auf Journalist*innen. An dem Angriff beteiligt waren auch Akteure der Division MOL, unter anderem Franz Schrandt und Erik Storch.
Die Division MOL ist eine Clique rechter Jugendlicher, die in Märkisch-Oderland in der S5-Region, in Berlin und auch darüber hinaus unterwegs ist. Die Gruppe besteht aus einem mobilisierungsfähigen Umfeld von bis zu 20 Personen, das zwischen 14 und 20 Jahren alt ist. Ein erster Recherche-Artikel ist hier bereits erschienen. Hier gibt es nun neue Infos und Erkenntnisse.
Personen und deren Einschätzungen Der 15-jährigeThore Ondruschlebt in Petershagen und ist der Kopf der Gruppe. Er besucht die Oberschule Fredersdorf. Thore Ondrusch ist mittlerweile beim III.Weg aktiv, pflegt aber auch Kontakte zur NPD/JN in Berlin und zu Nazis aus Dortmund und anderen Städten Darüber hinaus knüpft er Kontakte ins Hooligan-Milieu, so z.B. zu dem Hertha-Hool André Schlouns, der regelmäßig rechte Kundgebungen und Demos besucht und als sehr gewalttätig gilt. Es ist davon auszugehen, dass Thore aus einer rechten Familie stammt.
Weiterhin wichtig in der Gruppe ist Franz Richard Schrandt, der ursprünglich aus Hoppegarten kommt und nun eine Ausbildung zum Dachdecker in Berlin-Köpenick macht. Dort lebt er bei seiner Schwester Sarah Schrandt, die ebenfalls extrem rechtes Gedankengut vertritt. Franz Schrandt ist gewalttätig war beteiligt an einem Übergriff auf Jugendliche auf dem Spielplatz Petershagen im Oktober 2020. Hier griffen die Nazis die nicht-rechten Jugendlichen mit Pfefferspray an, wobei mindestens eine Jugendliche verletzt wurde. Franz Schrandt hat sich in Berlin verstärkt NPD-Strukturen angenähert; so war er bei einem spontanen Aufmarschversuch der JN am 1.Mai 2021 am Alexanderplatz in Berlin beteiligt.
Malwig Stelter ist der Sohn des bekannten Neonazis Andrew Ron Stelter. Er lebt bei seiner Mutter in Petershagen nahe dem Bahnhof Fredersdorf und geht auf die IB-Schule in Neuenhagen. Sein Vater Andrew Stelter ist mittlerweile nach Strausberg gezogen. Über seinen Vater verfügt Malwig Stelter über Kontakte in die ältere Generation von Neonazis, so z.B. zu der extrem rechten Band Exzess aus Strausberg, der mit TobiasVogt jemand mit Kontakten in das Hammerskin-Netzwerk angehört.Malwig Stelter gilt als gewalttätig, wobei anzunehmen ist, dass er durch seinen Vater eine extrem rechte und autoritäre Erziehung abbekommen hat. Besonders besorgniserregend: Andrew Stelter verfügt über Schusswaffen, zu denen zumindest sein Sohn, wahrscheinlich aber auch andere Akteure der Division MOL, Zugang haben könnten.
Ein weiteres Mitglied der Gruppe ist Erik Storch. Er lebtin Berlin und kommt ebenfalls aus einer Neonazi-Familie. Gemeinsam mit seiner Mutter Ivonne Storch war er z.B. bei einem Infostand des III. Wegs am 4.12.2021 in Berlin unterwegs. Sein Vater Robert Storch fiel bereits 2013 in Zusammenhang mit einer Recherche zur Neonazi-Szene in Berlin-Buch auf, wo er sich im Umfeld des damaligen Co-Trainers der “Bucher Ringwölfe” Benno Atorf bewegte, der wiederum bekannte Bucher Neonazis trainierte. Robert Storch glänzte schon damals mit Postings wie “Kriminelle Ausländer raus” oder “Ich bin stolz, Deutscher zu sein”. Wie es scheint, ist er mit diesen Ansichten in seiner Familie nicht allein.
Der in Mahlsdorf lebende Lion Zander besucht ebenfalls die Lenné-Oberschule und ist Teil der Division MOL. Wie die anderen gehört er zum engsten und extrem radikalisierten Kreis der Division.
Im Umfeld der Gruppe sind außerdem Helia (Strausberg), die bei der JN Berlin-Brandenburg aktiv ist, Brooklyn (Hellersdorf), Paul und Maurice (Petershagen)aktiv , deren Nachnamen bisher unbekannt sind.
Eine weitere relevante Person istSarah Schrandt, Franz Schrandts ältere Schwester. Sie lebt seit einiger Zeit in Berlin-Köpenick, ihr Bruder ist für seine Ausbildung zu ihr gezogen. Sarah Schrandt ist NPD-nah und vertritt extrem rechtes Gedankengut, da sie jedoch in einer Kita arbeitet,versucht sie nicht allzu sehr in die Öffentlichkeit zu geraten. Es ist davon auszugehen, dass sie die Radikalisierung ihres Bruders zumindest wohlwollend begleitet, wenn nicht gar mit angestoßen hat.
Verbindungen Die Division verfügt trotz ihres jungen Alters über hochkarätige rechte Kontakte, was zum einen auf die aktive Netzwerkarbeit von Thore Ondrusch, zum anderen auf Neonazi-Eltern wie Andrew Stelter zurückzuführen ist.
Sie stehen beispielsweisein engem Kontakt mit dem III. Weg in Berlin. So nahmen Thore Ondrusch, Franz Schrandt, Malwig Stelter und Erik Storchbereits mehrmals an Infoständen des III.Weg teil. Darüber sind sie in Kontakt mit Sebastian Thom, Lilith Evler und auch dem neuen Parteivorsitzendes des III.Wegs aus der Uckermark, Matthias Fischer.Dieser unterhält gute Kontakte in internationale Neonazi-Netzwerke. Ungeklärt ist bis heute die Verbidung des III. Wegszu zwei versuchten Brandanschlägen auf ein alternatives Hausprojekt in Berlin Spandau.
Die Aufkleber und Materialien des III. Wegs sind in den Wohngegenden der Division MOL sehr präsent.III. Weg- Flyer wurden auch mehrmals am Oberstufenzentrum Strausberg ausgelegt, und es ist davon auszugehen, dass Teile der Division am OSZ zur Schule gehen. Gerade die AkteurInnen des III. Wegs sind für ihre extrem dogmatische Ideologie und Gewaltbereitschaft bekannt. Dieses Umfeld scheint zumindest teilweise zu erklären, warum die Jungnazis der Division sich nicht mehr mit Aufkleber kleben begnügen, sondern mittlerweile zu gewalttätigen Angriffen übergegangen sind.
Mit Andrew Ron Stelter, der auch beim III.Weg aktiv ist, haben die jungen Nazis einen erfahrenen Mentor. Seit geraumer Zeit trainiert Andrew Stelter die Jugendlichen in Kickboxen, zunächst in seiner Funktion als Trainer beim Strausberger KSC, nach seinem Rauswurf vermutlich privat an anderen Orten.
Auszugehen ist auch von einem engen Kontakt zu Christian Schmidt, dem Leiter der JN Berlin-Brandenburg. Dieser ist mutmaßlicher Mit-Betreiber des Twitter-Accouns Aktionsblog Berlin-Brandenburg und eine zentrale Figur in der Neonazi-Szene. Lange Jahre war er in Berlin-Buch aktiv, wo er (damals) junge Rechte um sich scharte. Heute versucht er Ähnliches mit den Jugendlichen der Division.
Aktionen Neben unzähligen Sprühereien und Sticker-Aktionen in der S5 Region ist die Division auch bundesweit unterwegs, beispielsweise am 6.11.2020 mit JN-Fahne bei der Querdenken-Demonstration in Leipzig oder bei der Neonazi-Demo zum 13.Februar 2021 in Dresden.
Mittlerweile ist die Division auch mehrfach durch gewalttätige Übergriffe aufgefallen. Einer der ersten war sicherlich der Pfefferspray-Angriff auf andere Jugendliche im Oktober 2020 (s.o.).
Kurz danach, Anfang 2021, zerstörten sie den Gedenkort für Phan Văn Toản, der 1997 in Fredersdorf ermordet wurde. Sie entwendeten eines der Gedenk-Transparente und posierten in Hooligan-Manier mit dem umgedrehten Transparent. Bei dieser Aktion trat die Gruppe zum bisher einzigen Mal gemeinsam mit Andrew Stelter auf. Die Neonazis schienen da bereits über Kontakte zu Christian Schmidt zu verfügen, da ihre Aktion kurz danach auf den Kanälen des Aktionsblogs Berlin-Brandenburg gepostet wurde.
Einen weiteren Höhepunkt stellt der Angriff von Franz Schrandt und Erik Storch auf Journalist*innen am Rande eine Querdenken-Demo am 4.12.21 in Berlin dar (s.o.).
Wie weiter? Die Nazis der Division MOL sind sehr jung, aber sie sind gut vernetzt und zumindest einige der Mitglieder werden uns wohl eine Weile erhalten bleiben. Es ist stark davon auszugehen, dass zumindest Thore Ondrusch, Franz Schrandt, Malwig Stelter, Lion Zander und Erik Storch in der (Berliner) Neonazi-Szene aktiv bleiben werden. Es lohnt sich also, sie im Auge zu behalten.
Die Aktionen zeigen eine deutliche und sehr schnelle Radikalisierung der Division und die Gefahr, die von einer Generation ausgeht, deren Eltern knallharte Neonazis sind. Hier ist auf wenig Einsicht zu hoffen. Das in Kombination mit der guten Vernetzung mit bekannten Neonazi-Kadern und dem Boxtraining zeigt, dass die Angriffe auf Journalist*innen noch nicht das Ende des Aktionsspektrums der Division sind.
Meldet Infos zur Neonazi-Gruppierung Division MOL und ihren AkteurInnen an eure lokale Antifa: recherche-division-mol@riseup.net. Vielen Dank für eure Hinweise!
Seit Anfang 2020 kommt es im S‑Bahnbereich der S5 zwischen Neuenhagen und Strausberg verstärkt zu dem Auftauchen rechter Sticker und Sprühereien bis hin zu einem Angriff auf andere Jugendliche. Die verantwortliche Gruppe ist gefährlich und erfolgreich dabei, Netzwerke ins neonazistische Milieu in Berlin-Brandenburg zu knüpfen – genauso wie in die AfD. Trotz des jungen Alters der Akteure (von 14 Jahren bis Anfang 20) sind diese nicht als harmlose Jugendclique zu unterschätzen.
Division MOL – Von rechten Stickern über organisierte Aktionen hin zum III. Weg
Der „harte Kern“ der Division MOL bestand bis zum Herbst 2020 aus Malwig Stelter (Jahrgang 2004), Franz Richard Schrandt, Lion Zander, Erik Storch und Thore Ondrusch. Es ist davon auszugehen, dass noch mehr Personen unter der Bezeichnung agieren und es ein dynamisches Unterstützerumfeld gibt. Erste Aktionen im Raum Petershagen traten bereits im Januar 2020 auf. Kurz nachdem sich die Oberschule, die am Petershagener Bahnhof gelegen ist, der Initiative „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ anschloss, wurden im Umfeld der Schule rechte Sprayereien entdeckt (siehe Chronik rechter Vorfälle in Märkisch Oderland). Die Schmierereien über Runen, Hakenkreuze und Schriftzüge wie „FCKANTIFA“ häuften sich. Bis mindestens November hatte die Gruppe einen eigenen Instagram-Account, dieser ist mittlerweile inaktiv. Der Account hatte mehr als 170 Abonnent*innen, darunter viele AfD- und NPD- Accounts oder neonazistische Kader. Dort postete die Division nicht nur eigene Sticker-Aktionen, sondern auch Fotos mit einer Fahne der Jungen Nationalisten bei der großen Querdenken-Demo am 7.11.2020 in Leipzig. Bei der Demonstration mit mehreren zehntausend Teilnehmenden kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen durch Schwurbler*innen und Neonazis. Am 31.01.21, im Nachgang einer Gedenkkundgebung für den von Rassisten totgeprügelten Phan Văn Toản in Fredersdorf, zerstörte die Division MOL Blumen, Schilder und ein Transparent. Mit dem umgedrehten Transparent posierten sie in Hooligan-Manier für ein Foto, welches später auf dem Twitter-Account der JN Berlin-Brandenburg veröffentlicht wurde. Die Division MOL beteiligte sich mit den Jungen Nationalisten Berlin-Brandenburg an der bundesweiten geschichtsrevisionistischen Aktion “Gedenk Dresden” im Februar 2021. Auch hier erfolgten immer wieder Veröffentlichungen auf den Social-Media Accounts der JN-Berlin-Brandenburg. Nicht nur in Brandenburg, auch in Berlin fällt die jugendliche Naziclique auf. So waren sie in Begleitung des Marzahner Nazi-Hools André Schlouns am 20.03.2021 beim Aufmarsch von Neonazis und Hooligans auf dem Platz des 18. März vertreten (https://www.flickr.com/photos/recherche-netzwerk-berlin/51058296388/in/album-72157718731325468). Gemeinsam mit Schlouns waren sie am 03.04.2021 auch bei der verschwörungsideologischen Kundgebung „Freiheit ist nicht verhandelbar“. (https://www.flickr.com/photos/recherche-netzwerk-berlin/51093858217/in/album-72157718845985513/, https://www.flickr.com/photos/recherche-netzwerk-berlin/51093842119/in/album-72157718845985513/, https://www.flickr.com/photos/recherche-netzwerk-berlin/51093764156/in/album-72157718845985513/, https://www.flickr.com/photos/recherche-netzwerk-berlin/51094571950/in/album-72157718845985513/)
Gleichzeitig ist Schlouns mittlerweile aktiver Teil der Freedom Parade Berlin um Michael Bründel und nimmt an deren Aufzügen teil, sowie er auch aktiv im Telegram-Kanal der Gruppe kommuniziert. Es verwundert daher nicht, dass sich die jungen Nazis dann auch am 24.04.2021 auf einer Parade aus diesem Umfeld wiederfanden, zu deren Inszenierung es gehört, den antifaschistischen Gegenprotest als Nazis zu beschimpfen, während man selbst mit Nazis demonstriert (siehe https://www.flickr.com/photos/paulhanewacker/51157153550/in/album-72157719086473843/ und https://twitter.com/FriedensWatch/status/1386024690553077760).
André Schlouns kommt aus dem hoch gewalttätigen Umfeld von Enrico Schottstädt, dem Gründer der Berliner Gruppe „Bündnis Deutscher Hools“ (BDH) und war von 2015 bis 2018 regelmäßig Teil der Aufmärsche von Bärgida und “Wir für Deutschland (WfD)”.
Während Franz Schrandt, der mittlerweile von Münchehofe nach Treptow-Köpenick gezogen ist, weiterhin die Nähe zur JN hält (er war beispielsweise Teil von deren Spontandemonstration am 1. Mai 2021 auf dem Alexanderplatz), suchen die anderen die Nähe zur neonazistischen Kleinstpartei III. Weg. Neben Plakatier- und Flyeraktionen in und um Strausberg, engagieren sich unter anderem Thore Ondrusch und Malwig Stelter auch bei Infoständen, zum Beispiel im April in Berlin-Marzahn vor der Eastgate-Center sowie am 12. 06.2021 vor dem Linden Center am Prerower Platz (https://twitter.com/antifanordost/status/1403644952937209858). Damit befinden sie sich in direktem Kontakt mit der Spandauer Neonazistin Lilith Efler sowie mit Sebastian Thom, Verantwortlicher für die Brandanschläge im Neukölln-Komplex. Bei den Elternhäusern nichts Ungewöhnliches, haben wir es doch sowohl bei Thore Ondrusch als auch bei Malwig Stelter mit jungen Nazis der zweiten Generation zu tun. Stelter geht auf die Oberschule in Neuenhagen in Trägerschaft des Internationalen Bundes (IB). Sein Vater Andrew Ron Stelter war bereits in den Neunziger Jahren in der „Nationalistischen Front“ und der NPD aktiv und ist breit innerhalb der bundesweiten Naziszene vernetzt. Er ist seit Jahren regelmäßig Teil von neonazistischen Aufmärschen und wurde 2020 immer wieder auch bei den Coronaprotesten gesehen. Am 03.10.2020 war der Vater Stelter auch beim Aufmarsch des III. Weg in Berlin-Hohenschönhausen dabei. Auch bei Thore Ondrusch ist davon auszugehen, dass seine Familie neonazistisch geprägt ist. Sowohl die JN als auch der III. Weg üben sich in aktiver Jugendarbeit. Mit gemeinsamen Wanderungen, Sportprogramm und politischen Aktionen bieten sie eine rechte Lebenswelt, die Jugendliche enger an sie binden soll. Bei der Division MOL offensichtlich mit Erfolg.
Im Umfeld der Division MOL bewegte sich Sanjay Sklarek. 2020 tauchte er dann bei mehreren AfD-Veranstaltungen auf, seit Anfang 2021 wurde er allerdings nicht mehr bei rechten Veranstaltungen gesehen.
Nazis ernst nehmen – Betroffene schützen
Die Division MOL ist kein loser Zusammenschluss rechter Jugendlicher. Vielmehr entstammen sie auch dank früher Erziehung in entsprechenden Familienzusammenhänge, einer gefestigten neonazistischen Szene und haben mit den Kontakten zu JN, III. Weg und Nazi-Hooligans die besten Voraussetzungen, die nächste Generation gewalttätiger Neonazis zu stellen. Dies bedeutet eine direkte Bedrohung für alle, die nicht in ihr neonazistisches Weltbild passen, ob in Brandenburg, Berlin oder anderswo.
Lasst sie uns stoppen, bevor es zu spät ist.
Mischt euch ein und meldet Infos zur Neonazi-Gruppierung Division MOL und ihren Akteuren an eure lokale Antifa: recherche-division-mol@riseup.net
Kein Platz für Faschismus, kein Raum der Division MOL!
Damitgefährden sie willentlich Menschenleben. Auch in Brandenburg an der Havel gibt es eine solcheGruppe. Die Wut dieser Menschen ist grundsätzlich nachvollziehbar, nur leider richtet sie sichgegen die Falschen. Während dem Einzelhandel und Künstler:innen das Aus droht, rettet dieBundesregierung mit mehreren Milliarden Euro Unternehmen wie die Lufthansa. Das ist durchauskritikwürdig. Das Problem liegt dabei aber nicht in einer jüdischen Elite, einer Hochfinanz oder beiGeflüchteten, sondern im Kapitalismus. Die Kritik der Coronaleugner:innen ist stark vereinfachtund gestützt durch Falschinformationen und gefährliche Verschwörungserzählungen. Leider sind mittlerweile auch Parteien wie die AfD auf den Zug der Coronaverharmlosungaufgesprungen. Zur Abwechslung hetzt die AfD nicht mehr nur gegen den Islam, sondern siescheint einen neuen Themenschwerpunkt bei dem Coronamanagment gefunden zu haben. Während die in Teilen rechtsextreme Partei anfangs noch härtere Maßnahmen forderte, hat man sichdem Niveau der „Querdenker“-Bewegung angepasst. Nun fordert man die sofortige Beendigung derals übertrieben wahrgenommenen Coronamaßnahmen. Aus diesem Anlass veranstaltet die AfD am 30. April eine Kundgebung am Neustädtischen Markt.Unter dem Motto „Lockdown-Irrsinn beenden – Freiheit für Land und Bürger!“ wird die Parteidiesen Freitag ihr rechtes Gedankengut in Brandenburg kund tun. Die Absicht dahinter ist rechteindeutig. Die AfD versucht im Milieu der „Querdenker:innen“ Stimmen für die anstehendeBundestagswahl zu gewinnen. Wir sind nicht bereit den Rechten die Straße zu überlassen.Daher haben wir eine Gegenkundgebung um 19 Uhr vor dem Reisebüro am Neustädtischen Marktangemeldet. In Brandenburg ist kein Platz für rechte Hetze und Geschwurbel!
Kommt daher am 30.04. um 19 Uhr zum Katharinenkirchplatz. Tragt Masken, haltet Abstand.
Der Dritte Weg wurde im September 2013 gegründet, um die von einem Verbotsverfahren betroffenen rechten Strukturen in Süddeutschland zu festigen und zu schützen. Seitdem expandiert der Dritte Weg und hat etliche Orts- und Regionalgruppen, sogenannte Stützpunkte gegründet. Der Dritte Weg stellt inhaltlich eine Nähe zum Nationalsozialismus dar. Die Partei bezieht sich auf ein Volk im Sinne einer Gemeinschaft, die durch ihre Abstammung verbunden sein soll. Das Kernelement dieses Volkes nimmt die traditionelle Familie ein. Außerdem vertreten sie eine gefestigte Blut und Boden Ideologie, wonach das Volk mit der Natur verbunden sei und durch diese die Kultur, Lebensart und Entwicklung des Volkes beeinflusst sei. In Berlin und Brandenburg gab es bisher drei Stützpunkte: Potsdam/Mittelmark, Uckermark und Berlin. Der Dritte Weg rekrutiert maßgeblich aus überzeugten und schon lange aktiven Neonazis.
Aktivitäten in Märkisch-Oderland
Seitdem der Dritte Weg am 15. November 2020 in Strausberg auf einem Friedhof auftauchte und dort sein „Heldengedenken“ zum Volkstrauertag beging, um den Wehrmachtssoldaten zu gedenken, häufen sich die Aktivitäten in der Region. Im November kamen 20 AktivistInnen des Dritten Weges zusammen, legten ein Blumengesteck nieder, hinterließen Grabkerzen mit dem Logo des Dritten Weges und eine selbstgebastelte Rune aus Holz. Die Aktion auf dem „Soldatenfriedhof“ in Strausberg war in eine bundesweite Aktionsreihe eingebettet. Da der Dritte Weg am Vorabend zum Volkstrauertag bereits auf dem Friedhof war, ist davon auszugehen, dass die Aktion von Mitgliedern des Dritten Weges durchgeführt wurde, die am nächsten Tag noch andere Termine und Stationen abfuhren.
Anfang diesen Jahres, am 17. Januar versammelten sich dann elf Aktivisten am Bismarckturm in Bad Freienwalde. Diese Aktion war Otto von Bismarck und der Gründung des Deutschen Reiches 1871 gewidmet. Auch diese Aktion war in eine überregionale Aktionsreihe eingebettet. Der Stützpunkt Uckermark organisierte hierbei scheinbar die Aktion in Bad Freienwalde, da der Stützpunkt unter den Durchführenden erwähnt ist, jedoch in der Uckermark keine eigene Aktion aufgeführt ist. In Bad Freienwalde folgten dann im Februar und März zwei Flyer-Aktionen. Hier war eine kleine Anzahl von Personen unterwegs und verteilte Mitte Februar Flyer mit dem Titel „Freiheit statt Corona-Impfzwang“ vom Dritten Weg. Einen Monat später folgte eine Flyer-Aktion, um für den Aufmarsch des Dritten Weges am 1. Mai in Zwickau zu werben. Bereits vorher ist Bad Freienwalde auf einer Karte mit weiteren Stützpunkten aufgetaucht, die zum 1. Mai nach Zwickau mobilisieren. Anfang März wurden auch Flyer vom Stützpunkt Berlin in Strausberg verteilt. Die Verteilenden wurden dabei von der Polizei erwischt und waren zum Teil noch deutlich minderjährig (14 Jahre). Da es in der Region um Strausberg in der Vergangenheit zu verschiedenen rechten Delikten aus einer rechten Jugendclique, die sich „Division MOL“ nennt und dem Alter entspricht, gekommen ist, wird diese Aktion auch der Division MOL zugerechnet. Mitte März organisierte der Dritte Weg zusammen mit den Jungen Nationalisten (JN – Jugendorganisation der NPD) eine Wanderung durch die Seelower Höhen. Dieser folgten nach eigenen Angaben 70 Personen. Beachtlich ist die Zusammenarbeit der JN und des Dritten Weges.
Nicht neu aber in neuen Maßen
Der Dritte Weg tritt nicht zum ersten Mal in der Region in Erscheinung. Immer wieder tauchen vereinzelt Flyer oder Sticker auf, oder die Region wird für Spaziergänge ausgewählt. Seit 2015 gab es immer wieder Aktionen vorrangig in Bad Freienwalde. Hierbei wurde besonders an die bestehende rassistische Mobilmachungen in Bad Freienwalde angeknüpft. Da es seit Jahren mindestens ein Fördermitglied in Bad Freienwalde gibt, war es für die Aktiven naheliegend dort präsent zu sein. Mittlerweile scheint aus der jungen Frau ein vollwertiges Mitglied geworden zu sein. Eine Mitgliedschaft im Dritten Weg erlangt eine Person nur, wenn diese sich als Fördermitglied als würdig erwiesen hat.
Warum Bad Freienwalde?
Bad Freienwalde ist seit Jahrzehnten eine Hochburg für rechte Aktivitäten und hat seit langer Zeit eine organisierte und gewaltbereite Neonaziszene. Im Jahr 2015 und 2016 kommt es über Wochen immer wieder zu Übergriffen auf Geflüchtete. Hier sind auch immer wieder Neonazis aus dem Umfeld der KMOB (Kameradschaft Märkisch-Oder Barnim) als Täter dabei. Ebenso mobilisierten diese Neonazis bei rassistischen Kundgebungen kräftig mit. Die KMOB hatte sich 2010 offiziell selbst aufgelöst, um einem drohenden Verbotsverfahren zuvor zu kommen. Ab spätestens 2012 tauchte die Gruppe aber wieder auf. Im Jahr 2014 schlossen sich die Nazis das der Kleinstpartei Die Rechte an und gründeten den Kreisverband Märkisch-Oder Barnim (KMOB). Der Kader der KMOB und Vorsitzender des Kreisverbandes war Robert Gebhardt. Gebhardt saß von 2014 bis 2019 für die NPD im Kreistag. 2018 verließen die Neonazis die Partei Die Rechte und organisierten sich wieder als Kameradschaft. Dabei ist Bad Freienwalde zwar der Schwerpunkt der KMOB, aber es gibt auch Mitglieder und Kontakte nach Eberswalde und Templin, also in die Uckermark. Dort wo der Dritte Weg besonders stark und präsent ist.
Auch gab es 2018 eine NPD-Infotour durch den Landkreis. In Bad Freienwalde waren neben Robert Gebhardt auch Robert Wolinski und Andrew Stelter vor Ort. Stelter tauchte am 3. Oktober bei einem Aufmarsch des Dritten Weges in Berlin auf. Auch wenn er keine Kleidung des Dritten Weges trug, ist die Teilnahme für Menschen ohne Verbindungen zum Dritten Weg eher ungewöhnlich. Kontaktmöglichkeiten gibt es also viele. Ein neonazistisches Potenzial ebenso. Daher ist eine Etablierung des Dritten Weges in Bad Freienwalde und der Region Märkisch-Oderland durchaus denkbar.
Wie bereits erwähnt will der Dritte Weg am 1. Mai diesen Jahres in Zwickau aufmarschieren. Da dies nicht einfach so hingenommen werden kann, wird vor Ort Gegenprotest organisiert.
Sich dem Dritten Weg entgegenzustellen ist und bleibt notwendig. Kommt daher alle am 1. Mai nach Zwickau! Mehr Infos findet ihr hier: https://erstermai2021.noblogs.org/
Dem Dritten Weg keinen Meter! Nicht in Bad Freienwalde, nicht in Zwickau, nirgendwo!
Linke Opposition in der DDR – ihre Verdrängung und Gegenwart.
Utopien eines demokratischen Sozialismus 1989 und 2019.
Sie waren unbequem, nicht nur in der Wendezeit. Der SED-Regierung galten sie als Staatsfeinde, weil sie früh basisdemokratische Mitbestimmung und ein Ende von Einparteiensystem und Überwachung durch das MfS forderten. Und der CDU von Helmut Kohl waren sie ein Dorn im Auge, da sie den Ausverkauf des Ostens nicht mittrugen.
Die linken Oppositionellen waren aktiv in verschiedensten unabhängigen Gruppen und beteiligten sich an den Demonstrationen gegen die SED im Herbst 1989.
Nach der Maueröffnung gingen die Engagierten dann gegen eine Angliederung an die Bundesrepublik auf die Straße. Ihr Ziel lautete: freiheitlicher Sozialismus in einem unabhängigen, demokratischen Staat.
Doch was war damit genau gemeint? Welche Utopien hatten sie und wie sollten diese Realität werden? Und wie erlebten sie das politische Geschehen auf den Straßen vor 30 Jahren? Darüber berichten und diskutieren Zeitzeug*innen von damals.
Zuvor wird das Best-of des Dokumentarfilms »Nennen wir es Revolution!? Interviews mit DDR Oppositionellen zum Herbst 1989« gezeigt.
Podiumsdiskussion mit: Judith Braband 1989 Mitglied der »Vereinigten Linken« und im »Unabhängigen Frauenverband«, war erste Geschäftsführerin der VL und deren Vertreterin am »Zentralen Runden« Tisch. Kai Hansen war 1987 Mitbegründer der »Antifa Potsdam«, beteiligte sich im Herbst 1989 an Demonstrationen und Hausbesetzungen. Judith Porath engagierte sich 1989 im »Kirchenkreis Oranienburg«. Lutz Boede zur Wendezeit Mitbegründer der »Grünen Partei in der DDR« und erster Geschäftsführer des Landesverbandes Brandenburg.
MODERATION: Dr. Uwe Sonnenberg, Rosa-Luxemburg-Stiftung
Eine Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg, Zeitschrift telegraph und den HerausgeberInnen von „30 Jahre Antifa in Ostdeutschland. Perspektiven auf eine eigenständige Bewegung“.
INFORIOT Wahrscheinlich wird die AfD bei den Landtagswahlen am 1. September stärkste politische Kraft in Cottbus. Einer der Direktkandidaten mit gar nicht so schlechten Chancen auf ein Landtagsmandat ist Lars Schieske. Auf verschiedenen Medien, unter anderem mittels Youtube-Videos, wirbt die AfD für ihn.
Schaut man auf eines dieser Videos, offenbaren sich die Sympathien den Direktkandidaten für militante Neonazis. Zu sehen ist in dem Clip aus dem Juli 2019 eine Kaffeeklatsch-Runde von AfD-Leuten, mittendrin auch Schieske. Er trägt ein weißes T‑Shirt, auf dem vorn ein stilisierter schwarzer Wolfskopf abgebildet ist, auf der Rückseite ist der Schriftzug “Revolte für die Heimat” zu erahnen. Das Motiv hat es durchaus in sich, denn es handelt sich um ein T‑Shirt der militanten Neonazi-Gruppe „HMTLBE-Crew“ aus Südbrandenburg. Das Kleidungsstück wird über den Instagram-Kanal der Gruppe vertrieben.
Unübersehbar ist auf diesem Instagram-Kanal, online seit Mitte 2018, der militante Charakter der “HMTLBE-Crew”. “HMTLBE” soll das vergleichsweise harmlose “Heimatliebe” abkürzen. Bedient werden Diskurse der Neuen Rechten und der klassischen Neonazi-Szene, es gibt Drohungen und Bekenntnisse zur Gewalt gegen politische Gegner mit Schlagring und ein Bekenntnis zur Sabotage des Wagens von #cottbusistbunt beim Rosenmontagsumzug 2019. “HMTLBE” hat personelle Überschneidungen zur 2012 verbotenen Gruppe “Spreelichter”. Auf einem Foto posiert die “HMTLBE”-Gruppe beim Kampfsport.
Wenn ein AfD-Kandidat wie Schieske öffentlich ein T‑Shirt einer regionalen und militanten Neonazi-Gruppe trägt, dann ist das ein offensives Positivbekenntnis zur Extremen Rechten der Region. Wie bei den Fällen von Daniel Pommerenke, Jean-Pascal Hohm oder Paul Meier wird dies wahrscheinlich keine parteiinternen Konsequenzen für Schieske haben.
Schieske ist seit 2018 für die AfD aktiv. Im Rahmen einer Kontroverse um eine Aktion vom ihm in seiner Funktion als Feuerwehrmann am Rand einer Demonstration des des rassistischen Vereins “Zukunft Heimat” näherte er sich dieser Gruppierung öffentlich an, trat als Redner auf und bekannte sich zur AfD. Mittlerweile ist er nicht nur Direktkandidat im Wahlkreis 44, sondern auch Beisitzer im Cottbuser AfD-Kreisvorstand.
Cottbus ist eine Stadt, die vor allem in den letzten Monaten immer wieder Negativschlagzeilen machte: So zog u.a. die AfD als stärkste Kraft in die Stadtverordnetenversammlung ein. Es kam zu Razzien bei Fußballhooligans und der völkische Verein Zukunft Heimat betreibt gemeinsam mit der AfD ein Büro mitten in der Cottbuser Altstadt. Aber es gibt auch ein anderes Cottbus, das bunte, laute und unangepasste Cottbus. Wir sind nicht mehr, aber wir sind hier: Auch in Cottbus sind Menschen aktiv, die sich zur Wehr setzen gegen Diskriminierung, Kriminalisierung und Ausgrenzung. Wir – das ist ein Zusammenschluss von Menschen unterschiedlicher Geburtsorte und Prägungen, mit und ohne Fluchterfahrungen, verschiedener geschlechtlicher Identitäten, unterschiedlicher Arbeit, unterschiedlicher Hautfarbe, mit und ohne Kinder. Was uns eint, ist die Idee, dass wir mit unseren Problemen nicht allein sind und sie nicht allein lösen können und wollen.
Das Wahlergebnis der Kommunalwahl macht nochmal deutlich, wie wichtig #WannWennNichtJetzt auch in Cottbus ist und wie sehr der Name Programm ist: Um den Menschenfeinden in blau und braun etwas entgegensetzen zu können, gilt es, sich zu vernetzen, schon bestehende Bündnisse zu stärken und neue zu knüpfen, gerade für die Zeit nach der Landtagswahl. Umso schöner, das bei einem so bunten Fest wie dem am 03.08. auf dem Erich-Kästner-Platz zu tun. Denn wir dürfen uns nicht die Freude an dem nehmen lassen, was wir tun, besonders nicht das. Jetzt erst recht und trotz alledem: Es gibt viel zu tun, gemeinsam. So macht‘s bekanntlich am meisten Freude.
+++Programm+++
- open Stage Bühnentheater “Von ganz tief unten”
— Workshop „Argumentationstraining gegen rechte Parolen“
— Vortrag „Kommunikationsguerilla“
— Workshop „ORGANIZE! — Selbstbestimmt und kollektiv Aktionen am Arbeitsplatz, in Schule, Uni oder Kiez organisieren“
— Vortrag „Kämpfe im Gesundheitswesen“
— Vortrag “Angreifen statt Mitreden — Warum wir keinen Bock auf
eine Bühne für Faschismus haben“
— Podiumsdiskussion: 30 Jahre nach dem Aufbruch des Herbst ́89
— Stadtführung „Trauriges Herz – Von blühender Landschaft zum Schandfleck“
— Filmzelt „DEFA Filmschätze neu entdeckt“
+++Konzerte ab 18 Uhr+++
u.a. mit Pöbel MC, Tice, Unbekannt verzogen und Berlin Boom Orchestra
..sowie anschließender Aftershow-Party im Chekov
Mit einer Veranstaltungsserie erinnerte das Jugendwohnprojekt (JWP) Mittendrin in den vergangenen Wochen an den gewaltsamen Tod des ehemaligen Lehrers Emil Wendland vor 25 Jahren. Der zum Tatzeitpunkt Wohnungslose war in der Nacht vom 30. Juni zum 1. Juli 1992 im Neuruppiner Rosengarten von Nazi-Skins zunächst überfallen und dann brutal zu Tode malträtiert worden. Obwohl die Tatbeteiligten später gefasst und verurteilt wurden, blieb ein Gedenken an Wendland lange aus. Die Tat selber wurde seitens der Bundesregierung sogar zeitweise nicht als extrem rechtes Tötungsdelikt eingestuft.
Erst die Erinnerungsarbeit des JWP Mittendrin führte auch zu einem offiziellen Gedenken an Emil Wendland. Seit 2012 erinnert beispielsweise eine Gedenktafel am Tatort an den Getöteten und seit 2015 taucht die Tat auch wieder in den staatlichen Statistiken extrem rechter Tötungsdelikte auf.
Im Jahr 2017 rief das JWP Mittendrin ebenfalls zum Gedenken an Emil Wendland auf und organisierte bereits im Mai und Juni mehrere Veranstaltungen die sich mit dem gesellschaftspolitischen Hintergrund der Tat auseinandersetzten und einen Einblick in die Gesellschaft der 1990er Jahre boten.
Den Abschluss dieser Kampagne bildete die Gedenkdemonstration am Samstagnachmittag in Neuruppin, zu der neben dem JWP Mittendrin auch die „Initiative Neuruppiner Antifaschist_innen“ aufrief. An diesem Demonstrationszug, der von einer Privatperson angemeldet wurde und von der Bahnhaltestelle „Westbahnhof“ bis zum Schulplatz führte, beteiligten sich ungefähr 30 Menschen. In der Nähe der Gedenktafel für Emil Wendland wurden zwei Redebeiträge, darunter ein Gastbeitrag des Vereins „Opferperspektive“ aus Potsdam, gehalten und eine Gedenkminute für den vor 25 Jahren Getöteten eingelegt. Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen und Gegenentwurf
Zusätzlich zur Erinnerung an Emil Wendland, dessen Tod offensichtlich die Folge grausamer Menschenverachtung war, übten die Veranstaltenden auch Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen, die solche Taten mutmaßlich erst ermöglichen.
Im Aufruf zur Gedenkdemonstration, der auch auf der Internetseite des JWP Mittendrin nachzulesen ist, wird dabei vor allem ein „zutiefst verinnerlichtes, kapitalistisches Konkurrenzdenken“ oder „eine generelle Verachtung, die Menschen erfahren, die nicht zur ´Mehrheitsgesellschaft´ gehören“ kritisiert. „Menschen, welche diesem täglichen Wahnsinn nicht standhalten oder deren Leben durch private Erlebnisse aus den Fugen gerät, laufen Gefahr, bis ans Ende der ´sozialen Leiter´ durchgereicht zu werden“, wo es nahezu unmöglich sei „aus eigener Kraft wieder ´auf die Beine´ zu kommen“, so die Aufrufenden weiter.
Als Antwort darauf bietet das JWP Mittendrin den Versuch eines soziokulturellen Gegenentwurfs, dessen Schwerpunkt in einem sozialen Miteinander, beispielsweise im gemeinsamen Wohnen, liegt. Als Jugendwohnprojekt wendet sich das Mittendrin, gemäß eigener Konzeption, aber auch an Jugendliche aus Neuruppin und Umgebung, die in ihrer Entwicklung insbesondere hinsichtlich der Diskussions‑, Kritik- und Entscheidungsfähigkeit gefördert sowie in Kompromissbereitschaft und Eigenverantwortlichkeit geschult werden sollen, um letztendlich ihr Selbstbewusstsein zu stärken.
Eine Möglichkeit dafür bietet Projektarbeit, die sich unter anderem in der Aufarbeitung der jüngeren Geschichte Neuruppins, beispielsweise in der Erinnerung an die Tötung Emil Wendlands unter Berücksichtigung des gesellschaftlichen Kontextes, ausdrückt und somit sowohl Selbstfindung als auch gesellschaftspolitische Meinungskundgabe in Einem bietet. Neonazis versuchten Gedenken für sich zu reklamieren
Neben dem jährlichen Gedenken an Emil Wendland durch das JWP Mittendrin, hat sich seit 2014 durch das lokale neonazistische Milieu bzw. dessen derzeitigen medialen Sprachrohr, den eng mit der NPD verwobenen „Freien Kräfte Neuruppin – Osthavelland“, auch ein recht eigenwilliges Erinnern an den brutal Getöteten etabliert. Dabei wird immer wieder behauptet (zuletzt 2016), dass der Tod des Wohnungslosen lediglich in „subkultureller Perspektivlosigkeit“ begründet liege. Gleichzeitig wird der von Nazi-Skins grausam zu Tode gebrachte im typischen NS-Jargon selbst zum „deutschen Volksgenossen“ erhoben und somit das Andenken an den Verstorbenen möglicherweise verunglimpft. Anlass zu Ermittlungen seitens der Strafverfolgungsbehörden hatte dieses bizarre „Gedenken“ jedoch bisher nicht gegeben. Auch die Versammlungsbehörden sahen in den diesbezüglich 2014 bis 2016 durchgeführten Kundgebungen der „Freien Kräfte Neuruppin – Osthavelland“ offenbar nur eine Meinungskundgabe und sprachen bisher keine Versammlungsverbote aus.
Geschützt vom Versammlungsrecht und unlängst durch eine Flugblattaktion unterstellten die Neonazis ihrerseits der „antideutschen Seite“, also in verächtlicher Form indirekt dem JWP Mittendrin als Ideengebenden und bisherigen Haupttragenden des Erinnerns an Emil Wendland , den angeblichen Missbrauch des Getöteten für den „Kampf gegen Rechts“ und Heuchelei. Dem entgegengesetzt präsentieren sich die „Freien Kräfte Neuruppin – Osthavelland“ im Internet durch eine medial aufbereitete, vermeintliche Spendensammlung im Rahmen der „Obdachlosenhilfe“ als eigentliche Wohltuende. Allerdings blieben die Neonazis dabei, soweit bekannt, weitgehend unter sich.
Auf einer Versammlung in der Nähe der Gedenktafel wurde im Jahr 2017, nach bisherigen Erkenntnissen, aber verzichtet.
Stattdessen störten zwei betrunkene, bisher nicht in Erscheinung getretene, aber offensichtlich extrem rechts gesinnte Jugendliche die antifaschistisch orientierte Gedenkdemonstration des JWP Mittendrin mit Neonaziparolen. Update 02.07.2017, 11:27 Uhr:
In einem Statement bekannten sich die „Freien Kräfte Neuruppin – Osthavelland“ jetzt zu einer Aktion an der Gedenktafel von Emil Wendland. Dem Socialmediabeitrag zu Folge sollen sich die Neonazis bereits am Freitagabend versammelt und mindestens ein Banner mit Themenbezug ausgebreitet haben. Eine Anmeldung dieser Versammlung lag, so weit bekannt, nicht vor. Gemäß der von den „Freien Kräfte Neuruppin – Osthavelland“ in dem Socialmediabeitrag veröffentlichten Bekennerfotos waren mindestens drei Person an der Aktion beteiligt. Weitere Fotos: hier