Am 30.04.2022 organisierte die Gedenkinitiative Phan Văn Toàn eine Kundgebung mit anschließender Podiumsdiskussion in Fredersdorf. Phan Văn Toàn geriet 1997in einen Streit mit mehreren Männern; Er verstarb am 30.04.1997 im Krankenhaus an seinen schweren Verletzungen.
Zu der Veranstaltung waren 50 Menschen aus Brandenburg und Berlin zusammengekommen. Doch leider verlief das Gedenken nicht ungestört: Bereits bei der Kundgebung am S‑Bahnhof filmte Larsen Aslan vom Berliner III. Weg die Teilnehmenden mit seinem Handy ab. Kurz darauf stießen Malwig Stelter (ebenfalls III. Weg/ Division MOL) und ein weiterer Neonazi dazu. Die drei blieben während der gesamten Zeit in der Nähe der Kundgebung und tauchten auch später wieder auf, als die Teilnehmenden zur Podiumsdiskussion gingen. Hier trat vor allem Larsen Aslan extrem agressiv auf, beleidigte mehrere Teilnehmende und griff sie an.
Nach der Veranstaltung wurden Malwig Stelter und Thore Ondrusch (ebenfalls III. Weg/ Division MOL) dabei beobachtet, wie sie den eingerichteten Gedenkort für Phan Văn Toàn am Bahnhof Fredersdorf zerstörten.
Für die Neonazi-Clique Division MOL ist das Gedenken an Phan Văn Toàn ein Reizthema: 2021 war das Zerstören des Gedenkortes eine ihrer ersten öffentlichen Aktionen. In der Zwischenzeit haben sie eine besorgniserregende Entwicklung gemacht.
Während Franz Schrandt mittlerweile nach Berlin-Köpenick gezogen ist und sich dort in Richtung NPD orientiert, sind insbesondere Thore Ondrusch und Malwig Stelter organisatorisch beim III. Weg Berlin angekommen. Dass mit Larsen Aslan ein Berliner III. Weg-Aktivist sie beim Stören einer Gedenkkundgebung unterstützt, ist nur ein weiterer Beleg dafür. Der vierte bekannte Neonazi der Division MOL aus der Region, Lion Zander,tritt eher als Schulhof-Nazi in Erscheinung, der mit einer Clique an der Lenné-Oberschule in Hoppegarten Mitschüler*innen schikaniert und auch ziemlich gewalttätig ist.
Malwig Stelter dagegen nimmt offenbar jede extrem rechte Aktion mit. Er war nicht nur am 30.04. in Fredersdorf unterwegs, sondern fuhr am nächsten Tag auch zum Aufmarsch des III. Weges nach Zwickau. Er fuhr zusammen mit dem Berliner Stützpunkt des III. Weges. Neben Malwig Stelter fuhren auch Franz Richard Schrandt und Erik Storch, welche auch zur Division MOL gezählt werden, mit nach Zwickau. Auf ihrer Anreise waren die Berliner und Brandenburger Neonazis maßgeblich an dem Angriff auf Antifaschist*innen auf dem Hauptbahnhof in Chemnitz beteiligt. Bilder zeigen, dass Franz Schrandt und Erik Storch mit in dem Mob waren. Da sie in Zwickau zusammen mit Malwig Stelter ankamen, ist davon auszugehen, dass auch er bei dem angreifenden Neonazi-Mob dabei war.
Die Division MOL ist keine organisierte Gruppe, sondern ein Neonazi-Freundeskreis, dessen Mitglieder sich in Richtung unterschiedlicher Strukturen orientiert haben. Der Ostberliner Speckgürtel ist damit zu einem Nachwuchsbecken für die Berliner Neonazi-Szene geworden. Insbesondere der III. Weg kann davon profitieren, seine AkteurInnen treten sehr selbstbewusst auf und scheinen sich im Aufwind zu sehen. Es bleibt zu beobachten, ob noch mehr Jugendliche aus dem Berliner Umland ihren Weg dahin finden.
Die Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt Märkisch-Oderland (BOrG) hat im Jahr 2021 insgesamt 230 rechte Vorfälle im Landkreis aufgenommen. Diese Vorfälle sind unterschiedlich hinsichtlich ihrer Schwere und reichen von Propaganda über Bedrohungen und Beleidigungen bis hin zu Angriffen. Auch hinsichtlich der inhaltlichen Kategorien, also der Motivation oder der betroffenen Gruppe, sind die Vorfälle unterschiedlich. Sie eint jedoch, dass sie extrem rechte Ideologieelemente bedienen. Das bedeutet, dass sie entweder Aktivitäten der extremen Rechten darstellen oder Rassismus, Antisemitismus, LGBTIQ*-Feindlichkeit, Sozialchauvinismus (die Abwertung von armen und wohnungslosen Menschen oder Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen) oder Verschwörungserzählungen ausdrücken.
Die Fallzahl hat sich im Vergleich zu unserer Auswertung von 2021 (107 Fälle) verdoppelt. Wie auch in den vergangenen Jahren hat dies zum einen mit einer aktiveren Meldestruktur und Öffentlichkeitsarbeit der BOrG zu tun, aber auch damit, dass sich Trends des letzten Jahres fortsetzen: Neben einer Vielzahl von Veranstaltungen der AfD im Landkreis beobachten wir neue extrem rechte Strukturen, die durch verschiedene Aktionen aufgefallen sind.
Mit neun Angriffen ist die Anzahl gegenüber dem letzten Jahr um drei Angriffe gestiegen. Hierfür ist maßgeblich eine Angriffsreihe im Küstriner Vorland verantwortlich, bei der eine der rechten Szene zugehörige Frau mehrfach Polizist*innen angriff. Dies geht aus mehreren Landtagsanfragen der Abgeordneten Andrea Johlige hervor. Ansonsten sind es vor allem rassistisch motivierte Angriffe, die wir in 2021 beobachtet haben. Wie auch in den Jahren zuvor sind Geflüchtete oder vermeintlich geflüchtete Menschen und ihre Unterkünfte vergleichsweise häufig Ziele von Angriffen.
Rechte Veranstaltungen als häufigste Vorfallsart
Im letzten Jahr fanden in Märkisch-Oderland insgesamt 92 Veranstaltungen statt, die von rechten Akteur*innen organisiert wurden oder einen rechten Bezug hatten. Diese hohe Zahl muss im Kontext des Bundestagswahlkampfes und der stetigen Mobilisierung gegen die Corona-Maßnahmen gesehen werden. Hier kam es teilweise zu Überschneidungen, wie bei den regelmäßigen Kundgebungen der AfD in Wriezen. Seit Dezember 2020 führt die AfD hier jeden Mittwoch eine Kundgebung auf dem Marktplatz durch, die sich gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie richtet, aber auch immer wieder allerlei Themen aus dem Wahlprogramm der AfD behandelt. Zusätzlich zu diesen Kundgebungen kamen weitere AfD-Veranstaltungen im gesamten Landkreis dazu. Ab Juli stieg die Zahl der AfD-Veranstaltungen durch den beginnenden Wahlkampf an: Infostände, Bustouren, Kundgebungen und Sommerfeste; die AfD war an vielen Orten mit ihren Anhänger*innen präsent und machte diese Orte damit auch immer wieder zu No-Go-Areas für Menschen mit Rassismuserfahrungen, Jüd*innen, Menschen aus der LGBTIQ*-Community oder Personen, die als links oder “alternativ” wahrgenommen werden.
Neben der AfD waren es vor allem die Querdenkenproteste im ersten Halbjahr, die die Zahl der rechten Veranstaltungen anwachsen ließ. Die Querdenken-Kundgebungen fanden in Strausberg zu einer Zeit statt, zu der schon längst Reichsfahnen auf den großen Demos in Berlin gezeigt wurden und die Debatten um eine fehlende Abgrenzung nach Rechts geführt wurden. Wer sich zu diesem Zeitpunkt bewusst für ein rechtsoffenes Label wie Querdenken entscheidet, scheint gut damit leben zu können, wenn auch rechte Inhalte auf den Kundgebungen präsentiert werden. Und so kam es auch, dass neben dem extrem rechten „Compact-Magazin“, welches auf den Kundgebungen verteilt wurde, auch immer wieder NS-verharmlosende Inhalte präsent waren. Neben der AfD und dem Querdenken-Spektrum gab es auch Veranstaltungen neonazistischer Gruppierungen. So fanden drei Wanderungen von neonazistischen und völkischen Gruppen im Osten von Märkisch-Oderland statt. Zudem gab es geschichtsrevisionistische Veranstaltungen zum “Heldengedenken” oder der 150-jährigen Gründung des Deutschen Reiches.
Die zweithäufigste Vorfallsart im Jahr 2021 machten mit 89 Vorfällen Propagandafälle aus. Darunter fallen zum Beispiel verklebte Sticker oder Flyer, die verteilt wurden. Hier sind es vor allem Sticker, die rechte Strukturen als solche bewerben. Dabei spielen jedoch immer auch andere Dimensionen des Rechtsextremismus eine Rolle, wie Rassismus, Antisemitismus oder die Bedrohung von politischen Gegner*innen. Im Jahr 2021 ist vor allem die Präsenz von Stickern der neonazistischen Kleinstpartei „Der III. Weg“ in der gesamten S5-Region enorm angestiegen, was auf einen personellen Zuwachs der Struktur in der Region schließen lässt. Daran anknüpfend gab es auch mehrere Aktionen, bei denen Neonazis vom III. Weg-Flyer und andere Propaganda verteilt haben.
Hakenkreuzschmierereien und Bedrohungen
Insgesamt kam es im letzten Jahr zu 18 Sachbeschädigungen. Darunter finden sich 11 gesprühte Hakenkreuze im öffentlichen Raum. Zusätzlich zu den Hakenkreuz-Schmierereien, sind auch Sachbeschädigungen durch die neonazistische Jugendclique “Division MOL” in Fredersdorf und Petershagen-Eggersdorf verübt worden. Neben Sprühereien durch die jugendlichen Nazis haben 5 Mitglieder der Gruppe am 31. Januar eine Gedenkstätte für Phan Văn Toản am Bahnhof Fredersdorf zerstört. Zuvor hatten Antifaschist*innen dort an Phan Văn Toản gedacht, der 1997 am Bahnhof aus rassistischen Motiven angegriffen wurde und an den schweren Verletzungen verstarb. Die dort gelassenen Blumen, Kerzen und Transparente wurden zerstört.
Auch 18 Bedrohungen, Beleidigungen und Pöbeleien haben wir im letzten Jahr aufgenommen. Diese richteten sich vorrangig gegen politische Gegner*innen. Hier dürfte die Dunkelziffer mit rassistischen Motiven enorm hoch liegen. Alltagsrassismus, Beleidigungen an der Kasse im Supermarkt, im Bus oder im Verein stehen für viele Schwarze Personen und Menschen mit Rassismuserfahrungen leider an der Tagesordnung, werden jedoch aufgrund der schieren Häufigkeit in den seltensten Fällen an Polizei oder Beratungsstrukturen gemeldet. Jede betroffene Person könnte wahrscheinlich von hunderten Situationen der Ausgrenzung, Diskriminierung und Stigmatisierung erzählen.
Keine sicheren Rückzugsräume Märkisch-Oderland
Die räumliche Verteilung der Vorfälle zeigt, dass es vor allem die größeren Städte wie Bad Freienwalde, Wriezen, Müncheberg und Strausberg sind, die mit hohen Fallzahlen hervorstechen. Aber auch der Berliner Speckgürtel und damit die S5-Region ist ein Hotspot für rechte Aktivitäten. Wie auch in der Vergangenheit ist mit 68 Vorfällen Strausberg der Ort mit den meisten Vorfällen. Dies ist zum einen auf eine hier aktive rechte Szene zurückzuführen, aber auch auf die lokale Verankerung der Beratungsstelle in Strausberg. Aktive der BOrG und eine hier aktive Zivilgesellschaft kriegen mehr von dem Geschehen in der Stadt mit, als es in Seelow oder Lebus der Fall ist. Wir können davon ausgehen, dass die Fallzahlen in Strausberg der Durchschnitt sind und wir in anderen Teilen des Landkreises eine enorme Dunkelziffer haben. Viele Betroffene wissen nicht, an wen sie sich bei Diskriminierung oder rechter Gewalt wenden können. Insbesondere geflüchtete Personen wollen nicht negativ auffallen, um ihr Asylverfahren nicht zu gefährden und vermeiden dadurch den Kontakt zu Beratungsstellen oder der Polizei. Aber auch unsensible Reaktionen von Politik und Polizei, sowie die Alltäglichkeit von rechten Vorfällen im Leben vieler Menschen führen zu Ohnmachtsgefühlen.
Die hohe Anzahl rechter Vorfälle in der S5-Region ist eine Weiterentwicklung von Trends und Phänomenen, die bereits 2020 aufgetaucht sind. Die rechte Jugendgruppe „Division MOL“ ist maßgeblich für diverse Vorfälle in der Region verantwortlich. Die weiterhin hohe Anzahl an Vorfällen lässt eine ideologische Festigung der Jugendlichen vermuten. Die weite Verbreitung Propaganda des III.Weg ist besorgniserregend und lässt auf strukturelle und personelle Verbindungen zur neonazistischen Kleinstpartei schließen. Neben Strausberg und der S5-Region war es vor allem auch Bad Freienwalde, wo der III. Weg besonders in der ersten Jahreshälfte auffiel.
Antisemitismus und Rassismus als fester Kern rechter gewalttätiger Ideologie
Wie auch in den vergangenen Jahren ist rechte Selbstdarstellung, also das Bewerben oder das Auftreten als rechte Struktur oder Partei, das dominante Motiv. Nicht zu vergessen ist aber, dass rechte Strukturen immer auch eine rassistische, antisemitische und menschenfeindliche Ideologien vertreten und damit diese Ideologieelemente auch immer Teil rechter Selbstdarstellung sind.
Es zeigt sich deutlich, dass die Vorfälle mit direkten Betroffenen und jene, auf die direkte körperliche Unversehrtheit zielen, durch den vernichtenden Kern rechter Ideologie motiviert sind: Rassismus, Antisemitismus und Angriffe auf politische Gegner*innen. Das sind bei den Bedrohungen, Angriffen und Sachbeschädigungen die dominierenden Motive.
Seit Anfang Dezember kommt es auch in Märkisch-Oderland wieder verstärkt zu Protesten gegen die anhaltenden Corona-Maßnahmen. Dabei trifft sich an Montagen, anmaßend angelehnt an die friedliche Revolution 1989 in der DDR, bundesweit eine heterogene Mischung aus Impfunwilligen, Corona-Leugner*innen, AfD-Politiker*innen bis hin zu organisierten Neonazis. Angefacht wurden diese erneuten Proteste rund um die Debatten zur Einführung einer Impflicht. Allein am ersten Januarwochenende gingen mehrere zehntausend Menschen bundesweit auf die Straße. Dabei kam es auch zu gewaltvollen Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Die selbsternannten “Montagsspaziergänge” in unserer Region finden in größeren Dimensionen in Strausberg, Wriezen, Altlandsberg, Bad Freienwalde, Neuenhagen, Fredersdorf, Müncheberg, Buckow und Seelow statt. Dazu kommen weitere kleinere Spaziergänge in anderen Gemeinden und Dörfern. Zum Teil kommen bis zu 300 Personen zusammen, ohne offizielle Anmeldung bei der Versammlungsbehörde, ohne Beachtung des Mindestabstands und ohne Masken. Und das mitten in einer weltweiten Pandemie, die mit der neuen Omikron-Variante nicht als Welle, sondern beinahe als Mauer zu rasanten Anstiegen der Infektionszahlen führt. Anders als an anderen Orten und auch abweichend von den “Hygieneprotesten” aus dem Frühjahr 2021 gibt keinerlei politischen Ausdruck wie Transparente oder Schilder, selbst Sprechchöre werden nicht angestimmt.
Das es sich aber um politische und durchaus auch rechte Veranstaltungen handelt, zeigt ein Blick auf die Teilnehmer*innen der Spaziergänge und den Ton in den entsprechenden Telegram-Gruppen. In Strausberg laufen Mitglieder der 2005 verbotenen neonazistischen Kameradschaft ANSDAPO mit, darunter z.B. Falko Hesselbarth. Auch der bundesweit vernetzte rechte Kampfsportler und Musiker der Band “Exzess”, Tobias Vogt, war dabei, ebenso Malwig Stelter und weitere Mitglieder der gewaltbereiten rechte Jugendgruppe Division MOL.
Auch jenseits dieser Beteiligung durch Neonazis wird der extrem rechte Charakter der Spaziergänge schon deutlich, wenn man Wortfetzen der Teilnehmenden vor Beginn der “Spaziergänge” aufschnappt. Beispielsweise eine Gruppe bei den Strausberg Spaziergängen, die noch auf “Mengele” warten soll (vermutlich ein Spitzname, der sich auf den berüchtigten SS-Arzt in Auschwitz-Birkenau bezieht).
Anfang Dezember gründeten sich zeitgleich brandenburgweit “Brandenburg_steht_auf”-Telegramgruppen mit jeweils regionalen Bezügen. In Märkisch-Oderland koordiniert eine Person zentral diese Gruppe und führt Buch über die Anwesenheiten auf den jeweiligen Spaziergängen. Es wird dazu aufgerufen, antifaschistisch Aktive in den Gruppen an die Moderation zu melden und aus den Gruppen zu entfernen. In der Strausberg-Gruppe kam es zudem im Rahmen des Angebots eines Kinderimpftages in der Tagespflege “Im alten Lokschuppen” am 15.Januar 2022 zu Aufrufen, dort zu protestieren. Es wurde gedroht, den*die Impfärzt*in herauszufinden und diese persönlich zu besuchen. Solche Drohungen gegen medizinisches Fachpersonal reihen sich ein in eine sich zuspitzende gesellschaftliche Stimmung, in der aus Drohungen auch Gewaltanwendung wird.
Die Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt Märkisch-Oderland beobachtet diese Spaziergänge mit Sorge. “Die Weigerung, sich an Hygieneregelnzu halten ebenso wie die Selbstverständlichkeit, mit gewaltbereiten Nazis auf die Straße zu gehen, besorgt uns”, so Tom Kurz von der Beratungsstelle. Er befürchtet eine mögliche gewaltätige Zuspitzung der Proteste, wie es in Südbrandenburg oder Sachsen der Fall ist. “Zusätzlich ist ein Treffen so vieler Menschen ohne Maske und Abstand ignorant und ignoriert die schnelle Ausbreitungsrate der Omikron-Variante.”
Angesichts dieser Entwicklungen kommt uns die Verantwortung zu, den extrem rechten Charakter der Aufzüge zu entlarven UND gleichzeitig eine solidarische Kritik an den Maßnahmen zu formulieren. Eine linke Stimme ist von Anbeginn der Pandemie viel zu leise, gerade vor dem Hintergrund der aktuellen massenhaften “Spaziergänge” wird sie dringlicher denn je. Die weltweite Pandemie ist real und hat viele Menschen das Leben und die Gesundheit gekostet. Viele weitere sind bei einer möglichen Infektion aufgrund von Vorererkrankungen von schweren Verläufen bedroht, viele Pfleger*innen und Ärzt*innen in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen an ihren Grenzen. Lasst uns mit diesen gemeinsam für eine gute medzinische Absicherung und bessere Arbeitsbedingungen kämpfen statt Eigeninteressen in den Vordergrund zu stellen. Lasst uns zusammen stehen mit dem Blick auf den Schutz der gesellschaftlich Schwächsten. Lasst uns gemeinsam linke, antikapitalistische Antworten auf die Corona-Krise finden und uns nicht mit vermeintlich einfachen Antworten aus dem Querdenken-Spektrum zufrieden geben.
Am 4.12.21 kam es in Berlin zu mehreren Angriffen auf Journalist*innen. An dem Angriff beteiligt waren auch Akteure der Division MOL, unter anderem Franz Schrandt und Erik Storch.
Die Division MOL ist eine Clique rechter Jugendlicher, die in Märkisch-Oderland in der S5-Region, in Berlin und auch darüber hinaus unterwegs ist. Die Gruppe besteht aus einem mobilisierungsfähigen Umfeld von bis zu 20 Personen, das zwischen 14 und 20 Jahren alt ist. Ein erster Recherche-Artikel ist hier bereits erschienen. Hier gibt es nun neue Infos und Erkenntnisse.
Personen und deren Einschätzungen Der 15-jährigeThore Ondruschlebt in Petershagen und ist der Kopf der Gruppe. Er besucht die Oberschule Fredersdorf. Thore Ondrusch ist mittlerweile beim III.Weg aktiv, pflegt aber auch Kontakte zur NPD/JN in Berlin und zu Nazis aus Dortmund und anderen Städten Darüber hinaus knüpft er Kontakte ins Hooligan-Milieu, so z.B. zu dem Hertha-Hool André Schlouns, der regelmäßig rechte Kundgebungen und Demos besucht und als sehr gewalttätig gilt. Es ist davon auszugehen, dass Thore aus einer rechten Familie stammt.
Weiterhin wichtig in der Gruppe ist Franz Richard Schrandt, der ursprünglich aus Hoppegarten kommt und nun eine Ausbildung zum Dachdecker in Berlin-Köpenick macht. Dort lebt er bei seiner Schwester Sarah Schrandt, die ebenfalls extrem rechtes Gedankengut vertritt. Franz Schrandt ist gewalttätig war beteiligt an einem Übergriff auf Jugendliche auf dem Spielplatz Petershagen im Oktober 2020. Hier griffen die Nazis die nicht-rechten Jugendlichen mit Pfefferspray an, wobei mindestens eine Jugendliche verletzt wurde. Franz Schrandt hat sich in Berlin verstärkt NPD-Strukturen angenähert; so war er bei einem spontanen Aufmarschversuch der JN am 1.Mai 2021 am Alexanderplatz in Berlin beteiligt.
Malwig Stelter ist der Sohn des bekannten Neonazis Andrew Ron Stelter. Er lebt bei seiner Mutter in Petershagen nahe dem Bahnhof Fredersdorf und geht auf die IB-Schule in Neuenhagen. Sein Vater Andrew Stelter ist mittlerweile nach Strausberg gezogen. Über seinen Vater verfügt Malwig Stelter über Kontakte in die ältere Generation von Neonazis, so z.B. zu der extrem rechten Band Exzess aus Strausberg, der mit TobiasVogt jemand mit Kontakten in das Hammerskin-Netzwerk angehört.Malwig Stelter gilt als gewalttätig, wobei anzunehmen ist, dass er durch seinen Vater eine extrem rechte und autoritäre Erziehung abbekommen hat. Besonders besorgniserregend: Andrew Stelter verfügt über Schusswaffen, zu denen zumindest sein Sohn, wahrscheinlich aber auch andere Akteure der Division MOL, Zugang haben könnten.
Ein weiteres Mitglied der Gruppe ist Erik Storch. Er lebtin Berlin und kommt ebenfalls aus einer Neonazi-Familie. Gemeinsam mit seiner Mutter Ivonne Storch war er z.B. bei einem Infostand des III. Wegs am 4.12.2021 in Berlin unterwegs. Sein Vater Robert Storch fiel bereits 2013 in Zusammenhang mit einer Recherche zur Neonazi-Szene in Berlin-Buch auf, wo er sich im Umfeld des damaligen Co-Trainers der “Bucher Ringwölfe” Benno Atorf bewegte, der wiederum bekannte Bucher Neonazis trainierte. Robert Storch glänzte schon damals mit Postings wie “Kriminelle Ausländer raus” oder “Ich bin stolz, Deutscher zu sein”. Wie es scheint, ist er mit diesen Ansichten in seiner Familie nicht allein.
Der in Mahlsdorf lebende Lion Zander besucht ebenfalls die Lenné-Oberschule und ist Teil der Division MOL. Wie die anderen gehört er zum engsten und extrem radikalisierten Kreis der Division.
Im Umfeld der Gruppe sind außerdem Helia (Strausberg), die bei der JN Berlin-Brandenburg aktiv ist, Brooklyn (Hellersdorf), Paul und Maurice (Petershagen)aktiv , deren Nachnamen bisher unbekannt sind.
Eine weitere relevante Person istSarah Schrandt, Franz Schrandts ältere Schwester. Sie lebt seit einiger Zeit in Berlin-Köpenick, ihr Bruder ist für seine Ausbildung zu ihr gezogen. Sarah Schrandt ist NPD-nah und vertritt extrem rechtes Gedankengut, da sie jedoch in einer Kita arbeitet,versucht sie nicht allzu sehr in die Öffentlichkeit zu geraten. Es ist davon auszugehen, dass sie die Radikalisierung ihres Bruders zumindest wohlwollend begleitet, wenn nicht gar mit angestoßen hat.
Verbindungen Die Division verfügt trotz ihres jungen Alters über hochkarätige rechte Kontakte, was zum einen auf die aktive Netzwerkarbeit von Thore Ondrusch, zum anderen auf Neonazi-Eltern wie Andrew Stelter zurückzuführen ist.
Sie stehen beispielsweisein engem Kontakt mit dem III. Weg in Berlin. So nahmen Thore Ondrusch, Franz Schrandt, Malwig Stelter und Erik Storchbereits mehrmals an Infoständen des III.Weg teil. Darüber sind sie in Kontakt mit Sebastian Thom, Lilith Evler und auch dem neuen Parteivorsitzendes des III.Wegs aus der Uckermark, Matthias Fischer.Dieser unterhält gute Kontakte in internationale Neonazi-Netzwerke. Ungeklärt ist bis heute die Verbidung des III. Wegszu zwei versuchten Brandanschlägen auf ein alternatives Hausprojekt in Berlin Spandau.
Die Aufkleber und Materialien des III. Wegs sind in den Wohngegenden der Division MOL sehr präsent.III. Weg- Flyer wurden auch mehrmals am Oberstufenzentrum Strausberg ausgelegt, und es ist davon auszugehen, dass Teile der Division am OSZ zur Schule gehen. Gerade die AkteurInnen des III. Wegs sind für ihre extrem dogmatische Ideologie und Gewaltbereitschaft bekannt. Dieses Umfeld scheint zumindest teilweise zu erklären, warum die Jungnazis der Division sich nicht mehr mit Aufkleber kleben begnügen, sondern mittlerweile zu gewalttätigen Angriffen übergegangen sind.
Mit Andrew Ron Stelter, der auch beim III.Weg aktiv ist, haben die jungen Nazis einen erfahrenen Mentor. Seit geraumer Zeit trainiert Andrew Stelter die Jugendlichen in Kickboxen, zunächst in seiner Funktion als Trainer beim Strausberger KSC, nach seinem Rauswurf vermutlich privat an anderen Orten.
Auszugehen ist auch von einem engen Kontakt zu Christian Schmidt, dem Leiter der JN Berlin-Brandenburg. Dieser ist mutmaßlicher Mit-Betreiber des Twitter-Accouns Aktionsblog Berlin-Brandenburg und eine zentrale Figur in der Neonazi-Szene. Lange Jahre war er in Berlin-Buch aktiv, wo er (damals) junge Rechte um sich scharte. Heute versucht er Ähnliches mit den Jugendlichen der Division.
Aktionen Neben unzähligen Sprühereien und Sticker-Aktionen in der S5 Region ist die Division auch bundesweit unterwegs, beispielsweise am 6.11.2020 mit JN-Fahne bei der Querdenken-Demonstration in Leipzig oder bei der Neonazi-Demo zum 13.Februar 2021 in Dresden.
Mittlerweile ist die Division auch mehrfach durch gewalttätige Übergriffe aufgefallen. Einer der ersten war sicherlich der Pfefferspray-Angriff auf andere Jugendliche im Oktober 2020 (s.o.).
Kurz danach, Anfang 2021, zerstörten sie den Gedenkort für Phan Văn Toản, der 1997 in Fredersdorf ermordet wurde. Sie entwendeten eines der Gedenk-Transparente und posierten in Hooligan-Manier mit dem umgedrehten Transparent. Bei dieser Aktion trat die Gruppe zum bisher einzigen Mal gemeinsam mit Andrew Stelter auf. Die Neonazis schienen da bereits über Kontakte zu Christian Schmidt zu verfügen, da ihre Aktion kurz danach auf den Kanälen des Aktionsblogs Berlin-Brandenburg gepostet wurde.
Einen weiteren Höhepunkt stellt der Angriff von Franz Schrandt und Erik Storch auf Journalist*innen am Rande eine Querdenken-Demo am 4.12.21 in Berlin dar (s.o.).
Wie weiter? Die Nazis der Division MOL sind sehr jung, aber sie sind gut vernetzt und zumindest einige der Mitglieder werden uns wohl eine Weile erhalten bleiben. Es ist stark davon auszugehen, dass zumindest Thore Ondrusch, Franz Schrandt, Malwig Stelter, Lion Zander und Erik Storch in der (Berliner) Neonazi-Szene aktiv bleiben werden. Es lohnt sich also, sie im Auge zu behalten.
Die Aktionen zeigen eine deutliche und sehr schnelle Radikalisierung der Division und die Gefahr, die von einer Generation ausgeht, deren Eltern knallharte Neonazis sind. Hier ist auf wenig Einsicht zu hoffen. Das in Kombination mit der guten Vernetzung mit bekannten Neonazi-Kadern und dem Boxtraining zeigt, dass die Angriffe auf Journalist*innen noch nicht das Ende des Aktionsspektrums der Division sind.
Meldet Infos zur Neonazi-Gruppierung Division MOL und ihren AkteurInnen an eure lokale Antifa: recherche-division-mol@riseup.net. Vielen Dank für eure Hinweise!
Seit Anfang 2020 kommt es im S‑Bahnbereich der S5 zwischen Neuenhagen und Strausberg verstärkt zu dem Auftauchen rechter Sticker und Sprühereien bis hin zu einem Angriff auf andere Jugendliche. Die verantwortliche Gruppe ist gefährlich und erfolgreich dabei, Netzwerke ins neonazistische Milieu in Berlin-Brandenburg zu knüpfen – genauso wie in die AfD. Trotz des jungen Alters der Akteure (von 14 Jahren bis Anfang 20) sind diese nicht als harmlose Jugendclique zu unterschätzen.
Division MOL – Von rechten Stickern über organisierte Aktionen hin zum III. Weg
Der „harte Kern“ der Division MOL bestand bis zum Herbst 2020 aus Malwig Stelter (Jahrgang 2004), Franz Richard Schrandt, Lion Zander, Erik Storch und Thore Ondrusch. Es ist davon auszugehen, dass noch mehr Personen unter der Bezeichnung agieren und es ein dynamisches Unterstützerumfeld gibt. Erste Aktionen im Raum Petershagen traten bereits im Januar 2020 auf. Kurz nachdem sich die Oberschule, die am Petershagener Bahnhof gelegen ist, der Initiative „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ anschloss, wurden im Umfeld der Schule rechte Sprayereien entdeckt (siehe Chronik rechter Vorfälle in Märkisch Oderland). Die Schmierereien über Runen, Hakenkreuze und Schriftzüge wie „FCKANTIFA“ häuften sich. Bis mindestens November hatte die Gruppe einen eigenen Instagram-Account, dieser ist mittlerweile inaktiv. Der Account hatte mehr als 170 Abonnent*innen, darunter viele AfD- und NPD- Accounts oder neonazistische Kader. Dort postete die Division nicht nur eigene Sticker-Aktionen, sondern auch Fotos mit einer Fahne der Jungen Nationalisten bei der großen Querdenken-Demo am 7.11.2020 in Leipzig. Bei der Demonstration mit mehreren zehntausend Teilnehmenden kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen durch Schwurbler*innen und Neonazis. Am 31.01.21, im Nachgang einer Gedenkkundgebung für den von Rassisten totgeprügelten Phan Văn Toản in Fredersdorf, zerstörte die Division MOL Blumen, Schilder und ein Transparent. Mit dem umgedrehten Transparent posierten sie in Hooligan-Manier für ein Foto, welches später auf dem Twitter-Account der JN Berlin-Brandenburg veröffentlicht wurde. Die Division MOL beteiligte sich mit den Jungen Nationalisten Berlin-Brandenburg an der bundesweiten geschichtsrevisionistischen Aktion “Gedenk Dresden” im Februar 2021. Auch hier erfolgten immer wieder Veröffentlichungen auf den Social-Media Accounts der JN-Berlin-Brandenburg. Nicht nur in Brandenburg, auch in Berlin fällt die jugendliche Naziclique auf. So waren sie in Begleitung des Marzahner Nazi-Hools André Schlouns am 20.03.2021 beim Aufmarsch von Neonazis und Hooligans auf dem Platz des 18. März vertreten (https://www.flickr.com/photos/recherche-netzwerk-berlin/51058296388/in/album-72157718731325468). Gemeinsam mit Schlouns waren sie am 03.04.2021 auch bei der verschwörungsideologischen Kundgebung „Freiheit ist nicht verhandelbar“. (https://www.flickr.com/photos/recherche-netzwerk-berlin/51093858217/in/album-72157718845985513/, https://www.flickr.com/photos/recherche-netzwerk-berlin/51093842119/in/album-72157718845985513/, https://www.flickr.com/photos/recherche-netzwerk-berlin/51093764156/in/album-72157718845985513/, https://www.flickr.com/photos/recherche-netzwerk-berlin/51094571950/in/album-72157718845985513/)
Gleichzeitig ist Schlouns mittlerweile aktiver Teil der Freedom Parade Berlin um Michael Bründel und nimmt an deren Aufzügen teil, sowie er auch aktiv im Telegram-Kanal der Gruppe kommuniziert. Es verwundert daher nicht, dass sich die jungen Nazis dann auch am 24.04.2021 auf einer Parade aus diesem Umfeld wiederfanden, zu deren Inszenierung es gehört, den antifaschistischen Gegenprotest als Nazis zu beschimpfen, während man selbst mit Nazis demonstriert (siehe https://www.flickr.com/photos/paulhanewacker/51157153550/in/album-72157719086473843/ und https://twitter.com/FriedensWatch/status/1386024690553077760).
André Schlouns kommt aus dem hoch gewalttätigen Umfeld von Enrico Schottstädt, dem Gründer der Berliner Gruppe „Bündnis Deutscher Hools“ (BDH) und war von 2015 bis 2018 regelmäßig Teil der Aufmärsche von Bärgida und “Wir für Deutschland (WfD)”.
Während Franz Schrandt, der mittlerweile von Münchehofe nach Treptow-Köpenick gezogen ist, weiterhin die Nähe zur JN hält (er war beispielsweise Teil von deren Spontandemonstration am 1. Mai 2021 auf dem Alexanderplatz), suchen die anderen die Nähe zur neonazistischen Kleinstpartei III. Weg. Neben Plakatier- und Flyeraktionen in und um Strausberg, engagieren sich unter anderem Thore Ondrusch und Malwig Stelter auch bei Infoständen, zum Beispiel im April in Berlin-Marzahn vor der Eastgate-Center sowie am 12. 06.2021 vor dem Linden Center am Prerower Platz (https://twitter.com/antifanordost/status/1403644952937209858). Damit befinden sie sich in direktem Kontakt mit der Spandauer Neonazistin Lilith Efler sowie mit Sebastian Thom, Verantwortlicher für die Brandanschläge im Neukölln-Komplex. Bei den Elternhäusern nichts Ungewöhnliches, haben wir es doch sowohl bei Thore Ondrusch als auch bei Malwig Stelter mit jungen Nazis der zweiten Generation zu tun. Stelter geht auf die Oberschule in Neuenhagen in Trägerschaft des Internationalen Bundes (IB). Sein Vater Andrew Ron Stelter war bereits in den Neunziger Jahren in der „Nationalistischen Front“ und der NPD aktiv und ist breit innerhalb der bundesweiten Naziszene vernetzt. Er ist seit Jahren regelmäßig Teil von neonazistischen Aufmärschen und wurde 2020 immer wieder auch bei den Coronaprotesten gesehen. Am 03.10.2020 war der Vater Stelter auch beim Aufmarsch des III. Weg in Berlin-Hohenschönhausen dabei. Auch bei Thore Ondrusch ist davon auszugehen, dass seine Familie neonazistisch geprägt ist. Sowohl die JN als auch der III. Weg üben sich in aktiver Jugendarbeit. Mit gemeinsamen Wanderungen, Sportprogramm und politischen Aktionen bieten sie eine rechte Lebenswelt, die Jugendliche enger an sie binden soll. Bei der Division MOL offensichtlich mit Erfolg.
Im Umfeld der Division MOL bewegte sich Sanjay Sklarek. 2020 tauchte er dann bei mehreren AfD-Veranstaltungen auf, seit Anfang 2021 wurde er allerdings nicht mehr bei rechten Veranstaltungen gesehen.
Nazis ernst nehmen – Betroffene schützen
Die Division MOL ist kein loser Zusammenschluss rechter Jugendlicher. Vielmehr entstammen sie auch dank früher Erziehung in entsprechenden Familienzusammenhänge, einer gefestigten neonazistischen Szene und haben mit den Kontakten zu JN, III. Weg und Nazi-Hooligans die besten Voraussetzungen, die nächste Generation gewalttätiger Neonazis zu stellen. Dies bedeutet eine direkte Bedrohung für alle, die nicht in ihr neonazistisches Weltbild passen, ob in Brandenburg, Berlin oder anderswo.
Lasst sie uns stoppen, bevor es zu spät ist.
Mischt euch ein und meldet Infos zur Neonazi-Gruppierung Division MOL und ihren Akteuren an eure lokale Antifa: recherche-division-mol@riseup.net
Kein Platz für Faschismus, kein Raum der Division MOL!
Die Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt Märkisch-Oderland (BOrG) dokumentiert kontinuierlich rechte Vorfälle im Landkreis und erstellt daraus Chroniken. Im Jahr 2020 haben wir 107 Vorfälle im Landkreis aufgenommen, von Propaganda über Veranstaltungen hin zu Angriffen. Damit stieg die Zahl der registrierten Vorfälle von 67 im Jahr 2019 um 60%. Dies lässt sich zum einen durch mehr Propagandafälle, aber auch durch eine aktivere Melder*innenstruktur erklären.
Überblick: Rechte Vorfälle im Jahr 2020
Die häufigsten Vorfälle im Jahr 2020 machten Propagandafälle aus (37 Vorfälle). Dies sind zum Beispiel Schmierereien oder das Kleben von Stickern mit rechten Inhalten. Rechte Selbstdarstellung, also die Bewerbung oder das Auftreten als rechte Struktur oder Parteien, sowie die Verharmlosung und/oder Verherrlichung des Nationalsozialismus sind dabei die häufigsten Motive. Rassismus, Antisemitismus oder die Bedrohung von politischen Gegner*innen spielen bei den Propagandafälle eher eine untergeordnete Rolle. Zu betonen ist jedoch, dass sich zum einen immer eine rassistische und bedrohliche Dimension in der rechten Selbstdarstellung zeigt und zum anderen explizit bei Stickern rassistische Motive in Kombination mit Stickern von Parteien oder Organisationen geklebt wurden. Auf die Betrachter*innen wirken sie im Stadtbild so gemeinsam und beziehen sich aufeinander.
Mit 36 Veranstaltungen im Jahr 2020 ist dies die zweithäufigste Vorfallsart. Nicht trotz, sondern gerade wegen der Pandemie hat sich die Zahl hier deutlich gegenüber dem Vorjahr (15 Veranstaltungen im Jahr 2019) erhöht. Neben einigen Parteiveranstaltungen der „Alternative für Deutschland“ (AfD), die thematisch nicht die Pandemie und die Maßnahmen dagegen aufgriffen, waren die sogenannten „CoronaMaßnahmen“ der Auslöser für ein Gros der Veranstaltungen. Bereits im Zeitraum von März bis Juni gab es einige Veranstaltungen dazu im Landkreis. Ab Oktober fanden dann aber regelmäßig Kundgebungen in Strausberg (Querdenken Strausberg 334) und in Wriezen (Schweigemarsch der AfD) statt. Besonders im Kontext der QuerdenkenKundgebungen gab es hier immer wieder NS-verharmlosende Bezüge.
Außerdem haben wir 18 Pöbeleien, Beleidigungen und/oder Bedrohungen aufgenommen, wovon ein Großteil antisemitisch motiviert war (7 Vorfälle von 18). Weitere Motive waren Rassismus (6 von 18), LGBTIQ*Feindlichkeit (2 von 18) und gegen politische Gegner*innen gerichtet, NSverherrlichend oder als rechte Selbstdarstellung vermittelt (je 1 von 18). Die Zahl der von uns registrierten sechs Angriffe im Jahr 2020 ist im Vergleich zum Vorjahr leicht zurückgegangen (8 Angriffe 2019). Dabei waren vier Angriffe rassistisch motiviert und erfolgten gegen vermeintlich als Geflüchtete wahrgenommene Personen oder Geflüchtetenunterkünfte. Zwei Angriffe richteten sich gegen politische Gegner*innen. Ebenso gab es im Jahr 2020 sechs Sachbeschädigungen, wovon 4 antisemitisch motiviert waren.
Strausberg sticht wie auch schon die Jahre zuvor mit der Anzahl der Vorfälle hervor (insgesamt 32). Dies liegt vor allem an der guten Melder*innenstruktur vor Ort. Engagierte Menschen melden uns hier Vorfälle. Dies schafft eine gute Datenlage und einen realistschen Überblick. Aber auch Wriezen mit 16 Vorfällen und Müncheberg mit 14 Vorfällen, sowie Petershagen mit 11 Vorfällen stechen heraus. An den vielen anderen Orten in Märkisch-Oderland ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Es ist anzunehmen, dass sich die Zahlen in allen größeren Ortschaften auf einem ähnlichen Niveau bewegen, hier fehlen uns jedoch Melder*innenstrukturen und es können nur Vorfälle aufgenommen werden, die in der Presse, Sozialen Medien oder durch Polizeimeldungen öffentlich bekannt werden. Insbesondere aus Bad Freienwalde hören wir immer wieder von rassistischen Vorfällen, die auch regelmäßig Angriffe beinhalten. Unsensible Reaktionen von Politik und Polizei, sowie die Alltäglichkeit dieser Angriffe lassen die Betroffenen oft resignieren und Anzeigen oder Hilfegesuche werden unterlassen. Damit lässt sich kein abschließendes Bild der Lage in Märkisch-Oderland zeichnen. Wir sind hier auf Hilfe durch alle Mitmenschen im Landkreis angewiesen. Melden Sie uns rechte Vorfälle jeder Art. Nur so können wir gemeinsam etwas tun.
Bewaffneter Rechtsextremismus: Ein bundesweiter Trend auch in Märkisch-Oderland
Hervorgehoben sei an dieser Stelle folgender Vorfall: Im März stellte die Polizei bei Hausdurchsuchungen mehrere Waffen und Nazidevotionalien sicher, zwei Männer wurden wegen Waffenhandels festgenommen. Gerade in den vergangenen Jahren waren verschwundene Waffen aus Beständen von Polizei und Bundeswehr auch medial immer wieder Thema. Zu selten wird darauf hingewiesen, was mit diesen Waffen passiert: Oftmals gelangen sie in die Hände von Neonazis und bekennenden Rassisten. Meistens sammeln diese die Waffen, trainieren damit oder legen geheime Lager an, um am “Tag X” darauf zugreifen und politische Gegner*innen angreifen zu können. Doch immer wieder schreiten Neonazis zur Tat und verletzen und töten Menschen. Leider besitzen viele rechte Aktivisten zudem Waffenscheine, da hierfür viel zu selten der politische Hintergrund geprüft wird. Prominentes Beispiel dafür ist Tobias R., dem Attentäter von Hanau, der 2020 neun Menschen aus rassistischen Motiven tötete. Meldungen über Waffenfunde bei Neonazis sind deshalb äußerst brisant und Lokal und Kommunalpolitiker*innen sowie Sicherheitsbehörden sollten alles dafür tun, die Herkunft dieser Waffen aufzuklären und nicht zulassen, dass die rechte Szene sich weiter bewaffnet.
Als in Folge des langen Sommers der Migration 2015 die rassistischen Mobilisierungen und Gewalttaten schlagartig zunahmen, zeigte sich dies auch in Märkisch-Oderland. Nicht nur gab es viele Angriffe und rassistische Veranstaltungen, auch waren die meisten Propagandavorfälle mit rassistischen Inhalten. Dies hat sich mittlerweile gewandelt. Die rassistische Mobilisierung hat zu einer Stärkung von rechten Strukturen beigetragen, wie nicht nur an Wahlergebnissen zu sehen ist. Das hohe Maß an Vorfällen, die in die rechte Szene hineinwirken und die Organisationen in der öffentlichen Wahrnehmung stärken, ist ein weiteres Resultat davon. Auch jenseits des Wahlkampfes wie im Jahr 2019 waren im letzten Jahr viele Vorfälle zu verzeichnen, die mit Parteien und Organisationen zusammenhängen. Ein besonderes Augenmerk gilt hier auf neu entstandene Strukturen im Jahr 2020. Neben der „Division MOL“, die in der S5Region aktiv ist, ist auch die zunehmende Aktivität des „III. Weg“ zum Ende des Jahres zu beachten. Die neonazistische Kleinstpartei zeichnet sich durch ihre Militanz und einen elitären Habitus aus. Mittlerweile hat sich ein „Stützpunkt“ in Bad Freienwalde gegründet.
Antisemitismus weiter präsent
Das Tatmotiv Antisemitismus trat im Jahr 2020 sehr häufig auf. Dies zeigt, wie tief verwurzelt Antisemitismus in der Gesellschaft ist. Sechs Fälle von antisemitischen Pöbeleien, vier Fälle von Sachbeschädigungen und eine Propagandameldung zeugen von einem großen und auch gewalttätigen Potenzial. Die Sachbeschädigungen richten sich in der Regel gegen Gedenkorte, wie am 27. Januar in Seelow, wo im Nachgang zum Gedenken an die Befreiung von Auschwitz Blumengebinde zerstört wurden oder am 31. Dezember in Wriezen, wo zum wiederholten Male die Gedenktafel für die in der Reichspogromnacht abgebrannte Synagoge beschädigt wurde. Die Pöbeleien zeigen, dass sich Jüd*innen nicht sicher in Märkisch-Oderland bewegen können.
Die AfD weit rechts
Der Kreisverband der AfD Märkisch-Oderland ist wie der gesamte Landesverband nicht nur Flügelnah, sondern maßgeblicher Teil des Flügels. Die ungebrochene Solidarität gegenüber des wegen seiner Neonazi-Vergangenheit aus der Partei ausgeschlossenen Andreas Kalbitz, eine Veranstaltung mit Björn Höcke in Hönow im September, sowie eine kurz darauf folgende Veranstaltung mit Götz Kubitschek, dem zentralen Intellektuellen der Neuen Rechten machen dies deutlich. Auch die aktive Zusammenarbeit mit der Jungen Alternative Brandenburg, die schon länger als rechtsextremer Verdachtsfall von den Behörden geführt wird, macht deutlich, wie weit rechts die AfD in Märkisch-Oderland steht. Betroffene aus Regionen und Gemeinden, in denen die AfD besonders stark ist, berichten immer wieder von Anfeindungen seitens der AfD und ihrer Anhänger*innen. Menschen, die sich eindeutig und konsequent von der AfD abgrenzen, sind Ziel von anonymen Pöbeleien im Internet, aber auch auf der Straße. Ihnen gehört unser Dank und unsere Unterstützung.
Die vollständige Chronik und ergänzte Informationen sind in Form einer Broschüre hier zu downloaden. Gedruckte Exemplare können gerne auch kostenfrei bestellt werden. Dazu einfach eine Mail an: ag-borg@horte-srb.de
Der Dritte Weg wurde im September 2013 gegründet, um die von einem Verbotsverfahren betroffenen rechten Strukturen in Süddeutschland zu festigen und zu schützen. Seitdem expandiert der Dritte Weg und hat etliche Orts- und Regionalgruppen, sogenannte Stützpunkte gegründet. Der Dritte Weg stellt inhaltlich eine Nähe zum Nationalsozialismus dar. Die Partei bezieht sich auf ein Volk im Sinne einer Gemeinschaft, die durch ihre Abstammung verbunden sein soll. Das Kernelement dieses Volkes nimmt die traditionelle Familie ein. Außerdem vertreten sie eine gefestigte Blut und Boden Ideologie, wonach das Volk mit der Natur verbunden sei und durch diese die Kultur, Lebensart und Entwicklung des Volkes beeinflusst sei. In Berlin und Brandenburg gab es bisher drei Stützpunkte: Potsdam/Mittelmark, Uckermark und Berlin. Der Dritte Weg rekrutiert maßgeblich aus überzeugten und schon lange aktiven Neonazis.
Aktivitäten in Märkisch-Oderland
Seitdem der Dritte Weg am 15. November 2020 in Strausberg auf einem Friedhof auftauchte und dort sein „Heldengedenken“ zum Volkstrauertag beging, um den Wehrmachtssoldaten zu gedenken, häufen sich die Aktivitäten in der Region. Im November kamen 20 AktivistInnen des Dritten Weges zusammen, legten ein Blumengesteck nieder, hinterließen Grabkerzen mit dem Logo des Dritten Weges und eine selbstgebastelte Rune aus Holz. Die Aktion auf dem „Soldatenfriedhof“ in Strausberg war in eine bundesweite Aktionsreihe eingebettet. Da der Dritte Weg am Vorabend zum Volkstrauertag bereits auf dem Friedhof war, ist davon auszugehen, dass die Aktion von Mitgliedern des Dritten Weges durchgeführt wurde, die am nächsten Tag noch andere Termine und Stationen abfuhren.
Anfang diesen Jahres, am 17. Januar versammelten sich dann elf Aktivisten am Bismarckturm in Bad Freienwalde. Diese Aktion war Otto von Bismarck und der Gründung des Deutschen Reiches 1871 gewidmet. Auch diese Aktion war in eine überregionale Aktionsreihe eingebettet. Der Stützpunkt Uckermark organisierte hierbei scheinbar die Aktion in Bad Freienwalde, da der Stützpunkt unter den Durchführenden erwähnt ist, jedoch in der Uckermark keine eigene Aktion aufgeführt ist. In Bad Freienwalde folgten dann im Februar und März zwei Flyer-Aktionen. Hier war eine kleine Anzahl von Personen unterwegs und verteilte Mitte Februar Flyer mit dem Titel „Freiheit statt Corona-Impfzwang“ vom Dritten Weg. Einen Monat später folgte eine Flyer-Aktion, um für den Aufmarsch des Dritten Weges am 1. Mai in Zwickau zu werben. Bereits vorher ist Bad Freienwalde auf einer Karte mit weiteren Stützpunkten aufgetaucht, die zum 1. Mai nach Zwickau mobilisieren. Anfang März wurden auch Flyer vom Stützpunkt Berlin in Strausberg verteilt. Die Verteilenden wurden dabei von der Polizei erwischt und waren zum Teil noch deutlich minderjährig (14 Jahre). Da es in der Region um Strausberg in der Vergangenheit zu verschiedenen rechten Delikten aus einer rechten Jugendclique, die sich „Division MOL“ nennt und dem Alter entspricht, gekommen ist, wird diese Aktion auch der Division MOL zugerechnet. Mitte März organisierte der Dritte Weg zusammen mit den Jungen Nationalisten (JN – Jugendorganisation der NPD) eine Wanderung durch die Seelower Höhen. Dieser folgten nach eigenen Angaben 70 Personen. Beachtlich ist die Zusammenarbeit der JN und des Dritten Weges.
Nicht neu aber in neuen Maßen
Der Dritte Weg tritt nicht zum ersten Mal in der Region in Erscheinung. Immer wieder tauchen vereinzelt Flyer oder Sticker auf, oder die Region wird für Spaziergänge ausgewählt. Seit 2015 gab es immer wieder Aktionen vorrangig in Bad Freienwalde. Hierbei wurde besonders an die bestehende rassistische Mobilmachungen in Bad Freienwalde angeknüpft. Da es seit Jahren mindestens ein Fördermitglied in Bad Freienwalde gibt, war es für die Aktiven naheliegend dort präsent zu sein. Mittlerweile scheint aus der jungen Frau ein vollwertiges Mitglied geworden zu sein. Eine Mitgliedschaft im Dritten Weg erlangt eine Person nur, wenn diese sich als Fördermitglied als würdig erwiesen hat.
Warum Bad Freienwalde?
Bad Freienwalde ist seit Jahrzehnten eine Hochburg für rechte Aktivitäten und hat seit langer Zeit eine organisierte und gewaltbereite Neonaziszene. Im Jahr 2015 und 2016 kommt es über Wochen immer wieder zu Übergriffen auf Geflüchtete. Hier sind auch immer wieder Neonazis aus dem Umfeld der KMOB (Kameradschaft Märkisch-Oder Barnim) als Täter dabei. Ebenso mobilisierten diese Neonazis bei rassistischen Kundgebungen kräftig mit. Die KMOB hatte sich 2010 offiziell selbst aufgelöst, um einem drohenden Verbotsverfahren zuvor zu kommen. Ab spätestens 2012 tauchte die Gruppe aber wieder auf. Im Jahr 2014 schlossen sich die Nazis das der Kleinstpartei Die Rechte an und gründeten den Kreisverband Märkisch-Oder Barnim (KMOB). Der Kader der KMOB und Vorsitzender des Kreisverbandes war Robert Gebhardt. Gebhardt saß von 2014 bis 2019 für die NPD im Kreistag. 2018 verließen die Neonazis die Partei Die Rechte und organisierten sich wieder als Kameradschaft. Dabei ist Bad Freienwalde zwar der Schwerpunkt der KMOB, aber es gibt auch Mitglieder und Kontakte nach Eberswalde und Templin, also in die Uckermark. Dort wo der Dritte Weg besonders stark und präsent ist.
Auch gab es 2018 eine NPD-Infotour durch den Landkreis. In Bad Freienwalde waren neben Robert Gebhardt auch Robert Wolinski und Andrew Stelter vor Ort. Stelter tauchte am 3. Oktober bei einem Aufmarsch des Dritten Weges in Berlin auf. Auch wenn er keine Kleidung des Dritten Weges trug, ist die Teilnahme für Menschen ohne Verbindungen zum Dritten Weg eher ungewöhnlich. Kontaktmöglichkeiten gibt es also viele. Ein neonazistisches Potenzial ebenso. Daher ist eine Etablierung des Dritten Weges in Bad Freienwalde und der Region Märkisch-Oderland durchaus denkbar.
Wie bereits erwähnt will der Dritte Weg am 1. Mai diesen Jahres in Zwickau aufmarschieren. Da dies nicht einfach so hingenommen werden kann, wird vor Ort Gegenprotest organisiert.
Sich dem Dritten Weg entgegenzustellen ist und bleibt notwendig. Kommt daher alle am 1. Mai nach Zwickau! Mehr Infos findet ihr hier: https://erstermai2021.noblogs.org/
Dem Dritten Weg keinen Meter! Nicht in Bad Freienwalde, nicht in Zwickau, nirgendwo!
Für 2019 ergibt sich aus den Zahlen ein Anstieg gegenüber 2018, auf den wir im Folgenden eingehen möchten. Zudem richten wir den Blick auf Neonazis im Kampfsport sowie auf das extrem rechte Netzwerk, in dem sich die AfD im Landkreis bewegt.
Überblick: Rechte Vorfälle nehmen im Vergleich zu 2018 zu
Im Jahr 2019 konnten wir einen deutlichen Anstieg rechter Vorfälle im Landkreis gegenüber 2018 feststellen. Insgesamt gab es 50 Meldungen wie Bedrohungen, Schmierereien, Angriffe und Propagandadelikte. Im Vergleich haben wir 2018 33 solcher Vorfälle registriert. Eines der häufigsten Meldungen sind rechte Graffitis und Schmierereien – insbesondere Hakenkreuze wurden sehr häufig gesprüht. Die Tatorte sind sowohl öffentliche Räume wie Bushaltestellen oder Wände in öffentlichen Bereichen, aber sehr oft auch Privathäuser. Bei letzteren kommt immer noch eine bedrohende Komponente dazu, da die Täter*innen gezielt Nazisymbole zur Einschüchterung anbringen – teilweise mehrfach an den gleichen Orten. Auch explizite Bedrohungen und Beleidigungen kamen im letzten Jahr häufiger vor und haben sich gegenüber 2018 fast verdoppelt. Gegenüber 2018 hat sich auch die Zahl der Angriffe leicht erhöht. Acht Angriffe auf Menschen und Unterkünfte von Geflüchteten haben wir 2019 registriert.
Generell sind die größeren Städte in Märkisch-Oderland die Zentren der Taten. Sowohl Seelow als auch Bad Freienwalde, Müncheberg und Wriezen haben ähnlich hohe Zahlen. Strausberg sticht mit 21 rechten Vorfällen hervor. Dies muss aber in den Kontext gesetzt werden, dass die Beratungsstelle und ihre Mitglieder selbst in Strausberg aktiv sind und hier viele Fälle selbst aufnimmt und besseren Kontakt zu Betroffenen hat, sowie durch die Arbeiten der BOrG, des Bündnisses für Menschlichkeit und des AJP 1260 e.V., sowie weiterer Vereine, eine größere Sensibilität in den letzten Jahren hergestellt werden konnte.Es ist davon auszugehen, dass die Zahlen in den restlichen Städten ähnlich hoch, wenn nicht noch höher sind. Neben den genannten Städten gab es Vorfälle in Rehfelde, Neuenhagen, Petershagen, Fredersdorf, Rüdersdorf, Falkenberg, Neutrebbin, Neuhardenberg und Lietzen.
Zahlreiche Studien verweisen in diesem Bereich auf hohe Dunkelziffern. Beleidigungen und Angriffe sind für viele Betroffen Normalität. Die Gewöhnung und gesellschaftliche Hürden führen dazu, das viele Vorfälle nicht angezeigt oder publik gemacht und damit auch nicht von uns registriert werden. Besonders im Oderbruch, sowohl in den Städten als auch in den Dörfern, gehen wir von einer weit größeren Zahl aus. Der Alltagsrassismus zeigt sich bspw. bei Fußballspielen, wo Spieler*innen of Colour(*) beleidigt werden, oder auch in öffentlichen Verkehrsmitteln, wo immer wieder Beleidigungen und Angriffe stattfinden. Ebenso sind Orte, wo sich die Zivilgesellschaft offen und klar positioniert, immer wieder Ziel von Angriffen.
(*) Als People of Colour bezeichnen sich viele Menschen, die von Rassismus negativ betroffen sind.
Kampfsport als Betätigungsfeld für Neonazis
In besonderem Maße sticht auch die Veranstaltung am 26. Januar 2019 in Strausberg hervor. Beim sogenannten „Red Eagle Cup“ im letzten Jahr trat ein ehemaliger NPD-Kader und immer noch aktiver Neonazi in Erscheinung [1]. Er war jedoch nicht nur Gast wie andere Neonazis an dem Tag, sondern betreute einen jungen Kämpfer vom Ringrand aus. Dies spricht für seine Involviertheit im organisierenden Verein. Darüber wird uns immer wieder von Neonazis berichtet, die in Strausberg im (Kampf-)Sport tätig sind. Ganz normal werden in Gyms rechte Modemarken wie „Label23“ [2] getragen und beworben. Dies ist höchst gefährlich, da Neonazis hier zum einen Erfahrungen und Fähigkeiten sammeln, politische Gegner*innen und von Diskriminierung betroffene Personen anzugreifen. Zum anderen ist Kampfsport auch gelebter Teil einer völkischen Vorstellung von Gesundheit und Wehrhaftigkeit, der allzu häufig zum „NS-Lifestyle“ dazugehört. Fest steht zudem, dassein aktiver Neonazi in keinem Fall geeignet ist, Kinder oder Jugendliche in Kampfsport anzuleiten und zu betreuen.
Eine besondere Rolle spielt in diesem Kontext auch der Strausberger Laden „German Meltdow Crime Store“, der Kampfsportzubehör und ‑kleidung verkauft. Neben der schon genannten Marke „Label23“ werden hier auch die rechte Marke „ProViolence“ [3], sowie Baseballschläger und Material zum Vermummen verkauft.
Die AfD als Teil des extrem rechten Netzwerks
Die AfD ist im Landkreis im letzten Jahr stärkste Kraft in den Kommunalwahlen und zweitstärkste Kraft in den Landtagswahlen geworden. Sie ist damit auf regionaler und überregionaler Ebene präsent. Auch die Veranstaltungen – in der Regel die sogenannten Stammtische – der Partei finden regelmäßig und flächendeckend statt und haben sich in manchen Teilen des Kreises schon soweit etabliert, dass sie als Selbstläufer gelten können. Die 16 in der Chronik aufgeführten Aktivitäten der AfD können deshalb nur als kleiner Ausschnitt der Partei-Aktivitäten gesehen werden; die tatsächliche Anzahl der AfD-Veranstaltungen dürfte weitaus höher liegen.
Allein in Strausberg fanden monatliche öffentliche Stammtische statt, welche man so oder so ähnlich auch in anderen Städten im Landkreis beobachten kann. Die Stammtische finden oft in privaten Räumen und Restaurants statt, wie im „Zum alten Steuerhaus“ in Strausberg. Das Publikum besteht, wie bei AfD-Stammtischen üblich, eher aus dem engen Mitglieder- und Sympathisamt*innenkreis. Jedoch lässt die relative Regelmäßigkeit der Veranstaltungen sowie die mitunter parteiprominente Unterstützung aus Berlin vermuten, dass die Stammtische für die AfD vor allem intern eine hohe Bedeutung haben. Es ist davon auszugehen, dass nicht nur inhaltliche, sondern auch organisatorische Diskussionen hier geführt, Kontakte intensiviert und Aktionen geplant werden.
Solche Aktionen fanden im letzten Jahr vor allem im Rahmen der Landtags- und Kommunalwahlen statt. Mit Wahlkampfständen, aber auch mit Propagandamaterial war die AfD stark im öffentlichen Raum präsent. Auffällig war, dass AfD-Aufkleber oft in Verbindung mit anderen extrem rechten Aufklebern auftraten, sodass davon auszugehen ist, dass die Verbreitenden sowohl in AfD- als auch in neonazistische Kreise vernetzt sind.
Mit Propagandamaterial versuchte die AfD jedoch nicht nur, ihre menschenverachtenden Positionen in die Öffentlichkeit zu tragen. Auch zur gezielten Einschüchterung ihrer politischen Gegner*innen nutzte sie es: So brachte die AfD in der Nacht zum 3. August in Müncheberg Wahlplakate vor und in unmittelbarer Nähe zu dem Gelände an, auf dem am nächsten Tag ein linkes Stadtfest stattfand. Diese Art der Reviermarkierung und Bedrohung hat die AfD mit den Aktivitäten der anderen Neonazis im Landkreis gemein.
Besonders in Strausberg ist die Nähe und Überschneidung von AfD-Mitgliedern zur Neonaziszene sehr präsent. Anschaulich lässt sich das an der sogenannten „Bruderschaft Strausberg“ zeigen. Bruderschaften sind in Neonazi-Kreisen sehr beliebte Organisationsformen, die üblicherweise nur für Männer zugänglich sind und soldatische Härte und Kampfbereitschaft suggerieren sollen. Auch wenn der Großteil dieser Bruderschaften – so auch das Strausberger Exemplar – häufig lediglich lose Gruppen von saufenden und pöbelnden Männern sind, ist die Außendarstellung häufig martialisch und extrem rassistisch und sexistisch. Überschneidungen zu AfD und Neonazi-Szene sind häufig, jedoch selten so eindeutig wie in Strausberg. Auf facebook veröffentlichte ein sachkundiger Einwohner der AfD mehrere Posts, die in Zusammenhang mit der sogenannten „Bruderschaft Strausberg“ standen und machte auch im Folgenden aus seiner Doppelmitgliedschaft keinen Hehl.
Gerade diese (zumindest theoretisch) gewaltbereiten Zusammenschlüsse im Umfeld der AfD können als gewalttätiger Arm der parlamentarischen Rechten gesehen werden und stellen für von Rassismus betroffene Menschen und Linke eine erhebliche Bedrohung dar.
Wenig beachtet, aber dennoch von Bedeutung im Feld der Neuen Rechten war die Konferenz des rechten Magazins „Compact“ am 10. August in Hönow. Neben dem Chefredakteur des rechten und verschwörungsideologischen Magazins Jürgen Elsässer waren diverse AfD-Politiker*innen vor Ort. Das Compact-Magazin räumt dem rechten „Flügel“ der Partei viel Platz ein und sympathisiert offen mit den rechtesten Akteuren der Partei [4]. Das eine solche Konferenz in Hönow stattfindet, untermauert ein weiteres Mal, dass die AfD in MOL klar dem rechten Flügel der Partei zuzuordnen ist.
Was kann man tun?
Um Betroffenen helfen und ein realistisches Bild der rechten Vorfälle nachzeichnen zu können, sind wir auf Unterstützung angewiesen. Wir freuen uns über Hinweise zu allen Formen von rechten Vorfällen im Landkreis. Außerdem können sich Betroffene, aber auch Beobachter*innen gern direkt bei uns melden. Gebt unsere Kontaktdaten gerne weiter oder kontaktiert uns. Zeigt euch solidarisch mit Betroffenen rechter Gewalt und schaut nicht weg bei rechten Vorfällen.
Bei den Kommunalwahlen im Mai diesen Jahres ist die AfD in Märkisch-Oderland mit 17,7% der Stimmen stärkste Kraft in der Region geworden. Damit hat sie 10 Sitze im Kreistag bekommen. Im folgenden sind die aktuellen Kreistagsabgeordneten der AfD in Märkisch-Oderland näher beleuchtet und Hintergrundinformationen zusammen getragen. Einige von ihnen kandieren zu dem entweder per Listenplatz oder als Direktkandidat für den Landtag. Die rein männliche Kreistagsfraktion hat einen gut aufgestellten und inhaltlich an der völkischen Sammlungsbewegung „Der Flügel“ orientierten Kreisverband hinter sich. Es gibt mehrere Ortsverbände im Landkreis, mehrere Büros, eine gute Infrastruktur, die über den Kreis hinaus genutzt werden kann, sowie eine gute Vernetzung zu AfD-Politikern im ganzen Bundesgebiet und rechten Aktivisten von Identitärer Bewegung bis zu kameradschaftlich organisierten Neonazis. Diese Vernetzung wird immer wieder deutlich, wenn Aktive aus dem Kreisverband Veranstaltungen organisieren und rechte Aktivisten nicht nur willkommene Gäste sind, sondern auch an der Realisierung der Veranstaltung mitwirken, wie zuletzt bei der Auftaktveranstaltung von Heimatliebe Brandenburg im August 2018, wo Jannik Brämer beim Aufbau half.
Detlev Frye
Der in Lebus wohnende Detlev Frye gehört mit zu den AfDlern der ersten Stunde. Seit 2014 sitzt er für die AfD im Kreistag von Märkisch-Oderland und ist ebenfalls Stadtverordneter in Lebus. Seit spätestens 2015 fungiert er auch als Landespressesprecher der AfD in Brandenburg. Seine Erfahrungen als freier Journalist konnten ihm beim Erlangen des Postens sicher helfen. Er ist stetig bei rechten Veranstaltungen im Landkreis und darüber hinaus anzutreffen und scheut auch nicht den Kontakt zu organisierten Neonazis. Er unterzeichnete die sogenannte Erfurter Resolution – das Positionspapier der völkischen Organisation „Der Flügel“ — und ist damit nur ein Beispiel für die inhaltlich Nähe des Kreisverbandes zum „Flügel“. Im Bundestagswahlkampf bezeichnete er Geflüchtete als Invasoren und machte dort seine rassistische Position deutlich. Für die kommende Landtagswahl steht er auf Listenplatz 20 und könnte bei einem guten Abschneiden der AfD in der kommenden Wahl durchaus in den Landtag einziehen.
Falk Janke
Falk Janke hat bereits eine lange Karriere in verschiedenen rechten Parteien hinter sich und sitzt seit mindestens 2008 in der Stadtverordnetenversammlung von seinem Wohnort Seelow. Er war jahrelang Mitglied in der „Schillpartei“ und schaffte es dort sogar zum Landesvorsitzenden in Brandenburg. Die „Schillpartei“, welche offiziell „Partei rechtsstaatlicher Offensive“ hieß, war eine rechtskonservative Kleinstpartei, die sich im Jahr 2000 gegründet hat. 2005 gründete Janke die Partei „Die Rechte. Volksnah, sozial, rechts“ und war dort Vorsitzender. Diese Partei erreichte jedoch nie eine relevante Größe, sodass Janke schließlich 2015 zur AfD wechselte. Anfangs weigerte sich jedoch noch die Kreistagsfraktion der AfD in Märkisch-Oderland Janke aufgrund seiner Vergangenheit und seiner rechtsextremen Tendenzen in ihre Fraktion aufzunehmen. Der Landesverband übte daraufhin zu Gunsten Jankes Druck auf den Kreisverband aus, was zu einem Ausstieg von dem gewählten Kreistagsabgeordneten Wilfried Dreger aus der AfD führte und die Fraktionsbildung der AfD mit Janke ermöglichte. Janke selbst ist zur Kommunalwahl 2014 mit der Wählergruppe „Freiheit, Arbeit, Werte – Mut zur Wahrheit“ angetreten. Rückblickend auf die letzte Legislaturperiode ist für den Kommunalpolitiker das Entscheidenste gewesen, die elektronische Gesundheitskarte für Geflüchtete im Landkreis verhindert zu haben und so einen der letzten Landkreise zu erhalten, der sich damit strickt gegen ein besseres Leben und eine bessere Gesundheitsversorgung für Geflüchtete einsetzt. Weiterhin ist er in dem Medienbüro von Seelow-Tv aktiv, welches an das „Bürgerbüro“ des Landtagsabgeordneten Franz Weise angeschlossen ist. Er hat dort nicht nur ein eigenes Format „Im Anschluss mit Janke“, er drehte über dieses Büro auch Imagefilme für die AfD, in denen er meist als Protagonist und Journalist auftrat. Die Domain www.falkjanke.de führt mittlerweile auch direkt zu Internetpräsenz von Seelow-TV. Seinen Lebensunterhalt verdient Janke zur Zeit durch seine Arbeit als Büroleiter des rechtsaußen AfDler Petr Bystron im Bundestag.
Maurice Birnbaum
Maurice Birnbaum war lange Zeit für die FPD politisch aktiv und kann auf eine lange Arbeit als Kommunalpolitiker in seinem Wohnort Hoppegarten zurückblicken. Bei den letzten Kommunalwahlen trat er dann schließlich für die AfD an. Grund dafür könnte sein, das er zur Zeit eine „kommunistische, sozialistische Politik“ in Brandenburg sehe, die ein „Erwachen der Brandenburger“ als Gegenreaktion bedarf und die Menschenfeindlichkeit von wirtschaftsliberalen scheinbar nicht mehr ausreiche, um dieses „Erwachen“ hervorzurufen. Schließlich bekam er nach diesen Worten bei der Bewerbungsrede für einen Landtagslistenplatz immerhin Platz 26 auf der Landesliste. Und es reichte auch noch, um eine Veranstaltung mit den rechten Größen der AfD Brandenburg – Kalbitz und Gauland – am 4. Mai 2019 zu moderieren. Sein aktuelles Wahlkampffoto ziert übrigens eine Tasse mit der Aufschrift: „Political Correctness Nein Danke“.
Jörg Lilienkamp
Ist erst seit kurzem für die AfD aktiv und politischer Neuling. Er war an der Gründung des Ortsverbandes Wriezen im April 2018 beteiligt und ist dort stellv. Vorstand. Darüber ist er auch in die Einrichtung eines „Bürgerbüros“ in Wriezen eingebunden gewesen. Seit den Kommunalwahlen im Mai 2019 sitzt Lilienkamp für die AfD nicht nur im Kreistag, sondern auch in der Stadtverordnetenversammlung von Wriezen (im Bauauschuss). Bisher gab es weder bedeutende politische Verlautbarungen oder Aktivitäten seinerseits. Seine Wahl kann durch seine Arbeit als Ortswehrführer der Schulzendorfer Feuerwehr und als ansässiger Landwirt erklärt werden. Durch diese Tätigkeiten kann er auf Rückhalt in der lokalen Bevölkerung bauen. Zur Kreistagswahl hat er in seinem Wahlkreis die 2. meisten Stimmen bekommen und war damit aus dem Stand erfolgreicher, als sein Mitkandidat und Landtagsabgeordneter Franz Wiese.
Erik Pardeik
Der selbstständige Physiotherapeut aus Altlandsberg ist 1. stellvertretender Kreisvorsitzender. Er sitzt außerdem im Ortsbeirat von Bruchmühle und tritt bei den Landtagswahlen als Direktkandidat für den Wahlkreis Märkisch-Oderland II an. Er ist Mitverwalter der AfD-MOL Website und lädt dort regelmäßig Beiträge hoch. Seit mindestens 2014 ist Erik Pardeik Mitglied der AfD. Er nahm 2015 an der Veranstaltung mit Frauke Petry im Bürgerhaus Neuenhagen sowie 2016 am AfD Mitgliederparteitag in Stuttgart teil. Auf Facebook teilt er regelmäßig die Beiträger seiner „politischen Mitstreiter_innen“.
Mike Pravida
Pravida ist Heizungsmonteur in Petershagen. Im Mai 2019 wurde er als einziger AfD-Kandidat aus Petershagen-Eggersdorf mit über 3.000 Stimmen in die Gemeindevertretung gewählt. Da er der einzige Mandatsträger der AfD ist, sitzt er als Fraktionsloser in der Gemeindevertretung. Die Besetzung der Ausschüsse konnte bei der konstituierenden Sitzung im Juni 2019 noch nicht abschließend erfolgen und erfolgt Ende August, es bleibt abzuwarten, wie und ob Pravida in Erscheinung tritt.
Stefan Weiß
Der Strausberger Stefan Weiß ist beruflich als Beamter tätig und schon sehr lange Mitglied im Kreisverband. Er ist Beisitzer im Kreisvorstand der AfD-MOL und war gemeinsam mit Erik Pardeik, Franz Josef Wiese, Christina Schade und Dirk Lindner beim Mitgliederparteitag 2016 in Stuttgart. Gemeinsam mit Rainer Thiel versucht er seit geraumer Zeit einen Ortsverband in Strausberg zu gründen, was ihnen allerdings nicht wirklich gelingt.
Rainer Thiel
Thiel ist wie Stefan Weiß Beisitzer im AfD Kreisvorstand. Als Aktivster im – sich weiterhin in Gründung befindenden – Ortsverband Strausberg ist Rainer Thiel zu bezeichnen. Er versucht seit mehr als einem Jahr den Ortsverband in seinem Wohnort zu gründen, ist regelmäßig bei AfD-Veranstaltungen im Kreis anzutreffen und unterhält engen Kontakt zum Verschwörungstheoretiker und stramm Rechten Lars Günther. Auch Thiel scheint eher dem stark rechten Spektrum der AfD nicht abgeneigt, was beim Posieren mit rechten Symbolen, wie der Reichsflagge zu sehen ist. Von alten bekannten wir er auch als „Reichsdepp“ bezeichnet. Neben den anhaltenden Gründungsversuchen einer AfD-Ortsgruppe in Strausberg widmet sich Rainer Thiel den Stammtischen die mehr oder weniger regelmäßig im „Zum Alten Steuerhaus“ in Gladowshöhe stattfinden. Bei diesem Format versucht die AfD Bürgernähe zu suggerieren, was fraglich bleibt, da von einem kleinen Stammpublikum auszugehen ist.
Reinhold Patzer
Reinhold Patzer ist zusammen mit seiner Frau Maria-Theresia Patzer seit 2015 aktiv im Kreisverband Märkisch-Oderland. Beide wohnen in Rehfelde und haben dort im Gasthof „Zur alten Linde“ mehrere Veranstaltungen der AfD organisiert. Sie ist ehemaliges Mitglied des Kreisvorstandes und war dort langjährige Schriftführerin, er war ab 2015 Beisitzer im Kreisverband. Maria Patzer kandidierte 2014 zusätzlich auch für den Landtag, verfehlte aber den Einzug knapp. Reinhold Patzer ist bei den vergangenen Kommunalwahlen neben den Kreistag auch in die Gemeindevertretung von Rehfelde eingezogen. In der Gemeindevertretung ist ihm der Vorsitz für den Bildungsausschuss zugefallen, da sowohl Linke als auch CDU diesen nicht wollten.
Franz Josef Wiese
Wiese ist seit 2013 Parteimitglied und gilt damit als AfDler der ersten Stunde. Zur Landtagswahl 2014 wurde er dann in den Landtag gewählt. Als völlig politisch unerfahren war sein Anspruch an die Arbeit im Landtag auch auf das Minimalste beschränkt. So wollte er anfangs nur in den Plenarsitzungen erscheinen, wenn es wirklich wichtig sei und viel lieber im Land herumreisen, sowie Akten studieren seinen Referenten überlassen. Im Jahr 2017 rückte Wiese kurz in den Fokus, weil seine Parlamentsbezüge, aufgrund nicht gezahlter Steuern, vom Finanzamt gepfändet wurden. Den Listenplatz 11 bei der kommenden Landtagswahl können durch die Steuerhinterziehung und das Reisen durch das Land kaum erklärt werden, wohl aber sein politischer Werdegang in den letzten Jahren. Der eigentlich aus Bayern stammende Unternehmer mietete zum Landtagswahlkampf 2014 einige Räume in Seelow an, die zur Wahlkampfzentrale des Landes wurden. Nach Einzug in den Landtag wurden wie Räume in der Berliner Straße 4 in Seelow zu seinem Bürgerbüro. Angeschlossen an dieses Büro hatte sich ein Medienbüro des Lokalsenders Seelow-TV. Neben Imagefilmen für die AfD, die hier produziert wurden, hatte auch Falk Janke hier sein eigenes Format bekommen.
Wiese ist einer der Erstunterzeichner der „Erfurter Resolution“ den Gründungsdokument des völkischen „Flügels“ der AfD. Ab diesem Zeitpunkt kann eine weitere Rechtsausrichtung von Wiese beobachtet werden, der sich 2014 noch über ehemalige NPDler in der AfD aufregte und einen gemäßigten Kurs verfolgte. Folgend griff er die rechte Forderung „Merkel muss weg“ auf und organisiert seit dem 16. November 2016 kontinuierlich die „Merkel muss weg Mittwochsmahnwachen“ vor dem Bundeskanzleramt oder in unmittelbarer Nähe. Auch wenn Wiese der Hauptorganisator und Anmelder ist, so ist die Realisierung dieser Mahnwachen vor allem in der Anfangszeit auch durch die im Kreisverband Aktiven, Lars Günther und Detlev Frye, zurückzuführen. Prominente Gäste bei den Mahnwachen waren beispielsweise A. Gauland und B. Höcke, sowie immer wieder Aktivisten der Identitäten Bewegung um Robert Timm. Im gleichen Jahr war Wiese auch an der Gründung der „Akademischen Erasmus Stiftung e.V.“ (AES) beteiligt und ist seit dem Beisitzer im Vorstand der Stiftung. Die Stiftung gilt nicht nur als AfD-nah, sondern hatte sich selbst den Titel der offiziellen Parteistiftung gegeben und hat lange Zeit um diesen Titel mit anderen Stiftungen konkurriert. Diesen Konkurrenzkampf hat die AES schließlich gegen die „Desiderius Erasmus Stiftung“ verloren. Im Jahr 2018 trat Wiese bei der Mobilisierung gegen die dezentrale Unterbringung von Geflüchteten in Seelow in Erscheinung. Unter dem Motto „Nein zum Ghetto“ mobilisierten Anwohner*innen und die AfD gegen die Unterbringung. Bei einer Versammlung suchte Wiese das Gespräch mit kameradschaftlich organisierten Neonazis aus der Region. Bei den letzten Wahlen zum Kreistag ist Wiese schließlich auch in den Kreistag eingezogen.
Weitere Landtagskanditaten
Neben den hier schon genannten Landtagskandidaten (Franz Wiese, Landeslistenplatz 11 und Direktkandidat; Detlev Frye, Landeslistenplatz 20; Maurice Birnbaum, Landeslistenplatz 26; Erik Pardeik, Direktkandidat) gibt es noch zwei weitere Kandidaten aus dem Landkreis: Lars Günther (Listenplatz 25 und Direktkandidat) sowie Ute Bienia-Habrich (Direktkandidatin).
Kurz ist nur noch zu erwähnen, dass die Facebook Präsenz „Heimatliebe Brandenburg“, der Versuch Günthers ein Pendant zur „Zukunft Heimat“-Bewegung im Nord-Osten aufzubauen nun eine seiner offiziellen Wahlkampfseiten geworden ist. Mittlerweile gibt er auf Wahlkampfmaterialien auch nicht mehr seine Privatadresse die Rosmarinstraße 14 in Bad Freienwalde an, sondern verwendet die Adresse des „Bürgerbüros“ in Wriezen in der Wilhelmstraße 20.
Ute Bienia-Habrich eigentlich im Kreisverband des Landkreises Oder-Spree aktiv ist Direktkandidatin für den Wahlkreis 31 und damit für Gemeinden als Märkisch-Oderland und Oder-Spree im Berliner Speckgürtel. Sie lebt in Woltersdorf und ist dort Chefin eines Transport- und Logistikunternehmens. Im Kreisverband LOS ist die 4‑fache Mutter aktuell Schatzmeisterin.
In einem kurzes Statement zum Wahlkampf in Märkisch-Oderland beschwerte sich der Kreisverband der AfD MOL kürzlich über den im Kreis geführten Wahlkampf. Dabei wurden auch wir als AJP 1260 e.V. beschuldigt, Plakate der AfD beschädigt zu haben und einen undemokratischen Wahlkampf geführt zu haben, verbunden mit der Drohung uns die Finanzierungen in Form von Fördergeldern zu streichen. Die nicht haltbaren Vorwürfe geben einen Vorgeschmack auf das, womit wir und andere emanzipatorische Projekte in nächster Zeit von Seiten der AfD rechnen können. Vereine und Ehrenamtliche, die verschiedene Angebote und Orte schaffen, die Menschen ihre Wirkmächtigkeit in einer Gesellschaft klar machen und darüber Mitbestimmung und politische Teilhabe fördern, sind die Basis einer Gesellschaft. Unsere politische Bildungs- und Kulturarbeit als undemokratisch und „politikverwesend“ zu bezeichnen, zeugt vom geringen demokratischen Verständnis des AfD Kreisverbandes. Auch wenn wir in keinerlei Form das uns unterstellte durchgeführt haben, erklären wir uns dennoch solidarisch mit den Menschen, die die AfD nicht als demokratische Partei anerkennen und gegen agieren. Ganz einfach aus folgenden Gründen:
In einer pluralistischen Demokratie, wie der in der wir leben, treten verschiedene Meinungen auf. Die Meinungen sind durchaus konträr und oft auch schwer in einen Einklang zu bringen. Dies bedarf viel Zeit, Bereitschaft anderen zu zuhören und auch Lust sich am politischen Diskurs zu beteiligen. Mit einem ständigen wettern gegen „die da oben“, jeglicher Verweigerung an Anteilnahme in Vereinen, Gewerkschaften oder anderen Interessengruppen und alle, die nicht die eigene Meinung teilen als beschränkt zu bezeichnen ist jedoch keine Form die wir als demokratisch bezeichnen können, vielmehr ist dies demokratiefern. Hinzu kommt das auch in einer Demokratie nicht alles unter dem Label der Meinungsfreiheit gesagt werden darf. Explizit demokratiefeindliche Positionen müssen als diese benannt und gekennzeichnet werden und dürfen im demokratischen Diskurs auch nicht zugelassen werden. Rechtsextreme Positionen sind eben nicht Teil des demokratischen Pluralismus und gehören damit auch bekämpft. Die AfD vertritt und äußert solche Positionen aber stetig, wenn sie beispielsweise NS-Begriffe wie den der „Volksgemeinschaft“ wieder salonfähig machen will, offen antisemitisch das Holocaust-Denkmal in Berlin als „Mahnmal der Schande“ bezeichnet oder Schießbefehle gegen Menschen befürwortet. Aber auch die Angriffe gegen zivilgesellschaftliche Akteur_innen – wie von der AfD betrieben -, wenn sie eben nicht die eigene Meinung vertreten, sind undemokratisch.
Die 6 Dimensionen des Rechtsextremismus (Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Chauvinismus, Autoritätsdenken bzw. befürworten von autoritären Regierungsformen, Verharmlosung des Nationalsozialismus und Sozialdarwinismus) finden sich im Denken und Handeln der AfD und vieler Anhänger_innen wieder. Als linker Verein wenden wir uns klar dagegen und lassen uns nicht von der AfD einschüchtern.
Eure nicht ganz so bildungsfernen Protagonisten der politischen Verwesung.