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Antifaschismus Verschwörungsideologie

Corona-Proteste in Märkisch-Oderland — rechtsoffen und gefährlich

Seit Anfang Dezem­ber kommt es auch in Märkisch-Oder­land wieder ver­stärkt zu Protesten gegen die anhal­tenden Coro­na-Maß­nah­men. Dabei trifft sich an Mon­ta­gen, anmaßend angelehnt an die friedliche Rev­o­lu­tion 1989 in der DDR, bun­desweit eine het­ero­gene Mis­chung aus Imp­fun­willi­gen, Corona-Leugner*innen, AfD-Politiker*innen bis hin zu organ­isierten Neon­azis. Ange­facht wur­den diese erneuten Proteste rund um die Debat­ten zur Ein­führung ein­er Impflicht. Allein am ersten Jan­u­ar­woch­enende gin­gen mehrere zehntausend Men­schen bun­desweit auf die Straße. Dabei kam es auch zu gewaltvollen Auseinan­der­set­zun­gen mit der Polizei.

Die selb­ster­nan­nten “Mon­tagss­paziergänge” in unser­er Region find­en in größeren Dimen­sio­nen in Straus­berg, Wriezen, Alt­lands­berg, Bad Freien­walde, Neuen­hagen, Fred­er­s­dorf, Müncheberg, Buck­ow und Seelow statt. Dazu kom­men weit­ere kleinere Spaziergänge in anderen Gemein­den und Dör­fern. Zum Teil kom­men bis zu 300 Per­so­n­en zusam­men, ohne offizielle Anmel­dung bei der Ver­samm­lungs­be­hörde, ohne Beach­tung des Min­destab­stands und ohne Masken. Und das mit­ten in ein­er weltweit­en Pan­demie, die mit der neuen Omikron-Vari­ante nicht als Welle, son­dern beina­he als Mauer zu ras­an­ten Anstiegen der Infek­tion­szahlen führt. Anders als an anderen Orten und auch abwe­ichend von den “Hygien­e­protesten” aus dem Früh­jahr 2021 gibt kein­er­lei poli­tis­chen Aus­druck wie Transparente oder Schilder, selb­st Sprechchöre wer­den nicht angestimmt.

Das es sich aber um poli­tis­che und dur­chaus auch rechte Ver­anstal­tun­gen han­delt, zeigt ein Blick auf die Teil­nehmer*innen der Spaziergänge und den Ton in den entsprechen­den Telegram-Grup­pen. In Straus­berg laufen Mit­glieder der 2005 ver­bote­nen neon­azis­tis­chen Kam­er­ad­schaft ANSDAPO mit, darunter z.B. Falko Hes­sel­barth. Auch der bun­desweit ver­net­zte rechte Kampf­s­portler und Musik­er der Band “Exzess”, Tobias Vogt, war dabei, eben­so Mal­wig Stel­ter und weit­ere Mit­glieder der gewalt­bere­it­en rechte Jugend­gruppe Divi­sion MOL.

Auch jen­seits dieser Beteili­gung durch Neon­azis wird der extrem rechte Charak­ter der Spaziergänge schon deut­lich, wenn man Wort­fet­zen der Teil­nehmenden vor Beginn der “Spaziergänge” auf­schnappt. Beispiel­sweise eine Gruppe bei den Straus­berg Spaziergän­gen, die noch auf “Men­gele” warten soll (ver­mut­lich ein Spitz­name, der sich auf den berüchtigten SS-Arzt in Auschwitz-Birke­nau bezieht).

Anfang Dezem­ber grün­de­ten sich zeit­gle­ich bran­den­burg­weit “Brandenburg_steht_auf”-Telegramgruppen mit jew­eils regionalen Bezü­gen. In Märkisch-Oder­land koor­diniert eine Per­son zen­tral diese Gruppe und führt Buch über die Anwe­sen­heit­en auf den jew­eili­gen Spaziergän­gen. Es wird dazu aufgerufen, antifaschis­tisch Aktive in den Grup­pen an die Mod­er­a­tion zu melden und aus den Grup­pen zu ent­fer­nen. In der Straus­berg-Gruppe kam es zudem im Rah­men des Ange­bots eines Kinder­impf­tages  in der Tage­spflege “Im alten Lokschup­pen” am 15. Jan­u­ar 2022 zu Aufrufen, dort zu protestieren. Es wurde gedro­ht, den*die Impfärzt*in her­auszufind­en und diese per­sön­lich zu besuchen. Solche Dro­hun­gen gegen medi­zinis­ches Fach­per­son­al rei­hen sich ein in eine sich zus­pitzende gesellschaftliche Stim­mung, in der aus Dro­hun­gen auch Gewal­tan­wen­dung wird.

Die Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt Märkisch-Oder­land beobachtet diese Spaziergänge mit Sorge. “Die Weigerung, sich an  Hygien­eregeln zu hal­ten eben­so wie die Selb­stver­ständlichkeit, mit gewalt­bere­it­en Nazis auf die Straße zu gehen, besorgt uns”, so Tom Kurz von der Beratungsstelle. Er befürchtet eine mögliche gewaltätige Zus­pitzung der Proteste, wie es in Süd­bran­den­burg oder Sach­sen der Fall ist. “Zusät­zlich ist ein Tre­f­fen so viel­er Men­schen ohne Maske und Abstand igno­rant und ignori­ert die schnelle Aus­bre­itungsrate der Omikron-Variante.”

Angesichts dieser Entwick­lun­gen kommt uns die Ver­ant­wor­tung zu, den extrem recht­en Charak­ter der Aufzüge zu ent­lar­ven UND gle­ichzeit­ig eine sol­i­darische Kri­tik an den Maß­nah­men zu for­mulieren. Eine linke Stimme ist von Anbe­ginn der Pan­demie viel zu leise, ger­ade vor dem Hin­ter­grund der aktuellen massen­haften “Spaziergänge” wird sie dringlich­er denn je. Die weltweite Pan­demie ist real und hat viele Men­schen das Leben und die Gesund­heit gekostet. Viele weit­ere sind bei ein­er möglichen Infek­tion auf­grund von Vor­ererkrankun­gen von schw­eren Ver­läufen bedro­ht, viele Pfleger*innen und Ärzt*innen in den Kranken­häusern und auf den Inten­sivs­ta­tio­nen an ihren Gren­zen. Lasst uns mit diesen gemein­sam für eine gute medzinis­che Absicherung und bessere Arbeits­be­din­gun­gen kämpfen statt Eigen­in­ter­essen in den Vorder­grund zu stellen. Lasst uns zusam­men ste­hen mit dem Blick auf den Schutz der gesellschaftlich Schwäch­sten. Lasst uns gemein­sam linke, antikap­i­tal­is­tis­che Antworten auf die Coro­na-Krise find­en und uns nicht mit ver­meintlich ein­fachen Antworten aus dem Quer­denken-Spek­trum zufrieden geben. 

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