Brandanschlag auf Stromversorgung von Teslawerk in Berlin-Brandenburg
Gegen den Fortschritt der Zerstörung – setzen wir die Sabotage
Klimastreik für eine andere Welt!
“(…) wir erblicken und hören eine Welt, deren soziales Leben krank ist, zersplittert in Millionen von Personen, die sich fremd sind, krampfhaft um das individuelle Überleben bemüht, aber vereint unter der Unterdrückung eines Systems, welches zu allem bereit ist um seinen Durst nach Gewinn zu stillen, obwohl klar ist, dass dieser Weg der Existenz des Planeten Erde zuwiderläuft. (…) Die Verirrung des Systems und seine dumme Verteidigung des ‚Fortschritts‘ und der ‚Modernität‘ zerschellt an einer kriminellen Realität: die Femizide. Der Mord von Frauen hat weder eine Farbe noch eine Nationalität, er ist weltweit. (…) Und es scheint, als ob die ‚Zivilisation‘ zu uns Originalvölkern sagen würde: „der Beweis deiner Unterentwicklung liegt in der niedrigen Rate an Femiziden. Macht eure Megaprojekte, eure Züge, eure thermoelektrischen Anlagen, eure Minen, eure Staudämme, eure Shoppingcenter, eure Haushaltsgeräteläden – einschließlich TV-Kanal – und lernt endlich zu konsumieren. Seid wie wir. Um die Schulden dieser progressiven Hilfe zu begleichen, genügen eure Länder, euer Gewässer, eure Kulturen und eure Würde nicht. Den Rest müsst ihr mit dem Leben der Frauen begleichen.“ (…) Wir sehen und hören die zu Tod verwundete Natur, die in ihrer Agonie die Menschheit davor warnt, dass das Schlimmste noch bevorsteht. Jede ‚Naturkatastrophe‘ kündigt die nächste an und lässt geflissentlich vergessen, dass sie durch die Handlung eines menschlichen Systems verursacht wird. (…) Ja, die Straßen müssen zurückerobert werden, aber um zu kämpfen. Denn wie wir bereits früher sagten, das Leben, der Kampf um das Leben ist keine individuelle Angelegenheit, sondern eine kollektive. Jetzt zeigt sich, dass es auch keine Angelegenheit von Nationalitäten ist, sondern die ganze Welt umfasst.”
Aus einem Grußwort zapatistischer Indigener in Lateinamerika an uns im globalen Norden
Wir haben in der Nacht vom 25. auf den 26. Mai 2021 die Stromversorgung der Baustelle der Tesla-Giga-Fabrik in Grünheide durch Feuer erfolgreich unterbrochen. Dazu haben wir in 250 Meter Entfernung zum Teslawerk in unmittelbarer Nähe zur A10 auf Höhe der Ausfahrt Freienbrink an die Stromeinspeisung über sechs Hochspannungskabel (110.000 Volt) innerhalb eines Bauzaunkorridors Feuer gelegt. Da eine Unterbrechung der exklusiv für die Fabrik provisorisch oberirdisch verlegten Kabelstränge in seiner Wirkung nicht isoliert vom regionalen Stromnetz durchführbar ist, konnten wir Stromausfälle auch in der Umgebung nicht vollständig ausschließen. Es war unsere Absicht, die Baustelle von Tesla zu treffen, die Arbeiten an der Baustelle für einen Tag zu erschweren, den Bau der Fertigungsanlagen zu unterbrechen.
Da es der Bevölkerung vor Ort wegen der ungleichen Kräfteverhältnisse (Kapital, Politik und Behörden versus Interessen von Anwohner_innen, Klimaschützer_innen und Ökolog_innen) nicht so einfach gelingen kann, den Bau erfolgreich zu stoppen, steuern wir hiermit unsere Sabotage solidarisch bei. Sollte unsere Aktion erfolgreich gewesen sein, wird der reichste Mann der Welt die Unterbrechung der Bauarbeiten zwar finanziell kompensieren — der politische Schaden aber ist ihm gewiss.
Warum sabotieren wir Tesla?
In Grünheide bei Berlin wird eine Autofabrik gebaut. Tesla baut dort eine „Giga-Fabrik“. So großspurig der Name und das Projekt angelegt sind, so großspurig auch der Akteur: Elon Musk. Seine patriarchalen Allmachtsphantasien sollen die Welt retten? Darüber könnten wir lachen, wenn es nicht so ernst wäre: Die Produktion angeblich „sauberer, klimafreundlicher“ akkubetriebener Fahrzeuge ist nur ein neuer Beitrag zur weiteren Zerstörung des Planeten.
Unsere Aktion zeigt die Angreifbarkeit dieses Projekts auf, sie untergräbt die vermeintliche „Allmächtigkeit“, mit der Musk Brandenburg heimsucht. Dort setzt er baurechtliche Bedingungen wie ein Feudalherr und ignoriert bspw. alle Einwände gegen den drohenden Wassermangel in der Region. Er will seine Fabrik einerseits nah den polnischen Arbeiter_innen, andererseits nah dem vielleicht bald grün regierten Berlin und den dort ansässigen Käufer_innen strategisch positionieren. Die Politik, die Verwaltung und einzelne Presseorgane, die wegen neuer Arbeitsplätze und dem erhofften wirtschaftlichen Standortvorteil vor Musk buckeln, werden unsere Aktion scharf verurteilen und uns als Terroristen diffamieren. Das ist eine Verdrehung von Tatsachen – unser Angriff zerstört Sachwerte, sabotiert Arbeitsprozesse und vernichtet Geld, aber nicht Lebensgrundlagen. Wir haben die Gefahr für Menschenleben bei der Aktion ausgeschlossen. Wir verstehen die Aktion aber als ein flammendes Statement gegen die Lüge vom grünen Kapitalismus. Wir wehren uns gegen die weiteren Zerstörungen unserer Lebensgrundlagen vor Ort und global und die Ausbeutung von Menschen durch den expansiven technologischen Wahnsinn. Unser Anschlag ist eine Aufforderung, den „Green Deal“ anzugreifen. In Unterstützung sozialer Kämpfe weltweit. Aus ökologischen Gründen. Aus antikolonialen Gründen. Aus feministischen Gründen. Aus klassenkämpferischen Gründen. Aus letztlich revolutionären und herrschaftsfeindlichen Gründen.
Propagandistische Lügen als Verkaufsstrategie bei gleichzeitiger Gewissensberuhigung
Ökologische Illusion hier, koloniale Realität anderswo
Der Green Deal basiert auf Diebstahl, Ausbeutung und Raubbau
Das Gerede vom grünen Kapitalismus, vom New Green Deal, ist nichts als Propaganda. Der Green Deal bedeutet, den Klimaschutz als grüne Fortsetzung des Neoliberalismus zu etablieren. Auch er macht die Reichen reicher auf Kosten der anderen. Durch individuelle Elektromobilität wird die ökologische Verwüstung nicht aufgehalten, sie wird fortgesetzt und ausgeweitet. Wir erleben eine technologische Offensive, die außerdem den wirtschaftlichen Kolonialismus des imperialen Zeitalters in Form der ungebrochenen massenhaften Ausbeutung von Millionen Menschen für den Luxus im globalen Norden fortsetzt. Neben materiellen Gütern ist es jetzt auch der Luxus sauberer Luft. Dabei wissen wir, dass dies eine Illusion ist: Wir leben alle auf dem selben Planeten, atmen die selbe Luft.
Der Umstieg vom Auto mit Verbrennungsmotor zum smarten Elektroauto wird global keinen einzigen positiven Effekt haben. Dort, wo E‑Autos fahren, wird die Luft zwar besser sein, aber zur Erzeugung dieser erneuerbaren Energie und zum Bau der Autos werden nicht-erneuerbare Rohstoffe in riesigen Mengen verbraucht. Zum Bau der neuen Stromtrassen, Stromtankstellen und Elektromotoren wird vor allem Kupfer gebraucht. Es kommt zu großen Teilen aus Südamerika. Dort arbeiten Menschen hart für wenig Geld, um das Metall aus der Erde zu holen. Landschaften werden zerstört. Um die Bergwerke zu betreiben und das Kupfer zu verarbeiten, werden große Mengen Strom verbraucht. Die Kraftwerke werden fast überall mit Kohle betrieben, die aus China mit Schiffen über den Pazifik transportiert wird. Die Schiffe werden mit dreckigem Schiffsdiesel betrieben. In Chile werden z.B. Menschen in großer Zahl von den Abgasen der Kohlekraftwerke krank, Ökosysteme veröden. Was ist ökologisch an dem Kohleabbau in China oder Australien? Wie ökologisch ist die Verschiffung des Kupfers hinaus in die saubere Welt der Elektroauto-Gutmenschen? Wie klein kann der „ökologische Fingerabdruck“ einer dreckigen Schwerindustrie sein, die saubere Autos produziert?
Für den Bau der Auto-Akkus wird viel Lithium gebraucht. In den nächsten 9 Jahren soll der Verbrauch von Lithium um das 20- bis 30-fache steigen. Das bedeutet einen entsprechend höheren Energieverbrauch für Förderung, Transport und Verarbeitung. In den Fördergebieten sind Vertreibung und der Landraub an der indigenen Bevölkerung alltäglich, bspw. in Argentinien. Dort wird das Land dem Ökogewissen derjenigen geopfert, die weiter so expansiv leben wollen wie bisher; dort werden Lebensgrundlagen zerstört, damit hier finanziell gut gepolsterte Eltern ihre Kinder mit gutem Ökogewissen weiterhin mit dem SUV in den Kindergarten oder in die Privatschule bringen können.
Auch ohne Kobalt funktioniert zur Zeit kein Akku, der in E‑Autos verbaut ist. Aber Kobalt ist selten. Zur Veranschaulichung: Würde Audi eines seiner Fabrikationsmodelle, den A4, rein elektrisch bauen, müssten die Autofabrikmanager_innen dafür den halben Weltmarkt an Kobalt leer kaufen. VW hat errechnet, dass es für die E‑Auto-Produktion 130.000 Tonnen Kobalt bräuchte. Die Weltproduktion liegt derzeit bei 123.000 Tonnen. Da ist weder Tesla noch sonst ein anderer Autokonzern miteingerechnet. Allein der Akku eines Roadster von Tesla besteht aus 6831 Zellen. Es hat seinen Grund, dass Tesla am kobaltfreien Akku arbeitet: Es könnten gar nicht die vorgesehenen Mengen an E‑Autos gebaut werden, weil es nicht genug Rohstoffe gibt. Das heißt aber auch, dass die vorhanden Ressourcen ohne Rücksicht auf Menschen und Ökosysteme aus der Erde gekratzt werden. Da können wir uns sicher sein.
Auch zu dem, was „nachhaltige“ Energiegewinnung genannt wird, werden seltenen Metalle und Erden gebraucht, verbraucht, gefördert, verarbeitet, verschifft etc. Das gilt fürs Windrad wie das Gezeitenkraftwerk. Alle effizienten Elektromotoren brauchen diese Metalle und Erden. Diese kommen vor allem aus China und Afrika und werden dort unter den gleichen üblen Bedingungen gefördert und weiterverarbeitet wie in Südamerika.
Der Ressourcenverbrauch, die sozialen Ausbeutungsbedingungen und der ökologische Schaden sind enorm. Dazu kommt, dass die meisten Akkus nach ein paar Jahren schrottreif sind. So schrottreif, wie der ideologische Fortschrittsgedanke, der an Expansion und Mehrwertschöpfung geknüpft ist — und nicht an soziale und solidarische Verhältnisse für alle Menschen.
Der Patriarch und sein (Alb-)Traum
Elon Musk, Eigentümer und Patriarch von Tesla, ist für uns nur ein Vertreter einer Kaste von Männern, die sich einig sind in ihrem aggressiv-kapitalistisch-technologischen Modernisierungswillen und ihrem Weltbeherrschungswahn. Als Egomanen sehen sie sich als Mittelpunkt einer Welt, die sie zu besitzen glauben. Sie zeichnen sich durch extreme Verantwortungslosigkeit und antisoziales Agieren aus.
Aber Elon Musk ist auch der reichste Mensch der Welt und der Gründer vieler Unternehmen, der Prototyp des Wirtschaftspatriarchen. In seinen Firmen ist alles genauestens vorgeschrieben. Wer nicht effizient arbeitet, fliegt raus. Musk glaubt an den grenzenlosen technisch-kapitalistischen Fortschritt – er glaubt auch, dass wir sehr wahrscheinlich in einer Simulation leben. So einem kann es total egal sein, über wie viele Leichen er geht. Nicht umsonst plant er die Besiedlung des Mars. Das ist nur logisch, wenn das Leben auf der Erde für die meisten Menschen zur Hölle werden wird, wenn es so weiter läuft wie bisher. Und er wird‘s wissen.
Es ist hinlänglich bekannt, dass sein Unternehmen SpaceX der weltweit führende kommerzielle Anbieter von Raketenflügen ist. Sein SpaceX-Raumschiff Dragon versorgt die Internationale Raumstation ISS, ein weiteres Raumschiff namens Crew-Dragon bringt auch Leute dort hin. Musk arbeitet gerade mit „Erfolg“ daran, den Weltraumflug zur touristischen Normalität für Reiche zu machen. Das Geld, das er mit den angeblich so sauberen Elektroautos verdient, steckt er in den Ausbau seiner Raketenflotte. So ist jeder Kauf eines Elektro-Autos von Tesla nichts anderes als ein Beitrag zur weiteren ökologischen Zerstörung der Biosphäre – über die Ökobilanz von Raketen muss man wohl nichts sagen. Als Symbol seiner Potenz ließ er vor Jahren ein Tesla-Cabrio samt Puppe im Raumfahrer-Outfit am Steuer mit einer seiner Raketen ins All ejakulieren. Seitdem umrundet das Ding sinnentleert die Erde.
Das Märchen vom ökologisch und politisch korrekten Großinvestor ist eine neoliberale Lüge, die jene verbreiten, die sie glauben wollen. Tesla baut vor allem Oberklassemodelle und SUVs; jetzt auch einen PKW, der über 300 km/h fahren kann. Der saudische Staatsfonds, unter der Kontrolle des menschenverachtenden Kronprinzen, hält Tesla-Anteile im Wert von bis zu 3 Milliarden Dollar. Der Diktator baut und verdient mit im Brandenburgischen.
Musk ist auch ein patriarchaler Visionär. Er will das menschliche Gehirn mit Maschinen vernetzen und hat dazu 2016 die Firma Neuralink gegründet. Der irdische Traum des Elon Musk ist das auf Künstlicher Intelligenz beruhende automatisierte Fahren. Schon jetzt werden in Tesla-Autos viele Funktionen per App gesteuert. Die neuen Modelle filmen pausenlos das Innere des Autos und auch die äußere Umgebung. Diese Daten werden direkt in die Tesla-Cloud geschickt. Wer einen Tesla kauft, macht sich zum Teil einer dystopischen Überwachungsapparatur. 2020 erhielt Tesla den Big-Brother-Award, der für besonders einschneidende technische Kontrolle vergeben wird. Begründung war, dass die Daten permanent ausgewertet und gespeichert werden. Es hieß, Tesla-Autos seien „Überwachungsanlagen auf vier Rädern“.
Diese ressourcen-verschwendende Überwachungsmobilität soll die Zukunft des Individualverkehrs sichern und diesen in den gesellschaftlichen Ausbeutungs- und Überwachungskontext einbinden. Das war auch bisher bei der Autoindustrie der Fall: Die Fließbandarbeit wurde von Ford am Automobil durchgesetzt, damit kosteneffizienter produziert werden konnte. Vor allem aber, um die Arbeiter_innen durch die Zerteilung der Arbeitsschritte zu isolieren und ihre gewerkschaftliche Organisierung zu untergraben. Man muss nur nachlesen, was Herr Ford dazu geschrieben hat. Genauso ernst nehmen wir, wie Musk, die Welt formen will. Er träumt ungeniert den patriarchalen Traum der Herrschaft über Erde und Weltraum. Mit solchen Männern wurden genügend Erfahrungen in den letzten 5000 Jahren gemacht. Sorgen wir dafür, dass die Zeit für ihn und seinesgleichen abgelaufen ist.
Grünheide
Grünheide soll die zweite große Fabrik von Elon Musk werden, die Elektroautos herstellt. Er nennt sie nicht ohne Grund „Giga-factory“. Ihre Dimensionen sind monströs, wie die der anderen Giga-factories. Die erste baut Akkus in Nevada (USA). Damit sie gebaut werden konnte, wurden auf Verlangen Musks Gesetze geändert und 1,3 Milliarden Steuern erlassen. Die Giga-factory 2 baut Photovoltaikanlagen. In Giga-factory 3, Shanghai (China), werden Autos gebaut. Nummer 4 in Grünheide wird dieser gleichen. Pro Jahr sollen dort ab Sommer 2021 um die 12.000 Arbeiter_innen 500.000 Autos bauen. Später sollen dort 40.000 Menschen 2 Millionen Autos pro Jahr bauen. Das wären pro Tag ca. 5500 Autos.
Die Grundstückspreise in der Gegend steigen bereits jetzt. Die aus Berlin bekannte Gentrifizierung wird den Raum um Erkner mit zu erwartenden 35.000 Zuzügler_innen erfassen. Dies geht auf Kosten finanziell schwach aufgestellter Haushalte und wird zu starken Vertreibungen der Bevölkerung aus der Region führen. Entsprechend groß ist die Verunsicherung und Wut.
Auch konkret vor Ort ist Tesla eine Katastrophe. Neben der Abholzung der Waldfläche für den Bau der Fabrik und der massiven Zunahme des lokalen und überregionalen Verkehrs wird der hohe Wasserverbrauch die ökologisch schwerwiegendste Folge für die Region sein. Der Vorstand des Wasserverbandes Strausberg-Erkner warnte sogar vor Trinkwasserknappheit. Für den Erstbetrieb prognostizierte Tesla den Verbrauch von 3,3 Millionen m³ Wasser im Jahr. Erst nach heftiger Kritik änderte Tesla seine Einschätzung auf 1,4 Millionen m³ für den Anfang. Später werden es 2,15 Millionen m³ Trinkwasser sein. Langfristig wird bereits von über 15 Millionen m³ Wasserbedarf im Jahr geredet. Das bedeutet, nach Einschätzung von Ökolog_innen, negative Auswirkungen auf den Wasserhaushalt der Region und die nahen Landschafts- und Naturschutzgebiete. Ab 2022 wird es bei dem geschätzten Wasserverbrauch der Fabrik keine ausreichenden Wasserförderreserven zur Entwicklung der Region mehr geben. Das Abpumpen großer Wassermengen verstärkt dazu das Problem der sinkenden Grundwasserspiegel, was eine Folge der Klimakatastrophe ist. Das alles betrifft den Leiter des Landesumweltamtes von Potsdam nicht. Anhörungen von Tesla-Gegner_innen lassen ihn kalt und er bewilligt eine Umweltsauerei nach der nächsten. Nun sollen sogar unerschlossene Trinkwasserreservoirs ausgebeutet werden.
In der Politik Brandenburgs wird mit der Investition von 50 Millionen von Daimler für die Herstellung von E‑Sprintern in Ludwigsfelde das Land als „Mobilitätsstandort“ abgefeiert.
Und Tesla wirbt dreist mit der „fortschrittlichsten Fabrik der Welt“. Aber Tesla nutzt bisher in seinen Fabriken Technik (z.B. in der Lackiererei), die hinsichtlich des Umweltschutzes älter und rückschrittlicher ist, als die der konventionellen Autobauer in Europa. Der Wasserverbrauch und die Emissionen sind deutlich höher. Es ist, als baue man eine Chemiefabrik in einem Trinkwasserschutzgebiet.
Die Zahlungsmoral von Tesla ist trotz der Bevorzugung durch die lokalen Genehmigungsbehörden mangelhaft. Man kann es sich halt leisten. Tesla bezahlte die Wasserrechnung für die Baustelle nicht. Erst als im Oktober 2020 das Wasser abgedreht wurde, kam das Geld. Man ist es gewohnt, dass für einen Gesetze geändert und Strukturen angepasst werden. Die Hochschule Brandenburg richtet einen Studiengang „Elektromobilität“ ein, damit auch der nötige Ingenieursnachwuchs herangezüchtet werden kann, die nahe Autobahn wird extra für den Fabrikbetrieb saniert und die L38 ausgebaut.
Das ist die fortgesetzte Normalität der zerstörerischen Industrialisierung des 19. Jahrhunderts, die jetzt auf der Welle des grünen Kapitalismus ins 21. Jahrhundert reitet. In der ohne Rücksicht auf Menschen und die natürlichen Ressourcen, riesige Landschaften, fast der ganze Kontinent, fast die ganze Welt, der industriellen, versmarteten Produktion untergeordnet werden.
Konsum und Individualverkehr — oder: eine andere Welt
Für was wird der zum Fetisch erhobene motorisierte Individualverkehr genutzt? Um die Menschen totalflexibilisiert und totalüberwacht zu ihren Arbeitsplätzen zu bekommen, um sie immerzu konsumieren zu lassen, um Menschen möglichst schnell befördern zu können – damit sie mehr arbeiten und mehr konsumieren.
Ist ein Elektro-SUV eine Verbesserung für irgendetwas?
Um ein Leben führen zu können, mit dem wir nicht lebensnotwendige Grundlagen der Erde zerstören, braucht es keine Elektromobilität. Es braucht insgesamt weniger Mobilität, weniger Individualverkehr, vor allem weniger Konsum, dessen Nutzen und damit verbundenen Glücksversprechungen uns täglich eingehämmert werden. Es braucht kostenlose öffentliche Verkehrsmittel. Es braucht einen Fortschritt des sozialen Miteinanders, eine Zukunft ohne Ausbeutung unserer Arbeitskraft. Nur die Aufrechterhaltung kolonialer Ausbeutungsverhältnisse macht es möglich, Elektromotoren zu produzieren, die Leute hier glauben lässt, die Autos seien ökologisch sauber.
Und zu den sozialen Aspekten gefragt: Möchten die wohlhabenden Tesla-Käufer_innen mit Öko-Gewissen die Minen und Bergwerke für ihr „Öko“-Auto neben ihrem „Bauerngarten“ haben? Wollen sie die Kraftwerke, die diese mit Strom versorgen, von ihrer Eigentumswohnungsdachterasse aus erblicken? Wollen sie die Hütten der geschundenen Arbeiter_innen neben dem Öko-Kindergarten sehen, in den sie ihre Kinder schicken?
Nein. Diese Menschen und deren Arbeitsbedingungen sollen außerhalb der EU bleiben. Sie wollen das Elend nicht sehen. Denn es ist ihnen wahrscheinlich ganz einfach egal, dass andere den Blutzoll für ihre „Privilegien“ zahlen müssen. Es mangelt nicht an Wissen über die globalen Zusammenhänge. Man kann sich entscheiden, auf welcher Seite man steht. Man kann einen SUV kaufen oder anstecken. Wir empfehlen letzteres — ohne sich erwischen zu lassen, versteht sich.
Es gibt genügend Erfahrung mit den Versprechungen des kapitalistisch-technologischen Fortschritts. Vor 200 Jahren gab kaum noch Wälder in Mitteleuropa, weil die für Bergbau, Industrie, Kriegsschiffe, Heizen und Bauen verbraucht wurden. Die Rodungen wurden abgelöst durch die industrielle Förderung der Kohle. Wir wissen alle, was die anschließende Kohleverbrennung angerichtet hat.
Wir wissen, dass die Digitalisierung der Welt vor allem zu neuen Formen von Herrschaft geführt hat und weiter führen wird. Tesla wird immer wissen, wer noch im Auto sitzt, was gerade gesprochen wird und wohin die Reise geht. Die Daten gehören nicht uns, sie werden verkauft und bilden eine weitere Grundlage für die Möglichkeiten totalitärer Überwachung.
Klimakatastrophe und der Sinn revolutionärer Sabotageaktionen
Neben anderem hat der ungebrochene Glaube und das Festhalten aller bisherigen vom Markt beherrschten Gesellschaftsformen an den technischen Fortschritt ohne Zweifel bewirkt, dass die Klimakatastrophe nicht mehr zu verhindern ist. Sabotage kann große soziale Kämpfe nicht ersetzen, sie kann diese aber unterstützen oder mutige Akzente setzen, um Denkräume und Perspektiven zu forcieren.
Warum machen wir dann trotzdem Sabotageaktionen, wenn wir glauben, dass die Klimazerstörung nicht mehr aufgehalten werden kann? Weil wir das Ausmaß der kommenden Katastrophen so gering wie möglich halten möchten. Weil Protest und Widerstand gegen die Zerstörung des Klimas durch profitorientiertes Ausbeuten der Ressourcen der Erde einen revolutionären Zukunftsausblick zum Ziel haben kann. Weil mit der Zerstörung expansiver marktradikaler Wirtschaftspolitik die Chance besteht, eine grundlegende solidarische und soziale Lebensweise zu etablieren, die uns Wege in eine andere Gesellschaft weist. Wenn die Verwüstung der Ökosysteme weit fortgeschritten ist, kann eine neue Gesellschaft mit den Folgen dieser Hinterlassenschaften besser umgehen, wenn die Herrschaftsverhältnisse grundlegend zerstört sind. Nur im Widerstand gegen die existierenden zerstörerischen Verhältnisse werden die Möglichkeiten der Veränderungen erkennbar.
Die reichen Männer, die diese Prozesse der ökologischen Verwüstungen vorantreiben, sind zwar auch nur Ergebnisse gesellschaftlicher Prozesse, und damit bis zu einem gewissen Grad austauschbar, aber es sind eben nicht zufällig eben diese Männer, die eine Politik der Modernisierung durch Zerstörung repräsentieren. Zerstören wir alles, was Tesla heißt!
Gegen deren destruktiven Fortschrittsglauben wehren sich Menschen weltweit. Für uns gehören viele dieser Kämpfe zusammen. Sie eint der Widerstand gegen einen aggressiven Modernisierungsschub. Wenn in Argentinien die indigene Frauen rufen, dass man aufhören soll, ihre Körper und ihre Länder zu erobern, dann stellen wir uns mit dieser Aktion auch an die Seite dieser Kämpfe.
Die Kämpfe im Hambacher Forst, im Dannenröder Wald und anderen Wäldern des Widerstands waren und sind für uns ebenso Hoffnungspunkte, wie die radikalen Sabotageaktionen anderer in den Kohleminen, die den Lügen der Fortschrittsverkünder_innen nicht mehr auf den Leim gehen.
Der Irrsinn von Individualverkehr und Elektromobilität lässt sich übrigens leicht weiter angreifen: Im September findet die Internationale Automobil Ausstellung (IAA) in München statt. Wir hoffen, dass es genügend Widerstand vor Ort, dezentral und auch subversiv im Netz gibt, damit diese ein Fiasko wird.
Vulkangruppe: Gegen den Fortschritt der Zerstörung