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Analyse von rechten Straftaten in 2018 in Märkisch-Oderland

Die AG Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt (AG BOrG) des Alter­na­tiv­en Jugend­pro­jek­ts 1260 e.V sam­melt stetig Delik­te mit rechtem Tathin­ter­grund und erstellt für jedes Jahr Chroniken. Im Fol­gen­den wollen wir eine Kurze Analyse der Chronik aus 2018 vorstellen:

Offene Präsenz von Neon­azis in Form von Demon­stra­tio­nen oder Kundge­bun­gen kom­men im Land­kreis rel­a­tiv sel­ten vor. Aber wie 2018 zeigt, sind sie nicht gän­zlich ver­schwun­den – let­ztes Jahr fan­den rechte Ver­samm­lun­gen wieder ver­mehrt in Märkisch-Oder­land statt. Der Schein, dass es damit eine kleine oder inak­tive rechte Szene gibt, trügt aber, wie die Chronik der AG BorG Straus­berg zeigt. Die Zahl der Tat­en mit recht­en Tat­mo­tiv in den let­zten Jahren schwankt, aber die Zahl der Delik­te wie Kör­per­ver­let­zung, Volksver­het­zung und Belei­di­gung bleibt in etwa über die Jahre gle­ich. In 2018 gab es ins­ge­samt 33 Delik­te mit einem klaren recht­en Tathin­ter­grund (2017: 20). Davon waren ins­ge­samt 6 Kör­per­ver­let­zun­gen (2017: 0), wobei wiederum die Hälfte davon gefährliche Kör­per­ver­let­zun­gen waren. Belei­di­gung und Volksver­het­zung wur­den jew­eils 3 mal erfasst (2017: 6 & 4). Ein beson­ders hoher Anteil der Straftat­en in 2018 waren Sachbeschädi­gun­gen in Form von Graf­fi­tis und Schmier­ereien, Stick­er, aber auch tat­säch­liche Zer­störung. 33 dieser Tat­en wur­den in 2018 erfasst, wobei ein klar­er Schw­er­punkt in Straus­berg liegt. Im let­zten Jahr fan­den sich sehr häu­fig gesprühte oder gemalte nazis­tis­che Sym­bole wie Hak­enkreuze oder Runen, aber auch jede Menge Stick­er. Nicht uner­he­blich waren auch die Stick­er der neon­azis­tis­chen Kle­in­st­partei „der III. Weg“. Bei diesen Delik­ten haben sich vor allem Straus­berg Vorstadt, aber auch die Alt­stadt von Straus­berg als Hotspots her­auskristallisiert. Zusät­zlich tauchte auch Seelow ver­mehrt als Ort von recht­en Delik­ten auf. Hier spielt sicher­lich auch die Entste­hung der „Kam­er­ad­schaft Märkisch-Oder­land“, die dem Raum Seelow zuge­ord­net wird, eine Rolle. Bad Freien­walde wurde — im Gegen­satz zu den let­zten Jahren, in denen es dort viele rechte Über­griffe auf Geflüchtete gab — nur eine Straftat mit klaren recht­en Hin­ter­grund registriert.

NPD und Rechtsrock

Die NPD – eigentlich in einem des­o­lat­en Zus­tand im Kreis – hat sich im April 2018 mit ein­er Info­s­tand­tour durch Märkisch-Oder­land wieder bemerk­bar gemacht. Ins­ge­samt 5 Infos­tände, je ein­er in Seelow, Bad Freien­walde, Münch­berg, Fred­er­s­dorf und Rüder­s­dorf, haben sie am 28. April abge­hal­ten. Dabei wurde die Aktion vor allem durch Aktive aus anderen Kreisver­bän­den maßge­blich organ­isiert und durchge­führt. (Siehe auch: https://inforiot.de/npd-infotour-durch-maerkisch-oderland/).

Ein weit­eres Event, was wiederum die Organ­isiertheit und die Ver­net­zung der Recht­srock-Szene, expliz­it der Straus­berg­er Neon­azi Band „Exzess“ in Märkisch-Oder­land zeigt, ist ein Konz­ert, das im Mai 2018 in Garzin stat­tfand. Um 500 Neon­azis haben sich auf einem Pri­vat­grund­stück zusam­menge­fun­den. Zusät­zlich zu „Exzess“ spielte auch die Berlin­er Band „Die Lunikoff-Verschwörung“.

AfD im Kreis

Die AfD war in 2018 im Kreis weit­er­hin sehr präsent, vor allem über die soge­nan­nten Stammtis­che oder andere Aus­tausch- und Gespräch­skreise. Den­noch sind wesentlich weniger dieser Events in 2018 durchge­führt wor­den, – ins­ge­samt: 23 — als noch 2017 (32). Dies kön­nte am Wahl­jahr 2017 gele­gen haben. Dafür ver­suchte die AfD aber ein Großevent zu organ­isieren. Am 1. Sep­tem­ber lud der Kreisver­band zu ein­er Kon­ferenz, wo die AfD die „soziale Frage“ disku­tieren wollte, mit teils promi­nen­ten und klar rechts bis neon­azis­tisch zu veror­tenden Gästen (siehe auch: https://inforiot.de/afd-in-mol/). Die Kon­ferenz war durch die weni­gen Teil­nehmenden und den bre­it­en Protest dage­gen jedoch ein Flop. Tätigkeitss­chw­er­punk­te für die AfD waren 2018 die Orte Straus­berg, Müncheberg und Hönow, wo sie viele Ver­anstal­tun­gen organ­isierten. Zusät­zlich grün­dete sich in Wriezen eine eigene Orts­gruppe mit „Bürg­er­büro“. Auch in Straus­berg wird seit einem Jahr rel­a­tiv fol­gen­los ver­sucht, eine Orts­gruppe ins Leben zu rufen. Kurz wurde die AfD auch im Sep­tem­ber in Seelow aktiv, als es um die Unter­bringung von Geflüchteten in einem Ort­steil ging. Schnell mobil­isierten sie unter dem üblichen stumpfen Ras­sis­mus zu ein­er Kundge­bung unter dem Titel „Nein zum Ghet­to“. Die Teil­nehmenden waren neben Anwohner_innen auch Neon­azis aus Seelow, wo die AfD kein­er­lei Berührungsäng­ste zeigte.

Jüng­ste Geschehnisse – Imbissbrand

Durch die zeitliche Nähe zum Jahr 2018 und der noch nicht weit­eren Pub­lik­machung, möcht­en wir hier noch kurz auf einen Imbiss­brand Mitte Feb­ru­ar in Straus­berg Vorstadt einge­hen. Der Dön­er-Imbiss von einem aus Syrien geflo­henen Mann ging gegen 4 Uhr mor­gens in Flam­men auf. Eine Augen­zeu­g­in berichtete von einem Knall und fliehen­den Men­schen. Alles deutet also auf Brand­s­tiftung hin. In Kom­bi­na­tion mit den Analy­sen von oben wird deut­lich, das Straus­berg Vorstadt ein Hotspot für rechte Aktiv­itäten ist. Was Graf­fi­tis und Stick­er schon andeuteten, zeigt der Bran­dan­schlag nochmals: es gibt eine aktive rechte Szene in Straus­berg, die wie eh und je in Straus­berg Vorstadt ver­ankert ist. Der Imbiss wurde nur einen Monat vor dem Brand eröffnet.

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Sonstiges

Potsdam: Rechtsrock-Konzert in Bornstedt

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Am Sam­stagabend protestierten unge­fähr 50 Men­schen gegen eine Recht­srock-Ver­anstal­tung im Pots­damer Stadt­teil Born­st­edt. Die Protestver­samm­lung richtete sich gegen ein Konz­ert rechter Musik­er in der Gast­stätte „Vik­to­ria Eck“. An der höch­s­tum­strit­te­nen Konz­ertver­anstal­tung nah­men schätzungsweise eben­falls 50 Per­so­n­en teil. Bere­its im Vor­feld sei es laut PNN, die sich auf Polizeiquellen beruft, zu einem Far­ban­schlag auf den Ver­anstal­tung­sort gekom­men sein.
Far­ban­schlag auf Veranstaltungsort 
Gemäß ein­er mut­maßlichen Selb­st­bezich­ti­gung „Pots­damer Antifas“ auf einem freizugänglichen Inter­net­por­tal soll bere­its in der Nacht vom 27. zum 28. April 2017 die Fas­sade des Ver­anstal­tung­sortes „Vik­to­ria Eck“ mit der „braunen Scheiße markiert“ wor­den sein, die „sich hier am Wochenende“treffe. Außer­dem wurde im Beken­ner­schreiben zu weit­eren Aktio­nen „gegen das Recht­srock­konz­ert“ aufgerufen.
Der Far­ban­schlag scheint sich inzwis­chen bestätigt zu haben. Laut Infor­ma­tio­nen der PNN, die sich auf einen Polizeis­prech­er beruft, soll sich der Angriff auf die Gast­stätte am frühen Fre­itag­mor­gen, zwis­chen 00.30 und 01.15 Uhr zuge­tra­gen haben. Dabei sollen eine „hand­voll“ Farbbeu­tel einge­set­zt wor­den sein. Tatverdächtige kon­nte die Polizei jedoch nicht ermit­teln. Die Spuren des mut­maßlichen Anschlags waren am Sam­stagabend noch erkennbar.
Gegenkundge­bung am Samstagabend
In unmit­tel­bar­er Nähe zum Beginn des Recht­srock-Konz­ertes gab es indes eine weit­ere Protes­tak­tion. In der Zeit von 18.45 bis ca. 20.30 Uhr führte die Land­tagsab­ge­ord­nete Isabell Van­dré (LINKE) eine ver­samm­lungsrechtlich angemeldete Kundge­bung in Hör- und Sichtweite zum „Vik­to­ria Eck“ durch. Diese Ver­anstal­tung trug das Mot­to „Recht­srock­ern die Show stehlen“. Bei­de Ver­samm­lun­gen hat­te die Bere­itschaft­spolizei durch Absper­r­git­ter voneinan­der abge­tren­nt. Zu polizeilichen Maß­nah­men kam es jedoch, soweit bekan­nt, nur gegen eine Per­son.  Laut Angaben eines Twit­ter-Tweet des „Tick­er Pots­dam“ soll es sich dabei um einen mut­maßlichen „Neon­azi“ gehan­delt haben. Die Polizei war mit unge­fähr 100 Ein­satzkräften aus Bran­den­burg und Berlin vor Ort.
Konz­ert rechter Mischszene
Die Konz­ertver­anstal­tung fand übri­gens wie geplant in der Gast­stätte „Vik­to­ria Eck“ statt. Haup­tact soll der Tel­tow­er Recht­srock­er Sacha Korn gewe­sen sein. Dieser gibt sich jedoch wesentlich unver­fänglich­er und beze­ich­net seinen Stil sel­ber als „Neue Deutsche Härte“. Seine Lieder waren allerd­ings auch auf ein­er so genan­nten „Schul­hof CD“ der NPD vertreten und unter­mal­ten darüber hin­aus einen Wahlwerbespott dieser Partei. Offiziell dis­tanziert sich der Musik­er jedoch in einem Inter­view auf sein­er Social­me­dia-Seite von „Extrem­is­mus und Gewalt“ sowie „sämtlich­er Ide­olo­gien“. Für die Veröf­fentlichun­gen bei der NPD machte Korn auss­chließlich sein aus­ländis­ches Man­age­ment ver­ant­wortlich. Den­noch sollen weit­er­hin Kon­tak­te zu Fig­uren des extrem recht­en Milieus beste­hen. Am Sam­stagabend reiste zumin­d­est ein ehe­ma­liger Bezirksverord­neter der Berlin­er NPD an. Weit­ere Konz­ert­gäste zeigten sich in recht­en Mode­marken oder milieu­typ­is­ch­er Klei­dung gewan­det. Eine Per­son trug ein Shirt mit einem Slo­gan und dem Sym­bol der extrem recht­en „Iden­titären Bewe­gung“. Andere waren als Rock­er oder Fans eines Berlin­er Fußball­cubs zu erkennen.
Die Ein­nah­men des Konz­ertes von Sacha Korn sollen in Teilen übri­gens an die „Ban­di­dos“ geflossen sein. Ein Sprech­er dieser Rock­ervere­ini­gung teilte allerd­ings den PNN mit, dass das Geld für die Eltern eines im März 2017 ermorde­ten Neun­jähri­gen in Nor­drhein-West­falen bes­timmt sei. Ein Eltern­teil des Ermorde­ten soll Mit­glied der „Ban­di­dos“ sein.
Fotos: hier

Inforiot