In Templin demonstrierte am Montagabend eine extrem rechte Mischszene. Akteure aus NPD/JN, parteilose Neonazis, Hooligans und AfD Klientel betrieben aggressive Stimmungsmache unter dem Deckmantel sozialpolitischer Forderungen. Ein buntes Bündnis Templiner Initiativen und Parteien setzte dem extrem rechten Aufzug vielfältige Protestformen, wie einer „Schüler_innendemo“, eine antifaschistische Sitzblockade, Livemusik oder verbale Proteste in Hör- und Sichtweite entgegen.
Aggressive Stimmungsmache durch extrem rechte Mischszene

Die Dämmerung setzte bereits ein, als sich am Montagabend die Sympathisierenden der angemeldeten extrem rechten Demonstration an der Egelpfuhl-Schule in der Rosa-Luxemburg-Straße Ecke Straße der Jugend im uckermärkischem Templin sammelten. Die etwa 80 Teilnehmenden waren einem Veranstaltungsaufruf unter dem Motto: „Sozialabbau stoppen – Zukunft gestalten“ gefolgt, um sich – gemäß einem A5 Flugblatt – zu unterschiedlichen Themen, wie zur „GEZ“, zu „Hartz 4 Sanktionen“, zur soziale Gerechtigkeit, zu angeblicher „Überfremdung“, einem gerechten Gesundheitssystem, Meinungsfreiheit, gerechten Löhnen, bezahlbaren Wohnraum, bezahlbaren Kita-Plätzen, gegen „Kriegstreiber“ und den Migrationspakt zu positionieren.
Tatsächlich dominierten während des Aufzuges durch die Stadt jedoch Parolen wie „Asylflut stoppen“ oder „wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“. Die Demonstrierenden gaben somit zu verstehen, dass ihr Antworten auf den „Sozialabbau“ lediglich gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Ausgrenzung sind. Diese Versammlung hatte somit einen deutlich extrem rechten Charakter.
Neonazis waren darüber hinaus auch in die Organisationstruktur der Veranstaltung eingebunden. Der Demowagen wurde vom Vorsitzenden des NPD Kreisverbandes Oberhavel, Burkhard Sahner, gestellt. Ein bekannter JN Funktionär aus dem Landkreis Oberhavel verteilte Brandenburg Fahnen, seine Begleiter hielten ein Banner mit der Aufschrift: „Wir für Deutschland – gegen Überfremdung“. Die Eröffnungsrede hielt der bundesweit bekannte Neonazi Dieter Riefling aus Hildesheim (Niedersachsen).

Darüber hinaus reihten sich in die Demonstration auch Personen, die der in Brandenburg extrem rechts auftretenden AfD nahe stehenden. Viele Gesichter waren bereits bei den Protesten gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel zu sehen, als diese am 8. Februar 2019 zu Ehrenbürgerin von Templin ernannt wurde. Die Demonstrierenden trugen damals ein Banner mit der Aufschrift: „Nicht meine Kanzlerin – nicht meine Ehrenbürgerin“. Dasselbe Stoffstück diente auch gestern einem Demonstrationsblock als Ausdrucksmittel. Als einen der in diesem Block Demonstrierenden wollen Szenekenner den fraktionslosen Templiner Stadtverordneten Aribert Christ (AfD) erkannt haben. Der Stadtrat hatte bereits während einer Kundgebung der AfD-nahen Initiative „Heimatliebe Brandenburg“ am 9. Februar 2019 in Eberswalde (Landkreis Barnim) zur Teilnahme an der gestrigen Demonstration in Templin aufgerufen.
Widerspruch durch unterschiedliche Aktionsformen

Doch Menschen wie Aribert Christ haben in Templin nicht die alleinige Deutungshoheit über gesellschafts- und sozialpolitische Themen. Dem fraktionslosen Abgeordneten sowie den extrem rechten Demonstrierenden im Ort, steht ein starkes Bündnis vieler in der Templiner Stadtverordnetenversammlung vertretener Parteien sowie außerparlamentarischer Initiativen gegenüber.
Auch gestern mobilisierte das Bunte Bündnis Templin zu vielschichtigen Protesten gegen den extrem rechten Aufzug.
Eine „Schüler_innendemo“ demonstrierte beispielsweise in der Dargersdorfer Straße mit knapp 100 Teilnehmenden gegen Rassismus und die AfD.
In der Nähe des Bahnübergangs in der Robert-Koch-Straße versuchten ungefähr 15 Antifaschisten den Aufzug der extrem Rechten durch eine Sitzversammlung zu blockieren.
Im Bereich eines Supermarktes sowie in einzelnen Straßenzügen protestieren Passanten außerdem spontan sowie in Hör- und Sichtweite gegen den extrem rechten Aufmarsch.
Eine zentrale Gegenkundgebung fand zudem auf dem Marktplatz in der historischen Altstadt von Templin statt. Dort versammelten sich mindestens hundert Teilnehmende zu Redebeiträgen und Livemusik für Weltoffenheit und Demokratie.
Den extrem rechten Demonstrierenden wurde somit die in ihrem Mobilisierungsflugblatt abgedruckte Behauptung, sie seien „das Volk“ und somit das alleinige Sprachrohr der Bewohnenden Templins, widerlegt.
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