Neofaschisten wollen am 18. Juni Wirksamkeit des brandenburgischen
Gedenkstättengesetzes prüfen. Antifaschistische Proteste angekündigt
Anhänger von Neonazikameradschaften um den Hamburger Christian Worch und
die NPD wollen am 18. Juni durch das brandenburgische Halbe (Landkreis
Dahme-Spreewald) marschieren. Wie schon im November letzten Jahres ist
der Waldfriedhof am Rande der 1 000-Einwohner-Gemeinde ihr Ziel. Unter
dem Motto »Ruhm und Ehre den deutschen Frontsoldaten und Opfern
kommunistischer Gewaltherrschaft« ruft der »Freundeskreis Halbe«, in dem
sich die Neofaschisten organisiert haben, dazu auf, sich mittags am
Bahnhof zu versammeln und anschließend durch den Ort zu ziehen.
18. Juni und 12. November
Der Friedhof von Halbe ist zum Wallfahrtsort für Neofaschisten geworden.
Von den dort begrabenen Menschen sind etwa 20000 gefallene Soldaten
Nazideutschlands. Die »Helden«, die von den Neonazis hier geehrt werden
sollen, haben die letzte große Offensive der Roten Armee zum Sturm auf
Berlin im April 1945 nicht überlebt. Bereits seit 2003 veranstalten neue
und alte Faschisten in Halbe am »Volkstrauertag« im November ihr
»Heldengedenken«. Im letzten Jahr mit 1600 Anhängern.
In diesem Jahr soll dieser Rhythmus erstmals durchbrochen werden.
Während Christian Worch in einem Neonaziforum im Internet seinen
Aufmarsch mit »der engen zeitlichen Nähe zum 17. Juni« und der
Erinnerung an den angeblichen »Volksaufstand« 1953 in der DDR begründet,
vermuten Antifaschisten andere Motive. Sie sehen in der geplanten
Provokation einen Testlauf für den diesjährigen, bereits angemeldeten,
Aufmarsch am 12. November. Getestet werden soll offenbar das neue
Gedenkstättengesetz in Brandenburg, das unter anderem mit dem Argument,
ein Instrument zur Verhinderung des »Heldengedenkens« in Halbe zu
brauchen, verabschiedet worden war. Das Gesetz soll unter anderem
ermöglichen, daß neofaschistische Aufmärsche an Gedenkstätten für Opfer
des deutschen Faschismus, beispielsweise in der Nähe ehemaliger
Konzentrationslager, leichter verboten werden können. Auf den
Soldatenfriedhof in Halbe trifft das aber nicht zu. Derzeit prüfen
Polizei und Vertreter des zuständigen Amtes Schenkenländchen jedoch, ob
das Gesetz zumindest ausreicht, um den Neonazis den Marsch direkt zum
Friedhof zu verbieten. Die Versammlungsbehörde stützt sich dabei auf
eine weitere Neuerung des Gedenkstättengesetzes, wonach Aufmärsche in
»unmittelbarer und enger räumlicher Nähe« verboten werden können, falls
der »Widmungszweck« des Friedhofes der Neonaziveranstaltung
entgegensteht. Peter Salender vom Polizeipräsidium Frankfurt/Oder ist
laut einem Bericht der Berliner Zeitung zuversichtlich, daß eine durch
die Polizei vorgeschlagene gekürzte Route durch die Gerichte bestätigt
wird. Mit einer endgültigen Entscheidung ist allerdings noch nicht zu
rechnen. Es ist zu erwarten, daß Anmelder Worch mit seinem juristischen
Erfahrungsschatz aus über hundert Aufmärschen vor weitere
Gerichtsinstanzen ziehen wird. Klarheit wird es daher vermutlich erst
kurz vor dem 18. Juni geben.
Kein Verlaß auf Verbot
In einem »Aktionsbündnis gegen das Heldengedenken und Naziaufmärsche in
Halbe« haben sich neben der Antifa Königs Wusterhausen, die Vereinigung
der Verfolgten des Naziregimes (VVN/BdA) sowie ehemalige
Wehrmachtsdeserteure und eine recht ungewöhnliche Parteienkonstellation
aus SPD, CDU, PDS, Grünen, KPD und DKP zusammengefunden. Auch der
Kreistag unterstützt den Protest. Das Bündnis will den Neonazis »etwas
entgegensetzen« und nicht auf eventuelle Verbote durch Gerichte bauen.
Auch nach dem 18. Juni will man gemeinsam weiter arbeiten: Neben
Konzerten und Veranstaltungen soll ein landesweites »Netzwerk gegen
Rechtsextremismus« gegründet werden, so das Bündnis in einer
Pressemitteilung.
Weitere Informationen: www.redhalbe.de.vu