Am 17.8. fand zum ersten Mal das umstrittene Frauen-/Mädchen-/Trans*-Café in der
Olga statt. Die Idee dahinter ist es, für Menschen, die sich an üblichen Abenden
durch dominierendes, „männliches“ Verhalten in der Olga unwohl fühlen, einen
Freiraum zu schaffen, wo auch diese einen entspannten Abend verbringen können, ohne
sich durchsetzen oder über Dinge hinweg sehen zu müssen.
Das Konzept der „Männer“-freien Räume wurde in seiner Ursprungsform in den 70er/80er
Jahren entwickelt und es ist schon bemerkenswert, dass auch in der emanzipativen und
radikal antisexistischen Linken solche Projeke 2007 noch nötig sind. Erschreckend
ist allerdings noch die Tatsache, dass und vor allem wie darum gekämpft werden muss.
Wir möchten hier nochmal einen Rückblick auf den ersten F-/M-/T- Abend und die
Diskussionen im Vorfeld geben.
Es war für uns sehr bezeichnend, die Erfahrung zu machen , dass fast ausschließlich
Männer auf unsere Ankündigung reagierten. Die Bandbreite an Äußerungen reichten
hierbei von klarer Ablehnung, mit der Begründung, dass es sich um eine sexistische
Ausschlusspraxis handle; über Fallkonstruktionen, die mögliche Ungereimtheiten im
Konzept suchten; bis hin zur Frage, ob wir in der Lage wären uns und die Olga
angemessen zu verteidigen, wenn pöbelnde „Männer“ oder gar Nazis vorbeikämen.
Auch vertreten waren Reaktionen von Männern, welche unsere Idee für
unterstützenswert hielten und daher viele gut gemeinte Ratschläge zu Werbestrategie
und Raumgestaltung, Abendprogramm und thematischer Musikuntermalung erteilten, aber
offensichtlich auch der Meinung waren, wir bräuchten ihre Hinweise und sie müssten
ihren Antisexismus unter Beweis stellen, indem sie uns helfen. Es wäre hier sehr
interessant zu hinterfragen, ob andere Tresenkonzepte, wie der Ultra‑, der
HipHop-Tresen, oder Cafe Shock sich jemals schon vor ihrem ersten Abend von
außerhalb Kommentare über vermutete Besucher_Innenzahlen, die Innendeko oder
Werbekonzepte anhören mussten.
(Natürlich gab es auch wohlwollende, respektvolle Reaktionen und Erfolgswünsche von
„Männern“ aus unserem Umfeld)
Genau hier zeigt sich sehr deutlich der Unterschied zwischen Theorie und Praxis
eines antisexistischen Standpunktes, denn es handelt sich sehr wohl um eine häufig
durch männliche Sozialisiation hervorgerufenen Praxis, davon auszugehen die Welt
hätte jederzeit nur auf die eigenen Vorstellungen und Theorien gewartet.
Insgesamt mussten wir feststellen, dass gerade „Männer“, die von sich behaupteten
emanzipativ, antisexistisch und hierarchie-ablehnend zu sein, am meisten Probleme
damit hatten, eines ihrer Privilegien einen Abend abgeben zu müssen. Es gibt einfach
einen Unterschied zwischen Reden und Praxis, erst recht wenn die Praxis das eigene
Handeln in Frage stellt. Spannend ist auch, dass im Zuge dieser Diskussion uralte,
geschlechtsspezifische Vorrechte plötzlich als rebellisch und revolutionär
präsentiert wurden, da „mann“ sich ja gegen die fiese Unterdrückung durch die
sexistischen Frauen und Trans*-Leute zur Wehr setzte.
Es scheint auch immernoch wichtig zu sein, zu betonen, dass keine_r der Meinung ist,
dass mit diesem Projekt der Sexismus in der Olga oder gar der Gesellschaft als
solcher überwunden wird (das ist auch unter bestehenden gesellschaftlichen
Verhältnissen gar nicht möglich). Es geht dabei darum, ein konkretes Bedürfnis einer
bestimmten Gruppe Menschen zu erfüllen, welche im normalen Barbetrieb eher
benachteiligt werden und auf bestehende Ausschlüsse und Benachteiligungen aufmerksam
zu machen. Dass dieses Bedürfnis existiert, sehen wir an uns selbst, und daran, dass
Besucher_innen extra wegen dem Frauen-/Mädchen-/Trans*-Abend da waren.
Wir sind keine Antisexismus-Lehrer_Innen, auch keine Männer-Hasser_innen, wir
glauben nur nicht, dass mit ein bisschen antisexistsichem Grundkonsens die
Geschlechterollen im alltäglichen Umgang überwunden werden können. Viellecht ist es
auch nicht verkehrt, nocheinmal zu betonen, dass es sich um einen Abend im Monat
handelt! Angesichts der bestehenden Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen, welche
sich in unser aller Umwelt alltäglich ereignen, ist es spannend zu sehen, dass
ausgerechnet dieses Projekt als so große Angriffsfläche aufgenommen wird.
Leider haben wir uns bei unserer Vorbereitungsarbeit für den 1.
Frauen-/Mädchen/Trans*-Tresen viel mehr auf die Argumentation gegenüber „Männern“
konzentriert, als auf unsere eigentliche Zielgruppe. Doch wissen wir auch, dass ein
Konzept wie unseres wachsen und sich herumsprechen muss und vielleicht auch bei
vielen Frauen oder Trans*- Leuten Berührungsängste bestehen, gerade wenn ein Projekt
wie das F-/M-/T‑C. schon vor Beginn so stark angegriffen wird. Trotzdem ist unsere
Art und Weise, diesen ersten Abend derart anzukündigen, wohl auch bezeichnend. Es
war fast ausschlieszlich eine Reaktion, eine defensive Handlung. Uns selbst in
dieser Vorlaufzeit betrachtend, muss gesagt werden, dass der Seiltanz über den
Feldern von Ankündigung + kurzer Erklärung ( für die nicht Eingeladenen) und der
Ankündigung + expliziter Einladung misslang. Wir plumpsten auf ersteres Feld nieder
und mussten fortan die immer gleichen Kämpfe ausfechten.
Der erste Frauen-Mädchen-Trans-Abend hat ein wenig die Befürchtungen bestätigt, die
wir nach den anfänglichen Diskussionen mit “männlichen” Olgabesuchern hatten. Zwar
haben diejenigen, mit denen wir diskutiert unsere Entscheidung einen „männerfreien“
Tresen auszuprobieren akzeptiert und sind nicht vorbeigekommen, trotzdem war es kein
wirklich entspannter Abend. Zu viele Besucher konnten, nachdem sie in die Kneipe
kamen, ein “Nein” nicht akzeptieren, versuchten Zeit zu schinden, es wurde (manchmal
lautstark und aggressiv) diskutiert, sich in Szene gesetzt u.s.w. So konnte das
eigentliche Ziel eines jeden Projektes für „Nicht-Männer“ nicht erreicht werden,
nämlich einen geschützten Raum zu bieten, an dem wir uns nicht wie sonst immer erst
durchsetzen und behaupten müssen, abschätzig behandelt oder nicht für voll genommen
werden.
Warum kann die freundliche Ansage einer Tresencrew, die wochenlang vorher begründet
wurde, nicht akzeptiert werden? Ist es tatsächlich so unvorstellbar, sich einmal
zurücknehmen zu müssen? Die Erfahrung an diesem Abend und in der Diskussion zeigt
uns zumindest, dass wohl kein Weg daran vorbei führt uns sogar die
selbstverständlichsten Dinge, wie zum Beispiel ein bißchen Ruhe und Entspannung,
immer wieder neu zu erkämpfen.
Wir werden auf jeden Fall weitermachen, wir bedanken uns für alle ehrlichen
Erfolgswünsche und Unterstützungen und freuen uns auf viele Besucher_Innen am 14.9.!