Die Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel (TPG) will sich am 3. September auf einer Mitgliederversammlung in Potsdam auflösen – am gleichen Tag, an dem der Schlussstein für den ersten wieder aufgebauten Gewölbebogen der Garnisonkirche gesetzt werden soll.
Die für den Weiterbau der Kirche dringend benötigten Spendengelder der TPG – die seit 1983 mehr als 6,6 Millionen Euro für den Wiederaufbau des Garnisonkirchturms sammelte – sollen jedoch nicht in den Bau, sondern zum Großteil in die Stiftung Preußisches Kulturerbe umgeleitet werden.
Doch zumindest die 1,5 Millionen Euro, die der Großspender Werner Otto in Aussicht stellte, könnten dem Wiederaufbau zufließen. Damit rechnet selbst TPG-Vereinsvorsitzender Max Klaar. In einem Schreiben an die Mitglieder betont er, es müsse davon ausgegangen werden, dass der „Großspender“ sein Geld für den Bau „nun auch verfügbar macht“, da er sich im Jahr 2002 gegenüber dem damaligen Oberbürgermeister Matthias Platzeck „so geäußert“ habe.
Allerdings kann sich Klaar laut einer Umfrage offenbar dennoch der übergroßen Rückendeckung seiner Vereinsmitglieder für seinen Auflösungsantrag sicher sein. Wie Klaar mitteilte, hätten 90 Prozent der Spender – sie haben insgesamt mehr als fünf Millionen Euro zur Verfügung gestellt – dafür ausgesprochen, ihre Gelder so lange bei der Stiftung Preußisches Kulturerbe verwahren zu lassen, „bis der neue Bau ausgeführt sein wird und man weiß, was er denn endgültig darstellt und was darin geschieht“.
Klaar hegt offenbar die Hoffnung, dass die Fördergemeinschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche (FWG) Schwierigkeiten mit der Finanzierung bekommt und einknickt. Klaar setzt neben inhaltlichen auch auf personelle Veränderungen. So könne davon ausgegangen werden, dass Berlin-Brandenburg bis zum Jahr 2017 – dem Jahr der geplanten Fertigstellung des Kirchenneubaus – längst den nächsten oder übernächsten Bischof habe, „der anders als Bischof Huber (SPD) vielleicht parteipolitisch neutral und damit politisch weniger ambitioniert sein könnte“. Zugleich warnt Klaar in einem Schreiben an die Mitglieder vom Juni vor Spenden an die FWG. Jedem Spender sollte klar sein, dass er sein Geld „in ein rückwärts gewandtes Vorhaben investiert, dass auch als politisch-historische Seminarstätte herhalten wird, in der wir den Umgang mit gesellschaftlicher Schuld lernen sollen, wozu das alte, ehrwürdige Gotteshaus in vielfältiger Weise architektonisch umgestaltet und programmatisch uminterpretiert wird“.
Bereits im Frühjahr hatte die Traditionsgemeinschaft ihre Spendentätigkeit eingestellt, nachdem die Frühjahrssynode der evangelischen Kirche beschlossen hatte, die Garnisonkirche als „Stadtkirche für Suchende und Glaubende und als internationales Zentrum für Frieden und Versöhnung“ wiederaufzubauen. Außerdem hatte die Synode zahlreiche bauliche Veränderungen gegenüber dem Originalbau, für den 1734 der erste Grundstein gelegt wurde, festgelegt. Klaar und die TPG bestehen jedoch auf einem originalgetreuen Wiederaufbau und eine ausschließliche Kirchennutzung – was die evangelische Kirche Potsdam kategorisch ablehnt.
Unterdessen wurde bekannt, dass TPG-Mitgliedern, die gegen die Auflösung des Vereins sind, die Mitgliedschaft gekündigt wurde. Zur Begründung hieß es, dass die Doppelmitgliedschaft in Traditionsgemeinschaft und FWG mit der TPG-Satzung nicht vereinbar sei. Der frühere Potsdamer Büroleiter der TPG, Burkhart Frank, gehört zu den Betroffenen. Er hat wie andere auch Beschwerde gegen den Rausschmiss eingelegt. Diese Beschwerde wird am 3. September als Tagesordnungspunkt 2 der Mitgliederversammlung behandelt. Der Auflösungsbeschluss rangiert unter Punkt 9.