Transparent-Aktion in Rathenow für politische Gefangene
(Pressemitteilung, 18.3.04) Die bundesweiten Aktivitäten der Roten Hilfe e.V. zum internationalen Tag
des politischen Gefangenen, dem 18.März, stehen in diesem Jahr unter dem
Motto „Linke Politik verteidigen“ und knüpfen damit direkt an die
Solidaritätskampagne zum so genannten „Magdeburger 129a – Verfahren“ an, wo
es jetzt konkret um die Freilassung der verurteilten Genossen Marco und
Daniel geht.
Gerade in einer Zeit in der durch blutige Anschläge mutmaßlicher islamischer
Fundamentalisten insbesondere gegen die Zivilbevölkerung, wie unlängst in
Spanien, eine gewisse Terrorhysterie herrscht, ist die Gefahr groß, dass
solche Ereignisse benutzt werden um gegen politisch missliebige Gruppen und
Personen unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung, zum vorgeblichen
Wohle der inneren Sicherheit, vorgehen zu können.
Magdeburg bildet für solcherlei Restriktion ein gutes Beispiel aus der
jüngeren Vergangenheit. Nach dem es im August 2001 sowie im Frühjahr 2002,
also im Zeitraum der Anschläge auf das New Yorker World Trade Center, zu
zwei versuchten und zwei vollendeten Brandanschlägen auf Fahrzeuge des
Daimler – Chrysler Konzerns, der Telekom und des BGS sowie auf ein Gebäude
des LKA Sachsen Anhalt kam, ließ die Staatsanwaltschaft im Herbst 2002
mehrere linke Wohnungen in Magdeburg und Quedlinburg durchsuchen sowie Marco
und Daniel festnehmen. Eine weitere Festnahme, die von Carsten, folgte
Monate später im April 2003, vermutlich um den Straftatbestand „Bildung
einer terroristischen Vereinigung“ (§129a, StGB), wozu mindestens 3 Täter
erforderlich sind, zur Anklage zu bringen.
Im Oktober 2003 begann dann auch unter diesem Tatvorwurf das
Gerichtsverfahren gegen Marco, Daniel und Carsten, die durch Anwälte,
Genossen im Publikum und durch eine kraftvolle bundesweite Demonstration
der Roten Hilfe sowie aber auch durch zahlreiche Spenden solidarische
Unterstützung erfahren konnten.
In den 13. Prozesstagen versuchte nun die Staatsanwaltschaft, durch vage
Indizien, Abhör – und Durchsuchungsprotokolle und Aussagen von
Sachverständigen den Anklagevorwurf durchzubringen. Hierbei wurde auch
deutlich, dass sich das Verfahren inhaltlich vor allem als restriktive
Maßnahme gegen die nach wie vor legale Magdeburger Initiative „Autonomer
Zusammenschlusz“ richtete, der angeblich alle Angeklagten angehörten und die
eine „Keimzelle“ des Terrorismus sei.
Trotzdem die Staatsanwaltschaft aber nur vage Indizienbeweise zur Schuld der
Angeklagten, insbesondere zum Straftatbestand „Bildung einer terroristischen
Vereinigung“ vorlegen konnte, wurden Marco und Daniel am 16. Dezember 2003
wegen gemeinschaftlicher Brandstiftung zu zweieinhalb und zwei Jahren
Freiheitsentzug verurteilt. Carsten wurde allerdings freigesprochen – womit
zumindest der Terrorkonstrukt der Staatsanwaltschaft geplatzt – und damit
die Kriminalisierung einer linken Gruppe im Zuge des Terrorwahns – vorerst
gescheitert war.
Da aber sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung in die Revision
gegangen sind, wird der Prozess wohl noch einmal aufgerollt werden.
Auch aus diesem Hintergrund fordern wir jetzt auch die Freiheit für Marco
und Daniel sowie aller anderen politischen Gefangenen!
Der 18.März wurde erstmals 1923 durch die Internationale Rote Hilfe e.V.
begangen, in Rathenow wird sich diesem Tag seit 1997 gewidmet.
Der 18.März erinnert an die Niederschlagung des Märzaufstandes 1848 und an
die Ausrufung der Pariser Commune 1871.
Rote Hilfe Kontaktadresse Rathenow, 2004.03.18
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