Wir sind traurig und zornig, weil vier Kinder und Jugendliche zwischen acht und 17 Jahren
abgeschoben wurden, die wir kennenlernen durften, mit denen wir zusammen spielten,
sangen und herzlich lachten, mit denen wir im April einen „echt coolen“ Ausflug in den
Wildpark Schorfheide machten (s. Fotos unten). Von ihnen hörten wir immer wieder, wie froh
sie waren, dass sich Menschen aus Wandlitz und Umgebung für die Flüchtlinge interessieren,
aber auch wie traurig sie waren, dass sie nicht regulär eine Schule besuchen konnten und
dadurch nicht so rasch deutsch lernten. Sie wurden vertröstet mit der „kurzen Übergangszeit,
bis Sie eine Wohnung bekommen und dann Ihre Kinder eingeschult werden“…
Nach einem halben Jahr in Wandlitz mussten sie sich am 15.07.2013 um 5.00 Uhr im
Übergangswohnheim bereit halten. Die Ausländerbehörde des Landkreises Barnim hatte die
Eltern mit einer schriftlichen Belehrung, die sie zu unterzeichnen hatten, informiert, dass sie
dann abgeholt und zum Flughafen Berlin-Tegel gefahren werden. Weiter hieß es:
„Für den Fall, dass Sie zum genannten Termin nicht in Wandlitz sind, kann angenommen
werden, dass Sie sich der Ausreise entziehen wollen.
Ich wurde heute darüber informiert, dass in diesem Fall die jeweilige zuständige
Ausländerbehörde die Haft zur Sicherung der Abschiebung beantragen wird.
Über die Mitnahme von 31 kg Reisegepäck (23 kg Gepäck und 8 kg Handgepäck) wurde ich
gleichfalls belehrt.“ (fett gedruckt im Original)
Die mitleidslose Amtssprache und die nur noch vage Hoffnung auf Erfolg der anwaltlichen
Schreiben und Petitionen bewirkte letztlich ein lähmendes Gefühl von Bedrohung durch eine
für die Betroffenen unfassbare gesetzliche Macht.
Keine Rolle spielten im konkreten „Fall“ bei dieser Aufforderung solche Kleinigkeiten wie die
Fluchtursachen, die mögliche Bedrohung in Polen und in Russland, der 40. Geburtstag des
Vaters am Tag vor der Abschiebung, diverse Vorerkrankungen und eine dringend notwenige
Operation der Mutter in der Woche davor, sie wurde erst am 12.07. aus dem Krankenhaus
entlassen.
So wundert es auch nicht, wenn die erneute Erkrankung der Mutter, die einen weiteren
Aufenthalt im Krankenhaus notwendig machte, wenn die verzweifelte Intervention des Vaters
und das Weinen der Kinder bei der Abholung in Wandlitz, auf der Fahrt nach Berlin, auf dem
Flughafen Tegel und beim Einchecken („Wir wollen nicht ohne unsere Mutter fliegen!“)
ignoriert wurden.
„Es hat alles seine Richtigkeit, wenn deutsche Gesetze angewandt und umgesetzt werden“,
wird die innere Rechtfertigung der vollziehenden Bediensteten sein. Aber wie immer gab es
auch hier einen Spielraum, ein Ermessen, das den Abbruch der Abschiebung wegen der
drohenden Trennung der Familie erfordert und gerechtfertigt hätte. Um weiteren seelischen
Schaden von der Familie abzuwenden, sollte dieser Fehler durch Rückkehr der Familie rasch
geheilt werden. Gesetze und Verordnungen, die solche Maßnahmen wie die durchgeführte
legitimieren, können nicht weiter hingenommen werden. Sie müssen geändert werden!
„Wo du herkommst, ist doch egal, du hast doch sowieso keine Wahl
Du fällst vom Himmel, irgendwann-irgendwo, das nennen die dann Heimat oder so.“ singt Udo
Lindenberg in „Keine Nationen und keine Staaten mehr“
Damit sie nicht als namenlose Objekte der Abschiebung verschwinden, und weil wir wollen,
dass sie hier in Deutschland eine Chance bekommen, zeigen wir sie hier als Menschen, als
Persönlichkeiten die uns fehlen. Wir fordern ihre sofortige Rückkehr in den Barnim!
Traurige und zornige Mitglieder der Verbindungsgruppe Bernau, der Barnimer Kampagne
„Light me Amadeu“ und des Kreisjugendkonvents Barnim, die sich im Rahmen der
evangelischen Jugendarbeit um akzeptierende Kontakte bemühen.
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