Wriezen (MOZ) Beim ersten Anti-Rassismus-Tag in der Justizvollzugsanstalt haben die aktuell 135 inhaftierten Straftäter gemeinsam mit 16 Künstlerinnen und Künstlern aus Brasilien, Kanada, Litauen, Georgien, Israel, Burkina Faso und Deutschland musiziert, getanzt und Theater gespielt. Zuvor waren die Gefangenen eine Woche lang in der Schule hinter Gittern auf die Premiere vorbereitet worden — in einem fächerübergreifenden Projekt, bei dem es vor allem um Strategien dafür ging, Konflikte gewaltfrei zu lösen. Auch die Kulturoffensive vom Sonnabend wird im Unterricht ausgewertet.
“Es beeindruckt mich immer wieder, welche verborgenen Talente in den jungen Männern stecken”, sagte Anstaltsleiter Wolf-Dieter Voigt, nachdem er die gemeinsamen Auftritte der Künstler mit den Insassen der JVA beobachtet hatte. Wie schon beim im Gefängnis erarbeiteten Theaterstück “Die Räuber von Wriezen” hatte sich so mancher schwere Junge mit einem Mal wie verwandelt gezeigt.
Dass der Anti-Rassismus-Tag hinter Gittern wichtig sei, habe mit dem hohen Gewaltpotential zu tun, das bei den Gefangenen herrsche, betonte der Leiter. Dies hätte draußen zu Strafttaten geführt und wirke sich in der JVA auf den Umgang der Inhaftierten miteinander aus.
Rassismus und Gewalt ließen sich nur schwer trennen, fand Til Dellers. Der Geschäftsführer des Berliner Vereins “Interkunst” hatte die Sänger, Tänzer und Schauspieler nach Wriezen eingeladen. Überzogene Reaktionen hätten oft mit Scheu und Angst vor Unbekanntem zu tun, urteilte er. “Was wir kennen, das respektieren wir eher”, sagte Til Dellers. Dies sei im Knast nicht anders als in der Freiheit.
Nach einem mitreißenden Kurzauftritt vor den Gefangenen war das erste Eis gebrochen.
Schnell fanden sich daher Freiwillige für die Workshops mit den Künstlern. “Wir haben uns genau angeschaut, wie weit sich die Einzelnen darauf eingelassen haben, Neues zu probieren”, verriet der Anstaltsleiter.
Es sei durchaus gewollt gewesen, mit dem Auftritt der Akteure aus den anderen Kulturkreisen die Insassen der JVA maßvoll zu provozieren, erklärte Voigt: “Wer von den Jungs wäre von sich aus denn auf die Idee gekommen, sich von einem Afrikaner das Trommeln zeigen zu lassen und dabei auch noch Spaß zu haben?”
Weitere Aktionen gegen Rassismus sind geplant.