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Tumult im Rathaus

Als NPD-Red­ner das Wort ergriff, verließ
Adolf Beer (CDU) als einziger die Sitzung

Das Pro­pa­gan­da­ma­te­r­i­al, mit dem eine rechte Partei in Witt­stock für
ihren Land­tagswahlkampf gewor­ben hat­te, beschäftigte immer noch die
Witt­stock­er Stadtverord­neten. In der Sitzung Mittwochabend hat­te Barbara
Ken­zler während der Ein­wohn­er­frages­tunde den recht­en Einzel-Sitzer im
Stadt­par­la­ment aufge­fordert, sich zur Ein­hal­tung von Demokratie und
Ver­fas­sung zu beken­nen oder sein Man­dat niederzule­gen. In dem Flugblatt
war offen die Abschaf­fung der Grundw­erte der Repub­lik gefordert (wir
berichteten). 

Der NPD-Einze­lab­ge­ord­nete Math­ias Wirth war vor­bere­it­et. Gelassen zog er
ein fer­tiges Erk­lärungspa­pi­er vor, dass er dann vor­las. Zum Entsetzen
der Besuch­er um Bar­bara Ken­zler ent­pup­pte sich die Rede­vor­lage als
reines Pro­pa­gan­da­ma­te­r­i­al, flüs­sig vor­bere­it­et, hart for­muliert. Die
Abge­ord­neten hörten diszi­plin­iert zu: ehe­ma­lige RAF-Sym­pa­ti­san­ten würden
heute den Staat regieren, PDS, SED und Stasi sei eins und, und und … 

Nur CDU-Stadtverord­neter Adolf Beer war vorher aufge­s­tanden und hatte
den Saal demon­stra­tiv ver­lassen. 25 Stadtverord­nete und der
Bürg­er­meis­ter blieben sitzen und ließen Wirth reden, ohne ihn zu
unter­brechen. Die Ein­wohn­er­fra­gen beant­wortete er jedoch nicht. Erst als
Wirth mit der Rede fast fer­tig war, regten sich Abge­ord­nete auf. Aus der
Zuschauer­rei­he kamen schon längst laute Zwischenrufe. 

Das war für Ver­samm­lungsleit­er Karl Gärt­ner das Sig­nal: Er verbot
weit­ere Pro­pa­gan­dare­den. Wirth set­zte wieder an, doch wurde er endlich
von den anderen Abge­ord­neten übertönt. Seine Antwort zum Schluss hieß
nur: “Ich lege mein Man­dat nicht nieder.” 

Ver­samm­lungsleit­er Gärt­ner ver­wies darauf, dass im letzten
Tage­sor­d­nungspunkt eine Wil­lens­bekun­dung der Stadtverord­neten zu
Demokratie und Ver­fas­sung ver­ab­schiedet wer­den soll. Diese
Ehren­erk­lärung bekun­det “das Entset­zen der Abge­ord­neten zum Inhalt des
Flug­blattes…”, von dem sie sich distanzieren. 

Bei der Abstim­mung stimmten 25 Stadtverord­nete für die Annahme der
Bekun­dung, die CDU-Abge­ord­nete Rose­marie Pribus enthielt sich und Wirth
stimmte als einziger gegen die Willenserklärung. 

In der Ein­wohn­er­frages­tunde ist auch Sören Gratzkows­ki aufge­treten und
forderte Bürg­er­meis­ter Lutz Schei­de­mann auf, in Witt­stock für
Arbeit­splätze zu sor­gen und den Rathaus­saal für die geplanten
Hartz-IV-Rundtisch-Gespräche zur Ver­fü­gung zu stellen. 

Schei­de­mann wies die Forderung zurück. Gratzkows­ki solle die
ver­sproch­enen Arbeit­splätze von Kan­zler Schröder ein­fordern, der habe
sie ver­sprochen. Er wäre der falsche Adres­sat. Er verur­sache sog­ar im
Auf­trag der Abge­ord­neten zusät­zliche Arbeit­slosigkeit in Witt­stock, wenn
er den Auf­trag zu Einsparun­gen bei Per­son­alkosten für die Verwaltung
habe. “Arbeit­splätze kön­nen nur Unternehmer schaf­fen”, meint Scheidemann. 

Der vor­ab als “stark­er Auftritt in der Stadtverordnetenversammlung”
angekündigte Vorstoß von Gratzkows­ki blieb eher blass in Erin­nerung. Die
Abge­ord­neten reagierten nicht mehr darauf.

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