Ravensbrück — »Selbst in Zeiten, wo genau hingeschaut wird, wofür Geld ausgegeben wird, ist es notwenig, Ravensbrück als eine Stätte für das Gedenken und Erinnern zu erhalten und auszubauen«, sagte Finanzminister Rainer Speer (SPD) gestern vor Ort. »Für die nachfolgenden Generationen muss eine Möglichkeit bestehen, einen emotionalen Bezug zu dem schrecklichen Geschehen in Deutschland zu bekommen.«
Speer besuchte Ravensbrück nicht zum ersten Mal. Er gehörte lange vor seiner Ministerzeit zu den Demonstranten, die gegen den geplanten Supermarkt an der Zufahrt zur Mahn- und Gedenkstätte protestierten. Am Dienstag übergab Speer symbolisch den frisch sanierten Uferbereich unterhalb des beeindruckenden Denkmals »Tragende« von Willi Lammert wieder der Öffentlichkeit.
Der Uferbereich war 1959 eingeweiht worden und diente jahrelang als Gedenkplatz für größere Menschenmengen vor den Mauern des eigentlichen Konzentrationslagers. Große Teile des früheren KZ-Geländes nutzte damals noch die sowjetische Armee. Heute ist die Halbinsel vornehmlich ein Ort des stillen, individuellen Gedenkens. Immer wieder liegen Blumen auf den Stufen.
Die Treppen, die sich über 85 Meter hinziehen und in den Schwedtsee müden, waren durch Frostschäden nicht mehr begehbar. Platten hatten sich gelöst. Bei der Sanierung mussten neue Betonpfosten über 20 Meter tief in den Seeboden gesetzt werden – auch deshalb, damit die knapp elf Meter hohe Stele des Denkmals sich nicht absenkte oder neigte.
Erst während der Bauarbeiten stellte sich heraus, dass die Halbinsel unterhalb der Wasseroberfläche von einer voluminösen Betonaufschüttung umgeben war. Das Abtragen erhöhte die Kosten um 160 000 Euro und verlängerte die Bauzeit. Ursprünglich sollte die Uferanlage schon im April während der Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus übergeben werden.
»Wir freuen uns sehr, dass die architektonische Gestaltung dieser Gedenkanlage am Ufer des Schwedtsee jetzt wieder voll zur Geltung kommt«, betonte Insa Eschebach, die die Gedenkstätte seit Juni leitet. »Mit der Fertigstellung des Uferbereichs konnte eine wichtige Teilstrecke auf dem Weg der Sanierung und modernen Neugestaltung der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück zurück gelegt werden.«
Insgesamt kostete die Sanierung 1,1 Millionen Euro. Dieses Geld gehört zu den 96,2 Millionen Euro, die seit 1996 für die beiden Gedenkstätten in Sachsenhausen und Ravensbrück bereitgestellt wurden, wobei Sachsenhausen etwa zwei Drittel der Summe bekam. Das liegt daran, dass Sachsenhausen größer ist, mehr erhaltene Gebäude aufweist und dreimal so viele Besucher zählt. Gegenwärtig steht jedoch Ravensbrück im Mittelpunkt der Baumaßnahmen. Noch in diesem Jahr beginnen die Planungsarbeiten für ein attraktives Informationszentrum für Besucher am Westrand des jetzigen Parkplatzes. Die Bauarbeiten müssen im kommenden Jahr abgeschlossen sein, damit die dafür vorgesehen 1,5 Millionen Euro nicht verloren gehen und wieder ins Staatssäckel zurück fließen.
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