CDU Brandenburg will den Widerstandskämpfer Peter Gingold nicht als Redner zum Gedenktag für die Opfer des deutschen Faschismus am 27. Januar
(jW, Hans Daniel) Während auch Spitzenpolitiker der CDU/CSU verbale “Entrüstung” verlautbaren lassen über die jüngsten Vorgänge im CDU-regierten Bundesland Sachsen, demonstriert die CDU-Führung des Landes Brandenburg ihre ganz spezielle Art des “Kampfes gegen rechts”. Sie greift massiv die Verwaltung von Frankfurt/Oder an, weil die den international renommierten Widerstandskämpfer Peter Gingold als Redner zur städtischen Gedenkveranstaltung am 27. Januar eingeladen hat. Der 89jährige ist Mitglied des Auschwitz-Komitees und einer der Sprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes VVN-BdA. Die Landes-CDU halte die Einlandung “für einen Fehler und lehnt sie ab”, äußerte deren Geschäftsführer Sven Petke. Er beruft sich dabei auf den skandalösen Tatbestand, daß die VVN-BdA als größte bundesweite Organisation ehemaliger Widerstandskämpfer gegen den Faschismus und Verfolgter des Naziregimes im Verfassungsschutzbericht immer noch als “linksextremistisch” bezeichnet wird. Es dominierten nach wie vor “Kommunisten orthodox-kommunistischer Ausrichtung”. Von der Pressesprecherin des “Verfassungsschutzes” ließ sich die CDU bei ihrer Attacke gegen die Stadt zuarbeiten, diese Einschätzung “gilt auch im Januar 2005”. Wie die Märkische Oderzeitung in der vergangenen Woche berichtete, habe die Sprecherin “aus datenrechtlichen Gründen” keine Angaben zur Bedeutung von Peter Gingold machen können.
Die Angaben wären unter anderem bei der französischen Regierung einzuholen, die Gingold wegen seiner Teilnahme am Kampf der französischen Resistancé und seiner Mitwirkung an der Befreiung von Paris im August 1944 mit der Verleihung des Befreiungsordens von Paris (“Medaille de la Liberation”) ausgezeichnet hat. Als Frontbeauftragter der “Bewegung freies Deutschland” nahm er in Frankreich und in Italien am bewaffneten Kampf gegen den Faschismus teil. Zwei seiner Geschwister und sieben weitere Angehörige kehrten nicht aus Auschwitz zurück.
Ein Zeitzeuge erste Güte also, der wie wenige berufen ist, über den deutschen Faschismus und über die zu sprechen, derer am 27. Januar, am Gedenktag für alle Opfer der NS-Regimes, gedacht werden soll. Das war auch der Grund, warum ihn der Frankfurter Vorbereitungskreis, dem unter anderem die Stadtverwaltung, die Jüdische Gemeinde und der Bund der Antifaschisten angehören, für die Veranstaltung vorgeschlagen hatte. Wie die Stadt durch ihren Pressesprecher Hans-Dieter Wahl am Freitag mitteilen ließ, hält sie an der Einladung Peter Gingolds fest.
Stadt verteidigt Einladung von Peter Gingold
(MOZ) Die Stadt hält an ihrer Einladung von Peter Gingold (89), der die Gedenkrede am 27. Januar halten soll, fest. Das teilte am Freitag Frankfurts Pressesprecher Heinz-Dieter Walter mit. Von der Landes-CDU wird der Auftritt abgelehnt, da Peter Gingold Bundessprecher der von Verfassungsschützern als linksextremistisch eingestuften Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes — Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) ist.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz ordnet die VVN-BdA in seinem aktuellen Bericht als linksextremistisch ein. Nach wie vor “dominieren in den Vorständen Kommunisten orthodox-kommunistischer Ausrichtung”. “Die Organisation bewertete die Aktivitäten gewaltbereiter ‚Antifaschisten” weiterhin positiv” und arbeite mit “gewaltbereiten Linksextremisten zusammen”, berichtete am Freitag eine Pressesprecherin der Behörde. “Diese Einschätzung gilt auch im Januar 2005”, sagte sie. Zur Bedeutung von Peter Gingold könne sie aus datenrechtlichen Gründen keine Angaben machen.
CDU-Politiker Volker Starke, der als Stadtverordnetenvorsteher die Veranstaltung leiten wird, sagte zunächst, dass er über die linksextremistische Einstellung des Verbandes nichts wisse. Wie Rathaussprecher Heinz-Dieter Walter berichtete, war im vorbereitenden Arbeitskreis vorgeschlagen worden, als Zeitzeugen Peter Gingold auftreten zu lassen. Zum Vorbereitungskreis gehören neben der Stadt u. a. der Bund der Antifaschisten, der ökumenische Rat, die Jüdische Gemeinde sowie die Plattform gegen Rechts. In der Runde habe es gegen eine Einladung an Peter Gingold “keine Bedenken” gegeben, sagte Walter. “Seine Zugehörigkeit zur VVN spielte dabei keine Rolle.”
Während für OB Martin Patzelt (CDU) und Volker Starke die Kooperation kein Problem ist, kommt aus Potsdam Kritik. “Die Landes-CDU hält die Einladung für einen Fehler und lehnt sie ab”, sagte Landesgeschäftsführer Sven Petke. Es sei falsch, “dass der Sprecher einer Vereinigung, die Gewalt unterstützt, eingeladen wird.” Heinz-Dieter Walter kann diese Ablehnung nicht verstehen. Er verwies darauf, dass Peter Gingold im vergangenen Jahr mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille ausgezeichnet worden war. Peter Gingold war Widerstandskämpfer im besetzten Frankreich und in Deutschland gegen die Nationalsozialisten. Der aus Frankfurt stammende Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) wollte den Vorgang nicht kommentieren, da es nicht seine Veranstaltung sei. CDU-Kreisvorsitzender Stefan Große Boymann sagte, dass für ihn die “Verbindung des Redners mit dem linksextremistischen Verband problematisch ist”. Die Entscheidung liege aber bei der Stadt, die zu der Veranstaltung einlade.