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Urteil im Potzlow-Prozess

Pot­zlow-Prozess: Mord ohne Grund

Der Pot­zlow-Prozess gibt noch immer Rät­sel auf / Das Urteil wird morgen
verkündet

 

(MAZ, Frank Schau­ka) NEURUPPIN/POTZLOW


In den Urteilen zum Pot­zlow-Prozess ste­ht die große
Jugend­kam­mer des Landgerichts Neu­rup­pin mor­gen vor der Auf­gabe, die Tötung
von Mar­i­nus Schöberl durch drei Neon­azis erk­lären zu müssen, obwohl sie
möglicher­weise keinen Grund hat­ten, den Jun­gen mit den blondierten Haaren
umzubrin­gen. Zumin­d­est keinen zwin­gen­den, ein­leuch­t­en­den Grund. 

 

Es habe für den Mord “keinen Grund” gegeben, betonte Staat­san­wältin Eva
Hoffmeis­ter in ihrem Plä­doy­er. Ähn­lich ver­ständ­nis­los äußerte sich der
Vertei­di­ger des 18-jähri­gen Haup­tangeklagten Mar­cel Sch. “Eigentlich gab es
keinen Grund dafür, dass mein Man­dant Mar­i­nus tötete. Er begreift diese
Hand­lung selb­st nicht”, sagte Anwalt Volk­mar Schöneb­urg. Mehr als 20
Ver­hand­lungstage und die Befra­gung Dutzen­der Zeu­gen haben kein eindeutiges
Mord­mo­tiv erkennbar wer­den lassen. Ein grund­los­er Mord also? 

 

Vor seinem Tode zit­terte Mar­i­nus vor Angst

 

Vielle­icht starb der 16-jährige Schüler am frühen Mor­gen des 13. Juli 2002
nur deshalb, weil Mar­cel, Mar­i­nus langjähriger Bekan­nter aus Pot­zlow, einen
“black­out” hat­te, wie der Angeklagte vor Gericht behauptete. Jedenfalls
sprang der damals 17-Jährige dem am Boden liegen­den, in eine Steinkante
beißen­den, vor Angst zit­tern­den Mar­i­nus mit Springer­stiefeln ins Genick -
genau so wie in dem Film “Amer­i­can His­to­ry X” ein Neon­azi einen Schwarzen
ermordet. 

 

Mar­i­nus, der den Spielfilm kan­nte und zweimal, weil er sich sträubte, in
diese “wehrlos­es­te Posi­tion, die man sich vorstellen kann”, gezwun­gen wurde,
muss Tode­sangst durch­lit­ten haben, ver­mutete Staat­san­wältin Hoffmeister. 

 

Nach dem “Bor­d­stein-Kick” erschien den Tätern Mar­i­nus Gesicht so
fürchter­lich zugerichtet, dass Marcels 23-jähriger Brud­er Mar­co emp­fahl, den
Ster­ben­den, der seinen let­zten Atem schwach röchel­nd aushauchte, zu
erschla­gen. Ver­mut­lich war Mar­i­nus schon tot, als wenig später Mar­cel mit
einem Stein den Kopf des 16-Jähri­gen zertrümmerte. 

 

Es habe sich um eine “typ­is­che Gewal­teskala­tion” gehan­delt, so Anwalt
Volk­mar Schöneb­urg. Es sei keine geplante Aktion, auf keinen Fall ein
poli­tisch motiviert­er Mord gewe­sen. Die Staat­san­waltschaft Neu­rup­pin habe
sich viel zu früh auf eine recht­sex­trem­istisch motivierte Tat fest­gelegt und
abwe­ichende Erk­lärungsan­sätze nicht vorurteils­frei geprüft, kri­tisierte auch
Volk­mar Schöneb­urgs Brud­er Matthias, der Marcels älteren Brud­er Marco
verteidigt. 

 

Vielle­icht ist die Deu­tung der Tat durch die Staat­san­waltschaft lediglich
der Ver­such, ein Ver­brechen zu erk­lären, das in Wahrheit grund­los war.
Vielle­icht jedoch dringt die Staat­san­waltschaft mit ihrer Inter­pre­ta­tion zu
dem eigentlichen Wesen der Tat vor. 

 

Danach erschiene die Tat logisch und fol­gerichtig, Brüche im Tat­ablauf gäbe
es nicht: Die Täter wären nicht nur überzeugte Neon­azis, auch ihre Tat wäre
nichts anderes als ein Aus­druck ihrer men­schen­ver­ach­t­en­den Gesin­nung. Sie
hät­ten ihr Opfer mit dem Wort “Jude” ent­men­schlicht und auf diese Weise
kon­se­quent vor­bere­it­et für die “viehis­che Tat”, wie Neu­rup­pins Leitender
Ober­staat­san­walt Gerd Schnittch­er das Ver­brechen beze­ich­net hat. 

 

Unter diesem Blick­winkel würde sich das Geschehen etwa so zusammenfügen:
Anfang Juli 2002 wird der Neon­azi Mar­co Sch. nach mehrjähriger Haft
ent­lassen. Am Fre­itag, dem 12. Juli, kommt der rechtsextremistische
Sebas­t­ian F. aus Tem­plin zu Besuch nach Pot­zlow. Der 17-Jährige ist ein
Schul­fre­und von Mar­cos jün­gerem Brud­er Mar­cel. Dieser wiederum führt sich
gele­gentlich als Neon­azi auf, manch­mal jedoch gibt er sich auch als Linker -
meis­tens dann, wenn Mar­co im Gefäng­nis sitzt und der Ein­fluss auf den
jün­geren Brud­er geringer ist. 

 

Täter mit äußerst geringer Intelligenz

 

Am Nach­mit­tag des 12. Juli berauschen sich die drei zunächst an
recht­sex­tremer Musik, später, typ­isch für die Szene, an Alko­hol, schließlich
daran, dass sie Mar­i­nus, der zufäl­lig zu der Gruppe stößt, zu einem Opfer
stil­isieren, auf das sie ihre nazis­tis­che Vorstel­lung des Untermenschen
pro­jizieren kön­nen. Mar­i­nus stot­tert, trägt blondierte Haare, weite Hosen
und muss sich bei zu großem Alko­holkon­sum übergeben. In ihrem
Vorstel­lung­shor­i­zont — beschränkt durch einen Intel­li­gen­zquo­tien­ten von 55,
70 und 75 — erscheinen diese Äußer­lichkeit­en den Tätern offen­bar alles
andere als deutsch. Sie entwer­fen ein Gegen­bild, schimpfen Mar­i­nus “Jude”,
prügeln ihn zu Boden, urinieren auf den Hil­flosen. Das Mar­tyri­um dauert mit
Unter­brechun­gen mehrere Stun­den und steigert sich. Schließlich drängt die
Gruppe Mar­i­nus unter erneuten Schlä­gen zu einem entle­ge­nen Schweinestall, um
ihn nach dem Vor­bild des Filmes hinzuricht­en. So etwa sieht es die
Staatsanwaltschaft. 

 

Manche Einzel­heit­en fügen sich jedoch nur schw­er in dieses Bild: Warum,
ließe sich fra­gen, ver­ließen die drei jun­gen Recht­sex­tremen die Woh­nung, in
der sie Mar­i­nus mis­shan­delt hat­ten, ursprünglich ohne den 16-Jährigen?
Woll­ten sie Mar­i­nus zunächst nicht weit­erquälen? Welch­er Zusammenhang
existiert aber dann zwis­chen der behaupteten Ent­men­schlichung des Opfers mit
Hil­fe des Wortes “Jude” und der Hin­rich­tung Stun­den später? Und war es schon
der gemein­schaftliche Entschluss zum Mord, als auf dem ger­ade begonnenen
Heimweg Mar­cel und Sebas­t­ian Mar­cos Idee auf­grif­f­en, Mar­i­nus noch ein wenig
Angst einzu­ja­gen — woraufhin die drei in die Woh­nung zurück­kehrten, um den
auf dem Sofa Schlafend­en hin­auszuzer­ren und zu dem entle­ge­nen Schweinestall
zu drängen. 

 

Noch kom­pliziert­er ist ver­mut­lich die Gewalt im Schweinestall zu bewerten.
Die bei­den, die Mar­i­nus auf­forderten, in die Steinkante zu beißen, hatten
möglicher­weise den Film nie gese­hen, dem die bru­tale Szene entlehnt war. Ob
ihre Auf­forderung einen Mord vor­bere­it­en sollte, ist zumin­d­est zweifelhaft.
Und Mar­cel? Er war der einzige, der den Film mit Sicher­heit gese­hen hatte
und der den vor Angst zit­tern­den Mar­i­nus nach dem Vor­bild der Filmszene
umbrachte. Die Idee, Mar­i­nus in die Steinkante beißen zu lassen, hatte
jedoch nicht Mar­cel als erster geäußert. 

 

Möglicher­weise diente weniger der Film als Drehbuch für die Wirklichkeit.
Vielle­icht agierte umgekehrt Mar­cel unver­mit­telt als Haupt­darsteller in
ein­er Mord­szene, die vor seinen Augen plöt­zlich Gestalt angenom­men hatte.
“Ich bin wie im Film auf ihn gesprun­gen”, äußerte sich Mar­cel im Prozess.
“Ich wusste nicht, was ich da tat. Abge­sprochen mit den anderen war das
nicht. Die waren über mein Han­deln ziem­lich über­rascht.” — Welche Wahrheit
auch immer sich hin­ter diesem “ziem­lich” verbirgt. 

 

Hohe Haft­strafen im Potzlow-Prozess

Richter sprachen Strafen zwis­chen 2 und 15 Jahren aus

 

(LR, 23.10.) Wegen des beson­ders grausamen Mordes an dem Schüler Mar­i­nus Schöberl sind
drei Bran­den­burg­er zu teil­weise hohen Haft­strafen verurteilt wor­den. Sie
hat­ten den 16-Jähri­gen 2002 im uck­er­märkischen Pot­zlow stundenlang
gefoltert, mit einem Fußtritt getötet und seine Leiche in ein­er Jauchegrube
ver­schar­rt. Die Richter am Landgericht Neu­rup­pin sprachen am Fre­itag Strafen
zwis­chen 2 und 15 Jahren aus. Mar­i­nus Peiniger nah­men das Urteil so auf,
wie sie den gesamten Prozess ver­fol­gt hat­ten — gleichg&uum
l;ltig.

 

Der für den tödlichen Tritt ver­ant­wortliche 18-Jährige wurde wegen Mordes
und gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung zu ein­er Jugend­strafe von achteinhalb
Jahren verurteilt. Sein sechs Jahre älter­er Brud­er muss wegen versuchten
Mordes und gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung für 15 Jahre ins Gefäng­nis. Ein
weit­er­er 18 Jahre alter Tat­beteiligter erhielt wegen gefährlicher
Kör­per­ver­let­zung eine Jugend­strafe von zwei Jahren. 

 

Die Staat­san­waltschaft hat­te für die 18 und 24 Jahre alten Brüder die
Höch­st­strafe gefordert wegen Verdeck­ungsmordes. Für den 18-Jährigen
beantragten die Ankläger 9 Jahre und 8 Monate Jugendge­fäng­nis wegen
ver­sucht­en Mordes. Die Vertei­di­ger hiel­ten nur den jün­geren Brud­er des
Mordes und ihre bei­den anderen Man­dan­ten der Kör­per­ver­let­zung für schuldig.
Sie forderten wesentlich niedrigere Strafen. Die jun­gen Män­ner hat­ten zu
Prozess­be­ginn schriftliche Geständ­nisse abgelegt. 

 

Monate­lang fehlte von Mar­i­nus Schöberl jede Spur. Nach einem Tipp fanden
Ermit­tler die Leiche des Schülers und nah­men wenig später die drei
mut­maßlichen Täter fest. 

 

Chronolo­gie

 

(LR) Aufk­lärung des Mordes und Prozessverlauf 

 

. 16. Novem­ber 2002: Im Stall­gelände in Pot­zlow find­en Ermit­tler die
skelet­tierte Leiche des monate­lang ver­mis­sten Schülers. 

 

. 19. Novem­ber 2002: Gegen drei Jugendliche aus der Uck­er­mark wird
Haft­be­fehl wegen gemein­schaftlichen Mordes erlassen. 

 

. 19. Feb­ru­ar 2003: Gegen die drei mut­maßlichen Mörder wird Anklage erhoben. 

 

. 26. Mai 2003: In Neu­rup­pin begin­nt der Mord­prozess. Unter Auss­chluss der
Öffentlichkeit leg­en die son­st schweigen­den Angeklagten schriftliche
Geständ­nisse ab. 

 

. 30. Mai 2003: Zeu­gen bericht­en, dass der jün­gere der angeklagten Brüder
mit der Tat angegeben und mehrfach Bekan­nte zum Ver­steck der Leiche geführt
hat. Kein­er der Zeu­gen war aber zur Polizei gegangen. 

 

. 24. Juni 2003: Kurz vor dem geplanten Ende des Prozess­es wirft die
Vertei­di­gung mehreren Ermit­tlern Rechts­bruch vor. Die Polizis­ten hät­ten die
Eltern der bei­den jugendlichen Angeklagten von den Vernehmungen ihrer Söhne
ausgeschlossen. 

 

. 18. Juli 2003: Die Aus­sagen der mut­maßlichen Mörder bei Polizeiverhören
dür­fen vor Gericht als Beweise genutzt wer­den. Die Richter schenken den
Aus­sagen der Polizis­ten mehr Glauben als denen der Eltern. Sie weisen das
Beweisver­w­er­tungsver­bot der Vertei­di­gung zurück. 

 

. 11. August 2003: Die Vertei­di­gung erlei­det eine weit­ere Nieder­lage: Ihre
Befan­gen­heit­santräge gegen die Jugend­kam­mer wer­den abgelehnt. 

 

. 4. Sep­tem­ber 2003: Die psy­chi­a­trischen Gutacht­en bescheini­gen allen drei
Angeklagten Anhalt­spunk­te für eine ver­min­derte Schuldfähigkeit. 

 

. 10. Sep­tem­ber 2003: Wegen Verdeck­ungsmordes an dem Schüler Marinus
Schöberl fordert die Staat­san­waltschaft hohe Haft­strafen für alle drei
Angeklagten; für zwei der Män­ner die Höchststrafe. 

 

. 2. Okto­ber 2003: Die Vertei­di­ger wollen deut­lich mildere Strafen als die
Staat­san­waltschaft. Sie plädieren nur für einen der Angeklagten auf Mord.
Die bei­den anderen seien der Kör­per­ver­let­zung schuldig. 

 

. 16. Okto­ber 2003: Am Tag der geplanten Urteilsverkün­dung sorgt ein
über­raschend aufge­tauchter Zeuge für Wirbel. Er sagt, er habe gehört, wie
der erwach­sene Angeklagte bere­its im Som­mer 2000 angekündigt habe, den
Schüler Mar­i­nus zu töten. Allerd­ings weicht er im Laufe der Befra­gung immer
mehr von dieser Aus­sage ab. 

 

Gedenkstein erin­nert an ermorde­ten Marinus

 

(Berlin­er Zeitung, Susanne Rost) POTZLOW. In Pot­zlow wird am 31. Okto­ber ein Gedenkstein für den ermordeten
Mar­i­nus Schöberl eingewei­ht. Der 16-Jährige war im Juli 2002 spurlos
ver­schwun­den. Vier Monate später ent­deck­te die Polizei seine Leiche in einer
Jauchegrube unweit des Dor­fes. Drei junge Män­ner sollen den aus Potzlow
stam­menden Schüler auf grausame Art umge­bracht haben. Die Ini­tia­tive für den
Gedenkstein ging vom Pot­zlow­er Pfar­rer aus, der den Stein spon­serte. Die
übri­gen Kosten über­nahm laut Bürg­er­meis­ter Peter Feike die Gemeinde. 

 

Staunen über ein Urteil

Der let­zte Tag im Prozess um den Mord von Potzlow

 

(Tagesspiegel, Frank Jansen) Der Mann ist frei. Kaum hat Rich­terin Ria Bech­er das Urteil verkün­det, steht
Sebas­t­ian F. auf und holt aus ein­er Plas­tik­tüte eine große, blaue Dose
Tabak. Dann begin­nt der 18-Jährige, eine Zigarette zu drehen. Ruhig, die
Hände zit­tern nicht, kein Krümel fällt zu Boden. Das ungläu­bige Staunen um
ihn herum, die hek­tis­chen Fra­gen der vie­len Jour­nal­is­ten — der große
Kurzhaar­mann wirkt unbeein­druckt und schweigt. Dabei hat ihn die
Jugend­kam­mer des Landgerichts Neu­rup­pin an diesem Fre­itag­mit­tag ger­ade mit
ein­er sen­sa­tionell kleinen Strafe bedacht und dann noch den Haftbefehl
aufge­hoben. In einem Prozess, der wie kaum ein ander­er in der Geschichte des
Bun­des­lan­des Bran­den­burg Beach­tung gefun­den hat. Weil die Folter und
Ermor­dung des 16-jähri­gen Mar­i­nus Schöberl im Juli 2002 im uckermärkischen
Dorf Pot­zlow unfass­bar bru­tal, ja sadis­tisch wirkt. 

 

Doch Sebas­t­ian F. war nach Ansicht der Strafkam­mer “nur” in begren­ztem Maße
ein Mit­täter. Ein­er, der Schöberl geschla­gen hat und der auf ihn urinierte.
Aber für den Mord sei Sebas­t­ian F. nicht ver­ant­wortlich. Das Haupt­maß der
Schuld hät­ten die Brüder Mar­co und Mar­cel S. auf sich geladen. 

 

Mar­cel S., auch 18 Jahre alt und in dem fünf­monati­gen Prozess immer bleich
wie ein Schw­erkranker, hat am frühen Mor­gen des 13. Juli 2002 den schon seit
Stun­den mal­trätierten Mar­i­nus Schöberl mit einem “Bor­d­stein­kick” getötet.
Stock­end trägt Rich­terin Bech­er vor, Mar­cel S. oder Sebas­t­ian F. hätten
Mar­i­nus gezwun­gen, in einem ehe­ma­li­gen Schweinestall in die Kante eines
Trogs zu beißen. Dann sei ihm Mar­cel mit seinen Stahlkap­pen­stiefeln auf den
Kopf gesprun­gen. “Der Kopf­bere­ich wurde zer­quetscht, Mar­i­nus kippte nach
links weg”, sagt Bech­er. Die Richter, die Schöf­fen, die Vertei­di­ger, das
Pub­likum erstar­ren, zwei, drei Sekun­den lang. “Mar­cel wollte nachempfinden,
wie es sich anfühlt, wenn ein Men­sch stirbt”, sagt Bech­er ton­los, “und er
wollte seinem Brud­er imponieren.” Mar­co S., 24, vorbe­strafter Neon­azi, nimmt
die rechte Hand an den Mund. Auf dem kahlen Schädel ist über dem linken Ohr
das Wort “Skin­head” tätowiert. 

 

Das “kom­plexe Ver­hält­nis” der bei­den Brüder sieht die Strafkam­mer als eines
der wesentlichen Motive für den Gewal­texzess. Mar­cel habe Angst vor seinem
Brud­er gehabt, aber er habe auch dessen Anerken­nung gesucht, sagt Becher.
Und als dann Mar­co an jen­em Abend “aus ein­er Laune her­aus” anf­ing, den
harm­losen Hiphop­per Mar­i­nus Schöberl zu quälen, habe Mar­cel sich die
“Ein­stel­lung” des großen Brud­ers zu Eigen gemacht “und sich dem Opfer
gegenüber als höher­w­er­tig ange­se­hen”. Und dann mit­geprügelt, den
verängstigten Schöberl mit in den Schweinestall gebracht — und alleine, ohne
den Brud­er und Sebas­t­ian F., “plöt­zlich den Entschluss gefasst, den
Bor­d­stein­kick voll­ständig in die Real­ität umzuset­zen”. Bech­ers Stimme ist
wieder leise geworden. 

 

Die Kam­mer verurteilt Mar­cel S. zu achtein­halb Jahren Jugend­strafe. Wegen
Mordes, gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung und Nöti­gung. Dass es nicht, wie von
der Staat­san­waltschaft gefordert, zehn Jahre si
nd, begrün­det Bech­er mit
seinem Geständ­nis kurz nach der Fes­t­nahme, Alko­hol und “ein­er Intel­li­genz am
unteren Rand der Norm”. Die Kam­mer hält auch Mar­co S. den Suff und “einen IQ
von 55″ zugute. Und eine “Per­sön­lichkeitsstörung”. Den­noch bekommt er
15Jahre, wegen ver­sucht­en Mordes und unter “Ein­beziehung” ein­er früheren
Strafe, nach einem Über­fall auf einen Afrikan­er. Das hohe Straf­maß erklärt
die Kam­mer so: Für Mar­co S. gilt Erwach­se­nen­strafrecht, außer­dem habe er
mit­gewirkt, als Mar­cel noch einen Gas­be­ton­stein auf Mar­i­nus Schöberl warf.
Um sich­er zu sein, dass der Junge tot ist. Anschließend wurde er von den
Angeklagten in ein­er Jauchegrube verscharrt. 

 

Als Bech­er nach einein­halb Stun­den Urteil und Begrün­dung ver­lesen hat, sind
die bei­den Staat­san­wältin­nen und das Pub­likum ver­wirrt, auch empört. “Wir
wer­den auf jeden Fall Beschw­erde gegen die Freilas­sung von Sebas­t­ian und
Revi­sion gegen das milde Urteil ein­le­gen”, sagt Ober­staat­san­wältin Lolita
Lodenkäm­per. Über­raschend kündigt auch der Anwalt von Sebas­t­ian F. eine
“vor­sor­gliche Revi­sion” an. Der hält der­weil seine fer­tig gedrehte Zigarette
in der Hand. Er wird gefragt, ob er sich freut. Sebas­t­ian F. grinst. Dann
fol­gt ein kräftiges “Jau”.

 

Pot­zlow: Zwei Mordurteile

 

Weil er eine Hip-Hop-Hose trug und sich die Haare färbte, musste Marinus
Sch. ster­ben. Gestern wur­den die bei­den Brüder Mar­co und Mar­cel S. zu acht
und fün­fzehn Jahren Haft verurteilt. Ihr Fre­und Sebas­t­ian F. bekam zwei
Jahre wegen Nötigung

 

(TAZ, Kirsten Küp­pers) Die Brüder bekom­men hohe Haft­strafen. Der kleine Brud­er acht Jahre und sechs
Monate wegen Mordes und gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung, der ältere 15 Jahre
wegen ver­sucht­en Mordes. Ihr Fre­und wird zu zwei Jahren wegen Nötigung
verurteilt. 

 

Die Richter vom Landgericht Neu­rup­pin haben den Mord, der in der Nacht zum
13. Juli 2002 in dem kleinen Ort Pot­zlow in der Uck­er­mark geschah, nicht als
verir­rte Tat von drei betrunk­e­nen Jungs gew­ertet. Sie haben mehr als 40
Zeu­gen befragt, sie haben fast das ganze Dorf Pot­zlow ins Gericht geladen:
die Polizis­ten, den Getränke­händler, die Lehrer, die Schul­fre­unde, die
Alko­ho­lik­er. 25 Tage hat der Prozess jet­zt gedauert. 

 

Die Richter haben sich Mühe gegeben. Sie haben ver­sucht her­auszufind­en, was
passiert ist in jen­er Nacht, als die drei Angeklagten, die Geschwis­ter Marco
und Mar­cel S., 23 und 17 Jahre alt, sowie ihr Fre­und, der 17-jährige
Sebas­t­ian F. nach einem Abend voller Bier- und Schnap­sh­er­rlichkeit den
16-jähri­gen Mar­i­nus Sch. erst stun­den­lang gequält und geschla­gen haben.
“Sag, dass du ein Jude bist”, ver­langten sie. Auf das Gelände einer
still­gelegten LPG am Dor­frand haben sie ihn geschleppt. Dort erwartete ihn
ein so genan­nter “Bor­d­stein-Kick”, wie er auch in dem Spielfilm “Amer­i­can
His­to­ry X” gezeigt wird: Mar­i­nus Sch. musste in die Kante eines
Schweinet­rogs beißen, Mar­cel S. sprang ihm mit seinen Springer­stiefeln auf
den Kopf. Erst Monate später wurde die Leiche von Kindern in der Jauchegrube
gefunden. 

 

Das Ver­brechen flog auch deswe­gen auf, weil Mar­cel S. immer wieder mit der
Tat angegeben hat­te. “Ich hab einen Pen­ner umge­bracht”, hat er gerufen,
“musste auch mal machen, is geil.” Die Angeklagten haben bei der Polizei
zugegeben, dass es so war. Den Rest haben Zeu­ge­naus­sagen bestätigt. Am Ende
sahen es die Richter als erwiesen an, dass die Angeklagten Mar­i­nus Sch. als
Opfer aus­sucht­en, weil er eine weite Hip-Hop-Hose getra­gen hat­te und sich
die Haare blond färbte. Ihre rechte Ein­stel­lung führte zur Moti­va­tion, “ihn
zu demüti­gen, um eigene Über­legen­heit zu demon­stri­eren”, sagte die
Vor­sitzende Rich­terin gestern. Mar­cel S. habe vorsät­zlich und aus niederen
Beweg­grün­den gehan­delt. “Er wollte erleben, wie es ist, einen Men­schen zu
töten.” 

 

Die Vertei­di­ger der Angeklagten hat­ten dage­gen kein recht­sex­tremes Motiv für
den Mord aus­machen kön­nen, vielmehr han­dele es sich um eine Tat im
Alko­ho­laf­fekt. Der Anwalt von Sebas­t­ian F. hat­te sog­ar eine Jugend­strafe im
Gefäng­nis abgelehnt. Bei den Auseinan­der­set­zun­gen habe es sich um “nicht
wesentlich mehr als eine Kabbelei” gehan­delt. “Ein so genannter
Bor­d­stein-Kick ist sich­er bru­tal, aber nicht grausam. Er ist effizient, um
jeman­den zu töten.” 

 

Die bei­den Brüder ver­nah­men mit gesenk­ten Köpfen ihr Urteil. Beim älteren
Brud­er Mar­co S. floss auch dessen langes Vorstrafen­reg­is­ter in das Strafmaß
mit ein. Derzeit sitzt Mar­co. S. bere­its im Gefäng­nis, wegen eines Überfalls
auf einen Asyl­be­wer­ber aus Sier­ra Leone. 

 

Sein klein­er Brud­er wollte ihm mit dem Mord an Mar­i­nus S. imponieren,
erk­lärte die Rich­terin gestern. In der Unter­suchung­shaft hat Mar­cel S. sich
ein Hak­enkreuz auf sein Knie tätowieren lassen. Auch im Gerichtssaal bemühte
er sich um ein aus­druck­slos­es Gesicht. Sein Fre­und Sebas­t­ian F. durfte
gestern nach Hause gehen. Bis zur Voll­streck­ung der Strafe ist er frei. Mit
einem bre­it­en Grin­sen im Gesicht, ein­er Plas­tik­tüte in der einen und einer
Zigarette in der anderen Hand, ver­ließ er gestern den Saal. Die
Staat­san­waltschaft hat indes angekündigt, gegen das Urteil in seinem Falle
Revi­sion einzule­gen. Auch der Anwalt der Neben­klage find­et die Entscheidung
“viel zu milde”. 

 

Hass, Wahn, Suff — Mord

 

Landgericht Neu­rup­pin ver­hängt langjährige Haft­strafen für Mord an
16-jähri­gen Schüler. Jugendliche Täter stam­men aus der recht­sex­tremen Szene.
Opfer als Jude gedemütigt

 

(TAZ) NEURUPPIN afp Wegen des bru­tal­en Mordes an dem 16-jähri­gen Schüler Marinus
S. im bran­den­bur­gis­chen Pot­zlow hat das Landgericht Neu­rup­pin am Freitag
gegen drei junge Män­ner aus der recht­sex­tremen Szene langjährige Haftstrafen
ver­hängt. Der 18-jährige Haup­tangeklagte Mar­cel S. erhielt wegen Mordes und
gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung eine Jugend­strafe von achtein­halb Jahren. Sein
mehrfach vorbe­strafter 24-jähriger Brud­er Mar­co muss wegen ver­sucht­en Mordes
für 15 Jahre ins Gefäng­nis. Der 18-jährige Mit­täter Sebas­t­ian F. wurde wegen
gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung zu zwei Jahren Haft verurteilt. 

 

Die drei geständi­gen Täter hat­ten ihr Opfer im Juli 2002 nach starkem
Alko­holko­sum in einen ehe­ma­li­gen Schweinestall gelockt. Den Skin­heads galt
der 16-Jährige als links ori­en­tiert, weil er sich die Haare blond färbte und
eine in der HipHop-Szene ver­bre­it­ete weite Hose trug. In dem Stall
ver­höh­n­ten und mis­shan­del­ten sie ihr Opfer. Der Schüler sollte das falsche
Beken­nt­nis able­gen, ein Jude zu sein. Als er schließlich gezwun­gen wurde, in
die Kante eines Schweinet­rogs zu beißen, sprang der Haup­tangeklagte Marcel
S. ihm mit Springer­stiefeln ins Genick. Zudem wur­den zwei Steine auf den
Kopf des Jun­gen gewor­fen. Die Täter sollen sich dies in einem US-Film
abgeschaut haben, in dem ein Schwarz­er auf diese Weise von einem Neonazi
getötet wird. Die Leiche des Schülers war­fen die jun­gen Män­ner in eine
Jauchegrube, wo sie nach vier Monat­en von Kindern ent­deckt wurde. Richterin
Ria Bech­er sprach in der Urteils­be­grün­dung von einem beson­ders brutalen
Mord. Die recht­sex­treme Ein­stel­lung der Jugendlichen sei ein Tatmotiv
gewe­sen. Die Urteile blieben unter den Strafanträ­gen des Staat­san­walts, der
gegen die Brüder Höch­st­strafen von 10 Jahren Jugend­haft bzw. lebenslänglich
beantragt hatte. 

 

Urteilsverkün­dung im Potzlow-Prozess

Achtein­halb Jahre Haft für Haupttäter

 

(MAZ) NEURUPPIN/POTZLOW — Im Landgericht Neu­rup­pin sind gestern die Urteile im
Potzlow-Proz
ess verkün­det wor­den. Der bei der Tat 17-jährige Hauptangeklagte
Mar­cel Sch. wurde wegen Mordes an dem 16-jähri­gen Schüler Mar­i­nus Schöberl
zu ein­er Jugend­strafe von achtein­halb Jahren verurteilt. Marcels 24 Jahre
alter Brud­er Mar­co muss wegen ver­sucht­en Mordes 15 Jahre in Haft. Der damals
17-jährige Sebas­t­ian F. erhielt ein­er Jugend­strafe von zwei Jahren, durfte
jedoch gestern nach Hause. 

 

Ent­ge­gen der Anklage der Staat­san­waltschaft wertete die Jugend­kam­mer des
Landgerichts das Ver­brechen nicht als recht­sex­treme Tat, obwohl die Täter
der Neon­azi-Szene zuzurech­nen sind. 

 

Die Staat­san­waltschaft Neu­rup­pin sowie zwei Vertei­di­ger kündigten an, gegen
das Urteil in Revi­sion zu gehen. 

 

Neugi­er als Mordmotiv

Mar­i­nus Schöberls Tod war laut Gericht kein poli­tis­ches Verbrechen

 

(MAZ, Frank Schau­ka) NEURUPPIN/POTZLOW — Mar­i­nus Schöberl musste im Alter von 16 Jahren sterben,
weil Mar­cel Sch. “erleben wollte, wie es sich anfühlt, einen Men­schen zu
töten”. Nicht, dass der 17-Jährige per­sön­lich etwas gegen Mar­i­nus gehabt
hätte. Sie waren zwar keine engen Fre­unde, kan­nten sich aber seit Jahren.
Die bei­den hat­ten wohl auch manch­es krumme Ding gedreht. Doch am frühen
Mor­gen des 13. Juli 2002 wollte Mar­cel plöt­zlich dieses mörderische Gefühl
ausleben, wie Ria Bech­er, die Vor­sitzende der großen Jugend­kam­mer des
Landgerichts Neu­rup­pin, in ihrer Urteilsverkün­dung zum Potzlow-Prozess
gestern ausführte. 

 

200 Meter abseits des Dor­fes, am Ende eines 75 Meter lan­gen Schweinestalls
auf dem Gelände ein­er ver­lasse­nen LPG, lag Mar­i­nus am Boden und biss in eine
Steinkante, weil Mar­cel es ihm befohlen hat­te. Mar­i­nus hat­te nicht mehr die
Kraft, sich zu wehren. Stun­den­lang hat­ten sie ihn geprügelt und gedemütigt.
Mar­co, Marcels älter­er Brud­er, und Sebas­t­ian, ein Schul­fre­und von Marcel,
hat­ten mit der Mis­shand­lung begonnen. Schließlich schlug auch Marcel
mehrfach zu. 

 

Mar­i­nus zit­terte vor Angst, seine Hose war feucht und stank. Der Junge lag
in der hil­flos­es­ten Posi­tion, die man sich vorstellen kann, wie
Staat­san­wältin Eva Hoffmeis­ter es genan­nt hat­te. Jed­er in Pot­zlow kan­nte die
Szene aus dem Film “Amer­i­can His­to­ry X”, in dem ein Neon­azi einen Schwarzen
mit einem Sprung ins Genick ermordet. Mar­i­nus lag da wie dieser Schwarze. 

 

Es sei nicht so gewe­sen, erk­lärte Rich­terin Bech­er, dass Mar­cel Marinus
“per­sön­lich umbrin­gen wollte”. Mar­cel — selb­st oft geschla­gen und nun in
ein­er Posi­tion des Starken — habe jäh den Entschluss gefasst, die ihm
ver­traute Film­szene “bis zum bit­teren Ende durchzus­pie­len”. Mar­i­nus sei
nicht mehr als das “zufäl­lige, aber jet­zt zur Ver­fü­gung ste­hende Opfer”
gewe­sen. Auf der Suche nach etwas Gefühl und dem Wun­sch, von seinem
krim­inellen Brud­er Mar­co endlich anerkan­nt zu wer­den, brachte Mar­cel Marinus
um. Das tödliche Ende des Sprungs “war ihm klar”, sagte Bech­er. Wegen dieses
Mordes, ange­siedelt “auf der unter­sten moralis­chen Stufe”, ist der heute
18-Jährige gestern zu ein­er Jugend­haft­strafe von achtein­halb Jahren
verurteilt wor­den. Bei guter Führung kann Mar­cel als 23-Jähriger dennoch
wieder frei sein. 

 

Der Mord an Mar­i­nus, befand das Gericht, sei ein Mit­täterexzess gewe­sen und
nicht das geplante poli­tis­che Ver­brechen, das die Neuruppiner
Staat­san­waltschaft zum Auf­takt des Prozess im Mai angeklagt hat­te. Die
höch­sten Haft­strafen für alle drei Täter hat­te sie deshalb gefordert: 15
Jahre Haft für den damals 23-jähri­gen Neon­azi Mar­co, die Max­i­mal­strafe von
zehn Jahren Jugend­haft für den zum Tatzeit­punkt 17-jähri­gen Mar­cel sowie
eine Jugend­strafe von neun Jahren und acht Monat­en für den damals 17 Jahre
alten recht­sex­tremen Sebastian. 

 

Gestern hinge­gen kon­nte Sebas­t­ian F. den Gerichtssaal zunächst als freier
Mann ver­lassen. Er wird dem­nächst wegen gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung eine
Jugend­strafe von zwei Jahren antreten müssen, auf die seine elfmonatige
Unter­suchung­shaft allerd­ings angerech­net wird. Mar­co Sch. wurde wegen
ver­sucht­en Mordes und Kör­per­ver­let­zung sowie unter Berück­sich­tung diverser
Vorstrafen zu ein­er Gesamt­strafe von 15 Jahren verurteilt. Ein
recht­sex­tremes Motiv für den Mord­ver­such kon­nte dem überzeugten Neon­azi für
diese Tat jedoch nicht nachgewiesen wer­den. Strafmildernd wirk­ten sich zudem
der äußerst geringe Intel­li­gen­zquo­tient von 55 sowie die Alkoholabhängigkeit
des Angeklagten aus. 

 

Die Jugend­kam­mer des Landgerichts — die sich weit­ge­hend den Beweisket­ten der
Pots­damer Vertei­di­ger Matthias und Volk­mar Schöneb­urg anschloss -
dif­feren­zierte in der Urteils­be­grün­dung stark zwis­chen der
recht­sex­trem­istis­chen und men­schen­ver­ach­t­en­den Geis­te­shal­tung der drei Täter
und dem Verbrechen. 

 

Die Staat­san­waltschaft werde teil­weise in Revi­sion gegen das Urteil gehen,
kündigte die Lei­t­erin der poli­tis­chen Abteilung, Loli­ta Lodenkäm­per, an.
Ins­beson­dere das Urteil gegen Sebas­t­ian F. sei zu ger­ing ausgefallen. 

 

Rechtsmit­tel will wegen des Urteils gegen Mar­co Sch. auch Anwalt Matthias
Schöneb­urg einlegen. 

 

Reak­tion der Eltern

 

“Es ist immer noch unvorstell­bar für uns, dass wir unsere Kinder achteinhalb
und 15 Jahre nicht mehr zu Hause sehen kön­nen”, weint Jut­ta Sch. Mit ihrem
Mann hat sie zu Hause auf das Urteil gewartet. “Wir haben nach all den
schlim­men Wochen nicht mehr die Kraft gehabt, um an diesem Tag den
Presserum­mel im Gerichtssaal ertra­gen zu kön­nen.” “Ohne Frage gehört diese
schlimme Tat gesüh­nt,” ergänzt Jür­gen Sch. “Was ich aber nicht ver­ste­he ist,
warum der dritte Beteiligte an der Tat, der die Lei­den von Mar­i­nus Schöberl
miter­lebt und nichts für ihn getan hat, nur zu zwei Jahren Jugendstrafe
verurteilt wurde und sofort nach der Urteilsverkün­dung vor­läu­fig nach Hause
kon­nte. Den­noch sind wir dem Gericht dankbar, dass unserem Sohn Mar­co die
Sicher­heitsver­wahrung nach 15 Jahren Gefäng­nis erspart bleibt, die der
Staat­san­walt gefordert hat. Somit wer­den wir Mar­co irgend­wann wieder in die
Arme schließen können.” 

 

Ein Ander­er in Potzlow

Bis zum Ende des Prozess­es gegen Skin­heads, die einen Jun­gen bru­tal ermordet
haben, find­et das Opfer in seinem Dorf kein Mitgefühl

 

(FR, Pitt von Beben­burg) Es ist ein unheim­lich­er Prozess gewe­sen wegen ein­er grauen­vollen Tat. In
Pot­zlow, einem Dorf von 576 Ein­wohn­ern in der Uck­er­mark, haben die beiden
Brüder Mar­co und Mar­cel S., 24 und 18 Jahre alt, und Marcels Schulkamerad
Sebas­t­ian F. im Som­mer ver­gan­genen Jahres einen sprach­be­hin­derten Jungen
stun­den­lang gequält und ermordet. Auf eine Weise, die die Staatsanwaltschaft
vor der Zweit­en Großen Strafkam­mer des Neu­rup­pin­er Landgerichts “viehisch”
nan­nte. Das Opfer, der 16 Jahre alte Mar­i­nus Schöberl, hat­te blond gefärbte
Haare und trug eine weite Hose, wie sie die eher links-alternativ
ori­en­tierten Hiphop­per mögen. Das passte den Tätern nicht. Sie zwan­gen ihn
zu sagen, dass er “Jude” sei, um ihn dann als einen Men­schen zu behandeln,
der für sie kein Recht auf Leben hat. 

 

Kaum ein­er aus Pot­zlow hat sich auf den Weg nach Neu­rup­pin gemacht, um den
Prozess zu ver­fol­gen. Drei Zeu­gen mussten von der Polizei geholt werden,
weil sie nicht von sich aus gekom­men waren. Es waren jene bei­den Män­ner und
eine Frau, in deren Haus die Tor­tur von Mar­i­nus begonnen hat­te. Gegen die
drei erg­ing Straf­be­fehl wegen unter­lassen­er Hil­feleis­tung. “Ich habe mir
nichts vorzuw­er­fen”, sagte die Frau vor Gericht. 

 

In ihrem Haus, auf ihrer Veran­da, schlu­gen die Täter den Jun­gen. Sie soffen
selb­st und flößten ihm Schnaps und Bier e
in, bis er erbrechen musste. Der
Junge lag vor dem Haus, Sebas­t­ian F. pinkelte auf den Wehrlosen. Im
Mor­gen­grauen des 13. Juli 2002 bracht­en sie ihn zu ver­fal­l­enen Ställen am
Rande des Dor­fes. Dort zwan­gen sie ihn, in den Beton­rand eines Schweinetrogs
zu beißen. Dann sprang Mar­cel mit seinen schwarzen Springer­stiefeln auf den
Kopf, wie er es in dem Gewalt­film “Amer­i­can His­to­ry X” gese­hen hatte.
Mar­i­nus war halb tot und so entstellt, dass der Ältere, Mar­co, zu dem
Schluss kam: “Der wird nicht mehr. Den kön­nen wir keinem Arzt mehr
vorstellen.” Die bei­den Brüder woll­ten ihn endgültig töten, Mar­cel fand
einen Stein und warf ihn zweimal auf den bere­its zertrüm­merten Kopf des
Jun­gen. Sebas­t­ian F. war nach Marcels bru­talem Sprung mit den Worten: “Damit
will ich nichts zu tun haben”, kurz wegge­gan­gen. Er kam zurück und half mit,
den Jun­gen zu ver­schar­ren. Das Landgericht sah keine Beteili­gung von F. an
dem Mord. 

 

Strafen für Mar­cel und Mar­co S.

 

Sebas­t­ian F. darf am Ende der Urteilsverkün­dung seine Plas­tik­tüte pack­en und
nach Hause gehen. Er muss zwar später wieder ins Gefäng­nis, um seine
zwei­jährige Jugend­strafe abzusitzen. Doch zunächst hebt das Gericht den
Haft­be­fehl auf — sehr zum Unwillen der Staat­san­waltschaft. Denn die
Vor­sitzende Rich­terin Ria Bech­er hat­te selb­st darauf aufmerk­sam gemacht,
dass F. in elf Monat­en Unter­suchung­shaft “nicht von sein­er inneren Haltung
gegenüber anderen Men­schen Abstand genom­men” hat. Mar­cel und Mar­co gehen
dage­gen vom Gerichtssaal zurück ins Gefäng­nis: Mar­cel wird zu achteinhalb
Jahren, Mar­co S. zu 15 Jahren Haft verurteilt. Dabei bezieht das Gericht
frühere Strafen mit ein. 

 

Im Neu­rup­pin­er Gerichtssaal hat sich seit dem Prozes­sauf­takt im Mai das
Panora­ma ein­er völ­lig ver­wahrlosten Szene aufge­blät­tert, der in Potzlow
keineswegs nur Jugendliche ange­hören. Gesof­fen wurde dort, Bier und Schnaps
vor allem. Mit einem Trinkge­lage hat­te auch der Sam­stagabend im Juli vor
einem Jahr begonnen, der Son­ntag früh mit der Ermor­dung von Mar­i­nus endete.
Unge­fähr zwei Promille soll jed­er der Täter gehabt haben. Den drei jungen
Män­nern attestierte das Gericht stark ver­min­derte Intel­li­genz. Bei Marcel
lag der Intel­li­gen­zquo­tient mit 55 so niedrig, dass es für ihn strafmildernd
aus­fiel, weil das Gericht nicht auss­chließen kon­nte, dass dieser Man­gel im
Zusam­men­spiel mit dem Alko­hol dazu geführt hat­te, dass er nicht mehr Herr
sein­er Hand­lun­gen war. 

 

Es war keineswegs ein Zufall, dass die Täter auf Nazi-Jar­gon zurückgriffen.
Auch vor Gericht trat­en sie im recht­sex­tremen Out­fit auf. Mar­co hat
“Skin­head” in den kahlen Schädel tätowiert. Zum Zeit­punkt der Ermor­dung von
Mar­i­nus war er erst seit ein­er Woche frei — nach­dem er Vorstrafen wegen
Kör­per­ver­let­zung hat­te absitzen müssen. Und da der Mord von Pot­zlow zunächst
nicht aufgek­lärt wurde, kon­nte Mar­co weit­er sein Unwe­sen treiben. Vier
Wochen danach fiel er zusam­men mit sein­er Fre­undin und einem anderen
Skin­head in Pren­zlau über einen Schwarzen aus Sier­ra Leone her. Dafür kam er
ins Gefäng­nis, noch ehe die Ermit­tler Mar­i­nus gefun­den hatten. 

 

Ein Grab­stein für Marinus

 

Nur wenige in Pot­zlow schien es zu stören, dass Mar­i­nus ver­schwun­den war,
und als seine Mut­ter herum­fragte, ern­tete sie häu­fig nicht mehr als ein
Schul­terzuck­en. Es hörte auch nie­mand hin, als Mar­cel anf­ing, mit dem Mord
zu prahlen. “Das war ein geiles Gefühl, das müsst ihr auch mal machen”, soll
der 18 Jahre alte Mann gesagt haben. Erst als Mar­cel um 25 Euro wettete,
dass er die Leiche auch zeigen könne, und andere Jugendliche zu den Ställen
führte, wo sie Mar­i­nus an jen­em Son­ntag­mor­gen ver­schar­rt hat­ten, wendete
sich schließlich jemand an die Polizei. 

 

Für den Grab­stein von Mar­i­nus, dessen kinder­re­iche Fam­i­lie in armen
Ver­hält­nis­sen lebt, haben nicht die Pot­zlow­er gesam­melt. Eine Journalistin
von außer­halb brachte das Geld auf. 

 

In Pot­zlow stre­it­et man sich der­weil darüber, ob der Alko­holkon­sum der
Jugendlichen öffentlich debat­tiert wer­den darf. Und darüber, ob das
Jugend­haus — und nicht etwa die Eltern — die Ver­ro­hung der Jugendlichen
hätte ver­hin­dern müssen. 

 

“Ich ver­liere nicht die Hoff­nung”, sagt Pfar­rer Johannes Reimer, “aber es
ist sehr schwierig.” 

 

Pot­zlow-Prozess endet mit hohen Haftstrafen

Gericht wertet Mord an Mar­i­nus Schöberl nicht als Gemein­schaft­stat der drei
angeklagten Neonazis

 

(Berlin­er Zeitung, Jens Blanken­nagel) NEURUPPIN. Keine dreißig Minuten nach Verkün­dung des Urteils im Prozess um
die Ermor­dung des 16-jähri­gen Schülers Mar­i­nus Schöberl ste­ht ein­er der drei
Angeklagten am Fre­ita­gnach­mit­tag rauchend vor dem Landgericht Neuruppin.
Nicht nur viele Prozess­beobachter sind über­rascht, dass er vor­läu­fig frei
ist. Auch er selb­st. “Damit habe ich nicht gerech­net”, sagt der 18-jährige
Sebas­t­ian F. sichtlich erfreut. Ein glatzköp­figer Kumpel sagt zu ihm: “Jet­zt
kannst du ja ein Bier schlür­fen gehen.” 

 

In dem fünf Monate währen­den Mord­prozess war dem jun­gen Mann vorgeworfen
wor­den, Mar­i­nus am 12. Juli 2002 mit zwei anderen Neon­azis in Potzlow
stun­den­lang geschla­gen, belei­digt, als Juden beschimpft und auf ihn uriniert
zu haben. Die Anklage sah es als erwiesen an, dass er mit den anderen später
geplant hat, Mar­i­nus in einem Stall nach dem Vor­bild des Films “Amer­i­can
His­to­ry X” zu ermor­den. Klar ist: Die drei Täter hat­ten Mar­i­nus gezwungen,
in die Kante eines stein­er­nen Fut­tertrogs zu beißen, dann war ihm der
Haup­tangeklagte Mar­cel Sch. mit seinen schwarzen Springer­stiefeln auf den
Kopf gesprun­gen. Um sich­er zu gehen, dass er stirbt, warf er ihm dann noch
zweimal einen Stein auf den Kopf. 

 

Nach dem Jugend­strafrecht dro­hte Sebas­t­ian F., der zur Tatzeit wie der
Haupt­täter min­der­jährig war, eine Höch­st­strafe von zehn Jahren. Die
Staat­san­waltschaft forderte neun Jahre und acht Monate, der Vertei­di­ger war
gegen eine Haft­strafe, wollte nur erzieherische Maß­nah­men. Rich­terin Ria
Bech­er ver­hängte eine Strafe von zwei Jahren. Die muss Sebas­t­ian F. erst
antreten, wenn das Urteil recht­skräftig ist. Die unterschiedlichen
Vorstel­lun­gen vom Straf­maß drück­en die Schwierigkeit des gesamten Prozesses
aus. Wie soll ein Mord ohne wirk­lich­es Motiv geah­n­det wer­den, began­gen von
betrunk­e­nen Jugendlichen mit besten­falls unterdurchschnittlicher
Intel­li­genz? Wie lässt sich erk­lären, dass sie Mar­i­nus, den sie seit Jahren
kan­nten, “ohne Grund und Anlass” ermorde­ten? Die Staat­san­waltschaft sah
darin eine bes­tialis­che Tat, die ihren Ursprung im rechtsextremistischen
Gedankengut der Angeklagten hat­te. Mar­i­nus hat­te mit seinen weit­en Hosen und
den gefärbten Haaren dem Feind­bild der recht­sradikal eingestellten
Angeklagten entsprochen, deshalb haben sie ihn mis­shan­delt. “Sie woll­ten ihn
demüti­gen und ihre Über­legen­heit demon­stri­eren”, sagte auch die Richterin. 

 

Doch der eigentliche Mord ist laut Gericht keine gemeinsame
recht­sex­trem­istisch motivierte Tat, denn die soll Mar­cel Sch. allein
began­gen haben. Obwohl die anderen daneben standen, Mar­i­nus gar gezwungen
hat­ten, vor dem tödlichen Sprung in den Trog zu beißen. “Sie hat­ten den
Sprung nicht für möglich gehal­ten”, sagte die Rich­terin. Daher wurde nur der
Haupt­täter wegen Mordes verurteilt — zu acht Jahren und sechs Monat­en Haft.
“Er wollte das Gefühl erleben, wie es ist, zu töten. Und er wollte seinem
Brud­er und Sebas­t­ian imponieren”, sagte Bech­er. “Er spielte sich auf als
Herr über Leben und Tod.” 

 

Marcels großer Brud­er, Mar­co Sch. — ein vielfach vorbestrafter
rechtsextre
mer Schläger, der ger­ade ein Strafe wegen Mis­shand­lung eines
Afrikan­ers absitzt — bekam nicht die geforderte lebenslange Haft wegen
gemein­schaftlich began­genem Mordes. Er soll 15 Jahre wegen ver­sucht­en Mordes
ins Gefäng­nis. Denn er hat­te nach dem so genan­nten Bor­d­stein­kick dafür
gesorgt, dass sein Brud­er dem Opfer einen Stein auf den Kopf wirft, um
Mar­i­nus zu töten. Außer­dem hat­te er mit den Mis­shand­lun­gen begonnen. “Er hat
die Spi­rale der Gewalt erst in Gang geset­zt”, sagte die Richterin. 

 

Sowohl Anklage als auch Vertei­di­gung sind mit den Urteilen unzufrieden und
prüfen eine mögliche Revi­sion. Im Fall von Sebas­t­ian F. allerd­ings haben
sich bei­de Seit­en sofort entschlossen, Wider­spruch einzule­gen. “Ich sehe
keine schädlichen Nei­gun­gen bei ihm”, sagte sein Anwalt Ulrich Drews, der
auch die zwei­jährige Haft­strafe vom Tisch haben will. Die Staatsanwaltschaft
hinge­gen will eine weitaus härtere Strafe. “Wir haben auch Beschw­erde gegen
die Freilas­sung des Mannes ein­gelegt”, sagte Staat­san­wältin Lolita
Lodenkämper. 

 

Mord nach Drehbuch — Hohe Strafen im Potzlow-Prozess

Mit Haft­strafen von 15 und achtein­halb Jahren für die Brüder Mar­co und
Mar­cel Sch. endete gestern der Prozess um den Mord an Mar­i­nus Schöberl aus
Pot­zlow. Der dritte Angeklagte ist vor­erst wieder frei.

 

(BM, M. Lukasche­witsch) Neu­rup­pin — Im Prozess um den bes­tialis­chen Mord an dem 16-jähri­gen Schüler
Mar­i­nus Schöberl in Pot­zlow sind gestern zwei der drei Angeklagten zu hohen
Haft­strafen verurteilt wor­den. Das Landgericht Neu­rup­pin ver­hängte gegen die
Brüder Mar­co Sch. (24) und Mar­cel Sch. (18) wegen ver­sucht­en Mordes und
Mordes 15 Jahre Haft beziehungsweise acht Jahre und sechs Monate
Jugendstrafe. 

 

Der dritte Mitangeklagte Sebas­t­ian F. (18) kam dage­gen vor­erst wieder auf
freien Fuß. Er erhielt zwar zwei Jahre Jugend­strafe wegen Nöti­gung und
Kör­per­ver­let­zung, die er aber nicht gle­ich antreten muss. Die Vorsitzende
Rich­terin Ria Bech­er hat­te dem schlak­si­gen, unge­lenken jun­gen Mann
schädliche Nei­gun­gen und eine ungün­stige Sozial­prog­nose bescheinigt,
trotz­dem kon­nte er nach dem Urteil zunächst Hause gehen. Denn der Haftbefehl
lautete auf Mord. Dieser Vor­wurf bestätigte sich nach Auf­fas­sung des
Gerichts nicht. 

 

Recht­san­walt Thomas Weichelt, der die Eltern des ermorde­ten Mar­i­nus Schöberl
als Neben­kläger ver­trat und für alle Angeklagten eine Verurteilung wegen
gemein­schaftlich began­genen Mordes gefordert hat­te, war fas­sungs­los: “Das
ist nicht zu begreifen.” Auch die Staat­san­waltschaft will gegen das aus
ihrer Sicht “viel zu milde” Urteil gegen Sebas­t­ian F. Revi­sion ein­le­gen. F.
hat­te Mar­i­nus einige Stun­den vor seinem Tod in einem Schweinestall
geschla­gen und auf ihn uriniert. 

 

Doch an dem Mord selb­st, began­gen durch Mar­cel Sch., war F. nach Auffassung
der Richter nicht beteiligt: “Die Kam­mer kon­nte nicht klären, ob es unter
den Angeklagten eine Verabre­dung gab, Mar­i­nus zu töten”, sagte Richterin
Bech­er. Stets hat­te Mar­cel Sch. die alleinige Ver­ant­wor­tung für den Sprung
auf den Kopf des am Boden kauern­den Jun­gen über­nom­men. Das kon­nte auch die
Staat­san­waltschaft nicht überzeu­gend widerlegen. 

 

Mar­cel habe die Mord-Szene aus dem Film Amer­i­can His­to­ry X “bis zum bitteren
Ende durch­spie­len” wollen (s. Kas­ten), sagte die Rich­terin zum Motiv für die
Tat. Mar­i­nus musste in die Steinkante eines Schweinet­rogs beißen. “Zunächst
nur, um ihm Angst einzu­ja­gen”, wie die Rich­terin sagte. Dann aber sprang
Mar­cel Sch. mit bei­den Füßen — er trug stahlkap­pen­be­wehrte Springerstiefel -
auf den Kopf des Jun­gen. Sein Kopf wurde dabei regel­recht “auseinan­der
gesprengt”. 

 

Anschließend sucht­en die bei­den Brüder einen Stein, um Mar­i­nus den Rest zu
geben. Mar­cel fand einen Gas­be­ton­stein und ließ ihn zweimal auf den Kopf des
Opfers krachen. Anschließend versenk­ten die Täter den Toten in einer
Jauchegrube. “Mar­cel wollte fühlen, wie es ist, wenn man einen Menschen
tötet”, sagte die Rich­terin. Mar­i­nus sei das “zufäl­lige, aber ger­ade zur
Ver­fü­gung ste­hende Opfer gewesen”.

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