Wie auf der vom Brandenburger Innenministerium am 03.?12.?2013 abgehaltenen Pressekonferenz zu erfahren war, werden aufgrund des Beschlusses der Zentralen Aufnahmestelle in Eisenhüttenstadt (ZAST) 80 Geflüchtete aus Syrien in der leerstehenden Oderland-?Kaserne in der Fürstenwalder Poststraße in Frankfurt untergebracht. Diese Unterbringung sei nach Angaben des Leiters der Aufnahmestelle, Frank Nürnberger, bis zum 31.?03.?2014 befristet. In der Zwischenzeit sollen in der ZAST Eisenhüttenstadt die Container ausgebaut werden, welche laut Nürnberger eine bestmögliche und menschenwürdige Unterbringung für die Geflüchteten in der Erstaufnahmestelle Eisenhüttenstadt böten.
Wir vom Utopia e.V. fragen uns jedoch, wie bei einer Unterbringung in Asylheimen und Containern überhaupt von einer menschenwürdigen Unterbringung gesprochen werden kann. Die Bedingungen, unter denen die Geflüchteten dort leben, sind bedenklich und offenbaren alles andere als eine Willkommenskultur. Sie müssen dort mit schlechten sanitären Anlagen und von hohen Zäunen umgeben isoliert am Rand der Stadt leben. Auch an einer ausreichenden psychosozialen und gesundheitlichen Versorgung fehlt es für die oft von den Erlebnissen im Herkunftsland und auf der Flucht traumatisierten und gesundheitlich beeinträchtigten Geflüchteten. Stattdessen sind die Geflüchteten erneut einer Belastungsprobe in den Heimen ausgesetzt, nicht nur in Eisenhüttenstadt.
Ziel einer humanen Gesellschaft muss es sein, auf die besonderen Bedürfnisse von Geflüchteten einzugehen und diese menschenwürdig und dezentral unterzubringen. Bis zur Verwirklichung dessen bleibt alles Gerede über eine Willkommenskultur – auch das der Beteiligten der Pressekonferenz – nur eine Farce.
Die Stadt hatte bereits am 02.?12.?2013 die Anwohner*innen der Oderland-?Kaserne in einem Schreiben und in Informationsgesprächen über die neue Situation „aufgeklärt“. Interessanterweise wurde hier von den Anwohner*innen immer mit dem Terminus „Betroffene“ gesprochen. Damit werden die geflüchteten Menschen zur Belastung bzw. zur Bedrohung stilisiert, anstatt sie als neue Mitbürger*innen willkommen zu heißen. Mit solch einer Rhetorik wird Rassist*innen in die Hände gespielt.
Wie die zuständigen Behörden gedenken, einer möglichen rassistischen Mobilisierung gegen die Unterbringung von Geflüchteten entgegenzuwirken, blieb, auch auf Nachfrage, unklar. Wir fordern die Stadt deshalb auf, konkret zu werden und Maßnahmen zur Sicherheit und Unterstützung der Geflüchteten vorzulegen.
Auf die Frage, inwiefern die neuen Bewohner*innen von der Stadt begrüßt werden sollen, machte sich Claudia Possardt, Kämmerin und Beigeordnete für Sicherheit und Ordnung, für eine Willkommenskultur sowie für eine dezentrale Unterbringung der Geflüchteten stark. Wir vom Utopia e.V. werden uns auch zukünftig offensiv für die dezentrale Unterbringung von Geflüchteten einsetzen und versuchen, eine erneute Diskussion zu diesem Thema in der Stadt anzustoßen. Wenngleich Frau Possardt betonte, dass dies ihre private Meinung sei, werden wir sie beim Wort nehmen und hoffen, dass sie sich in einer solchen Debatte für eine menschenwürdige Unterbringung von Asylbewerber*innen einsetzen wird.
Nichtsdestotrotz hat die Pressekonferenz einen sehr bitteren Beigeschmack hinterlassen. Sowohl Frau Possardt als auch Herr Nürnberger betonten vielfach, dass die Syrer*innen sehr „angenehme Menschen“ und „in ihrem Naturell anders gestrickt” seien „als andere Völkergruppen“. So könne Frankfurt froh sein, wer ihnen da zugeteilt wurde. Dass hier über Menschen gesprochen wird, scheint nicht bei allen Beteiligten klar zu sein. An einen Tuberkuloseausbruch wie bei den Tschetschen*innen in Eisenhüttenstadt sei bei den Syrer*innen nicht zu denken. Diese unreflektierte Einteilung von Menschen in „gute“ und „schlechte“ Geflüchtete zeigt deutlich, dass eine Auseinandersetzung mit (Alltags-?)Rassismus seitens der Stadt und der zuständigen Behörden dringend nötig ist.
“Wir fordern eine Willkommenskultur für Geflüchtete in Frankfurt (Oder) ein. Rassist*innen, wie sie sich allerorts formieren, muss entschlossen entgegengetreten werden. Darüber hinaus fordern wir die dezentrale Unterbringung von Geflüchteten und die Abschaffung der Heime.” so Janek Lassau für den Utopia e.V.
Frankfurt (Oder), den 04.?12.?2013