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V‑Mann-Affäre: BRB-VS ist entrüstet über Vorwürfe und begrüsst die Verurteilung Stadlers


Eine ange­bliche “V‑Mann-Affäre” des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes war in die Medi­en ger­at­en, als die Staat­san­waltschaft Berlin am 20. Juli am Rande eines Konz­ertes in Berlin-Marzahn Toni S. fes­t­nehmen ließ — ohne sich mit den zuständi­gen Bran­den­burg­er Behör­den abzustimmen. 

 

Sei­ther wucherten, genährt durch zahlre­iche Indiskre­tio­nen außer­halb Bran­den­burgs, die Speku­la­tio­nen und Verdäch­ti­gun­gen. Ihnen kon­nte die Ver­fas­sungss­chutzbe­hörde kaum ent­ge­gen­treten, da ihr über Monate Ein­sicht in die entsprechen­den Akten ver­wehrt wurde. 

 

Heute verurteilte das Landgericht Berlin Toni S. wegen Volksver­het­zung, Gewalt­darstel­lung und Ver­wen­dung ver­fas­sungswidriger Kennze­ichen zu zwei Jahren auf Bewährung. 

 

 

Innen­min­is­teri­um begrüßt Verurteilung 

 

Der ehe­ma­lige V‑Mann des bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutzes Toni S. hat­te die CD “Noten des Has­s­es” der recht­sex­trem­istis­chen Berlin­er Band “White Aryan Rebels” (WAR) eben­so wie andere ver­botene Ton­träger vertrieben. 

 

Er behauptete vor Gericht, er habe dafür Rück­endeck­ung vom Ver­fas­sungss­chutz bekom­men. Lei­der ist diese durch­sichtige, zur eige­nen Ent­las­tung vorge­brachte Schutzbe­haup­tung ungeprüft ste­hen geblieben; was der Ver­fas­sungss­chutz sel­ber hierzu vor­tra­gen kann, ist im Prozess gar nicht berück­sichtigt wor­den. Tat­säch­lich hat sich Toni S. über klare Weisun­gen von Seit­en der Ver­fas­sungss­chutzbe­hörde hinge­set­zt und ohne deren Ken­nt­nis Geschäfte betrieben, mit denen er sich straf­bar gemacht hat. 

 

Dafür ist er nun zu Recht verurteilt wor­den. Denn soweit er außer­halb des vom Ver­fas­sungss­chutz geset­zten Hand­lungsrah­mens agiert hat, haftet er selb­st dafür; die Ver­fas­sungss­chutzbe­hörde ist nicht ver­ant­wortlich für Tat­en, die ein V‑Mann unabges­timmt und auf eigene Faust begeht. 

 

 

Die Auf­gabe des V‑Mannes

 

Welche Rolle hat­te der Ver­fas­sungss­chutz Toni S. zugedacht? Toni S. war V‑Mann — also eine Per­son aus der recht­sex­trem­istis­chen Szene, die mit dem Ver­fas­sungss­chutz zusam­me­nar­beit­ete, damit ebendiese Szene aufgerollt wer­den kon­nte. Er hat­te u. a. den Auf­trag, die hochkon­spir­a­tiv agierende Band WAR, ihre Pro­duk­tions­beziehun­gen und die Ver­trieb­swege ihrer CDs aufzuk­lären. Um an die inter­na­tionalen Hin­ter­män­ner und an das Netz der Vertreiber in Deutsch­land näher her­anzukom­men, war der V‑Mann mit Wis­sen der bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutzbe­hörde an der Ver­bre­itung ein­er bes­timmten Menge der inkri­m­inierten CD beteiligt; nicht jedoch an deren Produktion. 

 

Die Ver­bre­itung ver­fas­sungswidriger Pro­pa­gan­damit­tel ist zwar nach § 86 Absatz 1 Strafge­set­zbuch ver­boten. Doch bes­timmt der Absatz 3 dieses Para­graphen, dass man sich nicht straf­bar macht, wenn die Ver­bre­itung ver­fas­sungswidriger Pro­pa­gan­damit­tel der Abwehr ver­fas­sungswidriger Bestre­bun­gen dient. Der Zweck recht­fer­tigt in diesem Fall das Mit­tel. Der Zweck: die Aufk­lärung und nach­fol­gende Zer­schla­gung eines inter­na­tionalen Ringes von Pro­duzen­ten und Vertreibern, die men­schen­ver­ach­t­ende, het­zerische Aufrufe auf Ton­trägern in der ein­schlägi­gen Szene ver­bre­it­eten und noch mas­siv­er ver­bre­it­en woll­ten. Das Mit­tel: eine zeitlich und sach­lich begren­zte Mitwirkung an diesem Treiben. Diese Recht­sauf­fas­sung hat gute Gründe für sich. 

 

 

Unge­heuer­liche Vorwürfe 

 

Die Behaup­tung der Berlin­er Staat­san­waltschaft, die aus­ländis­chen Her­steller und die inländis­chen Vertreiber seien auch ohne Zutun des bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutzes bekan­nt, trifft nicht zu. Und der unge­heuer­liche Vor­wurf, ohne den Ver­fas­sungss­chutz hätte es die inkri­m­inierte CD gar nicht gegeben, ver­di­ent eine scharfe Zurückweisung. 

 

Vielmehr hat der unabges­timmte, vor­eilige Zugriff vom 20. Juli dafür gesorgt, dass nun weit­ere Per­so­n­en, die in die Pro­duk­tion und den Han­del mit recht­sex­trem­istis­chen Ton­trägern ver­wick­elt sind, nicht belangt wer­den kön­nen. Denn es fehlt an Beweisen gegen sie, die bei einem pro­fes­sionelleren Zusam­men­spiel der
Sicher­heits­be­hör­den hät­ten erlangt wer­den können.
Die Neon­azis frohlock­en darüber. 

 

 

Weit­ere Ermittlungen 

 

Ein Vor­wurf zielt auch auf den zuständi­gen V‑Mann-Führer, also den Bedi­en­steten des Ver­fas­sungss­chutzes, der den V‑Mann anleit­ete: Er habe Straftat­en des V‑Mannes gedeckt und deren Aufk­lärung vere­it­elt. Der­gle­ichen darf sich ein V‑Mann-Führer selb­stver­ständlich nicht zuschulden kom­men lassen. Nun­mehr wird in dieser Sache eine Staat­san­waltschaft in Bran­den­burg ermit­teln. Dem zu erwartenden Ver­fahren kann die Ver­fas­sungss­chutzbe­hörde guten Gewis­sens entgegensehen. 

Innen­min­is­teri­um begrüßt Verurteilung von Toni S. 

 

 

Nr. 188/2002 vom 11.11.2002

Das Innen­min­is­teri­um des Lan­des Bran­den­burg begrüßt die heutige Verurteilung des Toni S. Dieser ehe­ma­lige V‑Mann des bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutzes hat­te klare Weisun­gen seines Quel­len­führers mis­sachtet und sich durch eigen­mächtige Aktio­nen straf­bar gemacht. Die Verurteilung ist daher konsequent. 

Um sich selb­st zu ent­las­ten, hat Toni S. jedoch dem Ver­fas­sungss­chutz die Ver­ant­wor­tung für diese Aktiv­itäten auf­bür­den wollen. Das Innen­min­is­teri­um bedauert, dass die Schutzbe­haup­tun­gen des Toni S. im Laufe des Ver­fahrens nicht ein­er objek­tiv­eren Über­prü­fung unter­zo­gen wur­den. So wurde lei­der kein Mitar­beit­er des bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutzes hierzu ver­nom­men. Auch eine vom Anwalt des Quel­len­führers bei der Berlin­er Staat­san­waltschaft hin­ter­legte, aus­führliche Aus­sage seines Man­dan­ten ist in der Anklageschrift nicht berück­sichtigt wor­den. Gle­ich­es gilt für Äußerun­gen von Toni S. gegenüber anderen Staat­san­waltschaften, die seinen Schutzbe­haup­tun­gen zuwider laufen. Mit Blick auf die Ver­fahrens­führung wirft diese Vorge­hensweise grund­sät­zliche Fra­gen auf. 

Wesentliche Teile der beson­ders in den let­zten Wochen und Monat­en über schw­er­wiegende Indiskre­tio­nen öffentlich kom­mu­nizierten Vor­würfe gegen den bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutz kon­nten nicht erhärtet wer­den. Dies gilt ins­beson­dere für die Behaup­tung, Toni S. hätte konkrete Durch­suchungswar­nun­gen erhal­ten. Aber auch der Vor­wurf, es hätte ohne den bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutz die in Rede ste­hende CD nicht gegeben, erwies sich schließlich als halt­los. Denn im Prozess wurde deut­lich, dass Toni S. an Kom­po­si­tion, Ein­spielung und Pres­sung der CD nicht beteiligt war. 

Als gescheit­ert gilt eben­so der Ver­such der Staat­san­waltschaft, die von Beamten des bran­den­bur­gis­chen LKA mit dem Angeklagten Toni S. Anfang Novem­ber geführten Gespräche über Möglichkeit­en des Schutzes sein­er Per­son in ein schlecht­es Licht zu rück­en. Die drän­gende Frage, warum die ermit­tel­nden Berlin­er Ein­rich­tun­gen vor ihrem Zugriff keinen Kon­takt mit anderen Sicher­heits­be­hör­den auf­nah­men — obwohl klar war, dass sie mit ihren Maß­nah­men in die Maß­nah­men ander­er Sicher­heits­be­hör­den ein­grif­f­en — wurde im Zuge der Ver­hand­lung lei­der nicht aus­re­ichend erörtert. Daher ist die Ein­schätzung von Beobachtern, das von einem kar­ri­ere­ori­en­tierten Staat­san­walt forcierte Ver­fahren habe Züge eines Schauprozess­es gegen den bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutz in sich getra­gen, nur schw­er zu entkräften. 

Mit Blick auf die schw­eren Indiskre­tio­nen der let­zten Wochen und Monate begrüßt das Innen­min­is­teri­um die — in der Presse gemelde­ten — per­son­ellen Kon­se­quen­zen im Berlin­er Lan­deskrim­i­nalamt. Mit dieser Entschei­dung hat man dort
den richti­gen Weg eingeschla­gen. Sollte dieser Weg weit­er beschrit­ten wer­den, so beste­ht damit die Möglichkeit, das erschüt­terte Ver­trauensver­hält­nis wieder zu verbessern.

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