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V‑Mann-Affäre: Schönbohm signalisiert Einlenken

TAZ

 

Pots­dam und Berlin wollen die Affäre um einen V‑Mann in der recht­en Szene in Bran­den­burg gemein­sam klären. Nach heftigem Stre­it ist Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Schön­bohm jet­zt zu ein­er ver­trauensvollen Zusam­me­nar­beit bereit
Mit einem ungewöhn­lichen Schritt vertei­digten die Berlin­er Jus­tiz- und Innen­ver­wal­tung ihr Vorge­hen in der Affäre um den bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutz­in­for­man­ten und Neon­azi Toni S. In ein­er gemein­samen Erk­lärung beton­ten die Sen­atsver­wal­tun­gen für Jus­tiz und Inneres gestern, ihre Behör­den hät­ten kor­rekt gehan­delt. Die Maß­nah­men seien “nach Recht und Gesetz erfolgt”.

Demge­genüber lenk­te Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) erst­mals seit Beginn der Affäre vor vierzehn Tagen ein. Er wolle die Basis für eine ver­trauensvolle Zusam­me­nar­beit mit Berlin wieder­her­stellen, so Schön­bohm nach einem Gespräch mit der Berlin­er Jus­tizse­n­a­torin Karin Schu­bert (SPD) und einem Vertreter der Innen­ver­wal­tung. Dazu soll jet­zt eine gemein­same Arbeits­gruppe gebildet werden.
Mit Ermit­tlun­gen der Staat­san­waltschaft Berlin gegen den V‑Mann-Führer von Toni S. wegen Strafvere­it­elung im Amt und Ver­bre­itung von ver­fas­sungswidriger Pro­pa­gan­da hat­te sich der Stre­it zwis­chen den Berlin­er und Bran­den­burg­er Sicher­heits­be­hör­den in den let­zten Tagen weit­er zuge­spitzt. V‑Mann-Führer Dirk B. war eben­so wie Toni S. und der Berlin­er Neon­azikad­er Lars Burmeis­ter ins Visi­er der Berlin­er ger­at­en, weil er an der Erstel­lung der zweit­en Auflage der Neon­azi-CD “Noten des Has­s­es” beteiligt gewe­sen sein soll.
In aller Öffentlichkeit war­fen Beamte des Berlin­er Lan­deskrim­i­nalamts zudem den Bran­den­burg­er Behör­den vor, ihr Infor­mant sei aus dem Rud­er gelaufen. Außer­dem trage der Pots­damer Ver­fas­sungss­chutz durch seine V‑Männer zum Anstieg recht­sex­tremer Straftat­en bei.
Kri­tik am Vorge­hen der Berlin­er Behör­den wies die Berlin­er Jus­tiz­press­esprecherin Ari­ane Faust zurück. “Es gibt keinen Grund dafür, zu behaupten, es sei von unser­er Seite fehler­haft ermit­telt wor­den.” Die Berlin­er hät­ten erst durch den Fund entsprechen­der Unter­la­gen bei der Durch­suchung der Woh­nung von Toni S. im Anschluss an dessen Fes­t­nahme bei einem Neon­azikonz­ert erfahren, dass die Staat­san­waltschaft Cot­tbus schon seit einem Jahr gegen S. wegen Ver­bre­itung von rechter Pro­pa­gan­da ermit­telt. Inzwis­chen seien die Ergeb­nisse der Cot­tbusser Staat­san­waltschaft an die Berlin­er Jus­tiz übergeben wor­den. Auch die Durch­suchung der Woh­nung eines Gewährs­man­nes des bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutzes, über dessen Adresse die Handyrech­nun­gen des V‑Mann-Führers liefen, sei durch einen richter­lichen Beschluss gedeckt gewesen.
In Bran­den­burg geht man nach wie vor davon aus, dass die Berlin­er Jus­tiz ab Mai dieses Jahres von Toni S. Infor­man­ten­tätigkeit informiert waren. Dessen Tele­fon­num­mern seien mit einem Sper­rver­merk verse­hen gewe­sen, was in Sicher­heit­skreisen als ein­deutiges Anze­ichen für die Beteili­gung ein­er Behörde ver­standen werde. Die Berlin­er Beamten hät­ten bei der Überwachung von Toni S. Tele­fonat­en nicht nur dessen Gespräche mit seinem V‑Mann Führer mit­geschnit­ten, son­dern auch noch die Gesprächsin­halte falsch inter­pretiert, so der Vor­wurf. Während Berlin davon aus­ge­gan­gen sei, dass bei dem Konz­ert in Marzahn die Über­gabe von 3.000 CDs habe stat­tfind­en solle, habe sich V‑Mann Toni S. lediglich mit Lars Burmeis­ter und einem säch­sis­chen Neon­azi mit ein­schlägi­gen Kon­tak­ten nach Ost€pa getrof­fen, um die Modal­itäten für die CD-Nach­pres­sung zu besprechen. Diese kon­nte bis­lang nicht zu Tage gefördert werden. 

 

Märkische Allgemeine 

 

POTSDAM/BERLIN In der V‑Mann-Affäre bemühen sich die poli­tis­chen Führun­gen in Pots­dam und Berlin offen­sichtlich um Schadens­be­gren­zung. Man werde die Angele­gen­heit mit den Berlin­er Behör­den “in ein­er ganz sach­lichen Atmo­sphäre” besprechen, sagte Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck (SPD) gestern. 

 

Ver­söhn­lich gab sich auch Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU). In sein­er ersten offiziellen Stel­lung­nahme zu der Angele­gen­heit erk­lärte er, dass er die Basis für eine ver­trauensvolle Zusam­me­nar­beit mit Berlin wieder her­stellen wolle. In ein­er Arbeits­gruppe, die in der näch­sten Woche gebildet werde, soll­ten die strit­ti­gen Fra­gen zu den Vor­fällen um den Infor­man­ten des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes aufgear­beit­et wer­den. Darauf habe er sich in einem Gespräch mit der Berlin­er Jus­tizse­n­a­torin Karin Schu­bert (SPD) und einem Vertreter der Innen­ver­wal­tung geeinigt, teilte Schön­bohm mit. 

 

Berlin und Pots­dam wollen auch in Zukun­ft im Kampf gegen den Recht­sex­trem­is­mus kooperieren. “Wir sind uns einig mit Berlin, dass der Kampf gegen Recht­sex­trem­is­mus weit­er das gemein­same Ziel ist”, sagte Schönbohm. 

 

Zu Irri­ta­tio­nen hat die V‑Mann-Affäre auch in der Pots­damer Großen Koali­tion geführt. “Die CDU sollte sich auf ihre Ver­ant­wor­tung als Regierungspartei besin­nen”, reagierte der Par­la­men­tarische Geschäfts­führer der SPD-Land­tags­frak­tion, Wolf­gang Klein, auf die harsche Kri­tik des CDU-Abge­ord­neten Dierk Home­y­er an Berlin­er Behör­den und Sen­a­toren. Dessen Ver­hal­ten sei geeignet, die Beziehun­gen zu Berlin dauer­haft zu belas­ten, meinte Klein. “Die CDU ver­liert aus dem Blick, welche Fol­gen der Stre­it haben kann.” Der Fusion­s­gedanke werde beschädigt, wenn die Behör­den öffentlich demon­stri­erten, dass schon sie sich nicht vertrü­gen. Home­y­er hat­te von Jus­tizse­n­a­torin Schu­bert und Innense­n­a­tor Erhart Kört­ing (SPD) eine Entschuldigung bei Innen­min­is­ter Schön­bohm verlangt. 

 

Die Berlin­er Jus­tiz vertei­digte auch gestern die Fes­t­nahme des V‑Manns, die zu dessen Ent­tar­nung beitrug. “Als Ergeb­nis ist festzuhal­ten, dass alle durch die Berlin­er Behör­den ver­an­lassten Maß­nah­men nach Recht und Gesetz erfol­gt sind und in ver­gle­ich­baren Sit­u­a­tio­nen wieder so erfol­gen müssten”, hieß es. In Pots­dam wirft man Berlin weit­er vor, den Ein­satz nicht mit Bran­den­burg abges­timmt zu haben. 

 

Post­damer Neueste Nachrichten 

Pots­dam (PNN/ma). Bran­den­burg und Berlin wollen den Stre­it um die V‑Mann-Affäre möglichst schnell bei­le­gen. Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) kündigte gestern Nach­mit­tag nach Gesprächen mit dem Innen- und Jus­tizse­n­a­tor in Berlin an, dass in der kom­menden Woche eine gemein­same Arbeits­gruppe auch Fachebene gebildet werde. Sie soll strit­tige Fra­gen aufar­beit­en. Die Einzel­heit­en sollen die Staatssekretäre der Innen- und Jus­tizres­sorts bei­der Län­der Mon­tag besprechen. Schön­bohm sagte, er habe die Ini­tia­tive ergrif­f­en, weil nur die Recht­sex­trem­is­ten von dem Stre­it prof­i­tierten. Sie dürften nicht die Gewin­ner sein. Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck erk­lärte, er sei sich mit Schön­bohm einig, dass die Bekämp­fung des Recht­sex­trem­is­mus absoluten Vor­rang haben und man mit Berlin an einem Strang ziehen müsse.
Die V‑Mann-Affäre belastet inzwis­chen nicht nur das Ver­hält­nis zwis­chen bei­den Län­dern, son­dern auch das Koali­tion­skli­ma in Pots­dam. Die SPD-Land­tags­frak­tion rief gestern den Koali­tion­spart­ner zur „Mäßi­gung“ auf, weil die CDU von den Sen­a­toren Kört­ing (Innen) und Schu­bert (Jus­tiz) eine Entschuldigung wegen der Pan­nen und Fehler bei der Ent­tar­nung des V‑Mannes Toni S. aus Cot­tbus ver­langt hat­te. Sie warnte die CDU davor, „den Bogen zu überspan­nen“, weil die Zusam­me­nar­beit mit Berlin gefährdet werde. Zuvor hat­te der Sprech­er der SPD im Berlin­er Ver­fas­sungsauss­chuss, Klaus Uwe Ben­neter, Vor­würfe der märkischen CDU-Poli­tik­er Dierk Home­y­er und Sven Petke am Ver­sagen Berlin­er Behör­den scharf zurück­gewiesen. Sie
soll­ten sich darum küm­mern, wer dafür ver­ant­wortlich sei, dass der V‑Mann Toni S. unter den Augen des märkischen Ver­fas­sungss­chutzes schw­er­wiegende Straftat­en bege­hen konnte. 

Auch in Bran­den­burg kocht das V‑Mann The­ma hoch: Die PDS-Abge­ord­nete Ker­stin Kaiser-Nicht beantragte gestern eine Son­der­sitzung der Par­la­men­tarischen Kon­trol­lkom­mis­sion (PKK), die den Ver­fas­sungss­chutz kon­trol­liert. Zugle­ich ver­langte sie eine poli­tis­che Grund­satzde­bat­te über die Rolle der V‑Leute. Es müsse geprüft wer­den, ob beim Ein­satz des von der Berlin­er Polizei ent­tarn­ten und in Unter­suchung­shaft sitzen­den V‑Mannes Toni S. Gren­zen über­schrit­ten wor­den seien. „Natür­lich darf der Ver­fas­sungss­chutz V‑Leute nicht zu Straftat­en ans­tiften und nicht dulden, dass sie Straftat­en bege­hen“, so die Abge­ord­nete. Sie müssten angewiesen wer­den, sich neu­tral zu ver­hal­ten. Allerd­ings gebe es Ermessen­spiel­räume. Kaiser-Nicht ver­langte kurzfristig eine umfassende Infor­ma­tion der PKK sowie Ein­sicht in Akten der V‑Mannes. Ihr Ein­druck sei, „dass auf diesem Gebi­et zuviel getan wird“. 

Der PKK-Vor­sitzende Christoph Schulze (SPD) stimmte Kaiser-Nicht zu, dass es Gren­zen gebe, die V‑Leute nicht über­schre­it­en dürften. Ob dies bei dem ent­tarn­ten V‑Mann der Fall sei, sei unklar und müsse geprüft wer­den. Berlin­er Vor­würfe, dass es, hätte Bran­den­burg halb so viele V‑Leute, auch weniger recht­sex­trem­istis­che Straftat­en geben würde, wies Schulze als „das Dümm­ste, was ich je gehört habe“, zurück. Beim Ver­fas­sungss­chutz sprach man vonein­er „infa­men Unter­stel­lung“. Der SPD-Poli­tik­er Schulze sagte weit­er, die offen­bar gewor­dene fehlende Abstim­mung zwis­chen den Län­dern bei der Bekämp­fung des Recht­sex­trem­is­mus sei ein Symp­tom für den tat­säch­lichen Zus­tand der Zusam­me­nar­beit: Es gebe enorme Defizite und kaum Gemein­samkeit­en. Bei­de Län­der seien in autis­tis­ch­er Weise mit sich selb­st beschäftigt. Die Regierungschefs müssten das endlich offen aussprechen und die Zusam­me­nar­beit zur Chef­sache machen.

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