POTSDAM — Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) wird wegen seiner Schelte am Berliner Prozess gegen den brandenburgischen V‑Mann Toni S. scharf kritisiert. Die Unterstellung, Gericht und Staatsanwaltschaft hätten in dem Verfahren eine “Art politischen Prozess” gegen den märkischen Verfassungsschutz geführt, müsse zurückgenommen werden, verlangte der Richterbund. Die PDS-Opposition forderte Schönbohm zum Rücktritt auf. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und Schönbohm betonten, sie wollten vor einer Stellungnahme zunächst einmal die Urteilsbegründung studieren.
Platzeck bekräftigte jedoch, dass es einen “gläsernen” Verfassungsschutz nicht geben werde. Dass die Opposition die Demission Schönbohms verlange, sei “nicht so außergewöhnlich”. Der Innenminister unterstrich, dass Brandenburg einen “leistungsfähigen” Verfassungsschutz brauche und “keinen gläsernen”. Eine solche Behörde könne gleich abgeschafft werden, weil sie keine Ansprechpartner mehr hätte.
PDS-Fraktionschef Lothar Bisky sagte: “Ich verstehe nicht, wie ein Innenminister so großfressig mit Gerichten umgehen kann.” Das werfe einen Schatten auf die brandenburgische Landesregierung insgesamt. Er erwarte deshalb auch eine Positionierung von Platzeck. Ein Innenminister, der dulde, dass der “Verfassungsschutz mit rechtsextremen Straftätern kungelt, hat in der Regierung nichts verloren”, konstatierte Bisky. Die V‑Männer spielten “Staat im Staate”.
Die Berliner Staatsanwaltschaft und das Berliner Landgericht haben nach Darstellung der Berliner und Brandenburger Landesverbände im Deutschen Richterbund die Ermittlungen und den Prozess “streng nach rechtsstaatlichen Grundsätzen” geführt. Sie seien keinerlei politischem Einfluss unterlegen, noch hätten sie solchen ausgeübt. Der Innenminister eines Bundeslandes sollte auch dem Gericht eines anderen Bundeslandes keine rechtsstaatswidrige Praxis unterstellen.
Das Landgericht Berlin hatte Toni S. am Montag zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 28-jährige “unter den Augen einer staatlichen Behörde” rund 3000 CDs einer rechtsextremistischen Musikgruppe herstellte und verbreitete.