Die Naturschutzverbände werfen der SPD/CDU-Landesregierung eine verfehlte Umweltpolitik vor. »Wir sehen eine deutliche Abkehr von den einstigen Zielen«, sagte der Landeschef des Naturschutzbundes (NABU), Tom Kirschey, gestern in Potsdam. »Während Brandenburg in den 90er Jahren in diesem Bereich bundesweiter Vorreiter war, ist es inzwischen im hinteren Mittelfeld der Länder angekommen.«
Der frühere Umweltminister und heutige Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hülle sich in Schweigen. Das Sagen habe Umweltminister Dietmar Woidke (SPD). »Der aber lässt sich vom Koalitionspartner CDU treiben«, schätze Kirschey ein. Die Union betrachte Naturschutz lediglich als Investitionsbremse und versuche bereits seit Jahren, die vorhandenen Bestimmungen weiter zurückzufahren. Angesichts dessen, dass die SPD sich passiv verhalte, habe die CDU damit auch Erfolg.
Scharf kritisieren die Verbände den Gesetzentwurf zum Bürokratieabbau, den der Landtag am kommenden Mittwoch in erster Lesung behandelt. »Das Regelwerk führt keinesfalls zu weniger Bürokratie, dafür aber zu weniger Schutz für unsere Lebensgrundlagen«, meinte Axel Kruschat, Landesgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND). Die vorgesehene Abschaffung des Verbandsklagerechtes habe gravierende Auswirkungen auf den Naturschutz. Ein Beitrag zum Abbau von Bürokratie sei das jedoch nicht. Nur etwa vier von jährlich 100 Verwaltungsgerichtsverfahren im Naturschutzbereich seien Verbandsklagen, versicherte Axel Kruschat. Aber die Möglichkeit der Verbandsklage zwinge die Verwaltungen, das brandenburgische Naturschutzgesetz ernst zu nehmen.
Das Gesetz befördere nicht den Bürokratieabbau, erklärte auch Kirschey. »Es handelt sich vielmehr um ein Demokratieabbaugesetz.« Ähnliches sei schon bekannt. Nachdem vor zwei Jahren mit der neuen Baumschutzverordnung die bis dahin strengen Schutzbestimmungen gestrichen worden sind, werde auf Privatgrundstücken radikal abgeholzt, erinnerte Kruschat. In einigen Gemeinden fielen bis zu 80 Prozent der alten Bäume. Kaum jemand pflanze neu an. Nun fehle es an »Schattenspendern, Sauerstoffproduzenten und Nistplätzen für die Vögel«, klagte Kruschat.
Der CDU-Landtagsabgeordnete Dieter Dombrowski nannte die Vorwürfe der Verbände unbegründet und haltlos.