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Antifaschismus Law & Order

Verbotene Nazi-Musik bei NPD-Feier

Biesenthal/Bernau — Sieben Monate ohne Bewährung für Jugendge­fährdung und Volksver­het­zung nach NPD Feier. Mit diesem Urteil endete nach sechs Ver­hand­lungsta­gen  der Prozess gegen die 40-jährige ehe­ma­lige NPD-Funk­tionärin Gesine Hen­nrich. Sie wurde am Mon­tag vom Amts­gericht Bernau wegen Volksver­het­zung und Ver­stoß gegen das Jugend­schutzge­setz verurteilt.

Von Sven­na Black

Der Vor­wurf

Im August 2008 soll die dama­lige NPD — Kreisvor­sitzende von Marzahn-Hellers­dorf Gesine Hen­nrich bei ein­er NPD-Feier in Biesen­thal bei Berlin jugendge­fährdende und indizierte Musik gespielt haben. Die Feier wurde von der Polizei aufgelöst und CDs mit recht­sradikalen und neo­faschis­tis­chen Inhal­ten beschlagnahmt. Unter den CDs befan­den sich u.a. Landser „Rock gegen ZOG“, WAW Kampfkapelle „Kauft nicht bei Juden“ eben­so Bands wie Legion of Thor. Auf Grund dessen prüfte das Gericht eine Verurteilung hin­sichtlich des Para­grafen 130 StGB – Volksverhetzung.

 

Bere­its zu Beginn des Prozess­es, im Juni 2009, beteuerte Gesine Hen­nrich wed­er die Musik abge­spielt, noch deren Inhalte ver­nom­men zu haben und kündigte an keine weit­eren Aus­sage zur Sache zu machen. Da sie ohne Anwalt offen­sichtlich über­fordert war, emp­fahl der Richter einen Pflichtvertei­di­ger zur Seite zu stellen. Auf Grund dessen wurde der Prozess unter­brochen und im Novem­ber von Neuem begonnen. Im Laufe der Hauptver­hand­lung sollte gek­lärt wer­den wer für die Musik ver­ant­wortlich war, um gegebe­nen­falls die Angeklagte zu ent­las­ten. Während des Prozess­es wur­den 17 Zeu­gen gehört, darunter Beamte der Schutz- und Krim­i­nalpolizei, NPD-Mit­glieder und Aktivis­ten sowie die Cater­ing-Fir­ma des Ossitem­pels in Berlin-Licht­en­berg, eine Kneipe in der Hen­nrich und Fre­unde öfter verkehren. Die Zeu­gen-Vernehmungen bracht­en jedoch keine Ent­las­tung für die Angeklagte: Während die Zivilpolizis­ten detail­lierte Angaben über die abge­spielte Musik machen kon­nten, waren sich dage­gen die Neon­azis recht einig keine beziehungsweise kaum Musik ver­nom­men zu haben. Für das Gericht war ein­deutig Musik gespielt wor­den, jedoch nicht ersichtlich wem diese gehörte und wer sie abspielte. Hen­nrich hat­te sich an jen­em Abend als Ver­anstal­terin bei der Polizei vorgestellt und trug let­z­tendlich die Ver­ant­wor­tung für die abge­spielte Musik. Im Bezug auf das Jugend­schutzge­setz kam hinzu, dass die min­der­jährige Tochter der Angeklagten an der Feier teil­nahm. Gegen das Urteil kann Hen­nrich inner­halb ein­er Woche Beru­fung einlegen.

Bedro­hun­gen im Verhandlungssaal

 

Den Prozess begleit­eten nicht nur inter­essierte Bürg­er und aktive Antifaschis­ten, son­dern auch eine Rei­he von Neon­azis der inzwis­chen ver­bote­nen Kam­er­ad­schaft Front­bann 24. Let­ztere glänzten nicht nur durch ihr mar­tialis­ches Ausse­hen, son­dern auch durch respek­t­los­es Ver­hal­ten gegenüber dem Richter. Auch zu Dro­hun­gen kam es: Der Kam­er­ad­schaft­sak­tivist Ron­ny Schrad­er bedro­hte Prozess­beobachter mit Äußerun­gen wie „Euch kriegen wir auch noch“ und „Kennst du Sil­vio Meier?“ (als Anspielung an den von Nazis ermorde­ten Antifaschis­ten). Andere Front­bann-Aktivis­ten wie Uwe Dreisch wur­den eben­falls mehrfach ermah­nt. Dreisch muss nun ein Ord­nungs­geld in Höhe von 250 Euro zahlen. Auch Zeu­gen aus dem NPD und Kam­er­ad­schaft­sum­feld ver­sucht­en sich den Anord­nun­gen des Gerichts zu wider­set­zen. An den nach­fol­gen­den Prozessta­gen wurde daher die Polizeipräsenz ver­stärkt und Sicher­heit­skon­trollen vor Ver­hand­lungs­be­ginn durchgeführt.

Hin­ter­grund­in­fos

NPD Biesen­thal

Die Feier fand auf dem ehe­ma­li­gen Gelände des Asyl­be­wer­ber-Heimes in Biesen­thal statt. Das Gelände ste­ht seit ver­gan­genem Jahr der NPD zur Ver­fü­gung. Offiziell gepachtet hat es die Dev­as­ta GmbH, dessen Geschäfts­führer der NPD Stadtverord­nete Mike Sandow ist. Trotz Ein­schränkun­gen und Ver­boten von Stadt und Land nutzt die NPD das Gelände für Ver­anstal­tun­gen und als Lagerort für Schu­lungs-und Infor­ma­tion­s­ma­te­r­i­al. Außer­dem soll es Proberäume auf dem Gelände geben, in denen Bands wie Preußen­front um das DVU-Mit­glied Kai Has­sel­mann spielen.

 

Frontbann24

Die Angeklagte Hen­nrich gehörte zu den Mit­be­grün­dern der Kam­er­ad­schaft Frontbann24, die sich in enger Tra­di­tion zum Nation­al­sozial­is­mus sieht. Die Anlehnung an den SA ‑Vor­läufer „Front­bann“, der 1924 gegrün­det wurde, war ein Grund die Vere­ini­gung Anfang Novem­ber 2009 zu ver­bi­eten. Außer­dem war für den Berlin­er Innense­n­a­tor Kört­ing erwiesen, dass sich die Vere­ini­gung „gegen die ver­fas­sungs­gemäße Ord­nung“ richte und „nach Zweck und Tätigkeit den Strafge­set­zen zuwider“ laufe (Ver­botsver­fü­gung vom Novem­ber 2009). Während mehrerer Woh­nungs­durch­suchun­gen wur­den Ansteck­er mit Hak­enkreuzen und SS-Runen, Hitler-Bilder, Reich­skriegs­flagge und anderen dem NS angelehn­ten Gegen­stände gefun­den. Bei Hen­nrich wurde zudem eine Hak­enkreuz­fahne direkt über dem Bett festgestellt.

 

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