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Vereine klagen über Maulkorb

BERLIN, 22. Jan­u­ar. Mit ihrem Civ­i­tas-Pro­gramm will die Bundesregierung
in
Ost­deutsch­land die Zivilge­sellschaft entwick­eln, die Zivilcourage
stärken
und den Recht­sex­trem­is­mus bekämpfen. Doch von demokratis­ch­er Kultur
hält das
zuständi­ge Fam­i­lien­min­is­teri­um offen­bar selb­st nicht beson­ders viel.
Die
Mitar­beit­er der Berlin­er Opfer­ber­atungsstelle “Rea­chout” staunten nicht
schlecht, als sie kür­zlich ihren Zuwen­dungs­bescheid für das erste
Quartal
2003 in Hän­den hiel­ten. Von einem “Maulko­rb” spricht Mitarbeiterin
Sabine
Seyb. Der Vor­sitzende des Vere­ins “Mobiles Beratung­steam gegen
Recht­sex­trem­is­mus in Thürin­gen” und DGB-Lan­desvor­sitzende Frank Spieth
sieht
gar den Charak­ter des Civ­i­tas-Pro­gramms infrage gestellt und spricht
von
einem “Akt der Zensur”.
Der umstrit­tene Zuwen­dungs­bescheid liegt der Berlin­er Zeitung vor.
Darin
heißt es: “Im Rah­men der Zuwen­dung gewonnene Erken­nt­nisse bedür­fen zu
ihrer
Veröf­fentlichung der vorheri­gen Zus­tim­mung des Bun­desmin­is­teri­ums für
Fam­i­lie, Jugend und Frauen”. Mit­teilun­gen an Presse oder Öffentlichkeit
“über The­ma, Inhalt und Ergeb­nisse oder son­stige Einzel­heit­en zum
Programm
Civ­i­tas sowie jegliche son­stige Öffentlichkeit­sar­beit im Zusammenhang
mit
Civ­i­tas” seien “allein dem Min­is­teri­um vor­be­hal­ten”. Die Projekte
sollen
alle Veröf­fentlichun­gen, “die Entwürfe von Druck­erzeug­nis­sen — wie z.B.
Fly­er, Broschüren und Pub­lika­tio­nen” — vor dem Druck der Servicestelle
der
Deutschen Jugend­s­tiftung, die im Auf­trag des Min­is­teri­ums das
Civ­i­tas-Pro­gramm betreut, “vor­legen und die Zus­tim­mung zur
Veröffentlichung
abwarten”. Das Min­is­teri­um spricht von “üblichen
Bewilligungsbescheiden”,
nur einige Präzisierun­gen seien vorgenommen.
Doch daran entzün­det sich der Stre­it. Die Ini­tia­tiv­en sind empört und
sehen
ihre Arbeit gefährdet. Zwar seien die neuen Vorschriften vage
formuliert,
sagt Sabine Seyb von “Rea­chout”, den­noch sei zu befürcht­en, dass sie
gegen
unbe­queme Ini­tia­tiv­en angewen­det wer­den. “Es gehört zur Auf­gabe der
mobilen
Beratung­steams, über recht­sex­treme Vor­fälle oder ausländerfeindliche
Über­griffe zu informieren”, ergänzt Spi­eth, “und es gehört zur
demokratis­chen Kul­tur, dass die Erken­nt­nisse veröf­fentlicht werden.”
Die Lei­t­erin der Ser­vices­telle, Ute Seck­endorf, spricht von
Missver­ständ­nis­sen. Nie­mand wolle die Arbeit der Pro­jek­te behin­dern. Es
gehe
nur darum, die Ergeb­nisse des Mod­ell­pro­jek­ts richtig zu transportieren.
Die
Ini­tia­tiv­en vor Ort hät­ten nicht immer den Überblick.
Mehrfach jedoch sind Ser­vices­telle und Min­is­teri­um gegen Äußerun­gen von
Pro­jek­ten vorge­gan­gen. So wurde ein Pro­jekt aufgefordert,
Zeitungsartikel,
die sich kri­tisch mit den Pro­gram­men der Bun­desregierung auseinander
setzen,
von der Home­page zu ent­fer­nen. Ein Plakat, das sich unter dem Titel
“Asyl­suchende in Thürin­gen — Das kalte Herz Deutsch­lands” mit der Lage
von
Flüchtlin­gen in ein­er Gemeinde befasst, wurde von der Landesregierung
als
grober Ver­stoß gegen die Civ­i­tas-Richtlin­ien bezeichnet.
Anet­ta Kahane von der Anto­nio-Amadeu-Stiftung kann die Irri­ta­tion der
Pro­jek­te ver­ste­hen: “Poli­tis­che Mei­n­ungsäußerun­gen sind ein Teil jeder
zivilge­sellschaftlichen Aktiv­ität.” Dazu gehöre auch der öffentliche
Diskurs
über Strate­gien im Kampf gegen Rechtsextremismus.

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