(MAZ, Carsten Böttcher) Mit einer öffentlichen Erklärung Lutz Boedes könnten die gerichtlichen
Nachwehen des Fußballspiels zwischen Her- tha BSC und dem SV Babelsberg vom
25. August 2001 sowie der anschließenden Randale vor einem alternativen
Wohnprojekt in der Rudolf- Breitscheid-Straße jetzt ein Ende finden. Wie
berichtet, läuft vor dem Landgericht ein Berufungsverfahren gegen Boede. Der
Stadtverordnete der Fraktion Die Andere war vom Amtsgericht im März 2003 in
drei Punkten der üblen Nachrede für schuldig befunden worden. Verklagt hatte
ihn die Polizei ursprünglich in elf Punkten, so Boede.
Er hatte behauptet, die Polizei habe sich bei ihrem Einsatz in dem
Wohnprojekt-Haus an Bargeld und Getränken bereichert und auf Polstermöbel
uriniert. Nach dem Urteil wandte sich Boede an die nächst höhere
gerichtliche Instanz.
Das Gericht sei an unwiderlegbare Beweise gebunden, insofern sei die
Situation im Verfahren schwierig. Mit seiner öffentlichen Erklärung wolle er
zur Versachlichung beitragen, erklärte Boede gestern am Rande der
Verhandlung. In der Tat war die Atmosphäre im Gerichtssaal teils emotional
geladen. Schließlich einigten sich Oberstaatsanwalt Falch, Boede und dessen
Verteidigerin Klamann auf die Modalitäten, unter denen die Erklärung bis
spätestens 15. November erfolgen solle. Zudem verpflichtete sich Boede, 100
Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten. Unter diesen Prämissen steht am
kommenden Dienstag, wenn die Verhandlung fortgesetzt wird, einer vorläufigen
Einstellung des Verfahrens nichts mehr im Wege. Sind auch alle Sozialstunden
abgeleistet, würde das Verfahren gegen Boede endgültig eingestellt werden.
Zum Ende der Verhandlung lehnte Richterin Ebisch gestern noch die Anhörung
von drei Zeugen der Verteidigung ab. Deren persönliches Erscheinen sei unter
anderem deshalb nicht notwendig, weil ihre Aussagen beziehungsweise die
Auflistung von am Polizeieinsatz beteiligten Beamten bereits in den Akten
vorlägen.
Unterdessen hat eine Potsdamer Arbeitsgemeinschaft mit dem Namen “Artikel
5/1 Grundgesetz” beim Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg eine
Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Falch eingereicht. Anlass hierfür ist unter
anderem ein Wortwechsel zwischen Boede und Falch am Rande eines früheren
Verhandlungstages. , in dem Falch nach Darstellungen der Arbeitsgemeinschaft
geäußert haben soll, er habe 50 Jahre in der Bundesrepublik gelebt. Boede
sei, soweit er wisse, in Potsdam geboren; von ihm lasse er sich nicht über
Pressefreiheit belehren. Falch sagte gestern auf Anfrage, ihm sei die
Beschwerde noch nicht bekannt; er könne sich demzufolge auch noch nicht dazu
äußern.
Der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft, Püschel, verwies in einer Erklärung
darauf, dass Boede wegen seiner Kritik an der DDR 1983/84 für acht Monate in
Haft gesessen habe.