(BM, 12.07., Sophia-Caroline Kosel) Potzlow — Das Ausmaß der Grausamkeit hat selbst die abgebrühtesten
Polizisten und Juristen erschreckt: In der Nacht zum 13. Juli 2002 wurde der
16-jährige Marinus im uckermärkischen Potzlow von drei jungen Männern
gefoltert, bis er tot war, und dann in eine Jauchegrube geworfen.
Erst Monate nach dem Verbrechen, das sich nun zum zweiten Mal jährt, fanden
die Ermittler nach einem Hinweis die skelettierte Leiche. Die Jugendkammer
am Landgericht Neuruppin verurteilte die Mörder — ein 17 und 23 Jahre altes
Bruderpaar aus Potzlow und ein 18-Jähriger — zu Gefängnisstrafen zwischen
zwei und 15 Jahren; der zu einer zweijährigen Jugendstrafe verurteilte
18-Jährige durfte aus dem Gerichtssaal direkt nach Hause gehen. Das Urteil
ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Staatsanwaltschaft und Verteidigung
gingen in Revision, der Fall liegt nun in den Händen des Bundesgerichtshofs.
Das erstinstanzliche Urteil nahmen die geständigen Mörder so auf, wie sie
den gesamten, fünf Monate dauernden Prozess verfolgt hatten: gleichgültig.
In Potzlow hingegen bewegt das Schicksal von Marinus noch immer die Gemüter.
“Vergessen wird er nicht”, sagt Linda Unger, Bürgermeisterin des 570-Seelen-
Dorfes. An der Friedhofsmauer erinnert ein Gedenkstein an Marinus. Oft
liegen frische Blumen da.
Das Treffen des Opfers mit seinen Peinigern war zunächst ein friedliches
Trinkgelage. Zum tödlichen Verhängnis wurde dem Förderschüler vor allem sein
Outfit: Mit seinen blond gefärbten Haaren und den Hip-Hopper-Hosen habe er
dem Feindbild der rechtsextrem orientierten Gewalttäter entsprochen, sagte
Richterin Ria Becher in der Urteilsbegründung; “Ziel war es, Marinus zu
demütigen. Ein Anlass dafür ist nicht ersichtlich.”
Nachdem die Täter ihr Opfer bereits stundenlang gefoltert hatten, schleppten
sie es zu einem außerhalb gelegenen ehemaligen Stallgelände, wo die
Gewalttätigkeiten eskalierten. Nach dem Vorbild der Schlüsselszene im Film
“American History X” wurde der Junge gezwungen, in einen Schweintrog zu
beißen, dann sprang der jüngere der Brüder ihm mit Stahlkappen bewehrten
Springerstiefeln auf den Kopf. Schließlich warf er zweimal einen schweren
Stein auf den nur noch röchelnden, aus Ohren, Nase und Mund blutenden
Marinus. Nach der Tat prahlte der 18-Jährige mehrfach vor Zeugen damit,
einen “Penner” und “Asi” umgebracht zu haben: “Das war ein gutes Gefühl, das
müsst ihr auch mal machen.” Mit Gleichaltrigen kehrte er laut Zeugen sogar
mehrfach zum Tatort zurück, stocherte mit einem Beil im “Grab” herum und
holte den zertrümmerten Schädel heraus.
“Eigentlich gab es keinen Grund dafür, dass mein Mandant Marinus tötete”,
sagte sein Verteidiger vor Gericht. “Er begreift diese Handlung selbst
nicht.”
Potzlow-Mord: Urteil noch nicht rechtskräftig
(Tagesspiegel) Potzlow — Zwei Jahre nach dem grausamen Tod des Schülers Marinus Schöberl in
Potzlow ist das Urteil gegen seine drei Peiniger noch nicht rechtskräftig.
Die Revision gegen die Schuldsprüche im Mordprozess am Neuruppiner
Landgericht laufe noch, hieß es beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe.
Die drei Täter waren im Oktober 2003 zu Gefängnisstrafen zwischen zwei und
15 Jahren verurteilt worden. Sie hatten Marinus in der Nacht zum 13. Juli
2002 stundenlang gefoltert, dann mit einem Fußtritt gegen den Kopf getötet
und ihn in einer Jauchegrube verscharrt. Erst Monate nach dem Verbrechen
fanden die Ermittler die skelettierte Leiche (der Tagesspiegel berichtete).
Nach der Tat prahlte einer der Peiniger mehrfach vor Zeugen damit, einen
“Penner” und “Assi” umgebracht zu haben. Mit Gleichaltrigen kehrte er laut
Zeugenaussagen sogar mehrfach zum Tatort zurück, stocherte mit einem Beil im
“Grab” herum und holte den zertrümmerten Schädel heraus.
In Potzlow und in Berlin bewegt das grausame Schicksal von Marinus Schöberl
noch immer die Gemüter. “Vergessen wird er nicht”, sagt Linda Unger,
Bürgermeisterin des 570-Seelen-Dorfes in der Uckermark. An der
Friedhofsmauer erinnert ein Gedenkstein an Marinus. Oft liegen dort frische
Blumen. In Berlin wird es voraussichtlich bald ein Theaterstück des
Filmemachers Andres Veiel (“Black Box BRD”) über das Verbrechen geben. Er
verhandelt derzeit mit dem Berliner Maxim Gorki Theater und dem Theater
Basel.