23-jähriger Mann lebensgefährlich verletzt / Polizei sucht flüchtiges Mitglied einer Folterbande
(Berliner Zeitung, Katrin Bischoff) FRANKFURT (ODER). Im Krankenhaus Markendorf in Frankfurt (Oder) liegt ein
schwer verletzter Mann. Gunnar S. ist 23 Jahre alt. Er wurde Opfer
schwerster Misshandlungen. Als der Vater eines kleinen Kindes vor drei
Wochen eingeliefert wurde, diagnostizierten die Ärzte Rippenbrüche,
Verbrennungen und einen Darmdurchbruch. Nur eine Notoperation rettete ihm
das Leben. Er bekam einen künstlichen Darmausgang und wurde wegen seiner
unerträglich starken Schmerzen in ein künstliches Koma versetzt. Nach
Angaben der Ermittler wird Gunnar S. wohl nie wieder gesund werden. Vier
seiner fünf Peiniger, die der rechten Szene zuzuordnen sind, sitzen bereits
in Untersuchungshaft. Seit gestern fahndet die Polizei bundesweit nach dem
letzten Mitglied der Folterbande, dem 28-jährigen Ronny Brettin.
Die überaus brutale Tat geschah bereits am 5. Juni. Gunnar S. sei an diesem
Tag im Frankfurter Stadtteil Neuberesinchen “von der Straße weggefangen
worden”, sagte Konstanze Dalicho, die Sprecherin der Frankfurter
Staatsanwaltschaft, am Montag. Sie widersprach jedoch Angaben
linksgerichteter Gruppierungen, wonach dem Opfer dabei ein Beutel über den
Kopf gestülpt worden sein soll. Die fünf mutmaßlichen Täter, drei Männer und
zwei Frauen, verschleppten ihr Opfer in eine Wohnung in der Thomasiusstraße.
“Dort wurde der Mann stundenlang gefoltert und missbraucht”, sagte Dalicho.
Gunnar S. wurde geschlagen, getreten, mit einem heißen Bügeleisen traktiert.
Auf seinem Körper wurden Zigaretten ausgedrückt. Außerdem soll er von seinen
Peinigern gezwungen worden sein, Vogelkot zu essen und Spülmittel zu
trinken. Dann wurde er laut Staatsanwaltschaft mit diversen Gegenständen
vergewaltigt. Dabei erlitt Gunnar S. schwerste Darmverletzungen.
Nach den Misshandlungen überließen die Täter ihr blutüberströmtes Opfer
seinem Schicksal. Dabei sollen sie dem Mann mit dem Tode gedroht haben. Ein
Freund, zu dem sich Gunnar S. noch schleppen konnte, brachte den
lebensgefährlich Verletzten schließlich in die Notaufnahme der Markendorfer
Klinik, wo die Ärzte auf der Intensivstation tagelang um das Leben des
jungen Mannes kämpften.
Einen Tag nach den Folterungen konnte der erste Tatverdächtige gefasst
werden, der 21-jährige Daniel K.. Wenig später nahmen die Ermittler Ramona
P. (24) und Stephanie L. (19) fest. Am vergangenen Sonntag ging den Fahndern
dann mit David K. (23) der vierte Beschuldigte ins Netz. “Gegen sie wurde
Haftbefehl wegen gefährlicher Körperverletzung, sexueller Nötigung und
Vergewaltigung erlassen”, sagte Staatsanwältin Dalicho.
Nur die Fahndung nach Ronny Brettin blieb bisher erfolglos. Der Mann ist
laut Staatsanwaltschaft wegen diverser Körperverletzungen und Raubtaten
vorbestraft und hat schon mehrere Jahre im Gefängnis gesessen. Zuletzt war
er zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren verurteilt worden. Nachdem er
einen Teil davon verbüßt hatte, wurde ihm der Rest der Haftstrafe zur
Bewährung ausgesetzt. “Die Bewährungszeit gilt derzeit noch”, sagte Dalicho.
Noch ist unklar, warum Gunnar S. gefoltert wurde. Zwar gab einer der
Beschuldigten als Motiv an, die Tat sei ein Racheakt gewesen. “Das Opfer
soll angeblich eine junge Frau vergewaltigt haben”, so Dalicho. Doch dafür
gebe es keinerlei Anhaltspunkte. Vor allem die beschuldigten Männer sollen
in der Oderstadt als Neonazis bekannt sein. Laut Staatsanwaltschaft sind sie
wegen Gewaltdelikten und wegen des Verwendens von Kennzeichen
verfassungswidriger Organisationen vorbestraft. Die Frauen sind nach
Erkenntnissen der Ermittler bisher noch nicht straffällig geworden.
Ein Folterer wird noch gesucht
(MOZ) Frankfurt (Oder) (MOZ) Vier von fünf Folterern, die einen 23-jährigen
Frankfurter am 5. Juni entführt und grausam misshandelt und vergewaltigt
hatten, sind gefasst. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder)
ging am Montag der 22-jährige David K. der Polizei ins Netz. Zuvor waren
bereits der 20-jährige Daniel K., die 19-jährige Stephanie L. und die
24-jährige Ramona P. inhaftiert worden.
Flüchtig allerdings ist noch immer der laut Staatsanwaltschaft “erheblich
vorbestrafte” Ronny Brettin. Brettin, geboren am 8. Januar 1976 und zuletzt
in Frankfurt (Oder), Langer Grund 42, ansässig, sei untergetaucht. Für
Hinweise, die zu seiner Ergreifung führen, ist eine Belohnung in Höhe von
1500 Euro ausgesetzt. Laut Staatsanwalt Michael Neff ist Brettin extrem
gewaltbereit und habe schon bisher “die ganze kriminelle Palette” von
rechtsextremistischen politischen Delikten bishin zu Raub aufzuweisen
gehabt. Er sei erst im vorigen Jahr aus der Haft entlassen worden.
Das Opfer schwebe zwar nicht mehr in Lebensgefahr, habe aber erhebliche
bleibende Schäden davongetragen. Der 23-Jährige war auf am hellichten Tag in
der Thomasiusstraße von hinten niedergeschlagen, verschleppt und gefoltert
worden.