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Verteidiger bestreiten Terrorismus-Vorwurf

(BM, 22.2.) Pots­dam — Im Neon­azi-Prozeß vor Bran­den­burgs Ober­lan­des­gericht haben
Vertei­di­ger der zwölf Angeklagten den Ter­ror­is­mus-Vor­wurf bestrit­ten. In den
ersten Plä­doy­ers räumten Vertei­di­ger gestern ein, daß sich ihre Man­dan­ten an
Anschlä­gen gegen Imbisse und Geschäfte von Aus­län­dern beteiligt haben. Von
ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung könne aber keine Rede sein. 

Der Vertei­di­ger des Haup­tangeklagten forderte eine Bewährungsstrafe von
einem Jahr und zehn Monat­en. Zwei andere Anwälte plädierten für
Bewährungsstrafen von zwölf bis 14 Monat­en; weit­ere Plä­doy­ers sollten
fol­gen. Die Urteile wer­den voraus­sichtlich am 7. März verkündet. 

Die Angeklagten waren zur Tatzeit zwis­chen 14 und 18 Jahre alt. Sie sollen
aus Frem­den­haß zwis­chen August 2003 und Mai 2004 zehn Anschläge auf Imbisse
und Geschäfte von Aus­län­dern im Havel­land verübt haben, um sie zu
vertreiben. Zu diesen Zweck grün­de­ten sie laut Anklage die rechtsgerichtete
Kam­er­ad­schaft “Freiko­rps”. Ver­let­zt wurde nie­mand; der Sach­schaden betrug
mehr als 800 000 Euro. 

Erst­mals klagt Bran­den­burgs Gen­er­al­staat­san­waltschaft eine Gruppe Neonazis
als ter­ror­is­tis­che Vere­ini­gung an. Die Anklage hat­te für den mutmaßlichen
Rädels­führer viere­in­halb Jahre Haft ver­langt. Der 20jährige sitzt seit Ende
Juli 2004 als einziger der Angeklagten in Untersuchungshaft. 

Sein Man­dant, ein 20 Jahre alter Abi­turi­ent, habe ein Geständ­nis abgelegt
und Reue gezeigt, sagte der Anwalt Michael Tschirschke. Er sei ein­er der
Wort­führer, nicht aber Rädels­führer gewe­sen. Eine recht­sex­treme Gesinnung
sei nicht zu leug­nen, wohl aber Anti­semitismus. Sein Man­dant habe die Idee
zu eini­gen Anschlä­gen gehabt und sich teil­weise beteiligt. 

Der Vertei­di­ger behar­rte aber darauf, daß man nicht von einer
Ter­rorvere­ini­gung im Sinne des Para­graphen 129 a) sprechen könne. Eine
offizielle Grün­dung der Kam­er­ad­schaft sei nicht zweifels­frei nachgewiesen.
Durch die Tat­en sei wed­er die Bevölkerung eingeschüchtert noch die
Bun­desre­pub­lik ins­ge­samt geschädigt wor­den. Sog­ar der Generalbundesanwalt
habe es abgelehnt, den Fall an sich zu ziehen. 

Einige der Angeklagten hat­ten aus­ge­sagt, die Gruppe sei im Som­mer 2003 auf
einem Feld bei Pausin gegrün­det wor­den. Der heute 20jährige sei zum
Anführer, andere zum Schrift­führer oder Kassier­er ernan­nt wor­den. Das
Grün­dung­spro­tokoll wurde demzu­folge von elf der Angeklagten mit Initialen
unterze­ich­net. Der Beitrag betrug monatlich fünf Euro. 

Ähn­lich wie Tschirschke argu­men­tierten auch andere Anwälte. Die Gruppe habe
sich auf dem Anwe­sen der Fam­i­lie des Haup­tangeklagten man­gels Alternativen
im Ort getrof­fen. Es habe noch nicht ein­mal ein Min­dest­maß an Organisation
gegeben, und: “Eine ter­ror­is­tis­che Vere­ini­gung mit fünf Euro im Monat zu
finanzieren scheint unplausibel.”

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