Potsdam — Die Beratungsstelle für Frauen und Mädchen in der Nansenstraße leidet unter Personalmangel: Über 123 Frauen beriet die einzige Mitarbeiterin Lydia Sandrock in mehr als 850 Gesprächen allein in diesem Jahr. Viel Arbeit für eine Person. Doch für einen weiteren Mitarbeiter fehle der Stadt das Geld, so Oberbürgermeister Jann Jakobs. Er hisste gestern vor dem Stadthaus die Flagge zum internationalen Aktionstag „Nein zu Gewalt an Frauen“ – gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Helferinnen der Einrichtungen, die sich in Potsdam um Gewaltopfer kümmern.
„Frei leben — ohne Gewalt“ steht auf der Fahne. Und Potsdam zeige nicht nur Flagge, sondern bringe sich auch ein, findet die Gleichstellungsbeauftragte Sabina Scheuerer. Auch wenn eine weitere Personalstelle für die Beratung „momentan ausgeschlossen“ sei, gehe immerhin der größte Posten ihres Haushalts an das Autonome Frauenzentrum, zu dem auch Sandrocks Beratungsstelle gehört. Dennoch könne diese das Arbeitspensum nur bewältigen, weil sie ständig ehrenamtlich Überstunden leiste, so Sandrock. Im Frauenhaus sei es laut Mitarbeiterin Monika Kirchner nicht anders: „Das, was geleistet werden muss, geht an die Substanz.“
Doch vor allem sei ein Problem, so Sandrock, dass es in Potsdam zu wenig Psychologen gibt, die mit Gewaltopfern arbeiten: Von den rund 50 Potsdamer Psychologen habe sie 20 dazu befragt. Nur einer von ihnen widme sich diesem Thema. „Die Frauen finden hier teilweise niemanden, an den sie sich wenden können“, so Sandrock. Darum müsse sie Hilfesuchende oft zu Therapeuten nach Berlin schicken. just