“In Vetschau gibt es eine Anzahl von Jugendlichen, die eine hohe Gewaltbereitschaft zeigen und sich mit rechtsextremen Emblemen schmücken. Sie starten aus rechtsextremen Motiven Übergriffe auf bestimmte Leute. ” Diese deutlichen Worte fand Miriam Schilling vom Mobilen Beratungsteam (MBT) am Dienstagabend im Sozialausschuss der Stadt. Dieser hatte zu einer Beratung zum Thema Jugendgewalt eingeladen.
Vor allem an manchen Wochenenden sei die Situation für eher linksgerichtete Jugendliche oder ausländische Einwohner unerträglich. “Da kommen dann noch rechtsorientierte Jugendliche aus den umliegenden Dörfern nach Vetschau, so dass in der Stadt etwa 50 bis 60 Jugendliche Präsenz zeigen ” , hat Schilling beobachtet. Viele potentielle Opfer würden sich deshalb abends kaum mehr aus dem Haus trauen, so die MBT-Mitarbeiterin. Ihr Team, das in freier Trägerschaft vom Land Brandenburg finanziert wird, war in Vetschau unterwegs. Die Mitarbeiter haben mit Sozialpädagogen, linken Jugendlichen und Ausländern über Erfahrungen geredet. Auch in Schulen haben sie sich umgehört. Nahezu alle ausländischen Vetschauer hätten demnach schon von Drangsalierungen in diesem Jahr berichtet. Übergriffe auf dem jüngsten Stadtfest, bei dem es mehrere Verletzte gab, wurden als Beispiele genannt. “Da gibt es im Umfeld der Opfer die Frage, warum die Stadt dazu keine Stellung bezieht ” , so Schilling. Generell sei mangelnder Widerstand aus der Mitte der Gesellschaft gegen rechtsextreme Tendenzen ein großes Problem. Man solle sich nicht davon täuschen lassen, dass weniger Glatzen im Stadtbild zu sehen seien als früher. “Man trägt dort nun eher Scheitel, aber die Ansichten haben sich deshalb nicht geändert ” , so die Beraterin. Man sei in der rechtsextremen Szene jetzt bemüht, sich in der Gesellschaft, etwa in mittelständischen Unternehmen, zu etablieren. Und Schillings Kollege Dirk Wilking ergänzt: “In Schulen haben wir vor Ort erlebt, dass rechtsextremes Denken schon normal geworden ist. Sogar Schüler, die sich als SPD-nahe bezeichnen, sagen Sätze wie: ´deutsche Arbeitsplätze nur für Deutsche ´. Das ist aber die Argumentation der NPD ” , so Wilking. Die Ausschussmitglieder zeigten sich erschüttert und zum Teil überrascht von den Ausführungen. “Das ist das erste Mal, dass ich so ausführlich darüber höre ” , sagte Christiane Zimmermann (Bündnisgrüne). Und Ausschussvorsitzender Lothar Vogeler (PDS) meinte, dass man solche Dinge wohl nur mitbekommen würde, wenn man Kinder in dem Alter habe. “Wir haben festgestellt, dass das Lebensgefühl in der Stadt bei Erwachsenen ein ganz anderes ist als bei Jugendlichen ” , bestätigte Wilking. Berndt Gubatz (Gemeindefraktion) ergänzte, dass Jugendliche ihren Eltern gar nicht viel erzählten und mit solchen Problemen meist allein fertig werden wollten. Uwe Jeschke vom Jugendclub Kraftquell entgegnete, dass in der im vergangenen Jahr gegründeten Arbeitsgemeinschaft Jugend schon einiges bekannt würde, “aber es kann sein, dass die Kommunikation nach außen nicht so funktioniert ” , so Jeschke. Das soll jetzt anders werden. Die MBT-Mitarbeiter appellierten an die Abgeordneten, sich in den Fraktionen mit dem Thema zu befassen. “Wir stehen für Anfragen zur Verfügung, auch um Ideen zu entwickeln, was man in konkreten Fällen tun kann ” , sagte Schilling.