Polizei wirft elektronisches Auge auf Bahnhofsvorplatz
BERNAU (MOZ) Auf dem Bernauer Bahnhofsvorplatz soll man sich seit Dienstag, 12. Februar, sicherer fühlen können. Die Polizei nahm die Videoüberwachung in Betrieb. Gegner veranstalteten unterdessen eine Demonstration.
Es geht um moderne Technik. Das wurde bereits zu Beginn der Präsentation deutlich. Polizeioberrat Arne Feuring, Leiter des Polizeischutzbereichs Bernau, stellte das Vorhaben mit Hilfe eines Computerprogramms vor. Im Kern geht es darum, die Zahl der Straftaten im beobachteten Gebiet zu senken. Die Notwendigkeit begründet er mit der Zunahme besonders der Fahrraddiebstähle. Wurden im Jahr 2000 vor dem Bahnhof noch 107 Räder entwendet, stieg die Zahl im vergangenen Jahr auf 156 an. Erklärtes Ziel sei es aber auch, das subjektive Sicherheitsgefühl zu erhöhen. „Dazu trägt vor allem die Überwachung der Bahnunterführung bei, die als klassischer Angsttraum gilt“, erläuterte Arne Feuring.
Die Bilder vom Bahnhofsvorplatz werden nun rund um die Uhr von zwei Kameras eingefangen und in die Bernauer Polizeiwache übertragen. Dort stehen zwei Monitore, die ständig von einem eigens geschulten Polizisten beobachtet werden. „Zunächst erfolgt nur eine Live-Übertragung“, sagte Arne Feuring. „Erst wenn der Verdacht einer Straftat nahe liegt, darf der Kollege am Bildschirm die Aufzeichnung beginnen.“ Sollte sich der Verdacht erhärten, werde die betreffende Sequenz auf CD gebrannt und den Ermittlungsakten beigefügt. „Bei allen Aufzeichnungs- und Löschvorgängen gilt das Vier-Augen-Prinzip“, versicherte Arne Feuring. Das bedeutet, vor jedem Weitergeben oder Löschen von Daten muss der Diensthabende seinen unmittelbaren Vorgesetzten informieren und ihn hinzu ziehen.
Der Generalinspekteur der Polizei in Brandeburg, Bruno Küpper, verwies darauf, dass die Kameraüberwachung zunächst maximal bis 2005 befristet ist. „Wahrscheinlich wird man nach einem Jahr überprüfen, welchen Erfolg die Maßnahme gebracht hat, sagte er. Frank Goral, der Vorsitzende der CDU-Fraktion in der Bernauer Stadtverordnetenversammlung, wollte wissen, warum die Daten so sensibel gehandhabt werden. „Ich meine, wir werden überall fotografiert, beim Geldabheben oder an der Tankstelle. Trifft es zu, dass die brandenburgische Polizei weniger darf als jeder Tankwart?“ Der Generalinspekteur zog sich mit einem vorsichtigen „Der Bahnhof ist ja öffentlicher Raum“ aus der Affäre.
Die Präsentation gipfelte in einer Art Lagespiel. Auf den Bildschirmen im Überwachungsraum bemerkten Polizeiobermeister Thomas Wolther und Polizeimeisterin Claudia Nowicki, wie eine „männliche Person alle Autos abklinkt“. Als der Mann in einen offensichtlich unverschlossenen Opel einstieg, hieß es über Funk nur „Zugriff“ und wenige Minuten später war eine Funkstreifenwagenbesatzung am Tatort und nahm den Mann fest. Wie schwer Bilder und Wirklichkeit voneinader zu unterscheiden sind, bewies die Frage eines Journalisten, der die Demonstranten (siehe Beitrag unten) auf dem Bildschirm sah: „Was denn, sind die echt?“
Videokamera wacht jetzt auch in Bernau
POTSDAM (BZ) Massive Kritik hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) gestern an der Video-Überwachung öffentlicher Plätze in Brandenburg geübt. Anlass war die Inbetriebnahme der vierten Anlage dieser Art gestern in Bernau (Barnim). Bernau ist der letzte Standort, an dem das Brandenburger Pilotprojekt angelaufen ist, ausgewählte Verbrechensschwerpunkte per Kamera zu beobachten. Insbesondere Diebstähle und Gewalttaten sollen so verhindert werden.
Nach Ansicht der Polizeigewerkschaft ist die Video-Überwachung aber in keiner Weise geeignet, effektiv gegen Straftaten vorzugehen. «Die Kriminalität wird durch die Überwachung nicht beseitigt, sondern nur verlagert», so der Brandenburger GdP-Chef Andreas Schuster. Seiner Auffassung nach könnte das Geld, das für die Video-Anlagen ausgegeben wird, und das Personal vor den Bildschirmen in anderen Bereichen wesentlich sinnvoller eingesetzt werden. Immerhin kostet die Video-Überwachung nach Angaben der Gewerkschaft je Standort etwa 50 000 Euro im Jahr und bindet bis zu sechs Beamte.
Das Brandenburger Innenministerium führt gegen die Kritik die ersten Zahlen ins Feld, die die Video-Überwachung in Potsdam, Erkner und Rathenow erbracht hat. So seien in Erkner seit der Installation der Kameras im November vergangenen Jahres bis Ende Januar nur sechs Straftaten registriert worden. Im Vorjahreszeitraum waren im überwachten Bereich noch 67 Verbrechen zu verzeichnen. Positiv fällt auch die erste Bilanz des Ministeriums für die Video-Überwachung am Potsdamer Bahnhof aus. Dort ist die Zahl der Delikte seit Inbetriebnahme der Anlage im Dezember um zwei Drittel gesunken.
«Der Innenminister wird zu Recht feststellen, dass die Kriminalität im überwachten Bereich rückläufig ist, die Zahlen für den gesamten Ort werden sich aber kaum ändern», kommentiert Schuster die Bilanz. Doch das Ministerium verfolgt mit den Kameras noch ein anderes Ziel. «Es geht nicht nur um Zahlen», erklärte gestern eine Ministeriumssprecherin. Die Überwachung solle vor allem auch das allgemeine Sicherheitsempfinden der Menschen vor Ort positiv beeinflussen. Die Polizeifachhochschule und ein unabhängiges Institut sollen die Effektivität der Video-Beobachtung abschließend beurteilen. Der Landtag entscheidet dann, ob der Einsatz der Kameras dauerhaft im Polizeigesetz verankert wird.