Kabel hängen lose herum. Manche Decken sind unverputzt. Und im obersten Stockwerk liegt in einem Raum noch die Dämmung für das Dach frei. Doch Ende des Jahres soll die Villa in der Rudolf- Breitscheid-Straße 164 fertig saniert sein. Für den Verein zur Förderung innovativer Wohn- und Lebensformen (InWoLe) ist damit der erste wichtige Schritt getan, in Babelsberg eines der zukünftig wohl größten soziokulturellen Zentren von Potsdam aufzubauen – möglichst mit Eigenmitteln, bis auf die Förderung zweier Seminare ohne größere finanzielle Hilfe der Stadt.
Katja Altenburg, eine der Koordinatoren für das Projekt, ist der Stolz über die Leistung anzusehen. Vor einem Jahr ging ihr Förderverein an die Öffentlichkeit: Die 15 jungen Leute informierten damals darüber, dass sie die Villa und das Grundstück gekauft hätten, um dort ein „Soziales Zentrum“ zu errichten. Das Haus war kaum bewohnbar. „Wir haben hier fast alles allein saniert“, erzählt Katja Altenburg. Fachmännern hätten sie nur Dinge wie den Einbau der Heizung überlassen. Doch gerade diese Heizungsanlage, die in dem Flachbau neben der Villa steht, beschreibt das Selbstverständnis und die Arbeitsweise der Gruppe: Das riesige Heizgerät wird mit Holzhackschnitzeln betrieben. „Das ist sehr umweltschonend, weil es CO2-neutral ist und das Holz aus der Region kommt“, erklärt die 26-Jährige. Als positiven Nebeneffekt der Umweltfreundlichkeit bekam der Verein den Einbau der Heizung vom Bund gefördert: Wie so vieles in dem Haus, dass ohne das stetige Ausfüllen von Förderanträgen so jetzt nicht aussehen würde. „Daneben haben wir zusammen einen Kredit für den Kauf und die Sanierung des Hauses aufgenommen, der Rest des Geldes kommt von Unterstützern“, sagt Katja Altenburg.
Die Investitionen beginnen sich langsam auszuzahlen. Im Haus wohnen inzwischen schon sechs Personen und zahlreiche Gäste. Fast fertig ist ein zukünftiger Multifunktionsraum für Seminare und Treffen, eines der Hauptarbeitsfelder des künftigen „Projekt-Zentrums“. Ebenso nahezu betriebsbereit ist ein Medienraum: Dort sollen die Nutzer beispielsweise selber Homepages und Filme erstellen können. In diesem Monat öffnet zudem in dem kleinen Gebäude neben der Villa eine offene Werkstatt. „Hier können Bewohner, Gäste und Nachbarn selbst und unter Anleitung Dinge bauen, reparieren, produzieren“, erklärt Daniel Kagel, der diesen Bereich betreuen wird. Werkzeuge wie Säge, Hobel oder Fräse seien vorhanden. Zudem wird neben der Werkstatt ein Fotolabor und eine Keramik-Werkstatt samt Brennofen eingerichtet: Die Gäste des Zentrums sollen möglichst kreativ arbeiten können, wünschen sich die Verantwortlichen. Später soll noch ein Neubau neben der Villa folgen – ein energiesparendes Passivhaus, in dem Mitarbeiter wohnen können.
Doch bleibt das Projekt zurzeit noch ein Zuschussgeschäft, dass alle ehrenamtlich in ihrer Freizeit betreiben. Nachtarbeit ist angesagt. Katja Altenburg wenigstens wird ab diesem Monat für ihr Engagement ein wenig Geld bekommen: Das „Soziale Zentrum“ bekommt dann vom Arbeitsamt eine zweite ABM-Stelle gefördert. Dennoch, zu bereuen scheint den Kraftakt keiner. Denn sonst würden Erfahrungen wie in den vergangenen zweieinhalb Wochen fehlen, in denen Gäste aus Frankreich zu einer vom deutsch- französischen Jugendwerk geförderten Begegnung zu Besuch waren. Sie bauten in acht Arbeitstagen an das Haus eine großflächige überdachte Terrasse. „Besonders kompliziert war es, den Boden von dem vielen Unkraut zu befreien“, sagt Katja Altenburg, die das Projekt initiiert hat.
Neben der körperlichen Arbeit gab es bei dem Workcamp einen theoretischen Teil unter dem Motto: „Die Straßen und Plätze gehören uns – Beteiligung junger Menschen bei der Gestaltung öffentlicher Räume“. Zwar klingt der Titel ein wenig sperrig, doch beschreibt er genau, was Katja Altenburg und die 14 anderen Mitglieder des Fördervereins im „Projekt-Zentrum“ vorhaben. Die junge Frau sagt: „Wir haben die verschiedenen Fähigkeiten in unserer Gruppe gebündelt, sonst hätte das nie geklappt.“ Und so sind sie in einem Jahr ihrem Ziel viel näher gekommen: Ein saniertes Haus zu besitzen, als innovative Lebensform, einem Ort für Arbeit, Bildung, Wohnen und gesellschaftlichem Engagement. Nur ein paar Handgriffe am Dach, an den Decken und an einigen freischwebenden Kabeln fehlen noch.