(gegenrede.info) Templin (ipr) Nach dem Mord an dem 55-jährigen Bernd K. in Templin haben die Ermittler keine neuen Erkenntnisse zum Motiv. Die in Untersuchungshaft sitzenden mutmaßlichen Täter äußern sich weiterhin nicht. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft werden die 18 und 21 Jahre alten Männer zur rechten Szene gezählt. Ein rechtsextremer Tathintergrund sei deshalb nicht auszuschließen.
Die 17-jährige Freundin des Mittäters Christian W. verrät der Bild-Zeitung, dass Sven P. nach dem Mord gesagt habe, dass er schon immer mal einen Menschen habe umbringen wollen.
Sie gibt an, nach der Bluttat mit beiden Tätern gesprochen zu haben. Demnach sollen die jungen Männer mit dem Opfer Bier in der Werkstatt getrunken haben. Christian W. sei mit dem Tischler in Streit geraten und habe ihn ins Gesicht geschlagen, Bernd K. sei daraufhin zu Boden gestürzt. Dann soll Sven P. dem Mann wie von Sinnen gegen den Schädel getreten haben. Nach ihrer Flucht sei der 18-Jährige dann zum Tatort zurückgekehrt, um das Opfer anzuzünden. Er habe die Spuren verwischen wollen.
Der Chef des Mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus in Brandenburg, Dirk Wilking, beschreibt eine mögliche Motivlage. Er sieht einen „dramatischen Werteverlust in einigen Jugendszenen“. „Die Hemmschwelle, zu töten, ist in bestimmten Milieus offensichtlich niedrig.“ So zielten die rechtsextremen Szenen auf eine „Entsolidarisierung der Gesellschaft“. Sie würden willkürlich Opfergruppen wählen, bei denen angenommen wird, dass sie weniger Rückhalt in der Bevölkerung haben. Als Beispiele nannte er Obdachlose, Trinker, Punks, Homosexuelle und Christen.
Bernd K. wurden der Staatsanwaltschaft zufolge in der Nacht zu Dienstag massive Tritte gegen den Kopf versetzt. Es sei aber noch nicht klar, ob das die Todesursache gewesen sei. Das Opfer erlitt zahlreiche Schädelbrüche. Nach der Tat versuchte einer der beiden Täter, den Mann anzuzünden. Vermutlich war der Mann zu diesem Zeitpunkt bereits tot.
Bernd K. hatte Kontakt zu Obdachlosen, die gelegentlich in seiner ehemaligen Werkstatt übernachteten. Gefunden wurde er von einem Freund, der ein Stadtstreicher sein soll. Bernd K. selbst war nicht obdachlos. Er lebte im 12,5 Kilometer entfernten Herzfelde. Es ist durchaus möglich, dass er den Weg zwischen seinem Wohnort und der Werkstatt mit dem Fahrrad zurücklegte. Am Donnerstag stiegen Polizeitaucher in die dem Tatort nahegelegene Schleuse, um nach einem blauen Mountainbike zu suchen. Einer der beiden Beschuldigten soll das Fahrrad in der Tatnacht ins Wasser geworfen haben.
Einem Bericht der „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ zufolge war Bernd K. nach der Scheidung von seiner Frau offenbar aus der Bahn geraten. Er soll als selbstständiger Handwerker gescheitert sein und sich dem Alkohol ergeben haben. Wegen unbezahlter Rechnungen habe es in der Werkstatt weder Strom noch Wasser gegeben.
Sven P. trug laut Staatsanwaltschaft in der Tatnacht ein T‑Shirt mit einem Bild des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß. Entgegen erster Annahmen habe er sein Opfer vorher offenbar nicht gekannt. Bei dem 21 Jahre alten Christian W. stand auf der Oberbekleidung „Frontkämpfer“. Er habe bei der Vernehmung durch die Polizei zunächst ein Geständnis über seine Beteiligung an der Tat abgelegt, doch vor dem Haftrichter hätten beide Männer geschwiegen. Beide sind wegen Körperverletzung vorbestraft und befanden sich nur auf Bewährung in Freiheit.
Bei Christian W. hatte das Amtsgericht Bad Freienwalde im vergangenen Jahr die Strafen für mehrere Delikte zu einer Haft von drei Jahren und vier Monaten zusammengezogen. Kurz darauf wurde der schon länger einsitzende W. auf Bewährung freigelassen. Bei den aufgelisteten Delikten handelt es sich um schwere Brandstiftung, gefährliche Körperverletzung, Volksverhetzung, Diebstahl und Tierquälerei.
Über Sven P. sind im letzten Jahr drei Taten in Templin bekannt geworden:
05.06.2008: Vor einem Supermarkt bezeichnet Sven P. einen Mann als »Jude« und verletzte ihn am Kopf. Er war mit einem Teleskopschlagstock bewaffnet.
19.06.2008: Sven P. und M. beschimpfen vor der Gaststätte „Irish Pub“ ein schwarzen Deutschen rassistisch und schlagen ihn. Hinzukommende Gäste vertreiben die Täter.
05.11.2007 Sven P. grölt mit zwei weiteren Männern rechte Parolen wie „Deutschland den Deutschen, Sieg Heil” sowie „Ausländer raus“. Einem hinzueilenden Polizeibeamten tritt er in die Genitalien und beleidigt ihn.