INFORIOT — Am morgigen Mittwoch wird am Amtsgericht Frankfurt/Oder die Verhandlung gegen mehrere Antifaschist_innen eröffnet. Ihnen wird vorgeworfen, während eines NPD-Infostands in der Frankfurter Innenstadt im Mai 2007 gegen Polizeikräfte vorgegangen zu sein (mehr). Vorausgegangen war die offenbar willkürliche Festnahme einer Person, die Aufforderungen der Polizei nur zögernd nachkam. Inforiot sprach mit einem der Angeklagten über das Verfahren, die Vorfälle im Frühjahr vergangenen Jahres und seine Erwartungen an dem Prozess.
Inforiot (IR): Wie ist Dir der Tag in Erinnerung geblieben?
Aktivist (A): Vor allem erinnere ich mich an das aggressive und unkoordinierte Auftreten der Polizei. Als wir uns in der Nähe des NPD-Stands versammelten, versuchte sie uns auf die andere Seite der Straße zu drängen, was wir auch zuließen. Einer unserer Gruppe kam den Aufforderungen nur zögerlich nach und entfernte sich langsam aus der Nähe des Standes. Einer der eingesetzten Beamten verlor die Geduld und stürzte sich ohne Vorwarnung auf ihn und riss ihn zu Boden. Natürlich haben die Leute, die bereits gegangen waren wieder zurück bewegt und lautstark protestiert.
IR: Wie hat sich die Situation weiter entwickelt?
A: Wir sind wie gesagt zurück gekommen und haben gesagt, dass sie ihn gehen lassen sollen. Wir stellten uns um den Angegriffenen, auf dem mittlerweile drei Beamte lagen, die versuchten ihn zu fixieren, obwohl er keine Gegenwehr leistete. Dabei rissen ihm die Polizisten auch Haare aus. Dann griff der Beamte, der die Situation bereits einmal eskalieren ließ, zum Pfefferspray und sprühte es in unsere Richtung.
IR: Wurde dabei jemand verletzt?
A: Ja, der am Boden Liegende und ein Polizist. Danach haben sie ihn auf die Wache gebracht und wir wurden wieder auf die andere Seite der Straße gedrückt, wo wir uns lautstark zu den Nazis am Stand und das vorgehen der Polizei äußerten. Nachdem der Stand endlich abgezogen war, sind wir geschlossen zur Wache gezogen und haben den Gefangenen in Empfang genommen.
IR: Welche Auswirkungen hatte der Tag für Dich?
A: Wie gehabt, wurden bestimmte Personen der Szene von der Polizei angeschrieben und vorgeladen. Ich selbst wegen angeblichen Widerstands, Beleidigung, Vermummung und dem Mitführen von Waffen. Im Spätsommer 2007 sollte ich wegen der Vorkommnisse und nur wegen eines Verdachts erkennungsdienstlich behandelt werden! Dagegen habe ich erfolgreich Klage eingelegt. Einige Ermittlungsverfahren wurden eingestellt, ich werde aber wegen Widerstands und Beleidigung angeklagt.
IR: Wie soll das Ganze bewiesen werden?
A: Die Polizei hat ein am Tag des NPD-Stands aufgenommenes Video als Hauptbeweismittel präsentiert. Auf dem ist aber weder zu sehen, wie ich Beamt_innen persönlich beleidige, noch berühre, was für eine Widerstandshandlung notwendig ist.
IR: Wie verliefen die Ermittlungen gegen Dich?
A: Vorladungen natürlich, denen nicht nachgekommen wurde. Wie sich mit der Zeit herausstellte, finden sich in den Aussagen der Polizist_innen von diesem Tag keine Aussagen, die sich gegen mich richten. Sie machen eher den Eindruck, als konnten sie die Situation selbst nicht überblicken. Die Anschuldigungen wurden erst erhoben, nachdem den Beamt_innen vom Staatsschutz nahe gelegt wurde, Anzeige zu erstatten.
IR: Die Anschuldigungen gegen Dich wurden im Nachhinein zusammengesetzt?
A: Richtig. Aber das ist nicht alles: Bei einem zuerst festgesetzten Verhandlungstermin wurden durch das Gericht nur Belastungszeug_innen, sprich Polizeibeamt_innen geladen, obwohl während der Ermittlungsverfahren auch andere Zeug_innen gehört worden sind. Der Termin wurde aber schließlich verschoben und es sollen auch andere Zeug_innen zu Wort kommen.
IR: Was erwartest Du vom Prozess?
A: Einen Freispruch. Sowohl die Fakten als auch das Video der Polizei sind eher entlastent als belastend. Der Prozess ist ein politischer Prozess! Wir wollen die Zeug_innenauswahl des Gerichts und die gesamte Art und Weise, in der die Ermittlungen geführt worden sind, skandalisieren.
IR: Vielen Dank für das Interview.
A: Danke.