Bisher haben nur wenige Brandenburger ihre Schreckschusspistole bei der
Polizei registrieren lassen
POTSDAM. Waffennarren haben es auch in Brandenburg schwerer, seit am 1.
April das verschärfte Waffengesetz in Kraft getreten ist. Doch ob es
kurzfristig dazu führt, dass weniger gefährliche oder illegale Waffen im
Umlauf sind, ist fraglich. Wichtigste Neuerungen: Wer eine Schreckschuss-
oder Gaspistole mit sich führen will, muss nun für 50 Euro einen so
genannten Kleinen Waffenschein beantragen — sonst handelt er gesetzwidrig.
Wer eine nicht registrierte Waffe besitzt — das gilt auch für illegale
“scharfe” Jagd‑, Sport- und Verteidigungswaffen -, kann sie bis zum 30.
September abliefern, ohne bestraft zu werden.
Nur vereinzelt Waffen abgegeben
Theoretisch müssten nun Antragsteller für den Kleinen Waffenschein vor den
15 Brandenburger Polizei-Schutzbereichen Schlange stehen. Denn
Schreckschusswaffen sind frei verkäuflich und weit verbreitet — etwa bei
Taxifahrern, Kneipenwirten, Ladenbesitzern oder Jugendlichen. Doch die
Resonanz auf das Gesetz ist gering. “Nirgendwo ist es zu dem befürchteten
Massenansturm gekommen”, sagte Walter Breidenbach vom Potsdamer
Polizeipräsidium. Im Schnitt wurden rund 30 Scheine pro Kreis beantragt und
bis zu 200 Formulare abgeholt. Im Barnim wurden gar nur zwei Scheine
beantragt, 20 Formulare geholt und eine Waffe abgeliefert.
Wie viele Schreckschusswaffen es in Brandenburg insgesamt gibt, ist nicht
bekannt. “Es gibt keine Statistiken”, sagte der Sprecher des
Innenministeriums, Wolfgang Brandt.
“Problematisch ist, dass das Gesetz vor allem für die Besitzer legaler
Waffen gilt und die illegalen Waffenbesitzer kaum erreicht werden”, sagt der
Chef des Landesjagdverbandes, Wolfgang Betee.
Betroffen sind 13 000 Jäger und ebenso viele Sportschützen. Der Gesetzgeber
will vor allem Jugendlichen den Zugang zu Waffen erschweren. Das ist auch
eine Reaktion auf das Massaker von Erfurt im April 2002, bei dem ein Schüler
16 Menschen getötet hatte. Nun dürfen Jungjäger erst mit 18 statt mit 16
Jahren eine Waffe kaufen und Sportschützen erst mit 21 — wenn sie einem
staatlich anerkannten Verband angehören. Zudem müssen veraltete
Waffenschränke ersetzt werden, um den Diebstahl legaler Waffen zu
erschweren.
Das eigentliche Problem sind aus Sicht von Polizei, Sportschützen und Jägern
die nicht registrierten Waffen. In Deutschland sind etwa zehn Millionen
Schusswaffen angemeldet. Es wird geschätzt, dass weitere 20 Millionen
illegal im Umlauf sind. Laut Jäger Betee werden bei weniger als einem
Prozent aller mit Waffengewalt begangenen Straftaten registrierte Waffen
benutzt.
Pro Jahr werden in Brandenburg etwa 700 Verstöße gegen das Waffengesetz
festgestellt. “Im Jahr 2002 waren es 645”, sagt Bärbel Cotte-Weiß,
Sprecherin des Landeskriminalamtes. 94 Prozent der Fälle würden aufgeklärt.
Oft erstatteten Bekannte oder gar Kunden Anzeige gegen Waffennarren, weil
sie von deren Waffenarsenal schockiert sind. So wurden bei zwei Männern in
Ostbrandenburg im Mai 2002 mehrere Dutzend Gewehre und Pistolen gefunden.
Diese Schreckschusswaffen hatten die beiden per Katalog gekauft, um sie
scharf zu machen und zu verkaufen.
Die Brandenburger Polizei hat die Erfahrung gemacht, dass die meisten
Sammler Waffen nur horten, nicht aber benutzen. “Sie wollen so viele wie
möglich besitzen und putzen”, sagt Cotte-Weiß.
Stöbern nach Kriegsschrott
Eine weitere Tätergruppe sind Militaria-Fans, die mit Metalldetektoren auf
ehemaligen Schlachtfeldern nach Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg graben. Im
Jahr 2001 etwa fand die Polizei bei einem 70-Jährigen ein riesiges
Waffenlager, für dessen Abtransport Lastkraftwagen benötigt wurden. Der
Besitz des Kriegsschrotts verstößt gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Das
wissen natürlich auch die Täter: Als Ende März bei drei Männern im Havelland
14 scharfe Granaten, ein Maschinengewehr, Munition und Bajonette gefunden
wurden, beschlagnahmte die Polizei auch zwei gefälschte Ausweise des
Munitionsbergungsdienstes. “Jeder Munitionssucher im Wald sollte der Polizei
gemeldet werden, auch wenn er sich ausweisen kann”, sagt Polizeisprecherin
Catrin Feistauer.
Die Polizei bleibt skeptisch. “Es ist unwahrscheinlich, dass viele illegale
Waffen abgegeben werden”, so ein Beamter. “Waffennarr bleibt Waffennarr, bis
er erwischt wird.”