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Wahlkampf mit Schweinen

(MAZ, Stephan Brei­d­ing) POTSDAM Geht es nach der Deutschen Volk­sunion, ist die Land­tagswahl am 19. Sep­tem­ber schon gelaufen: “Wahlsieg für die DVU” titel­ten die
Recht­sex­trem­is­ten eine ihrer let­zten Presseerk­lärun­gen. Bei ein­er impro­visierten Probe­ab­stim­mung in der Inter­net-Com­mu­ni­ty “dol2day” hat­te die Partei 33,6 Prozent der Stim­men abge­sah­nt, abgeschla­gen fol­gten CDU (17,7
Prozent), PDS (11,5 Prozent) und SPD (acht Prozent). Die Online-Umfrage ist zwar alles andere als repräsen­ta­tiv — doch Wahlforsch­er prog­nos­tizieren, dass die DVU in fünf Wochen erneut über die Fünf-Prozent-Hürde rutschen
kön­nte. Bere­its 1999 hat­te sie mit 5,28 Prozent den Einzug in den Land­tag geschafft. 

Nach der jüng­sten MAZ-Umfrage kommt die DVU derzeit auf vier Prozent der Stim­men, weit­ere elf Prozent schließen die Wahl ein­er recht­sex­tremen Partei nicht aus. Laut Jür­gen Dit­tbern­er, Poli­tikpro­fes­sor an der Potsdamer
Uni­ver­sität, seien vier Prozent Zus­tim­mung bere­its viel. “Die Dunkelz­if­fer ist auf jeden Fall höher”, so Dit­tbern­er. Erfahrungs­gemäß wür­den sich bei Umfra­gen viele meist nicht dazu beken­nen, recht­sex­trem zu wählen. “Das sieht
dann in der Wahlk­a­bine schon wieder ganz anders aus.” 

Zudem würde die DVU von den sozialpoli­tis­chen Refor­men der rot-grü­nen Bun­desregierung prof­i­tieren, erk­lärt Dit­tbern­er. Die Zusam­men­le­gung von Arbeit­slosen- und Sozial­hil­fe, kurz Hartz IV, verun­sichere viele Men­schen. “Die recht­sex­tremen Parteien schüren diese Ängste.” 

Auch die DVU springt auf diesen Zug. Plakatierte sie zunächst noch ihre “Papp­klas­sik­er” (mit den seit Jahren immer gle­ichen Parolen wie etwa “Deutsche Arbeit­splätze zuerst für Deutsche” oder “Schnau­ze voll? Diesmal
DVU”), ist sie inzwis­chen umgeschwenkt. Unter dem prim­i­tiv geze­ich­neten Bild eines Schweines wird jet­zt lan­desweit die Parole “Sauerei Hartz IV — wehrt euch” ver­trieben. Mit ihrer gesamten Wahlwer­bung ist die Partei nur auf
Pro­voka­tion aus. Dabei schreckt sie auch vor Geschmack­losigkeit­en nicht zurück. So wird in einem TV-Spot mit der ver­stor­be­nen SPD-Poli­tik­erin Regine Hilde­brandt gewor­ben, deren Sozial- und Asylpoli­tik von der Sozialdemokrat­en “schändlich” ver­rat­en wor­den sei. Die SPD hat inzwis­chen rechtliche Schritte gegen die Wahlwer­bung eingeleitet. 

Das Getöse der DVU ver­birgt ihre eigentliche Schwach­stelle: In den fünf Jahren ihrer Land­tagspräsenz sind die fünf Abge­ord­neten far­b­los geblieben. In ihrem Wahl­pro­gramm — das nur auf der Inter­net­seite der Bun­des-DVU zu find­en ist und nicht auf der Lan­des­seite — wer­den nur schlagwortartige
Stammtis­ch­parolen ver­bre­it­et: “Für Aus­län­der-Begren­zung”, “Rück­kehr der harten DM — Euro ist T€” oder “Gegen Aushöh­lung deutsch­er Schutzrechte durch die EU”. Lan­desspez­i­fis­che The­men wie etwa die Debat­te um
Schulschließun­gen oder die Stre­ichung von Lan­desmit­teln für den Schülerverkehr kom­men nicht vor. 

Am Pro­gramm liegt es laut Oskar Nie­der­may­er auf jeden Fall nicht, dass die DVU gewählt wird. Durch sin­nvolle Poli­tik sei die Partei noch nie aufge­fall­en, so der Poli­tikpro­fes­sor am Berlin­er Otto-Suhr-Insti­tut. “Noch vor eini­gen Wochen hätte ich nicht gedacht, dass sie es noch einmal
schaf­fen.” Aber mit Hartz IV hät­ten die DVUler ein The­ma gefun­den, auf das sie auf­sprin­gen kön­nen, sagt Nie­der­may­er. Zudem wür­den sie von der Absprache prof­i­tieren, dass die NPD nur in Sach­sen und die DVU nur in Bran­den­burg antritt — so schanze man sich gegen­seit­ig recht­sex­tremes Wäh­ler­poten­zial zu. 

Nahezu chan­cen­los hinge­gen ist die Wäh­lerini­tia­tive “Ja zu Bran­den­burg”, die von dem früheren NPD-Funk­tionär Mario Schulz ins Leben gerufen wurde. Sicher­heit­skreise gehen davon aus, dass die Gruppe nur in der Hoff­nung antritt, wenig­stens ein Prozent der Stim­men zu holen — dann fließt näm­lich Geld aus der staatlichen Wahlkampfkostenerstattung.

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