Am vergangenen Samstag demonstrierten in Potsdam ungefähr 250 Antifaschist_innen unter dem Motto „Wake Up! Offensiv gegen rechte Gedanken und Strukturen!“ für eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit (neo)nazistischen Tendenzen in der Landeshauptstadt und eine aktivere Bekämpfung dieser.
Während der Demonstration wurde dabei in Redebeiträgen an den so genannten „ Summer of hate“ im Jahr 2005 erinnert, bei dem der, seit den Vorjahren steigende, (neo)nazistische Aktionismus schließlich in einem brutalen Gewaltüberfall in einer Potsdamer Straßenbahn gipfelte, wobei zwei Studenten lebensgefährlich verletzt worden.
Zwar seien die Täter_innen inzwischen rechtskräftig verurteilt, so die Potsdamer Antifa, jedoch das (neo)nazistische Milieu weiterhin aktiv bzw. konnte sich durch neue Aktivist_innen verjüngen. Diese nahmen und nehmen an allen wichtigen (Neo)naziaufmärschen im Bundesgebiet teil und verbreiten mitunter flächendeckend (neo)nazistischen Propaganda im gesamten Stadtbereich von Potsdam.
Auch im unmittelbaren Vorfeld der antifaschistischen Demonstration hinterließen die (Neo)nazis so ihre Spuren im Stadtgebiet. Hunderte von Aufklebern mit der Drohung „Summer of Hate Reloaded“ der (neo)nazistischen Vereinigung „Anti Antifa Potsdam“ wurden beispielsweise von Antifaschist_innen allein in der Nacht zum Samstag entfernt.
Im Internet bekannte sich zu dem die (neo)nazistische „Alternative Jugend Potsdam“ zu einer Propagandaaktion im Stadtzentrum von Potsdam. „Bewaffnet mit Dosen“ hatten „mutige Nationalen Sozialisten“ am Samstagmorgen ein Gebäude der Fachhochschule Potsdam „bestiegen“ und dort die Parole „NS JETZT!“, in einer Größe von ungefähr 10,00×1,50m mit schwarzer Farbe angebracht. Weitere (neo)nazistische Parolen und mit Sprühschablonen aufgebrachte Taggs mit dem Bezug zum „Summer of hate“ wurden entlang der Demoroute festgestellt.
Die Akteure des (neo)nazistischen Milieus selber ließen sich jedoch während des Demoverlaufs nicht oder zumindest nicht erkennbar blicken. Allerdings versuchten mutmaßliche Sympathisanten des (Neo)nazimilieus kurz vor Werder/Havel einen Zug mit Antifaschist_innen aus Sachsen-Anhalt – allerdings erfolglos – mit einer Blockade aus brennenden Reifen zu stoppen.
Die sachsen-anhaltinischen Genoss_innen stießen dann am Magnus-Zeller-Platz zur Demonstration und komplettierten sie. Zuvor hatten die Antifaschist_innen bereits in Genthin (Landkreis Jerichower Land) spontan gegen (neo)nazistische Gewalt demonstriert, nach dem dort in der vergangenen Woche ein bewohntes Haus mit Molotowcocktails angegriffen wurde.
Die Solidarität mit den Opfern des (neo)nazistischen Terrors ist dabei auch ein Hauptanliegen der Antifa. Dort wo Stadt und Polizei schweigen werden wir zum aufwachen ermuntern.
Wake Up!
In diesem Zusammenhang wurde auch zu Gegenaktionen zu den geplanten (neo)nazistischen Propagandaaktionen am 2. Oktober 2010 in Halberstadt (Sachsen-Anhalt) und im Landkreis Barnim (Brandenburg) aufgerufen.
In Halberstadt will die Jugendorganisation der (neo)nazistischen NPD, die JN, anlässlich des 20. Jahrestages des Beitritts der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes, nach Artikel 23 GG, unter dem Motto „3.Oktober 1990 Vom Regen in die Traufe! Wir wollen Leben, Freiheit, Einheit & einen souveränen Staat“ einen autarken völkischen Rassestaat einfordern, während im brandenburgischen Landkreis Barnim im Zusammenhang mit dem so genannten „Preußentag“ darüber hinaus noch eine „echte Wiedervereinigung“ angestrebt und mehr oder weniger offen der Anschluss ehemalige deutschsprachigen Gebiete in Polen, Tschechien und Russland verlangt wird.